Die Krankenkasse AOK veröffentlicht in ihrem neuesten Gesundheitsreport höhere Fehlzeiten von Arbeitnehmern als im Vorjahr und das ZDF zeigt eine Dokumentation über die Arbeitsbedingungen bei Discountern mit dem Fokus auf psychische und physische Belastungen. Die Belastungen und damit verbunden die Gesundheit von Arbeitnehmern stehen heutzutage mehr im Fokus als je zuvor, bedingt durch neue Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung, höhere Sicherheitsstandards bei Maschinen und dem Gesetzgeber, der Arbeitgeber für Arbeitsunfälle haftbar machen kann. Unternehmen haben damit aus mehreren Gründen ein Interesse daran, die Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeiter so zu gestalten, dass die Belastungen im Bereich Psyche und Physis verkraftbar bleiben.
Das betriebliche Gesundheitsmanagement hat in vielen Unternehmen seinen Platz gefunden. Dort arbeiten nicht selten geschulte Projektmanager mit Ärzten zusammen, um die bestehenden Prozesse zu analysieren und im Hinblick auf die gesundheitlichen Auswirkungen zu optimieren. Je nach Betriebsgröße kann das betriebliche Gesundheitsmanagement umfangreicher ausfallen oder überhaupt nicht existieren.
Das betriebliche Gesundheitsmanagement kann keine generell gültigen Best Practices entwickeln, die Unterschiede zwischen einzelnen Branchen sind dafür deutlich zu groß. Während in der Landwirtschaft eine der Haupttätigkeiten die körperliche Arbeit mit Fahrzeugen und Maschinen ist, liegt der Fokus im Dienstleistungssektor häufig auf der Bürotätigkeit. So entstehen unterschiedliche physische und psychische Belastungen, die ein individuelles Gesundheitsmanagement erfordern. Wie genau sich die Belastungen in den einzelnen Branchen unterscheiden, ist dabei nicht eindeutig.
Als Ziel dieser Arbeit steht die Auswertung einer Studie im Rahmen der Dachevaluation der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie aus dem Jahr 2011. Dort wurden Daten von Arbeitnehmern in Bezug auf deren physischen und psychischen Belastungen erhoben sowie Daten zur Bewegungsarmut der Tätigkeit. Diese Daten werden in dieser Arbeit ausgewertet um zu schauen, welche Abhängigkeiten und Zusammenhänge es zwischen Belastungen und Beschäftigungsvariablen wie der Branchenzugehörigkeit des Unternehmens oder der Art der Anstellung (Festanstellung vs. Teilzeit, öffentlicher Dienst vs. Privatwirtschaft) gibt.
Inhaltsverzeichnis
I. Darstellungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielstellung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Physische Belastungen am Arbeitsplatz
2.2 Psychische Belastungen am Arbeitsplatz
2.3 Betriebliches Gesundheitsmanagement
2.4 Methoden zur Auswertung
2.4.1 Cronbachs Alpha
2.4.2 Varimax-Rotation
3. Studienauswertung
3.1 Definition der Hypothesen und des Signifikanzniveaus
3.2 Auswertung des Alters und der Geschlechterverteilung
3.3 Auswertung der Branchenverteilung und Beschäftigungsart
3.4 Auswertung der Belastung, der arbeitsbedingten gesundheitlichen Beschwerden und des allgemeinen Gesundheitszustandes
3.5 Unterschiedsanalyse der arbeitsbedingten gesundheitlichen Beschwerden in Abhängigkeit der Beschäftigungsvariablen
3.6 Unterschiede der Belastungen in den verschiedenen Branchen
3.7 Interne Konsistenz der Fragen zu den Arbeitsbelastungen
3.8 Faktorenanalyse der Fragen zu den Arbeitsbelastungen
4. Diskussion
5. Fazit und Ausblick
6. Literaturverzeichnis
I. Darstellungsverzeichnis
Abbildung 1: Aspekte der Beschäftigung und Personalabbau
Abbildung 2: Berechnung von Cronbachs Alpha
Abbildung 3: Verteilung der Branchen
Abbildung 4: Beschäftigungsstatus
Abbildung 5: Bürotätigkeit
Abbildung 6: Kreuztabelle Beschäftigungsstatus/Bürotätigkeit
Abbildung 7: Öffentlicher Dienst
Abbildung 8: Index psychische Belastungen/Gefährdungen
Abbildung 9: Index physische Belastungen/Gefährdungen
Abbildung 10: Index bewegungsarme Tätigkeiten
Abbildung 11: Korrelationen zwischen den Indizes
Abbildung 12: Arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden
Abbildung 13: Gesundheitszustand allgemein
Abbildung 14: Kreuztabelle Arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden/Beschäftigungsstatus
Abbildung 15: Kreuztabelle Arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden/Bürotätigkeit
Abbildung 16: Kreuztabelle Arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden/öffentlicher Dienst
Abbildung 17: Vergleich Mittelwerte Index psychische Belastungen/Gefährdungen
Abbildung 18: Vergleich Mittelwerte Index physische Belastungen/Gefährdungen
Abbildung 19: Vergleich Mittelwerte Index bewegungsarme Tätigkeiten
Abbildung 20: Item-Skala-Statistiken
Abbildung 21: Kommunalitäten
Abbildung 22: Rotierte Komponentenmatrix
1. Einleitung
Die Krankenkasse AOK veröffentlicht in ihrem neuesten Gesundheitsreport höhere Fehlzeiten von Arbeitnehmern als im Vorjahr1 und das ZDF zeigt eine Dokumentation über die Arbeitsbedingungen bei Discountern mit dem Fokus auf psychische und physische Belastungen.2 Die Belastungen und damit verbunden die Gesundheit von Arbeitnehmern stehen heutzutage mehr im Fokus als je zuvor, bedingt durch neue Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung, höhere Sicherheitsstandards bei Maschinen und dem Gesetzgeber, der Arbeitgeber für Arbeitsunfälle haftbar machen kann.3 Unternehmen haben damit aus mehreren Gründen ein Interesse daran, die Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeiter so zu gestalten, dass die Belastungen im Bereich Psyche und Physis verkraftbar bleiben.
Das betriebliche Gesundheitsmanagement hat in vielen Unternehmen seinen Platz gefunden. Dort arbeiten nicht selten geschulte Projektmanager mit Ärzten zusammen, um die bestehenden Prozesse zu analysieren und im Hinblick auf die gesundheitlichen Auswirkungen zu optimieren. Je nach Betriebsgröße kann das betriebliche Gesundheitsmanagement umfangreicher ausfallen oder überhaupt nicht existieren.4
1.1 Problemstellung
Das betriebliche Gesundheitsmanagement kann keine generell gültigen Best Practices entwickeln, die Unterschiede zwischen einzelnen Branchen sind dafür deutlich zu groß. Während in der Landwirtschaft eine der Haupttätigkeiten die körperliche Arbeit mit Fahrzeugen und Maschinen ist, liegt der Fokus im Dienstleistungssektor häufig auf der Bürotätigkeit. So entstehen unterschiedliche physische und psychische Belastungen, die ein individuelles Gesundheitsmanagement erfordern. Wie genau sich die Belastungen in den einzelnen Branchen unterscheiden, ist dabei nicht eindeutig.
1.2 Zielstellung der Arbeit
Als Ziel dieser Arbeit steht die Auswertung einer Studie im Rahmen der Dachevaluation der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie aus dem Jahr 2011. Dort wurden Daten von Arbeitnehmern in Bezug auf deren physischen und psychischen Belastungen erhoben sowie Daten zur Bewegungsarmut der Tätigkeit. Diese Daten werden in dieser Arbeit ausgewertet um zu schauen, welche Abhängigkeiten und Zusammenhänge es zwischen Belastungen und Beschäftigungsvariablen wie der Branchenzugehörigkeit des Unternehmens oder der Art der Anstellung (Festanstellung vs. Teilzeit, öffentlicher Dienst vs. Privatwirtschaft) gibt.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit beginnt mit einem Grundlagenkapitel, in dem zuerst die physischen und psychischen Belastungen beschrieben und voneinander abgegrenzt werden, gefolgt von einer Erläuterung des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Zusätzlich werden noch zwei Auswertungsmethoden für den empirischen Teil erklärt.
Im empirischen Teil werden zuerst die Null- und Alternativhypothese festgelegt, einzelne Daten deskriptiv beschrieben und anschließend inferenzstatistische Analysen zu den erhobenen Daten durchgeführt. Im darauffolgenden Diskussionsteil werden die Analysen zur Falsifizierung der Nullhypothese verwendet und die Gütekriterien der Erhebung reflektiert. Geschlossen wird die Arbeit mit einem zusammenfassenden Fazit.
2. Theoretische Grundlagen
Im folgenden Kapitel werden die Grundlagen aus zwei verschiedenen Sichtweisen betrachtet: Einerseits werden für den fachlichen Ansatz die Belastungen am Arbeitsplatz sowohl in ihrer physischen als auch in ihrer psychischen Ausprägung betrachtet, andererseits werden für die Auswertung der Ergebnisse aus der Befragung die beiden Methoden von Cronbachs Alpha und der Varimax-Rotation erläutert.
2.1 Physische Belastungen am Arbeitsplatz
Physische Belastungen können für Arbeitnehmer in unterschiedlichen Formen auftreten. In einer Umfrage des Bundesinstituts für Berufsbildung und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wurden 20.000 Arbeitnehmer befragt. Zu folgenden physische Belastungen wurden dabei Fragen gestellt:5
-Im Stehen arbeiten
-Lasten von mehr als (männlich: 20kg; weiblich: 10kg) tragen oder heben
-Bei Rauch, Staub oder unter Gasen, Dämpfen arbeiten
-Unter Kälte, Hitze, Nässe, Feuchtigkeit oder Zugluft arbeiten
-Mit Öl, Fett, Schmutz, Dreck arbeiten
-Mit den Händen Arbeiten ausführen, die hohe Geschicklichkeit, schnelle Bewegungsabfolgen oder größere Kräfte erfordern
-In gebückter, hockender, kniender oder liegender Stellung arbeiten, Arbeiten über Kopf
-Arbeiten mit starken Erschütterungen, Stößen und Schwingungen, die man im Körper spürt
-Bei grellem Licht oder schlechter oder zu schwacher Beleuchtung arbeiten
-Unter Lärm arbeiten
Im weiteren Verlauf des Fragebogens wurde zu jeder Kategorie noch gefragt, ob diese Art der Arbeit für den einzelnen Arbeitnehmer auch eine tatsächliche Belastung darstellt. Das Arbeiten im Stehen belastete dabei beispielsweise deutlich weniger Arbeitnehmer (28,3% der Befragten, bei denen Arbeit im Stehen häufig vorkommt) als das Heben und Tragen von schweren Lasten (53,8% der Befragten, bei denen schweres Heben und Tragen häufig vorkommt). Es wird allerdings deutlich, dass Arbeitnehmer einer Vielzahl von physischen Belastungen ausgesetzt sein können.6
Sind die physischen Belastungen zu groß für die Belastbarkeit des Arbeitnehmers, kann es zu verschiedenen Auswirkungen kommen: Nackenleiden, Kopfschmerzen, Erschöpfung und Schlafstörungen sind häufige Schmerzbefinden von Arbeitnehmern, die unter hohen physischen Belastungen leiden. Diese Auswirkungen können neben einer verminderten Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers auch zu Krankheitstagen oder Langzeiterkrankungen führen.7 Beschwerden und Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems gehören zu den häufigsten Gründen für Fehlzeiten in Deutschland.8
Die Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zeigt allerdings auch, dass die gewählten Kategorien für viele Arbeitnehmer nicht als Belastung empfunden werden. Die häufige Arbeit mit Öl, Fett, Schmutz oder Dreck empfinden nur 28,5% als Belastung, mit den Händen Arbeiten ausführen, die hohe Geschicklichkeit, schnelle Bewegungsabfolgen oder größere Kräfte erfordern empfinden sogar 81,5% der Arbeitnehmer nicht als belastend.9
Es lässt sich damit sagen, dass Belastungen von jedem Arbeitnehmer subjektiv empfunden werden. Es können objektive Kriterien wie ein festgelegtes Gewicht beim Heben oder Tragen angelegt werden, jedoch hängt das Belastungsempfinden von der jeweiligen Person ab und kann auch bei verschiedenen Arbeitnehmern in derselben ausgeübten Tätigkeit schwanken.
2.2 Psychische Belastungen am Arbeitsplatz
Die im vorhergehenden Kapitel genannten physischen Belastungen am Arbeitsplatz werden konzeptuell von den psychischen Belastungen getrennt. Es dreht sich hierbei um die Auswirkungen der physischen Belastungen auf einzelne Personen. Durch den Faktor „Mensch“ sind die Auswirkungen und das Bewältigen der Belastungen sehr stark abhängig vom Betroffenen. Hilfreich sein können Erfahrung mit Stresssituationen oder ein starkes privates Umfeld für einen emotionalen Ausgleich.10
Die DIN EN ISO 10075-1 definiert psychische Belastungen wie folgt:
Psychische Belastungen sind „die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken“11
Verschiedene betriebliche Ursachen können Auslöser für psychische Belastungen sein. So verweist Millmann in seiner Abhandlung über den psychischen Stress von Mitarbeitern auf eine Studie aus dem Jahr 2005 mit 2.000 Beschäftigten in Deutschland. Verglichen wurde in dieser Studie der psychische Stress von Mitarbeitern in Unternehmen, in denen in den letzten zwölf Monaten Personalabbau stattfand und der psychische Stress von Mitarbeitern, in deren Unternehmen im letzten Jahr kein Personalabbau stattfand. Dabei wurde herausgefunden, dass die psychische Belastung beziehungsweise der Stress der Mitarbeiter subjektiv deutlich höher empfunden wurde, wenn ein Personalabbau stattgefunden hat (siehe Abbildung 1).12
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aspekte der Beschäftigung und Personalabbau13
Auch im Vergleich anderer Fragen wird deutlich, dass Mitarbeiter in Unternehmen mit vorangegangenem Personalabbau im Durchschnitt mehr Stress empfinden als ihre Vergleichsgruppe.
In dieser Studie wird jedoch nicht darauf eingegangen, weshalb ein Personalabbau stattfand. Ursachen wie schlechte Ertragslage könnten sich dabei auch in Zukunft auf die Belegschaft auswirken, während beispielsweise ein Personalabbau aufgrund einer Neustrukturierung durch eine Akquisition höchstwahrscheinlich nur einen einmaligen Effekt hat.
Neben diesem Stress, der durch eine Aktion des Arbeitgebers entsteht, kann es auch zu Mobbing am Arbeitsplatz kommen. Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Mobbing als „Phänomen in der Arbeitswelt, wobei ein Mitarbeiter durch Kollegen oder Vorgesetzte gezielt und dauerhaft angegriffen und ausgegrenzt wird“.14 Gründe für Mobbing sind vielfältig und psychischer Stress durch Mobbing kann trotz Prävention des Arbeitgebers nicht immer verhindert werden. Dieser Stress kann so intensiv werden, dass Mitarbeiter aus diesem Grund kündigen oder sogar langzeitkrank aufgrund einer Depression werden.15
Esslinger et. al führen noch eine weitere Ursache für psychischen Stress an. Work-Life Balance ist heutzutage ein Thema, dem viele Unternehmen eine hohe Wichtigkeit zuschreiben.16 Das BusinessDictionary definiert Work-Life Balance als „A comfortable state of equilibrium achieved between an employee's primary priorities of their employment position and their private lifestyle. Most psychologists would agree that the demands of an employee's career should not overwhelm the individual's ability to enjoy a satisfying personal life outside of the business environment”.17 Ausschlaggebend für eine schlechte Work-Life Balance sind häufig starre Arbeitszeiten oder regelmäßige Überstunden, die dazu führen, dass Arbeitnehmer private Verpflichtungen nicht wahrnehmen können und sich in ihrer Freizeit eingeschränkt fühlen. Auf Dauer führt dies zu psychischem Stress durch die anhaltenden Negativgefühle in Bezug auf die Arbeitsstelle.18 Auch lange Anfahrtswege zum Arbeitgeber und dadurch resultierende hohe Pendelzeiten können Auslöser für eine negative Work-Life Balance sein, da durch die langen Fahrtwege Zeit verloren geht, die der Arbeitnehmer für private Situationen nutzen könnte.19
Für den Arbeitgeber ist dieses Thema insofern wichtig, als dass er für den Arbeitsschutz seiner Mitarbeiter zuständig ist und eine Haftung bei einer Krankheit durch arbeitsbedingten Stress nicht ausgeschlossen ist.20
2.3 Betriebliches Gesundheitsmanagement
Die in den beiden vorhergehenden Kapiteln genannten Faktoren der physischen und psychischen Belastung von Arbeitnehmern stehen im Fokus des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Ziel ist es, die Gesundheit der Mitarbeiter auf ein möglichst hohes Niveau zu heben und dort anschließend zu halten. Im ersten Schritt es ist dafür notwendig, dass ein Unternehmen, welches ein betriebliches Gesundheitsmanagement einführt, den Begriff Gesundheit im eigenen Kontext definiert und welche Konsequenzen für das Unternehmen entstehen.21
Unternehmen können verschiedene Definitionen für Gesundheit haben, beispielsweise die Abwesenheit von Krankheit, körperliche Energie und Stärke oder funktionale Leistungsfähigkeit.22 In dieser Arbeit wird der Fokus auf die vorgestellten physischen und psychischen Belastungen gestellt, weshalb in diesem Kapitel auch die Vermeidung derer behandelt wird. Der ganzheitliche Begriff des betrieblichen Gesundheitsmanagements umfasst dabei noch weitere Aspekte, die aufgrund des Umfangs dieser Arbeit nicht behandelt werden.
Bei der Konzeption der Methoden zur Steuerung und Minimierung der Belastungen, sieht Ducki folgende zu berücksichtigende Faktoren:23
-Branche und Größe des Unternehmens
-Technologischer Entwicklungsstand
-Strukturen der Arbeitstätigkeiten
-Vorhandene innerbetriebliche Strukturen des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsförderung
-Vorhandene gesundheitliche Risikofaktoren und Ressourcen
-Zielgruppe
Grund für die notwendige Beachtung der genannten Faktoren ist, dass ein zu generisches Konzept seine Wirkung verfehlen und von den Strukturen der Organisation umgangen werden kann.24
Selten werden im betrieblichen Gesundheitsmanagement Prozesse und Tätigkeiten neu aufgebaut. Stattdessen werden bestehende Prozesse optimiert, weshalb von einer korrektiven Arbeitsgestaltung gesprochen wird. Entstehen neue Prozesse und werden dabei bereits Aspekte des betrieblichen Gesundheitsmanagements betrachtet, so spricht man von einer prospektiven Arbeitsgestaltung. Gründe für eine prospektive Arbeitsgestaltung finden sich in der möglichen Generalisierbarkeit der Konzepte und der zusammenhängenden Kosten, die in der Neuentstehung eines Prozesses potenziell geringer sind als bei der Veränderung bestehender Prozesse. Durch die hohen Kosten bei der Veränderung eines bestehenden Prozesses kann auch eine Ablehnung des Managements einher gehen, weshalb eine frühzeitige Anwendung des betrieblichen Gesundheitsmanagements grundsätzlich empfehlenswert ist.25
Betrachtet man die Möglichkeiten für Unternehmen, um bestehende Belastungen zu analysieren und perspektivisch zu verhindern, bietet sich unter anderem der Gesundheitszirkel als Methode an. Hierbei geht es darum, dass „betroffene Mitarbeiter ihre Arbeitssituation hinsichtlich gesundheitsrelevanter Merkmale beurteilen, Belastungen und Ressourcen identifizieren sowie mögliche Handlungsfelder und konkrete Maßnahmen zur Belastungsoptimierung und Ressourcenstärkung (mit-) entwickeln“.26
Ursprünglich gab es zwei verschiedene Varianten des Gesundheitszirkels: Das Berliner Modell und das Düsseldorfer Modell. Das Berliner Modell beruhte auf der Grundannahme, dass gesundheitsschädigende Arbeitsbedingungen häufig nicht betrachtet und daher nicht systematisch bearbeitet wurden. Betriebliche Meister waren in den Zirkel einbezogen, da diese aufgrund ihrer Rolle in der Mitte zwischen Fertigung und Management besonders häufig anfällig für Stress waren. Hauptthemen des Berliner Zirkels waren die Belastungserkennung zur Stressbewältigung und Problemlösung.27
Das Düsseldorfer Modell wurde als fach- und hierarchieübergreifende, befristete Projektgruppe entwickelt. Ziel war eine gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeitssituation. Im Mittelpunkt standen dabei folgende Arbeitsaspekte:28
-Arbeitsorganisation
-Technik
-Arbeitsmittel
-Kommunikation
-Soziale Beziehungen
-Räumliche Infrastruktur
Beiden Varianten ist gemein, dass der Mitarbeiter im Fokus der Überlegungen steht. Die Arbeitsbedingungen sollen so verändert und die Mitarbeiter geschult werden, dass die physischen, hauptsächlich aber psychischen Belastungen möglichst stark reduziert werden. Klare Handlungsanweisungen werden für die beiden Varianten des Gesundheitszirkels nicht gegeben, sie dienen mehr als ein Framework, um Rahmenbedingungen und Anregungen für Prozessumstellungen zu geben.
Das betriebliche Gesundheitsmanagement wird auf der einen Seite aus rechtlichen Gründen heraus betrieben, da Arbeitgeber wie in Kapitel 2.2 erwähnt unter Umständen für Erkrankungen oder Unfälle ihrer Arbeitnehmer haftbar gemacht werden können und dies mit erheblichen finanziellen und imagetechnischen Schäden verbunden ist. Andererseits kann betriebliches Gesundheitsmanagement die Motivation von Mitarbeitern positiv beeinflussen, wenn diese sich in einer angenehmen Arbeitsumgebung aufhalten und die Belastungen auf ein Minimum reduziert werden.29
2.4 Methoden zur Auswertung
Im empirischen Teil dieser Arbeit werden zwei Begriffe verwendet, die im Vorfeld beschrieben werden. Für die Analyse der internen Konsistenz wird Cronbachs Alpha verwendet und für die Faktorenanalyse die Varimax Rotation. Zum besseren Verständnis findet sich nachfolgend eine Erklärung zu den beiden Methoden.
2.4.1 Cronbachs Alpha
Cronbachs Alpha ist auch unter den Begriffen Homogenitätsindex Alpha nach Cronbach, Konsistenzmaß Alpha oder Reliabilitätskoeffizient Alpha bekannt.30 Neben der Test-Retest-Reliabilität und der Paralleltest-Reliabilität ist die interne Konsistenz ein weiteres Verfahren zur Messung der Reliabilität. Cronbachs Alpha ist dabei die am häufigsten verwendete Methode zur Schätzung der internen Konsistenz. Die Definition und Berechnung von Cronbachs Alpha sieht wie folgt aus:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Berechnung von Cronbachs Alpha31
Mit den Variablen:
N: Die Anzahl der Komponenten (z.B. Items oder Subskalen).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten32
Je größer Cronbachs Alpha, desto höher die interne Konsistenz. Bei der Interpretation wird in der Regel zwischen verschiedenen Messzielen unterschieden. Bei Messungen deren Interpretation die Entscheidungen über Menschen beeinflussen, werden höhere Maßstäbe an Cronbachs Alpha angelegt als bei Messungen über Gruppenunterschieden bei Persönlichkeitsmerkmalen.33
2.4.2 Varimax-Rotation
Die Varimax-Rotation ist eine von fünf verschiedenen Rotationsverfahren in SPSS. Neben der Varimax-Rotation gibt es noch folgende vier Rotationsverfahren:34
-Quartimax
-Equamax
-Direktes Oblimim
-Promax
Unterschieden werden diese Verfahren in orthogonale und schiefe Verfahren mit dem Hauptunterschied, dass die Faktoren nach einer orthogonalen Rotation unkorreliert sind, die Faktoren bei einem schiefen Verfahren das aber nicht sein müssen. Die Varimax-Rotation als orthogonales Rotationsverfahren ist ein häufig verwendetes Verfahren mit dem Ziel, die Varianz innerhalb eines Faktors zu maximieren mit dem Ergebnis, dass große Ladungen noch größer und kleine Ladungen noch kleiner werden.35 Das Varimax-Verfahren wird in der nachfolgenden Auswertung der empirischen Studie verwendet.
Im vorliegenden Grundlagenkapitel wurden zuerst die beiden Hauptbelastungsformen der physischen Belastung und der psychischen Belastung erläutert. Darauf aufsetzend wurde das betriebliche Gesundheitsmanagement erklärt sowie Methoden gezeigt, um physische und psychische Belastung bestmöglich zu reduzieren. Im empirischen Teil dieser Arbeit soll auf diesen Grundlagen aufbauend herausgefunden werden, inwiefern sich die Belastungen in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen und Branchen unterscheiden. Zur Auswertung der Daten werden unter anderem die beschriebenen Methoden von Cronbachs Alpha und der Varimax-Rotation verwendet.
[...]
1 Vgl. AOK-Bundesverband und Wissenschaftliches Institut der AOK 04.09.2018.
2 Vgl. Laryea 2019.
3 Vgl. Schuh und Pletke 2013, S. 42.
4 Vgl. Ulich und Wülser 2018, 29ff.
5 Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung und Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2012.
6 Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung und Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2012.
7 Vgl. Ambros 2016.
8 Vgl. Klußmann 2015.
9 Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung und Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2012.
10 Vgl. Wiese 2018, S. 21.
11 DIN EN ISO 10075-1:2018-01 2018.
12 Vgl. Millmann 2015, S. 43.
13 Quelle: Millmann 2015, S. 43 nach Zok 2006, S. 156
14 Maier 2018.
15 Vgl. Schuh und Pletke 2013, 110ff.
16 Vgl. Esslinger et al. 2010, 89ff.
17 BusinessDictionary.
18 Vgl. Esslinger et al. 2010, 90ff.
19 Vgl. Wiese 2018, 26ff.
20 Vgl. Schuh und Pletke 2013, S. 42.
21 Vgl. Ulich und Wülser 2018, S. 29.
22 Vgl. Ulich und Wülser 2018, S. 32.
23 Vgl. Ducki 1998, S. 135.
24 Vgl. Ulich und Wülser 2018, S. 133.
25 Vgl. Ulich und Wülser 2018, 134f.
26 Ulich und Wülser 2018, S. 172 nach Slesina et al. 1998
27 Vgl. Ulich und Wülser 2018, 172f.
28 Vgl. Ulich und Wülser 2018, S. 173 nach Slesina 2001.
29 Vgl. Ulich und Wülser 2018, 453ff.
30 Vgl. Eckstein 2006, S. 299.
31 Quelle: Hemmerich o.J.a.
32 Hemmerich o.J.a.
33 Vgl. Hemmerich o.J.a.
34 Vgl. Hemmerich o.J.b.
35 Vgl. Hemmerich o.J.b.