Die Wirksamkeit einer Sportmaßnahme als Sanktion im Jugendstrafrecht
Wie wirksam und umsetzbar wird Sport als Maßnahme für Jugendliche in einem Jugendstrafverfahren bezüglich Cannabis von verschieden Experten eingeschätzt?
Zusammenfassung
Diese Forschungsarbeit stützt sich nicht ausschließlich auf Literaturrecherchen, sondern auch auf eigenen Erfahrungen aus der praktischen Arbeit als Jugendgerichtshilfe, sowie den geführten Interviews, welche sich mit Interviewleitfäden und Transkripten im Anhang befinden.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen der Thematik
2.1 Erziehung statt Strafe
2.2 Grundlagen von Cannabis und die strafrechtliche Handhabung
2.3 Die Rolle des Sportes in Suchtbehandlung und -prävention
3. Forschungsdesign
3.1 Datenerhebung
3.2 Datenaufbereitung
3.3 Datenauswertung
4. Ergebnisse
5. Beantwortung der Forschungsfrage
6. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Kategorische Darstellung der Forschungsergebnisse nach thematischen Einheiten 12
Tabelle 1: Darstellung der relevanten Experten 7
Tabelle 2: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Für Wen“ 13
Tabelle 3: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Für Wen“ 13
Tabelle 4: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Für Wen“ 13
Tabelle 5: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Für Wen“ 14
Tabelle 6: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Warum“ 15
Tabelle 7: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Warum“ 16
Tabelle 8: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Warum“ 16
Tabelle 9: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Wie“ 17
Tabelle 10: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Wie“ 18
Tabelle 11: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Wie“ 19
Tabelle 12: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Wie“ 19
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Der Konsum von Cannabis stellt für Jugendliche eine enorme Gefahr für die kognitive Entwicklung dar.1 Trotzdem steigt laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) der Konsum von Cannabis bei den Jugendlichen von 12 bis 17 Jahren und den jungen Erwachsenen von 18 bis 25 Jahren – besonders unter den männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen.2 Ebenso gibt die noch immer aktuelle Diskussion über die Legalisierung von Cannabis Anlass zur Auseinandersetzung mit dem Thema Cannabiskonsum von Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
In den regulären Praxisphasen des dualen Studiums der Sozialen Arbeit arbeitet die Verfasserin im Fachdienst der Jugendgerichtshilfe. Hierbei hat sie bereits mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche ein Jugendstrafverfahren bezüglich Cannabis haben/hatten, gearbeitet und immer wieder einige Beobachtungen gemacht. Viele der Klienten, welche Berührungspunkte mit Cannabis haben, haben ihre Freizeitbeschäftigung – besonders regelmäßige, sportliche Freizeitangebote – aufgegeben bzw. haben keine und besitzen häufig eine kaum strukturierte Freizeit. Des Öfteren zeigen diese auch eine besondere Lethargie und Gleichgültigkeit. Dies sind unter Anderem erste negative Auswirkungen von Cannabiskonsum im Jugendalter, die in Kapitel 2.1. ausführlicher dargestellt sind. In Suchtkliniken ist Bewegung und Sport wichtiger Bestandteil der Therapie. So auch im Therapieprogramm der Suchtstation des Zentrums für psychische Gesundheit (ZfpG) Schwäbisch Hall, in welchem die Verfasserin ihr Fremdpraktika im Rahmen des dualen Studiums absolviert hat. Der Sport soll neben vielen weiteren Effekten den Aktivitätenaufbau fördern. Dadurch entwickelte die Verfasserin die Hypothese, dass durch die körperliche Aktivierung – in Form von Sport – den negativen Auswirkungen des Cannabiskonsums und dadurch der Entwicklung einer Sucht präventiv entgegengewirkt werden können. Des Weiteren kann durch eine verbindliche Maßnahme im Jugendstrafverfahren das Vollziehen der konstituierten Freizeitgestaltung bis hin zur eigenmotivierten Aufnahme einer strukturierten Freizeitaktivität als nachhaltiges Ziel besser verfolgt werden. Diese Hypothese soll nun in der vorliegenden Forschungsarbeit mit dem Thema „Wie wirksam wird Sport als Maßnahme in einem Jugendstrafverfahren bezüglich Cannabis von verschiedenen Experten eingeschätzt?“ theoretisch erörtert werden. Dazu hat die Verfasserin auf Basis des qualitativen Forschungsdesigns Interviews mit verschiedenen am Thema beteiligten Experten geführt und ausgewertet. Zu Beginn der Arbeit werden relevante Grundkenntnisse zum Thema und im anschließenden Gliederungsabschnitt das Forschungsdesign mit dem methodischen Vorgehen dargestellt. Unter viertens werden die Ergebnisse der Datenauswertung vorgestellt, die Forschungsfrage beantwortet, ein Fazit gezogen und ein Ausblick gegeben.
Diese Forschungsarbeit stützt sich nicht ausschließlich auf Literaturrecherchen, sondern auch auf eigenen Erfahrungen aus der praktischen Arbeit als Jugendgerichtshilfe, sowie den geführten Interviews, welche sich mit Interviewleitfäden und Transkripten im Anhang befinden. Aus Gründen der Vereinfachung wird in der vorliegenden Arbeit lediglich die männliche Form verwendet. Personen weiblichen wie männlichen Geschlechts sind darin gleichermaßen eingeschlossen. In Fällen, in denen direkt Bezug auf eine Person genommen wird, wird diese geschlechtsentsprechend bezeichnet. Ebenso verwendet die Verfasserin, obwohl im JGG zwischen Jugendlichen (14 bis 17 Jahre) und Heranwachsenden (18 bis 20 Jahre) unterschieden wird, nur die Bezeichnung „Jugendliche“ – gemeint sind jedoch beide Altersgruppen.
2. Grundlagen der Thematik
Zum allgemeinen Verständnis der Thematik werden im Folgenden die Grundlagen der verschiedenen Themenfelder dargestellt, um sich der Fragestellung zu nähern. Auf Grund des weitreichenden Umfangs der einzelnen Themengebiete sind diese nur kurz und prägnant mit den wichtigsten Grundkenntnissen dargestellt. Zuerst werden dabei die Besonderheiten des Jugendstrafrechtes erläutert. Im Weiteren wird auf das Thema Cannabis, dessen Risiken und Schäden von Langzeitkonsum, sowie die aktuelle Handhabung im Jugendstrafrecht eingegangen. Als drittes wird das Themengebiet des Sportes dargestellt. Dieser wird zum einen als Faktor in der Suchtprävention und -behandlung und zum anderen als Faktor der Sozialisierung und Sportpsychologie betrachtet.
2.1 Erziehung statt Strafe
Zu Beginn eines Strafverfahrens stehen die Ermittlungen der Polizei. Diese gibt nach Beendigung der Ermittlungen die Ergebnisse weiter an die Staatsanwaltschaft (StA). Die StA entscheidet dann, ob das Verfahren nach § 45 JGG eingestellt oder ob Anklage vor dem Jugendgericht erhoben werden soll. Die sogenannte Diversion ist die Einstellung des Verfahrens gegen Auflage nach § 45 Abs. 2 JGG. Das Verfahren gegen den Jugendlichen wird eingestellt und gilt als beendet, wenn erzieherische Maßnahmen nach Maßgabe der StA durchgeführt oder eingeleitet wurden. Als erzieherische Maßnahmen finden im Wesentlichen Erziehungsmaßregeln in Form von Weisungen nach § 10 JGG Anwendung, die durch die JGH in einem erzieherischen Gespräch vermittelt werden. Aufgeführte Erziehungsmaßregeln in § 10 JGG Weisungen sind Maßnahmen, die die Erziehung des Jugendlichen fördern und sicherstellen sollen. Beispiele sind hier nach viertens Arbeitsstunden oder nach sechstens die Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs. Durch die Formulierung des Gesetzestextes mit dem Wort ‚insbesondere‘ ist die Justiz nicht ausschließlich an die dort aufgeführten Maßnahmen gebunden. Sie kann auch Maßnahmen auferlegen, welche nicht explizit erwähnt sind, solange sie dem Grundsatz des Förderns und Sicherns der Erziehung entsprechen. Hierbei kann auch die Einschätzung der JGH eine Rolle spielen.
Erhebt die StA Anklage entscheidet der Jugendrichter, wie der Jugendliche zu sanktionieren ist. Dieser hat die Möglichkeit das Verfahren nachträglich nach § 47 JGG gegen Auflage einzustellen oder den Jugendlichen zu verurteilen und ihm per Urteil Maßnahmen aufzuerlegen. Bei gerichtlichen Strafverfahren bringt die JGH erzieherische, soziale und fürsorgerische Gesichtspunkte in Form eines JGH-Berichtes in der Hauptverhandlung zur Geltung. Dieser wird im Vorfeld aufgrund eines zuvor geführten Gespräches mit dem Jugendlichen erstellt. Der JGH-Bericht wird dem vorsitzenden Richter, gegebenenfalls der StA – nicht bei vereinfachten Jugendverfahren nach § 76 JGG – und falls vorhanden dem Anwalt des Jugendlichen zur Verfügung gestellt. Ebenfalls ist die JGH in der Hauptverhandlung durch eine mündliche Stellungnahme anzuhören. Die Rechtsfolgen von StA und Jugendrichter in einem Jugendstrafverfahren sind somit an dem Erziehungsgedanken auszurichten. Der Grundgedanke des Jugendstrafrechts ist, dass die Justiz auf den Jugendlichen erzieherisch einwirken soll, um künftige Straftaten zu verhindern.3
2.2 Grundlagen von Cannabis und die strafrechtliche Handhabung
Cannabis gehört zu der Familie der Hanfgewächse. Die Cannabispflanze enthält Cannabinoide, welche nach Einnahme eine psychoaktive Wirkung hervorrufen. Das Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) gilt dabei als stärkste Wirksubstanz.4 Meist wird die Pflanze in Form getrockneter Blätter und Blüten als Marihuana oder gepresst als Haschisch geraucht. Kurzfristige positive Wirkungen durch das THC sind intensivere Sinneswahrnehmungen besonders in Bezug auf das Farb- und Geräuschempfinden, das Raum- und Zeitgefühl, sowie Sinnesveränderungen. Die vorhandene Stimmung wird dabei verstärkt. Häufig wird durch das THC Entspannung und Wohlbefinden hervorgerufen, weshalb Cannabis auch als Entspannungsdroge bekannt ist. Das Abhängigkeitspotential von Cannabis liegt eher auf der psychischen Ebene, als auf der physischen und wird häufig unterschätzt. Langfristige Risiken und Schäden sind neben einem erhöhten Krebsrisiko geistige Leistungseinbußen bei Aufmerksamkeit, Konzentration und Lernfähigkeit, Antriebslosigkeit, sowie Isolation, sozialer Rückzug und Apathie. Vor allem Jugendliche sind mangels verfestigter Persönlichkeitsstruktur von der psychischen Abhängigkeit gefährdet. Ein erhöhter Cannabiskonsum im Alter von 14 bis 21 Jahren geht mit einer geringeren Abschlussquote, geringerem Einkommen, einer höheren Arbeitslosigkeit, höherer Abhängigkeit von sozialen Leistungen, geringere Lebenszufriedenheit, sowie geringerer partnerschaftlicher Zufriedenheit einher.5
Cannabis fällt aufgrund des Abhängigkeitspotentials, sowie der mittelbaren und unmittelbaren Gefährdung für die Gesundheit nach § 1 unter das Betäubungsmittelgesetz (BtmG). Demnach ist der unerlaubte Besitz, Anbau, Erwerb, die Herstellung, das Handeltreiben, die Ein- oder Ausfuhr, Veräußerung, Abgabe oder Zubereitung von Cannabis und Cannabisprodukten nach § 29 BtmG Abs. 1 strafbar. „Ein verfassungsmäßiges garantiertes Recht auf Rausch gibt es nach Auffassung des [Bundesverfassungs]Gerichtes nicht.“6 Dennoch soll die Justiz besonders bei Verstößen durch Jugendliche gegen das BtmG in Bezug auf den Erwerb oder Besitz einer geringen Menge von Cannabisprodukten die Durchführung einer Diversion fördern.7 Die Definition einer geringe Menge Cannabis obliegt dabei den jeweiligen Staatsanwaltschaften und variiert, je nach Bundesland, von 6 Gramm bis zu 15 Gramm.
Kategorische Aussagen über typische Merkmale von Cannabiskonsumenten sind schwierig zu formulieren, da die Bandbreite an Konsumenten sehr hoch ist. Jedoch lassen sich – besonders bei regelmäßigen Konsumenten – Aussagen bezüglich des Geschlechts, des Einstiegsalters, sowie des Konsummotivs treffen. So werden Männer überproportional oft zu Dauerkonsumenten.8 Der regelmäßige Konsum von männlichen jungen Erwachsenen betrug im Jahr 2016 ca. sechs Prozent, bei den weiblichen jungen Erwachsenen hingegen lediglich ca. zwei Prozent.9 Des Weiteren ist festzumachen, dass regelmäßige Konsumenten gegenüber anderen Konsumentengruppen mit durchschnittlich 15,9 Jahren sehr früh mit dem Konsum beginnen.10 Der Konsum von Cannabis ist dabei am häufigsten stimmungsregulierend motiviert.11
2.3 Die Rolle des Sportes in Suchtbehandlung und -prävention
Sport stellt ein großes Element bei der Suchtbehandlung dar. Auch bei der Suchtprävention findet der Sport immer mehr Beachtung. „Suchtprävention zielt darauf ab, gesundheitlichen, sozialen und ökonomischen Schäden, die mit dem Gebrauch legaler und illegaler Substanzen sowie den Folgen süchtigen Verhaltens verbunden sind, vorzubeugen.“12 Dazu gilt es den eigenständigen, kritischen und reflektierten Umgang mit Suchtmitteln zu fördern. Hierfür benötigt der Mensch körperliche, psychische sowie seelische Gesundheit. Sport agiert dabei auf allen Ebenen. Auf der Ebene der körperlichen Gesundheit verbessert Sport beispielsweise das Herz-Kreislaufsystem, trägt zur Ökonomisierung der Stoffwechselvorgänge bei oder sorgt für einen niedrigeren Blutdruck. Des Weiteren fördert Sport die kognitive Leistungsfähigkeit. Durch körperliche Aktivität wird das Gehirn besser durchblutet und die Bereitstellung von Sauerstoff und Energie verbessert. Ebenso wird durch Bewegung der Abbau des Neurotransmitters Dopamin verlangsamt und der Dopaminspiegel aufrechterhalten, was zu einer positiveren Stimmung beiträgt. Die positiven körperlichen Effekte wirken sich somit auch auf die Psyche aus. Zudem stellt sich ein besseres Körpergefühl ein, das Selbstwertgefühl steigt und Stresshormone werden abgebaut. Durch das verbesserte Selbstwertgefühl, die positivere Stimmung und die höhere Belastbarkeit wird die Verbesserung der Lebensverhältnisse, welche von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. als Grundlage eines eigenständigen und kritischen Umgangs mit Suchtmitteln bezeichnet wird, gefördert.13 Unter verbesserten Lebensverhältnissen ist dabei konkret die Optimierung der in den verschiedenen Schutz- und Risikofaktorenmodellen aufgeführten schützenden Faktoren zu verstehen. Hierzu zählen ein hoher Selbstwert, gute Lern- und Entwicklungschancen, positive soziale Beziehungen, familiärer Rückhalt, sowie die Möglichkeit zur aktiven Lebensgestaltung.14
Auf der Ebene der Suchtbehandlung gilt es, diese positiven Effekte wiederherzustellen. In Suchttherapieeinrichtungen gehört die Bewegungstherapie zum Therapieprogramm. Ziele sind dabei die Entwicklung des Gefühls für körperliches und seelisches Wohlbefinden, die Erhaltung einer geregelten Tagesstruktur, sowie die Steigerung körperlicher Fitness. Durch diese Ziele sollen die Suchtkranken wieder zu einem gesunden Lebensstil und einem normalen Alltag zurückfinden.15 Auf der Ebene der Suchtprävention soll dies gefördert und aufrechterhalten werden.
„Sport ist auch ein soziales Handlungs- und Erlebnisfeld, in dem soziale Verhaltensnormen vermittelt werden und soziales Verhalten gelernt wird.“16 Durch Sport können soziale Fertigkeiten erworben werden, die heutzutage als sogenannte Schlüssel- oder Lebenskompetenzen unabdingbar sind. Besonders hervorzuheben ist hierbei der Gruppensport. Zu den Fähigkeiten, die durch Sport verbessert werden können zählen Entscheidungsfähigkeit, Problemlösen, kreatives Denken, kritisches Denken, kommunikative Fähigkeiten, zwischenmenschliche Beziehungen, Selbstwahrnehmung, Empathie, Stressbewältigung, sowie der Umgang mit Emotionen.17 Diese Kompetenzen sind förderlich und notwendig, wenn es um den Umgang mit anderen Menschen, das spätere Berufsleben, der erfolgreiche Umgang mit Herausforderungen und Aufgaben des täglichen Lebens, sowie einer straffreien und legalen Lebensführung allgemein geht. "Gerade Kinder und Jugendliche, die sich gegen jede Art von Normen und Regeln stellen oder sie im Laufe ihres Lebens nicht vermittelt bekommen haben, können durch Mannschaftssport lernen, sich mit den anderen Gruppenmitgliedern auseinander- und zusammenzusetzen.“18
In dieser Forschungsarbeit soll dies konkret auf den Sachverhalt von Jugendlichen, welche bezüglich Cannabis straffällig wurden, angewandt werden. Es soll herausgefunden werden, wie wirksam eine sportbezogene Maßnahme hierzu von verschiedenen Experten eingeschätzt wird. Dafür wird im nächsten Kapitel das methodische Vorgehen erläutert.
3. Forschungsdesign
Aufgrund des aktuell geringen Wissensstandes zu dieser komplexen Fragestellung konnten quantitative Forschungsmethoden ausgeschlossen werden. Zu einer umfangreichen Erkenntnisgewinnung bietet sich daher das qualitative Forschungsdesign an. In der qualitativen Sozialforschung wird durch induktives Vorgehen vom Einzelfall auf allgemeingültige Aussagen geschlossen und so zur Bildung neuer Theorien herangezogen. Sie besitzt dabei keine klaren Regeln und Methodologien.19 Stattdessen folgt sie verschiedenen Prinzipien. Dabei wird Wert auf den Prozesscharakter, die Reflexivität und die Flexibilität von Forschung und Gegenstand gelegt. Die Offenheit der Forschung, sowie die Betrachtung dieser als Kommunikation wird angestrebt. Durch Verbalisierungen von Erfahrungswirklichkeit, die interpretiert werden, kann die Fragestellung tiefgehend erschlossen werden. Wichtiger Bestandteil der Erhebung und Auswertung qualitativer Daten ist der kommunikative Prozess zwischen dem Interviewer und den Befragten.20
In der vorliegenden Arbeit wurde das Experteninterview als Form der qualitativen Sozialforschung gewählt. In diesen geht es um Expertenwissen, aber auch um Praxiserfahrung. Die zu interviewenden Personen werden dabei theoriegeleitet ausgewählt und sollen unterschiedliche Positionen und theoretische Orientierungen vertreten.21 Mit der Auswahl der Experten müssen alle Themenbereiche einer Fragestellung berücksichtigt werden. In der vorliegenden Arbeit finden somit die Themen Jugenddelinquenz, Cannabis und Sport Beachtung. Die Auswahl der Befragten erfolgte nach den verschiedenen beruflichen Expertisen. In der nachfolgenden Tabelle sind die gewählten Experten zur Übersicht aufgeführt. Dabei wurde deren Ausbildung, die aktuelle berufliche Stellung und die Berufserfahrung als entscheidende Faktoren mit aufgenommen.
Tabelle 1: Darstellung der relevanten Experten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
An einem Jugendstrafverfahren grundlegend beteiligt ist die Justiz in Form von Richter und/oder StA. Hierzu wurde die Jugendrichterin Frau Katja Kopf befragt. Ebenso beteiligt ist die JGH. Diese hat nach § 38 JGG den gesetzlichen Auftrag die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte mit in das Verfahren einzubringen und sich dahingehend zu äußern, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Für die Expertise der JGH wurde Sozialpädagoge Herr Ulrich Giehl ausgewählt. Für die Fragestellung unerlässlich ist es, Expertenwissen zu dem Thema Drogen und Sucht, sowie zu dem Thema Sport zu erlangen. Um Expertenwissen bezüglich Cannabis zu erlangen, wurde Sozialtherapeut Herr Thomas Feil der Jugendsuchtberatung (JSB) Schwäbisch Hall interviewt. Zum Thema Sport wurden die Bewegungs- und Sporttherapeuten Frau Kerstin Ebert und Herr Achim Scherer aus dem ZfpG in Schwäbisch Hall befragt. Das ZfpG Schwäbisch Hall hat ebenfalls eine Suchtstation, weshalb die Therapeuten die Expertisen der Themengebiete Sport und Cannabis in geeigneter Weise vereinen.
Bei Experteninterviews wird in Faktenwissen und prozedurales Wissen unterschieden. Prozedurales Wissen meint Wissen über Abläufe und Vorgänge. Dieses zu erfragen ist dabei häufig interessanter, aber auch schwieriger, da es sich um implizites Wissen handelt. Ein Problem des Experteninterviews kann sein, dass die Experten hauptsächlich auf das Faktenwissen eingehen und dabei das prozedurale Wissen zu kurz kommt. Um dieses Problem zu umgehen, ist es wichtig den Interviewrahmen klar zu stellen, als Forscher im jeweiligen Themengebiet sachkundig zu sein, sowie sogenannte „Mundöffner“ fragen zu stellen.22 Um dem qualitativen Forschungsdesign möglichst zu entsprechen, wurden für die verschiedenen Experten unterschiedliche Leitfragebögen entwickelt. Diese beinhalten allgemeine Fragen, die jedem Experten gestellt wurden, sowie individuelle Fragen, die an den jeweiligen Experten bzw. einen Teil der Experten gerichtet sind. Die Fragebögen sind dabei jeweils in drei Abschnitte unterteilt. Das Interview selbst wurde als halbstrukturiertes Interview geführt. Es wurde sich also am Leitfragen orientiert, die Reihenfolge der gestellten Fragen kann jedoch flexibel gestaltet werden.
Im ersten Abschnitt befinden sich zum Einstieg Fragen zur Arbeit der Experten und deren Berührungspunkte zum aktuellen Stand des Themas bzw. der Themenbereiche in deren Praxis. Hierbei sind die meisten Fragen individuell. Gleiche Fragen wurden hauptsächlich der Jugendrichterin und der JGH zur Erfragung des aktuellen Sanktionsvorganges bei Jugendlichen, die bezüglich Cannabis straffällig wurden, gestellt.
Den nächsten Teil der Leitfragebögen bilden Fragen, die die Wirksamkeit einer Sportbezogenen Maßnahme bei Jugendlichen in einem Strafverfahren bezüglich Cannabis untersuchen. Dies soll aus den unterschiedlichen Expertisen beleuchtet werden. Besondere Beachtung findet hier auch der Zusammenhang des Konsums von Cannabis in allen Facetten mit Sport. Dabei wurde bei allen Fragebögen darauf eingegangen, welche spezifische Fallkonstellation von Cannabiskonsumenten sich für eine solche Maßnahme eignen könnte. Des Weiteren wurden die Experten befragt, welche Effekte sie von der Maßnahme erwarten würden.
Im dritten Abschnitt der Fragebögen handelt es sich um die hypothetische Auseinandersetzung mit einer Sportmaßnahme. Hier wurden konkret Umsetzungs- und Realisierungsideen und -bedingungen erfragt. Die verschiedenen Experten bekamen die Frage gestellt, welchen Rahmen eine solche Maßnahme ihrer fachlichen Einschätzung nach bei einer Umsetzung haben müsste. Eine weitere Frage zielte dabei auf Faktoren die, für eine gelingende Maßnahme gegeben sein müssen. Die Jugendrichterin und die JGH wurden zum Abschluss gefragt, ob sie eine solche Maßnahme aussprechen bzw. einleiten würden. Der JS-Berater und die Sporttherapeuten wurden zum Abschluss nach hypothetischen Umsetzungsmöglichkeiten in deren Einrichtung gefragt.
3.1 Datenerhebung
Im März 2018 wurde das Thema der Forschungsarbeit festgelegt und der Fachbereichsleitung mitgeteilt. Zu Beginn der vierten Praxisphase – im April 2018 – wurde das Thema und das Vorgehen mit der fachlich verantwortlichen Anleitung der Praxisstelle besprochen. Zunächst wurde überlegt welche Themenbereiche involviert sind und welche Experten dementsprechend befragt werden sollen. Daraufhin wurde begonnen, die verschiedenen Leitfragebögen zu erstellen. Grundlegend ist hierfür ein Überblick über das Gesamtthema, sowie die verschiedenen beteiligten Themenbereiche – Jugendstrafverfahren, Cannabis und Sport in diesem Zusammenhang.
Durch die Arbeit als JGH in den Praxisphasen sind der Verfasserin die Experten der JGH, Justiz, sowie der JSB aufgrund der gemeinsamen Arbeit und Kooperationen persönlich bekannt. Ebenso sind die Sport- und Bewegungstherapeuten aufgrund des Fremdpraktika im ZfpG persönlich bekannt. So konnten diese nach Fertigstellung der Leitfragebögen persönlich für die Interviews angefragt werden. Die Bereitschaft ihrerseits war uneingeschränkt vorhanden. Anschließend begonnen im Mai 2018 die Interviews. Als erstes wurde Herrn Ulrich Giehl als JGH interviewt. Danach folgte das Interview mit Herrn Thomas Feil für die Expertise zum Thema Cannabis und darauf das Interview mit den Sport- und Bewegungstherapeuten Frau Kerstin Ebert und Herrn Achim Scherer. Abschließend wurde die Jugendrichterin Frau Katja Kopf befragt. Im Anschluss an die Interviews wurden diese im Juni 2018 transkribiert. Von Juli bis Oktober 2018 wurden die Interviews ausgewertet, die Ergebnisse zusammengetragen und zu dieser Forschungsarbeit erstellt.
Im anschließenden Kapitel wird das Vorgehen und die Regeln zur Datenaufbereitung und -auswertung dargestellt. Daran schließt sich die Vorstellung der Forschungsergebnisse, sowie die Beantwortung der Forschungsfrage an.
3.2 Datenaufbereitung
Die Interviews wurden mit einem Diktiergerät aufgezeichnet und als mp3-Datei gespeichert. Transkribiert wurden die Audiodateien ohne eine spezielle Software. Die Interviews wurden angehört und nach den Transkriptionsregeln von Dr. Thorsten Dresing und Thorsten Pehl in einer Word-Datei niedergeschrieben. Gespeichert wurde die Datei den Transkriptionsregeln konform als Rich Text Format (.rtf-Datei).23 Da es sich bei der Beantwortung der Forschungsfrage um kein persönliches Thema der Befragten, sondern ein sachliches Thema handelt wurde die Variante des einfachen Transkriptes gewählt. Das Feintranskript vermittelt durch die Wiedergabe der Umgangssprache und der Tonhöhenverläufe einen besseren Eindruck von den Sprechern selbst. Hierauf kann jedoch verzichtet werden. Das einfache Transkript bietet durch die Auslassung genauer Details zur Aussprache eine leichtere Lesbarkeit und ermöglicht so einen schnelleren Zugang zu den Gesprächsinhalten.24 Transkriptionsregeln beim einfachen Transkript sind neben der Speicherung als Rich Text Format, dass wörtlich transkribiert wird. Dialekte werden dabei möglichst wortgenau ins Hochdeutsche übersetzt. Wortverschleifungen, sowie Verständnissignale des gerade nicht Sprechenden werden ebenfalls nicht transkribiert, sondern an das Schriftdeutsch angenähert. Wort- und Satzabbrüche werden geglättet bzw. mit dem Abbruchzeichen / markiert. Längere Pausen werden mit drei Auslassungspunkten in Klammern (…) gekennzeichnet. Besonders betonte Wörter werden durch Großschreibung deutlich gemacht, unverständliche Wörter sind mit (unv.) markiert. Hinsichtlich des Layouts erhält jeder Sprechbeitrag einen eigenen Absatz. Der Interviewer wird mit „I:“, die befragte Person mit „B:“ gekennzeichnet. In Interviews mit mehreren Personen sind diesen Namen zugeordnet.25 Anstatt der Zeitmarken am Ende eines Absatzes sind Zeilennummern im Transkript eingefügt.
3.3 Datenauswertung
Die Inhalte der aufbereiteten Interviews wurden anhand der qualitativen Inhaltsanalyse von Philipp Mayring ausgewertet. Das Ziel der qualitativen Inhaltsanalyse ist es die vorhandene Kommunikation – in der vorliegenden Arbeit in Form von Transkripten – zu analysieren, um daraus Rückschlüsse zur Beantwortung der Forschungsfrage zu ziehen. Für eine bessere Übersichtlichkeit wird das Material als erstes eingegrenzt. Durch die Anwendung eines Kategoriensystems wird zusätzlich eine Reduzierung der Komplexität erreicht. Im Kategoriensystem wird festgelegt, welche Aspekte für die Auswertung relevant erscheinen und aus dem Material herausgefiltert werden sollen. Kategorie meint dabei eine Bezeichnung, welche Textstellen bzw. Sequenzen zugeordnet werden, um diese zusammenzufassen. Welche Textstelle durch welche Kategorie beschrieben werden soll richtet sich dabei an verschiedenen Kriterien aus, die ebenfalls entwickelt werden.26 Die Kategorien können auf deduktiver oder induktiver Art und Weise gebildet werden. In dieser Forschungsarbeit wurde die induktive Kategorienbildung gewählt. Dabei werden die Kategorien nicht vor der Betrachtung des Materials festgelegt, sondern direkt aus dem Material abgeleitet und anhand von Rückkopplungsschleifen überarbeitet.27 Dazu werden die Sequenzen nach Codes analysiert, die hinter den Aussagen stecken. Diese verringern die Komplexität und lassen sich schematisch den Kategorien zuordnen. So werden aus der Fragestellung Definitionskriterien abgeleitet. Diese werden durch zusammengefasste Textpassagen, die sich aufeinander beziehen oder inhaltsgleiche Aspekte beinhalten festgelegt und bilden eine (neue) Kategorie. Jede weitere entsprechende Textstelle wird nun dieser Kategorie zugeordnet. Passen Sequenzen nicht dazu, werden neue Kategorien erstellt. Nachdem das Material so durchgearbeitet worden ist, werden die Kategorien und das Material noch einmal auf die entworfene Struktur rücküberprüft und gegebenenfalls. angepasst.28 Der inhaltliche Kern muss beibehalten werden.
4. Ergebnisse
Mayrings System entsprechend wurden Kategorien entwickelt, die sich in drei thematische Einheiten einteilen lassen. Zu Beginn stehen die Kategorien, welche sich auf die Eignung bzw. die Nicht-Eignung von Klienten beziehen. Dieser Abschnitt erhielt von der Verfasserin die Bezeichnung „Für Wen“. Im zweiten Schritt sind unter dem Begriff „Warum“ Kategorien zusammengefasst, welche die Effekte und Argumente für oder gegen eine sportbezogene Maßnahme thematisieren. Zum Schluss werden die Kategorien genannt, welche die Maßnahme bedingen. Dieser Abschnitt wurde mit „Wie“ betitelt. Mit diesen lässt sich in einer logischen Reihenfolge zeigen, „für wen“ eine solche Maßnahme „warum“ geeignet ist und „wie“ diese gestaltet sein müsste.
Abbildung 1: Kategorische Darstellung der Forschungsergebnisse nach thematischen Einheiten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ebenfalls haben sich während der Kategorie-Bildung drei Typologien herauskristallisiert, auf die bei der inhaltlichen Ausdifferenzierung der Kategorien Bezug genommen wird. Diese sind die sozialpädagogische, die suchttherapeutische, sowie die sporttherapeutische Dimension. Je nach Kategorie kann die Gewichtung der Dimensionen unterschiedlich ausfallen. Im Folgenden werden die einzelnen Kategorien der jeweiligen Gruppe nacheinander vorgestellt und unter Zuhilfenahme der erstellten Dimensionen betrachtet. Die jeweils eingefügten Tabellen sind Auszüge aus der Sequenzanalyse und stellen Ankerbeispiele als Belege für die gezogenen Schlussfolgerungen dar.
Die erste zu thematisierende Kategorie im Gliederungsabschnitt „Für Wen“ lautet geeignete Klienten. Aus Sicht der sozialpädagogischen Dimension würden sich besonders die Erstkonsumenten von Cannabis eignen. Aus sucht- und sporttherapeutischer Sicht eignet sich eine sportbezogene Maßnahme grundsätzlich für jeden. Hierbei kommt die zweite Kategorie Bedingungsfaktoren zum Tragen. Aus sozialpädagogischer Sicht müssen die Klienten argumentativ erreichbar und motivierbar sein, um eine Teilnahmebereitschaft hervorrufen zu können und als geeignet zu gelten. Um die Motivation und Teilnahmebereitschaft aufrecht zu erhalten, muss das Sportangebot infrastrukturell einfach zu erreichen sowie materiell und technisch simpel durchzuführen sein. Die Bereitschaft zur Unterstützung durch das soziale Umfeld bedingt die Eignung ebenso.
Tabelle 2: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Für Wen“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Einschränkung „grundsätzlich“ meint aus sporttherapeutischer Sicht, dass keine Kontraindikationen vorliegen dürfen und das Sportangebot individuell angepasst sein muss.
Tabelle 3: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Für Wen“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aus suchttherapeutischer Sicht ist Sport und Bewegung bei jedem Konsummuster sinnvoll und beispielsweise auch wichtiger Bestandteil von Suchttherapien. In Bezug auf eine sportbezogene Maßnahme im Kontext eines Jugendstrafverfahrens besteht jedoch die Einschränkung, dass ebenfalls eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema Cannabis geschehen muss. Die inhaltliche Aufklärung, Diskussion und eigene Reflexion über das Thema sind essentielle Bestandteile im Rahmen der zu erzielenden Suchtprävention. Dies kann vor oder parallel zu einer sportbezogenen Maßnahme stattfinden.
Tabelle 4: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Für Wen“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ausschlusskriterien für solch eine Sportmaßnahme befinden sich in der Kategorie ungeeignete Klienten. Diese beinhaltet aus Sicht der sozial- und suchttherapeutischen Dimension regelmäßige Konsumenten von Cannabis. In der Kategorie der Scheiternsfaktoren wird dies aus sozialpädagogischer Sicht damit begründet, dass regelmäßige Konsumenten eine fehlende Tagesstruktur, Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit für ein regelmäßiges Angebot haben und auch die Unterstützung von Seiten des sozialen Umfeldes bei einem verfestigten Konsum rückläufig ist. Dies gleicht der suchttherapeutischen Begründung, dass der regelmäßige Konsum für eine präventive Maßnahme bereits zu verfestigt ist. Es wird eine engere Anbindung, beispielsweise in Form einer Therapie, benötigt.
Tabelle 5: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Für Wen“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die nächste thematische Einheit „Warum“ beinhaltet die Kategorien, die sich mit den erwarteten Effekten und Wirkungen einer sportbezogenen Maßnahme im Rahmen eines Jugendstrafverfahrens bezüglich Cannabis auseinandersetzen. Zu Beginn steht hier die Kategorie Art der Kommunikation. Aus sozialpädagogischer Sicht kann die Bewegung den Zugang zu vielen Jugendlichen erleichtern. Oft zeigen die Jugendlichen Schwerfälligkeiten im Gespräch. Sie fühlen sich im Dialog oder auch im Gruppengespräch gehemmt und nicht in der Lage, ihr inneres Erleben und ihre Emotionen verbal auszudrücken. Durch die gemeinsame Aktivität im Sport findet Kommunikation statt, die den situativen Druck für die Jugendlichen nimmt. Das kann eine Chance für Jugendlichen sein, sich mit Hilfe des Sports auszudrücken. Aus sport- und suchttherapeutischer Sicht hat die Bewegung den Vorteil, dass diese ehrlich ist. Das bedeutet, dass Fassaden, die im Gespräch aufrechterhalten werden können, um beispielsweise die Auseinandersetzung mit dem Thema zu vermeiden, kommen in der Bewegung zum Vorschein, da diese auf einer anderen Ebene agiert.
Tabelle 6: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Warum“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die erwarteten Wirkungsweisen lassen sich in die Kategorien körperliche, psychische und soziale Effekte unterteilen. Innerhalb der Kategorie der erwarteten körperlichen Effekte wirkt fast ausschließlich die sporttherapeutische Dimension. Diese besagt, dass durch eine sportbezogene Maßnahme das Herz-Kreislaufsystem, der Stoffwechsel, sowie die gesamte Bewegung und der Bewegungsablauf ökonomisiert werden. Die körperliche Fitness wird gesteigert und schnell sind positive Resultate zu erwarten. Ebenfalls kommt es zu einer Hormonausschüttung, die ab einer gewissen Intensität die Stimmung hebt. Diese körperlichen Effekte wirken sich auf die zu erwartenden psychischen Effekte aus, welche aus Sicht der sporttherapeutischen Dimension die gesteigerte positive Stimmung, sowie ein verbessertes Körpergefühl sind. In der sozialpädagogischen Dimension zeigt sich dies auf Grund eines verbesserten Selbstwertgefühls. Durch Bewegung werden eigene Grenzen spürbarer. Infolge dessen tritt eine verbesserte Selbstwahrnehmung und Selbsteinschätzung ein. Zudem wird das Selbstbewusstsein, sich von anderen abzugrenzen, und die eigene Verantwortungsübernahme gefördert. Durch die schnellen Erfolgserlebnisse erfahren die Jugendlichen eine, für die positive Lebensweise essentielle, Selbstwirksamkeit. Von Seiten der suchttherapeutischen Dimension ist durch den Sport eine verbesserte Impulskontrolle und somit eine verbesserte Selbstregulation, sowie seelische Stabilisierung zu erwarten. Außerdem wird ein positives Lebensgefühl ohne Drogen erlebbar und die Selbstreflektion wird gefördert.
Tabelle 7: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Warum“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die erwarteten Effekte, die sich auf der sozialen Ebene auswirken, sind aus sozialpädagogischer Sicht das Kennenlernen neuer Leute mit derselben Problematik bzw. Thematik und das gemeinsame, soziale Lernen und Interagieren in der Gruppe. Darüber hinaus entwickeln die Jugendlichen durch das gemeinsame Erleben in der Gruppe ein Zugehörigkeitsgefühl und die Teamfähigkeit wird verbessert. Aufgrund der verbesserten Wahrnehmungsfähigkeiten, sowie dem agieren in der Gruppe wird auch die Empathiefähigkeit gesteigert. Die Kategorie der Auswirkungen auf den Konsum lässt sich von Seiten der suchttherapeutischen Dimension dahingehend beschreiben, dass die Regulierung des Suchtdrucks ab einer Intensität von 70% erreicht werden kann. Dies ist Grundlage, für eine Verringerung bzw. Aufgabe des Konsums. Ebenfalls werden durch Sport positive Ressourcen (re-)aktiviert und gestärkt, welches die Suchttherapeutische Dimension widerspiegelt und als schützender Faktor in Bezug auf die Entwicklung einer Sucht gilt. Durch die Aktivierung bzw. den Aktivitätenaufbau wird Depression und Antriebslosigkeit vorgebeugt, welches häufig Symptome sind, die mit einer Sucht einhergehen. Ebenfalls ist eine Stabilisierung der Abstinenz zu erwarten.
Tabelle 8: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Warum“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Unter die Kategorie erwartete nachhaltige Effekte fallen Codes, die auf die erwartete Langzeitwirkung abzielen. Aus sporttherapeutischer Sicht wird prognostiziert, dass die Klienten Spaß am Sport entwickeln. Zudem soll die Eigenmotivation, selbst Sport zu machen, gestärkt werden. Die Erwartung der sozialpädagogischen Dimension besteht darin, dass die Klienten durch die Maßnahme eine eigenständig eine strukturierte Freizeitgestaltung aufbauen. Dies kann beispielsweise in Form des Fortbestehens der Sportgruppe oder des Beitretens in einen Verein geschehen.
Unter dem Abschnitt „Wie“ befinden sich Kategorien, welche Umsetzungs- und Realisierungsideen und -bedingungen beinhalten. Es wird beschrieben, wie diese ausgestalten sein müssen, damit die zuvor genannten Auswirkungen zu erwarten sind. In der ersten Kategorie Teilnehmer lässt sich die Gruppengröße und die Klientenauswahl zusammenfassen. Die Gruppengröße sollte sich daran orientieren, dass bei Gruppensportarten ein normaler Spielvorgang entstehen kann. Die Teilnehmer der Maßnahme sollten individuell nach den unter „Für Wen“ zusammengefassten Kategorien ausgewählt werden.
Tabelle 9: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Wie“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine weitere Rahmenbedingung bildet die Kategorie Dauer/Häufigkeit. Hierbei unterscheiden sich die Dimensionen deutlich. Die sozialpädagogische Dimension zeigt mit einer Häufigkeit von zwei Terminen pro Woche und einer Dauer von zwei bis sechs Monaten eher einen vereinsähnlichen Charakter. Wohingegen aus sporttherapeutischer Sicht eine – zumindest auf kurzfristige Dauer – intensivere Maßnahme mit einer täglichen Häufigkeit und einer Dauer von mindestens sechs bis acht Wochen empfohlen wird, um die körperlichen Anpassungsprozesse sicher zu stellen.
Tabelle 10: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Wie“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hinsichtlich des Ablaufes der Maßnahme ist eine Eingangsanamnese aus sporttherapeutischer Sicht unabdingbar. Ebenfalls sollte es aus sozialpädagogischer Sicht ein Ersttreffen geben, in dem die Maßnahme und die Inhalte vorgestellt werden. Die Maßnahme sollte ein klares Ende haben. Auf Basis eines zuvor formulierten Ziels sollte ein (Trainings-)Plan für die Termine erstellt werden, durch welchen die Teilnehmer eine Perspektive entwickeln können. Dies geschieht über in die Kategorie des Inhaltes. Die größte Übereinstimmung aller Dimensionen besteht darin, dass es sich um Gruppensport bzw. Sportarten mit sozialer Interaktion handeln muss. Dadurch sollen besonders die Effekte der sozialen Ebene erreicht werden. Hinsichtlich der Sportart ist es aus sporttherapeutischer Sicht sinnvoll verschiedene Sportangebote zur Auswahl zu stellen, um verschiedene Ebenen der Effekte zu erreichen. Die sozialpädagogische Dimension hingegen legt Wert darauf, dass der Sport mit den Interessen der Jugendlichen übereinstimmt. Einschränkungen bezüglich der Sportart bestehen dahingehend, dass diese leicht zu lernen und mit wenig spezieller Ausrüstung und Zubehör durchzuführen ist. Hinsichtlich der Methodenform der Gruppenleitung lässt sich sagen, dass diese zur (Selbst-)Reflektion anregen soll. Zudem soll das Vermeidungsverhalten nicht unterstützt werden. Ein Beispiel hierfür ist das konfliktzentrierte Arbeiten.
Tabelle 11: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Wie“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ebenfalls besteht eine deutliche Übereinstimmung bezüglich der Kategorie der Leitung. Diese muss Fachwissen zum Thema Sport und Sozialpädagogik haben, um die einzelnen Teilnehmer, sowie die Gruppenprozesse und -dynamiken entsprechend begleiten zu können. Auch sollte Fachwissen zum Thema Cannabiskonsum bzw. –sucht bestehen. Zudem wurden charismatische, überzeugende und motivierende Persönlichkeitseigenschaften der Leitung als förderlich beschrieben. Das Geschlecht der Leitung kann dahingehend als relevant gelten, wenn in der Gruppe viele männliche Jugendliche vertreten sind. Dies ist zu erwarten, da die Dominanz der Problematik beim männlichen Geschlecht liegt. In diesem Fall kann der Zugang zu den Jugendlichen von Seiten der Leitung einfacher sein, wenn diese männlichen Geschlechtes ist. Ebenfalls ist aus Sicht der sozialpädagogischen Dimension anzunehmen, dass eine männliche Leitung in diesem Kontext zu einem positiven Vorbild und einer männlichen Bezugsperson werden kann. Unter die Kategorie Nachhaltigkeit im Abschnitt des „Wie“ wird die aktive Arbeit an der Nachhaltigkeit der Maßnahme gefasst. Diese besteht aus sporttherapeutischer Sicht darin, den Teilnehmern Mittel an die Hand zu geben, um in Zukunft eigenständig weiterhin sportlich aktiv zu sein. Aus suchttherapeutischer Sicht ist dabei die aktive Arbeit an der (Re-)Aktivierung positiver Ressourcen, beispielsweise in Form von Unterstützung zur Kontaktaufnahme zu einem Sportverein, gemeint. Dies entspricht ebenso der sozialpädagogischen Dimension.
Tabelle 12: Ankerbeleg der Sequenzanalyse „Wie“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
5. Beantwortung der Forschungsfrage
Hinsichtlich der zu Beginn gestellten Forschungsfrage, wie wirksam eine sportbezogene Maßnahme im Rahmen eines Jugendstrafverfahrens bezüglich Cannabis von verschiedenen Experten eingeschätzt wird, kann geschlussfolgert werden, dass diese von allen Experten mit einer starken Wirksamkeit und hohen erwarteten Effekten eingeschätzt wird. Die Wirksamkeit von Sport bei enger Anbindung in Suchttherapiekontexten ist bereits auf breiter Ebene wissenschaftlich erwiesen. Auch im Interview der Sporttherapeuten beziehen sich einige Aussagen – besonders deren Beispiele aus der Praxis – auf deren Fachgebiet der Suchtbehandlung. Die Erkenntnisse des Sportes innerhalb der Suchtbehandlung lassen sich jedoch sehr gut auf die Suchtprävention übertragen. Die Effekte und Wirkungsweisen, die bei der Suchtbehandlung anhand von Sport erzielt werden sollen sind dieselben, die bei der Suchtprävention eine tragende Rolle spielen.
Sport wirkt auf unterschiedlichen Ebenen. Zuerst auf der körperlichen, indem Hormone ausgeschüttet werden, die unter anderem die Stimmung heben. Ebenfalls wird das Herz-Kreislaufsystem, der Stoffwechsel, sowie die gesamte Bewegung ökonomisiert. Darauf folgt die Steigerung der körperlichen Fitness, das Körpergefühl und die Selbstregulationsfähigkeit verbessert sich. Diese schnellen positiven Resultate und Erfolgserlebnisse führen weiterhin auf psychischer Ebene zu einer verbesserten Stressregulation, seelischen Stabilisierung und Spannungsabbau. Die Jugendlichen spüren eine Selbstwirksamkeit, das Selbstwertgefühl wird gesteigert und es stellt sich ein positives Lebensgefühl ohne Zuhilfenahme von Drogen ein, welches wiederum die genannten Effekte fördert. Durch die Verbesserung der Selbstwahrnehmung und das Kennenlernen der eigenen Grenzen erwerben die Jugendlichen eine verbesserte Selbsteinschätzung. Diese führt dazu, dass das Respektieren eigener Grenzen gefördert wird. Weiterhin werden die Jugendlichen dadurch gestärkt, sich von anderen abgrenzen zu können sowie Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Diese Selbstreflektion fördert im Rahmen einer Suchtbehandlung die Stabilisierung der Abstinenz bzw. die Reduzierung des Konsums bis hin zur Aufgabe. Erleichtert wird dies mithilfe der Regulierung des Suchtdrucks, die ab einer bestimmten Intensität des Sportes möglich wird. Angesichts der zuvor festgestellten Übertragbarkeit der Effekte und Wirkungsweisen von Sport im Rahmen der Suchtbehandlung auf die Suchtprävention lässt sich der erste Teil der Hypothese bestätigen. Den negativen Auswirkungen des Cannabiskonsums, sowie der Entwicklung einer Sucht kann mittels Sportes generell präventiv entgegengewirkt werden. Auf Grund dessen, dass die Jugendlichen durch das aktive Tun Veränderung in und an sich selbst bemerken, wird ein Bewusstsein für sich selbst geschaffen. Insbesondere diese Bewusstseinsveränderung lässt eine hohe Wirksamkeit erwarten.
Dem zweiten Teil der Hypothese lässt sich eingeschränkt zustimmen. Die Entwicklung einer Eigenmotivation, eigenständig eine strukturierte Freizeitaktivität aufzunehmen, setzt verschiedene Bedingungen voraus. Zum einen eignen sich nicht alle Klienten eines Jugendstrafverfahrens bezüglich Cannabis für eine Sanktion in Form einer Sportmaßnahme als Suchtprävention. Zum anderen müssen bestimmte Bedingungen für das Gelingen der Maßnahme erfüllt sein. Suchtprävention kann ohne eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema nicht geschehen. Die Wirkung, kurzfristige und langfristige Folgen und Risiken, sowie die eigene Position dazu muss zuvor oder parallel unter professioneller Anleitung thematisiert, diskutiert und reflektiert werden. Dies ist Grundvoraussetzung dafür, dass eine Sportmaßnahme im suchtpräventiven Sinne gelingen kann. Regelmäßige Konsumenten sind auf Grund fehlender Struktur, Verbindlichkeit und Unterstützung des sozialen Umfeldes ungeeignet für eine solche Maßnahme mit relativ loser Anbindung. Als geeignet lassen sich hingegen Jugendliche beschreiben, die noch am Anfang stehen und bisher wenig Erfahrung mit dem Konsum von Cannabis bzw. einen unregelmäßigen Konsum haben. Diese Jugendlichen sind argumentativ erreichbar und lassen sich für eine Sportmaßnahme motivieren. Die Motivation des Jugendlichen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen der Maßnahme. Weitere Voraussetzungen, die die Eignung einschränken, sind die infrastrukturelle Erreichbarkeit der Maßnahme, die Unterstützung von Seiten des sozialen Umfeldes und die Einbindungsfähigkeit in eine Gruppe. Wenn die Sportmaßnahme in Form von Gruppensport stattfindet, können neben den bereits genannten Wirkungen weitere positive Effekte erreicht werden. Durch das gemeinsame Erleben, Interagieren und Lernen in der Gruppe erfahren die Jugendlichen ein Zugehörigkeitsgefühl und gegenseitige Unterstützung. Teamfähigkeit und Frustrationstoleranz verbessern sich und die Jugendlichen erhalten eine Strukturierung der Freizeit bzw. des Wochenablaufes. Ein besonderes Potential einer Sportmaßnahme ist auch die Art der Kommunikation. Über Bewegung als Kommunikation kann für einige Jugendliche, denen es eher schwerfällt, sich im Gespräch auszudrücken, einen einfacheren Zugang geboten werden, der zusätzlich keine Scheinfassade ermöglicht. Hinsichtlich der Bedingungen, die eine Sportmaßnahme als Suchtprävention ermöglichen, lässt sich eine klare Aussage bezüglich der Leitung treffen. Diese muss Fachwissen aus den drei Themenbereichen Sport, Pädagogik und Cannabis besitzen. Von Vorteil ist es, wenn sie eine charismatische und überzeugende Persönlichkeit besitzt. Ebenso förderlich kann – bei überwiegend männlichen Teilnehmern – eine männliche Leitung sein. Zu Beginn der Maßnahme muss eine Eingangsanamnese über die Teilnehmer erfolgen und die Maßnahme sollte vorgestellt werden. Dies kann mit den Teilnehmern erarbeitet werden, indem gemeinsam die Inhalte der Einheiten ausgewählt und ein Ziel entwickelt wird. Der Inhalt der Maßnahme muss Gruppensport sein. Demnach sollte sich auch die Gruppengröße ausrichten. Welche Art von Gruppensport spielt eine nebensächliche Rolle. Um die Motivation der Teilnehmer aufrecht zu erhalten empfiehlt es sich diese an deren Interessen auszugestalten. Um einen dauerhaften nachhaltigen Effekt zu erreichen, der sich bei Gelingen der Maßnahme durch die eigenständige Aufnahme einer strukturierten Freizeitaktivität zeigt, ist es unabdingbar, dass die Gruppenleitung beim Sport aktiv an der (Re-)Aktivierung von Sport als positiver Ressource arbeitet. Dies kann beispielsweise durch konfliktzentriertes Arbeiten geschehen, indem das von Cannabiskonsumenten häufig gezeigte Vermeidungsverhalten nicht gefördert wird, oder durch Anregung zur (Selbst-)Reflektion. Zur Unterstützung der Aufnahme einer Freizeitgestaltung der Jugendlichen, eignet sich ein Verweis auf Sportvereine am Ende der Maßnahme oder eine Kooperation mit diesen. Über die Dauer und Häufigkeit der Maßnahme lässt sich keine konkrete Aussage treffen. Die Maßnahme darf die Teilnehmer nicht überfordern, sollte jedoch so konzipiert sein, dass die entsprechenden Effekte eintreten können. Mit Orientierung an den Mittelwerten der von den Experten genannten Angaben, könnte die Maßnahme mit einer Häufigkeit von zwei Einheiten pro Woche mit je einer Stunde über eine Dauer von drei Monaten angesetzt werden. Um die Ausgestaltung der Maßnahme jedoch abschließend in einem Konzept feststellen zu können müsste dies in der Realität getestet werden. Dazu könnte die Maßnahme als Projekt umgesetzt werden. Wird dies anschließend evaluiert, kann ein überarbeitetes und optimiertes Konzept entwickelt werden.
6. Fazit und Ausblick
Abschließend lässt sich sagen, dass eine Sportmaßnahme als Suchtprävention im Kontext eines Jugendstrafverfahrens zur Unterstützung eines angemessenen Umgangs mit Cannabis eine sehr hohe Relevanz hat. Eine gelingende Prävention ist im Ergebnis effizienter und nachhaltiger für die Gesellschaft, als spätere Behandlung. Daher lohnt es sich Prävention zu fördern. Die inhaltliche Auseinandersetzung ist in der Suchtprävention unerlässlich. Durch eine wie in dieser Ausarbeitung beschriebenen sportbezogenen Maßnahme kann die Suchtprävention deutlich ergänzt und unterstützt werden. Eine Sportmaßnahme als Suchtprävention, in der die Teilnehmer eine eigene Begeisterung für Sport entwickeln und die beschriebenen Effekte und Wirkungen eintreten, hat das Potential, den Jugendlichen ein praktisches Mittel nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe an die Hand zu geben. Dies untermauert die Nachhaltigkeit einer Sportmaßnahme als Suchtprävention, da die Jugendlichen den Sport als Mittel zur Erhaltung der positiven Effekte ohne großen Aufwand selbst anwenden können.
Um die Validität der konstruierten Sportmaßnahme abschließend klären zu können muss eine Testung in der Realität erfolgen. Ebenfalls bildet diese Forschungsarbeit ein Ausgangspunkt für weitere Forschungen. Die Themenbereiche, die auf Grund des weitreichenden und schwierig einzugrenzenden Themenfeldes nicht berücksichtigt werden konnten, ergeben viele weitere Forschungsfragen. Diese könnten beispielsweise eine Sportmaßnahme als Suchtprävention, welche nicht ausschließlich eine Sanktion für Jugendliche im Rahmen eines Jugendstrafverfahrens darstellt, sondern auch für weitere Jugendlichen mit ähnlicher Problematik oder deren Umsetzung thematisieren. Eine weitere weiterführende Forschungsfrage könnte sich mit der Ausgestaltung der Kooperation mit Sportvereinen am Ende der Maßnahme oder einer eigenen Maßnahme in Form der Vermittlung der Jugendlichen in Sportvereine beschäftigen. Ebenfalls wäre der differenzierte Vergleich von Einzelsportarten und Gruppensport interessant.
[...]
1 Vgl. Gerhard, S./Landwehr, T.: Legalize it! Und dann?.
2 Vgl. Orth, B./Merkel, C.: Der Cannabiskonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland. S.26.
3 Vgl. Krautkremer J./Fuchs, T.: Jugendstrafrecht. Das Verfahren gegen einen Jugendlichen.
4 Vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (Hrsg.): Cannabis. Basisinformation. S. 5.
5 Vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (Hrsg.): Cannabis. Basisinformation. S. 19.
6 Programm polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (Hrsg.): Sehn-Sucht. So schützen Sie Ihr Kind vor Drogen. Mit Informationen zu Crystal Meth. S. 21.
7 Vgl. Ostendorf, H.: Jugendgerichtsgesetz. Kommentar. S. 441.
8 Vgl. Kleiber, D./Soellner, R.: Cannabiskonsum. Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Risiken. S. 103.
9 Vgl. Orth, B./Merkel, C.: Der Cannabiskonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland. Ergebnisse des Alkoholsurveys 2016 und Trends. BZgA-Forschungsbericht. S. 31.
10 Vgl. Kleiber, D./Soellner, R.: Cannabiskonsum. Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Risiken. S. 126.
11 Vgl. Ebd. S. 126.
12 Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (Hrsg.): Suchtprävention in Deutschland. Stark für die Zukunft. S. 3.
13 Vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (Hrsg.): Suchtprävention in Deutschland. Stark für die Zukunft. S. 4.
14 Institut Suchtprävention pro mente Oberösterreich (Hrsg.): Schutz- und Risikofaktorenmodell.
15 Vgl. MEDICLIN Aktiengesellschaft (Hrsg.): Sporttherapie bei Suchterkrankungen.
16 Thomas, A.: Einführung in die Sportpsychologie. S. 246.
17 Vgl. Rolff, K.: Sport und Kompetenzentwicklung. Mannschaftssport als Instrument zur Steigerung von Kompetenzen junger bildungsferner Menschen. S. 3.
18 Ebd. S. 5.
19 Vgl. Wolf, S.: Der Methodenstreit quantitativer und qualitativer Sozialforschung. Unter besonderer Berücksichtigung der grundlegenden Unterschiede beider Forschungstraditionen. S.21.
20 Vgl. Wolf, S.: Der Methodenstreit quantitativer und qualitativer Sozialforschung. Unter besonderer Berücksichtigung der grundlegenden Unterschiede beider Forschungstraditionen. S.21.
21 Vgl. Legewie, H.: Interviewformen in der Forschung. S.18.
22 Vgl. Legewie, H.: Interviewformen in der Forschung. S. 19.
23 Vgl. Dresing, T./Pehl, T.: Praxisbuch Interview, Transkription & Analyse. Anleitung und Regelsysteme für qualitativ Forschende. S.23.
24 Vgl. Ebd. S. 19.
25 Vgl. Dresing, T./Pehl, T.: Praxisbuch Interview, Transkription & Analyse. Anleitung und Regelsysteme für qualitativ Forschende. S.21.
26 Vgl. Meier, S.: Qualitative Inhaltsanalyse
27 Vgl. Mayring, P.: Qualitative Inhaltsanalyse.
28 Vgl. Meier, S.: Qualitative Inhaltsanalyse.