Diese Arbeit wird sich mit der Frage danach auseinandersetzen, wie Lehrkräfte Methodenvielfalt bewerten und dabei aufgrund der Fachauswahl des Praxissemesterstudierenden einen Schwerpunkt auf das Fach Deutsch legen.
Was ist guter Unterricht? Diese Frage ist nur schwer zu beantworten und schon gar nicht in wenigen Worten. In der Lehramtsausbildung wird häufig auf Hilbert Meyer verwiesen, der zehn Merkmale guten Unterrichts festgelegt hat. Methodenvielfalt ist demnach eines dieser Merkmale und "liegt vor, wenn der Reichtum der verfügbaren Inszenierungstechniken genutzt wird, wenn eine Vielfalt von Handlungsmustern eingesetzt wird, wenn die Verlaufsformen des Unterrichts variabel gestaltet werden und das Gewicht der Grundformen des Unterrichts ausbalanciert ist".
Zusammengefasst bedeutet das: Abwechselung in allen Bereichen ist ein wesentlicher Bestandteil guten Unterrichts und von den Lehrkräften unbedingt zu beachten. Das Spektrum der Möglichkeiten, Unterricht verschiedenartig zu gestalten, ist breit gefächert und bezieht sich längst nicht nur auf die Sozialformen, wenngleich die Unterscheidung zwischen Frontalunterricht und Gruppenarbeit wohl nach wie vor am populärsten ist. Eine weitere Möglichkeit, den Unterricht variabel aufzubereiten, bietet etwa die Materialauswahl.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Definition von Methodenvielfalt
2.2 Forschungsstand
2.3 Methodenwissen als Qualifikation von Lehrkräften
3. Methode
3.1 Fragestellung
3.2 Datenerhebung
3.3 Datenauswertung
3.4 Stichprobe
4. Ergebnisse und Diskussion
4.1 Ausblick
5. Reflexion
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Was ist guter Unterricht? Diese Frage ist nur schwer zu beantworten und schon gar nicht in wenigen Worten. In der Lehramtsausbildung wird häufig auf Hilbert Meyer (2004) verwiesen, der zehn Merkmale guten Unterrichts festgelegt hat. Methodenvielfalt ist demnach eines dieser Merkmale und „liegt vor, (1) wenn der Reichtum der verfügbaren Inszenierungstechniken genutzt wird, (2) wenn eine Vielfalt von Handlungsmustern eingesetzt wird, (3) wenn die Verlaufsformen des Unterrichts variabel gestaltet werden (4) und das Gewicht der Grundformen des Unterrichts ausbalanciert ist.“ (ebd., S. 74). Zusammengefasst bedeutet das: Abwechselung in allen Bereichen ist ein wesentlicher Bestandteil guten Unterrichts und von den Lehrkräften unbedingt zu beachten. Das Spektrum der Möglichkeiten, Unterricht verschiedenartig zu gestalten, ist breit gefächert und bezieht sich längst nicht nur auf die Sozialformen, wenngleich die Unterscheidung zwischen Frontalunterricht und Gruppenarbeit wohl nach wie vor am populärsten ist. Eine weitere Möglichkeit, den Unterricht variabel aufzubereiten, bietet etwa die Materialauswahl.
Die Eindrücke, die der Autor dieser Zeilen im Praxissemester während der universitären Lehramtsausbildung sowie während der eigenen Schulzeit gesammelt hat, lassen jedoch kaum darauf schließen, dass Lehrkräfte der Methodenvielfalt als Merkmal guten Unterrichts gerecht werden. In vielen Unterrichtsstunden lassen sich fächerübergreifend immer wiederkehrende Muster beobachten, von der eine Lehrkraft nur selten abweicht. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Unterricht dadurch schlecht ist. Es drängt sich dennoch die Frage auf, warum Lehrkräfte, die gewiss daran interessiert sind, einen guten Unterricht zu halten, gerade die Methodenvielfalt vernachlässigen. Im Allgemeinen kommt reflexartig die Vermutung auf, Lehrkräfte würden den damit verbundenen Arbeitsaufwand scheuen. Doch ist die Antwort wirklich so einfach? Zeitökonomie wird gewiss ein Faktor sein, den Lehrkräfte in ihre Unterrichtsplanung miteinbeziehen. Man muss sich in diesem Zusammenhang allerdings auch die Frage stellen, welchen Stellenwert Lehrkräfte der Methodenvielfalt beimessen. Anzunehmen wäre beispielsweise, dass sie den durch variabel gestalteten Unterricht zu erzielenden positiven Effekt auf das Lernen der Schüler für nicht groß genug halten, als dass sich der damit verbundene Zeitaufwand lohnen würde. Diese Arbeit wird sich mit der Frage danach auseinandersetzen, wie Lehrkräfte Methodenvielfalt bewerten und dabei aufgrund der Fachauswahl des Praxissemesterstudierenden einen Schwerpunkt auf das Fach Deutsch legen.
2. Theoretischer Hintergrund
Zunächst gilt es zu klären, was mit Methodenvielfalt überhaupt gemeint ist und wie sie in der Forschung definiert wird. Danach wird ein Überblick über den aktuellen Forschungsstand gegeben und es werden exemplarisch einige Studien vorgestellt, welche die Bedeutung variierender Unterrichtsmethoden in den Fokus genommen haben.
2.1 Definition von Methodenvielfalt
Die oben aufgeführte Definition muss ergänzt werden um das Drei-Ebenen-Modell von Meyer (2004, S. 74ff.). Er unterscheidet zwischen Makro-Methodik, Meso-Methodik und Mikro-Methodik. Auf der Makroebene wird zwischen Freiarbeit (selbstorganisiertes Lernen in Einzel- oder Partnerarbeit), Lehrgängen (lehrerzentrierter Unterricht) und Projektarbeit (Gruppenarbeit und kooperatives Lernen) unterschieden. Die Mesoebene erlaubt Variationen der Sozialformen, Handlungsmuster und Verlaufsformen (Unterrichtsphasierung). Laut Meyer gibt es etwa 250 Handlungsmuster, z.B. Vortrag, Mindmap und Standbild (ebd., S. 77). Die Mikroebene betrifft die Inszenierungstechniken des Lehrers und der Schüler und bezieht unter anderem Mimik, Gestik und Körpersprache mit ein. Es geht hier also in gewisser Weise darum, wie der Lehrer etwas darstellt. Helmke (2017, S. 266f.) hält diese Unterscheidungen für richtig, ergänzt das Modell aber um weitere Bereiche, in denen Angebotsvielfalt bedeutsam ist. Er nennt unter anderen Medien, Aufgabentypen, Textsorten, Lernorte und Lehrpersonen. Diese Angebotsvielfalt lässt sich gerade im Fach Deutsch gut umsetzen, bedenkt man etwa die große Auswahl an Medien und Textsorten mit Alltags- und Gegenwartsbezug für die Schüler, die den Lehrkräften zur Verfügung stehen. Exemplarisch genannt seien an dieser Stelle Zeitungen und Werbeplakate, die mit ihren verschiedenen Textsorten unterschiedliche Adressaten ansprechen. Wiechmann (1999, S. 14) definiert Unterrichtsmethoden als „Planungs- und Realisierungsmuster, die sich auf die Gestaltung längerer, didaktisch in sich geschlossener Unterrichtssequenzen beziehen, also mindestens auf eine Unterrichtsstunde. Ich grenze damit Unterrichtsmethoden deutlich von einzelnen Elementen unterrichtlichen Handelns wie Demonstration, Diskussion, Vortrag oder Übung ab.“ Wiechmann schließt damit allerdings nicht jene Aspekte aus seiner Definition aus, die Helmke unter Handlungsmustern zusammenfasst und die allgemein doch am ehesten mit Unterrichtsmethoden verbunden werden. Vielmehr sei eine Unterrichtsmethode eine didaktisch geschlossene Sequenz, die aus einer aufeinander abgestimmten Abfolge von Handlungsmustern einschließlich der entsprechenden Sozialformen besteht. Wiechmann erweitert die Definition demnach also um den Aspekt, dass Handlungsmuster niemals losgelöst von einer Unterrichtseinheit betrachtet werden können und wirkt damit der einfachen Vielfalt entgegen.
Die hier exemplarisch aufgeführten Definitionen von Meyer, Helmke und Wiechmann zeigen auf: Methodenvielfalt ist bei genauerer Betrachtung viel mehr als bloß die Unterscheidung zwischen Gruppenpuzzle, Galerie-Rundgang oder Kugellager, wie sie Mattes (2011) in seinem ausführlichen und sicherlich für (angehende) Lehrkräfte hilfreichen Werk erläutert. Vielfalt im Unterricht ist auf verschiedenen Ebenen umsetzbar und genau das ist im Kontext dieses Forschungsprojekt der wichtigste Aspekt. Eine enger gefasste Definition ist hier nicht notwendig, denn in einer gewissen Offenheit liegt gerade das Potenzial dieser Arbeit und der Methode des unten beschriebenen problemzentrierten Interviews. Allerdings ist zu erwarten, dass Lehrkräfte mit Methodenvielfalt allgemein eher nicht solche Dinge wie Inszenierungstechniken oder die Materialauswahl assoziieren und letztlich während des Interviews doch ein Schwerpunkt auf dem liegen wird, was Meyer Handlungsmuster nennt. Es soll in dieser Arbeit also in erster Linie darum gehen, dass Kategorien aufgedeckt werden, welche die Lehrkräfte für bedeutsam in der Auseinandersetzung mit Methodenvielfalt halten. Inwiefern deckt sich die subjektive Auffassung, die Lehrkräfte von Methodenvielfalt haben, überhaupt mit den oben genannten Definitionen? Bei einer Definition, die so viele Aspekte umfasst wie jene im Fall der Methodenvielfalt, ist es durchaus denkbar, dass der Hauptfokus der sich mit dem Gegenstand auseinandersetzenden Akteure nur auf einige wenige Aspekte gelegt wird und diese generalisiert als wichtigste Kriterien des gesamten Gegenstands aufgefasst werden. Dies – sollte es tatsächlich so sein – zu erkennen, wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin zu verstehen, warum Lehrkräfte in welchem Umfang Gebrauch von verschiedenen Unterrichtsmethoden machen.
2.2 Forschungsstand
Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass Methodenvielfalt nicht ohne weitere Einschränkungen als Merkmal guten Unterrichts taugt. Zum einen zeigen Effektivitätsstudien, dass Methodenvielfalt im Vergleich zu anderen Merkmalen nur einen mittleren Einfluss auf den Lernerfolg hat. (Vgl. Meyer 2004, S. 74) Zum anderen „ist der erfolgreichste Unterricht selten derjenige mit einem Maximum an Methodenvariation, sondern der mit einem Optimum.“ (Helmke 2017, S. 270). Diese Einschätzung geht auf Schülerbefragungen zurück, die im Projekt MARKUS durchgeführt wurden – allerdings bezogen auf das Fach Mathe. Demnach wäre ein gesundes Maß an verschiedenen Methoden zu befürworten, als ein Unterricht, in dem etwa Frontalunterricht und andere Unterrichtsformen ausgewogen angewendet werden. Der Einsatz von sehr vielen als auch von ganz wenigen Methoden wurde hier negativ bewertet. Einen Hinweis darauf, warum das so sein könnte, gibt die Studie von Götz u.a. (2005). In ihrer Lehrerbefragung beziehen sie sich in den Unterrichtsmethoden in erster Linie auf die Sozialformen und unterscheiden zwischen Frontalunterricht, Gruppenarbeit, Partnerarbeit, Einzelarbeit und Projektarbeit. Interessant ist das Ergebnis im Hinblick auf die Argumente, die für den Einsatz der unterschiedlichen Formen sprechen. Denn hier wird deutlich, dass jede Form unterschiedliche Stärken hat. So schätzen die Lehrkräfte Projektunterricht zwar insgesamt als sehr effektiv ein. Wenn es um die Erarbeitung von Lösungsstrategien geht, schätzen sie Partner- und Gruppenarbeit allerdings als besser geeignet ein. (ebd., S. 353) Dieses Ergebnis deckt sich mit der oben beschriebenen Einschätzung Helmkes und bedeutet, dass es nicht darauf ankommt möglichst viele verschiedene Methoden im Unterricht anzuwenden, sondern die richtige Methode für den richtigen Anlass zu finden. Es wird allerdings ebenso deutlich, dass neben den spezifischen Lehr-/Lernvoraussetzungen auch der Arbeitsumfang bei der Aufbereitung einer Methode eine Rolle spielt. So nannten 56 Prozent der Lehrkräfte die Tatsache, dass das Material dafür bereits vorhanden ist, als Pro-Argument für den Frontalunterricht. (ebd., S. 353) Insgesamt hat sich in den letzten 30 Jahren eine Entwicklung vollzogen, durch welche der Frontalunterricht seltener und andere Sozialformen wie Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit häufiger stattfindet. (ebd., S. 354) Die Ergebnisse der DESI-Studie eröffnen, dass insbesondere die Arbeit mit kleinen Schülergruppen bei den Lehrern beliebt ist. Aber auch Diskussionsrunden, Freiarbeit und Wochenplanarbeit gehören zu den Formen, die mehrmals pro Monat praktiziert werden. (Ehlers u.a. 2008, S. 324) Es findet also offenbar eine Variation der Handlungs- und Sozialformen im Unterricht statt. Die Studie zeigt aber auch auf, dass das Lehrbuch sowie Arbeitsblätter die mit Abstand am häufigsten eingesetzten Materialien sind. (ebd., S. 327) Hier gibt es bei der Auswahl offenbar noch Luft nach oben.
Die gegenwärtig wohl populärste Forschungsarbeit, die sich mit dem Lernen von Schülerinnen und Schülern auseinandersetzt, ist die Meta-Analyse von Hattie. Er urteilt, dass Lehrkräfte in der Lage sein müssen, „multiple Wege zum Wissen sowie multiple Interaktionsprozesse anzubieten und multiple Gelegenheiten zum Üben zu geben.“ (Hattie 2014, S. 114) Denn weil man nur begrenzt gleichzeitig verarbeiten könne, benötige es verschiedene Arten, um neue Ideen zu sehen, ohne dass das Arbeitsgedächtnis dabei überlastet wird. (ebd., S. 114) Hattie folgert hier also, dass es allein aus Lehr-/Lernpsychologischer Sicht Sinn macht, sein Wissen auf verschiedenen Wegen zu erlangen. Die von Hattie im Zusammenhang der Meta-Analyse veröffentlichte Liste der Einflüsse auf die Lernleistung (ebd., S. 276 ff.) unterstützt diese Einschätzung insofern, als dass verschiedene Methoden und Verhaltensweise einen deutlichen positiven Effekt auf die Lernleistung haben. Im oberen Drittel dieser insgesamt 150 Domänen umfassenden Liste befinden sich unter anderem Klassendiskussionen, Wiederholendes Lesen, Kreativitätsförderung, Lautes Denken, Problemlösen, Concept Mapping, Kooperatives vs. Individuelles Lernen sowie Direkte Instruktion. Daraus ist grundsätzlich erst einmal kein Plädoyer für Methodenvielfalt im Unterricht abzulesen. Die Ergebnisse lassen aber darauf schließen, dass es – wie oben bereits angedeutet – sowohl um das Maß der Variation als auch um die Angemessenheit der Unterrichtssituation geht, wenn sich die Frage nach den unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Unterrichtsmethoden stellt. Nicht zuletzt deshalb identifiziert Hattie die Lehrpersonen als „die wichtigsten Akteure im Bildungsprozess.“ (ebd., S. 24 ff.)
2.3 Methodenwissen als Qualifikation von Lehrkräften
Wie auch immer die oben ausgeführten Forschungsergebnisse aufgefasst werden: Die Beherrschung verschiedener Unterrichtsmethoden und ihre zielgerichtete Anwendung sind unzweifelhaft Kernkompetenzen, die es in der Lehramtsausbildung spätestens mit Beginn des Referendariats nachzuweisen gilt. Längst hat sich unter angehenden Lehrerinnen und Lehrern das Sprachbild verfestigt, wonach man während des 18-monatigen Referendariats ein Methodenfeuerwerk abbrennen müsse. Werke, wie jenes bereits genannte von Mattes (2011), gehören für jeden Referendar zur Standardausrüstung bei der Planung und Verschriftlichung von Unterrichtssequenzen. Im Kerncurriculum für die Ausbildung im Vorbereitungsdienst für Lehrämter in den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung und in den Ausbildungsschulen sind die Anforderungen an die Referendarinnen und Referendare klar formuliert. Im Handlungsfeld U – das steht für Unterricht – müssen die angehenden Lehrkräfte demnach unter anderem folgende Handlungssituationen bewältigen können:
- „Lernprozesse fach- und sachgerecht, motivierend, herausfordernd, sprachbildend und kognitiv aktivierend planen und gestalten.“
- „Unterschiedliche Formen der Lerninitiierung und Lernsteuerung zur individuellen Förderung nutzen.“
- „Selbstbestimmtes Lernen und Arbeiten durch die Vermittlung geeigneter Strategien fördern.“
- „Medien und Kommunikationstechnologien funktional und zielführend einsetzen.“ (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen 2016, S. 4).
Eine für die Referendarinnen und Referendare zu erwerbende Kompetenz lautet zudem: „Lehrerinnen und Lehrer unterstützen durch die Gestaltung von Lernsituationen das Lernen von Schülerinnen und Schülern.“ (ebd., S. 5) Die Ergebnisse aus der hier vorgestellten Forschung sind also längst in die Regularien für die Lehramtsausbildung eingeflossen und es dürfte zumindest für jüngere Lehrkräfte keine Überraschung sein, dass es von ihnen verlangt wird, verschiedene Methoden im Unterricht anzuwenden. Insofern darf erwartet werden, dass Lehrkräfte mit der Auseinandersetzung mit dieser Thematik vertraut sind – und zwar sowohl im Hinblick auf Professionswissen als auch was die subjektiven Erfahrungen und den eigenen Umgang mit Methodenvielfalt im täglichen Unterricht angeht.
3. Methode
3.1 Fragestellung
Diese Arbeit kann es nicht leisten, einen repräsentativen Überblick darüber zu geben, wie sich Methodenvielfalt im Deutschunterricht darstellt. Die oben aufgeführten Definitionen sowie bereits durchgeführte Studien werfen im Hinblick auf die Erfahrungen aus der Unterrichtspraxis einige Fragen auf, auf die mit Hilfe des Studienprojekts erste Antworten gefunden werden können. Insbesondere lässt sich feststellen, welche Kategorien die Lehrkraft mit der Methodenvielfalt verknüpft. Gibt es ein Bewusstsein dafür, dass Methodenvielfalt viele verschiedene Bereiche abdeckt? Oder bestätigt sich die Annahme, dass mit ihr in erster Linie Handlungsmuster verbunden werden? Gerade im Hinblick auf das Fach Deutsch ist dies interessant, bietet sich den Lehrkräften doch eine Fülle von Material, die über das Deutschbuch hinaus geht. Das betrifft nicht nur den Einsatz verschiedener Textsorten, sondern ganz sicher auch die Medien, in denen diese zu finden sind. Darüber hinaus lässt sich in Erfahrung bringen, welche Kategorien die befragte Lehrkraft aufmacht, wenn es darum geht, geeignete und ungeeignete Methoden zu identifizieren. Spielt dabei wirklich der Faktor Zeit die größte Rolle? Oder begründet die Lehrkraft ihre Auswahl auch mit den Bedürfnissen der Schüler? Ganz interessant ist außerdem die Frage danach, wie die subjektiven Vorstellungen der Lehrkraft bezüglich der an sie herangetragenen Anforderungen sind. Also, welche Erwartungen im Hinblick auf Methodenvielfalt an sie gestellt werden. Ist es die Auffassung, dass eine Fülle an Methoden den Unterricht automatisch besser macht? Oder herrscht ein Bewusstsein dafür vor, dass ein – wie oben beschrieben – ein auf den spezifischen Unterricht abzielender optimaler Einsatz verschiedener Methoden erstrebenswert ist? Zuletzt kann zumindest exemplarisch ein Bild davon entworfen werden, in wie weit Methodenvielfalt in diesem speziellen Fall umgesetzt wird und welche Rolle ihr beigemessen wird.
3.2 Datenerhebung
Für die Untersuchung wird ein qualitativer Ansatz gewählt. Dies bietet sich in diesem Fall deshalb an, weil qualitative Forschung die subjektive Wahrnehmung von Akteuren fokussiert und auf diese Weise Alltagsgeschehnisse und Alltagswissen untersucht. (vgl. Flick u.a. 2015, S. 23). So beschreiben es auch Reinders & Ditton (2012, S. 45), laut denen es das Ziel empirischer Sozialforschung sei, Kenntnisse über die soziale Realität zu erlangen. Wichtiges und für diese Arbeit relevantes Merkmal ist dabei, dass nicht theorieprüfend vorgegangen wird, sondern ein hohes Maß an Offenheit gegenüber den aktuellen Forschungsergebnissen sowie den persönlichen Erfahrungen des Befragten existiert. (ebd., S. 49 f.) Um zu erfassen, für wie sinnvoll Lehrkräfte Methodenvielfalt im Fach Deutsch halten, wird deshalb ein Interview entwickelt, das sich am problemzentrierten Interview nach Witzel (2000) orientiert. Dieses Instrument der Datenerhebung ist in diesem Fall deshalb so geeignet, weil eine Fokussierung auf den Gegenstand stattfindet, gleichzeitig aber eine Offenheit für Erzählungen gegeben ist. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer starken erzählgenerierenden Phase, in der die subjektive Sicht der Befragten erfasst wird. Die Idee dahinter ist, dass der Interviewer durch die Erzählung möglichst nah an das Ereignis herankommt und so einen authentischen Eindruck des Geschehenen bekommt. Denn nur durch das Nacherleben einer Situation werden auch die ihr eigenen Details sichtbar. Das Interview zielt somit darauf ab, bestimmte Situationen sichtbar zu machen, in denen die Lehrkraft etwa Formen des kooperativen Lernens beziehungsweise Frontalunterricht angewendet und ihre Ergebnisse wahrgenommen hat. Genau das soll in dem Projekt ja passieren: Die subjektiven Empfindungen der Lehrkräfte bezogen auf Methodenvielfalt sollen sichtbar gemacht und skizziert werden. Denn bei allen Empfehlungen durch die Forschung, muss berücksichtigt werden, dass gerade der Beruf des Lehrers stark von subjektiven Eindrücken geprägt ist, die möglicherweise handlungsweisender sind als die Empfehlungen der Wissenschaft.
3.3 Datenauswertung
Zunächst wurde das auf einer Audiodatei aufgezeichnete Gespräch transkribiert. Die schriftliche Form des Interviews befindet sich im Anhang, die später gegeben Zeilenangaben beziehen sich darauf. Zur Auswertung der erhobenen Daten wurde die dokumentarische Methode angewendet, wie sie Bohnsack u.a. (2010) oder Nohl (2013) beschreiben. Dieses Instrument ist im Hinblick auf das problemzentrierte Interview deshalb so gut geeignet, weil es sich gerade zur Aufgabe macht, das zu explizieren, was implizit ist, indem es die Praxis von Akteuren in verschiedenen Bereichen rekonstruiert. Das Ziel ist es, „jenseits der subjektiv angeführten Begründungen der Einzelnen tiefer liegende und sozial geformte Muster zu entdecken, die das Wissen um das Zusammenspiel von gesellschaftlichen Strukturen und individuellen bzw. gemeinschaftlichen Handlungen erweitern.“ (Kleemann u.a. 2013, S. 155) Denn es wird davon ausgegangen, dass es eine gemeinsame Erfahrungsbasis zwischen Menschen gibt, die im gleichen Kontext agieren. Dieses millieuspezifische Wissen wird laut Kleemann u.a. (2013, S. 157f.) auch konjunktives Wissen genannt. Dieses Wissen ist implizit und handlungsleitend. Es unterscheidet sich damit vom kommunikativen Wissen, welches theoretisch und millieuübergreifend ist. Die dokumentarische Methode zielt nun darauf ab, das konjunktive Wissen sichtbar zu machen. Dies geschieht, indem die Aussagen des Befragten laut Kleemann u.a. (2013, S. 159f.) in zwei Schritten analysiert werden. Während der formulierenden Interpretation wird erfasst, was der Befragte gesagt hat, und zwar ausschließlich der Teil, der objektivierbar ist. Der intendierte Ausdruckssinn, also die Intention des Befragten, muss hier zwingend vernachlässigt werden. Im nächsten Schritt findet die reflektive Interpretation statt, mit welcher der dokumentarische Sinngehalt einer Aussage – also das, was Gegenstand der Untersuchung ist – erfasst werden soll. Es soll also überprüft werden, welche Erfahrungen aus der Alltagspraxis den Befragten zu seiner Aussage bewegt haben. Zunächst einmal müssen demnach die expliziten Aussagen des Befragten erfasst werden, das heißt solche Situationen, in denen die Lehrkraft bewusst oder unbewusst Unterrichtsmethoden angewendet oder eben auch nicht angewendet hat.
In einem nächsten Schritt wird dann analysiert, wie der Befragte etwas gesagt hat und schließlich das implizite Wissen sichtbar gemacht. Wie äußert sich der Lehrer in einer konkreten Situation über Sinn und Unsinn von Methodenvielfalt? Welche Erfahrungen aus der Unterrichtspraxis sind dabei handlungsleitend? Welches Bild über die Bedeutung von Methodenvielfalt im Unterricht liegt dem zugrunde und in welchem Maße korreliert das mit einer eventuell unter Lehrkräften allgemein herrschenden und akzeptierten Einstellung? Solche Fragen könnten kaum beantwortet werden, wenn nur die die expliziten und mutmaßlich bewusst gesteuerten Antworten analysiert würden. Maßgeblich sind stattdessen die möglichst unreflektierten Einblicke, die von dem Befragten gegeben werden. Sowohl die Interviewmethode als auch die Methode der Datenerhebung zielen demnach nicht bloß darauf ab, Daten über Methodenvielfalt im Unterricht zu gewinnen, sondern sie verknüpfen diese Daten gleichzeitig mit dem Erfahrungshorizont der Lehrkräfte im Kontext Schule.
3.4 Stichprobe
Das Interview wurde an einem Gymnasium vom Standorttyp vier in einer deutschen Großstadt innerhalb einer Metropolregion durchgeführt. Weil es im Kontext des Praxissemesters des Autors stattfand, konnte lediglich eine Stichprobe mit einer Lehrkraft durchgeführt werden. Die Lehrkraft ist Anfang 30, unterrichtet die Fächer Deutsch und Biologie und befand sich zum Zeitpunkt des Interviews erst im dritten Berufsjahr nach Abschluss des Referendariats. Um grundsätzlich etwas über Methodenvielfalt im Fach Deutsch zu erfahren, wäre es durchaus ebenso möglich gewesen, eine stichprobenartige Befragung von mehreren Lehrern, etwa mit Hilfe eines Fragebogens, durchzuführen. Das wäre allerdings aus oben genannten Gründen, welche die gewünschte Offenheit des Interviewpartners zum Ausdruck gebracht haben, für diese Arbeit nicht zielführend gewesen. Es wäre hingegen wünschenswert gewesen, mehrere Interviews durchzuführen. Die Kapazitäten dafür waren jedoch nicht gegeben.
4. Ergebnisse und Diskussion
Damit diese Arbeit einfach lesbar bleibt und weil es im Kontext der Methode Sinn macht, werden nicht erst in einem ersten Schritt alle Ergebnisse zusammengefasst und anschließend in einem nächsten diskutiert. Stattdessen werden die Ergebnisse sofort diskutiert und deren wissenschaftlicher Mehrwert anschließend in einem Ausblick erörtert.
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