Diese Hausarbeit untersucht, inwiefern die Entscheidungen zum Thema des Schwangerschaftsabbruchs mit sozialen und gesellschaftlichen Zwängen, sowie den Erwartungen gegenüber den Frauen und Rollen, in die diese gedrängt werden, zusammenhängen. Zwar ist die Abtreibung unter bestimmten Voraussetzungen ohne rechtliche Sanktionen durchzuführen, jedoch keinesfalls legal, was wiederum zu enormen gesellschaftlichen und persönlichen Konflikten führen kann.
Um sich dem weit verbreiteten Diskurs über die Legitimität des Schwangerschaftsabbruchs anzunähern, ist vorab festzustellen, dass dieser sehr vielseitig und sowohl gesellschaftlich, als auch politisch stark umstritten ist. Für die betroffenen Frauen sind Entscheidungen diesbezüglich nur schwer zu treffen. Deshalb ist es fundamental, diesem Thema ebenso neutral wie auch wissenschaftlich fundiert gegenüberzutreten und keine verurteilende Position einzunehmen.
Denn der Konflikt, der mit der Entscheidung zwischen einem Leben mit oder ohne Kind einhergeht, beinhaltet oftmals viel mehr Aspekte als vorab anzunehmen. Frauen, die eine solche Entscheidung zu treffen haben, stehen zwischen sich gegenseitig beeinflussenden gesellschaftlichen, rechtlichen und moralischen Zwängen, aber auch Vorstellungen über den eigenen Lebenslauf.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Aufbau der Arbeit
2. Hintergründe
2.1. Geschichtlicher Hintergrund des Abtreibungsrechts
2.2. Bedeutung der Verhütungsmittel
2.3. rechtlicher Hintergrund
3. Die Rolle der Gesellschaft
3.1. Abtreibung als sozialer Zwang
3.2. Abtreibung und das Berufsleben der Frauen
3.3. gesundheitliche und psychische Konsequenzen
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
„Ein Kind, kein Kind – nie war die Entscheidung so einfach wie heute. Es gab Zeiten, da hieß das einzig verfügbare Verhütungsmittel 'Enthaltsamkeit'.
(...)
Es ist anzunehmen, da[s] der Wunsch, die Anzahl und den Zeitpunkt der Geburten zu kontrollieren, so alt ist wie die Menschheit“ (Dee, 1999, S. 45).
„Abtreibung ist in sich kein Akt der Selbstbestimmung oder der Emanzipation – ebensowenig wie das Kinderkriegen. Ob Elemente der Selbst- oder Fremdbestimmung in die jeweilige Entscheidung eingehen, hängt von den persönlichen und politischen Bedingungen ab, unter denen die einzelne Frau diese Entscheidung fällt“ (Sadrozinski, 1990, S. 182).
1. Einleitung
Rechtlich gesehen liegt ein Schwangerschaftsabbruch erst ab dem Zeitpunkt vor, zudem die Schwangerschaft nach der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter beendet wird (§ 218 Abs. 1, StGB).
Zwar ist die Abtreibung unter bestimmten Voraussetzungen ohne rechtliche Sanktionen durchzuführen, jedoch keinesfalls legal, was wiederum zu enormen gesellschaftlichen und persönlichen Konflikten führen kann.
Um sich dem weit verbreiteten Diskurs über die Legitimität des Schwangerschaftsabbruchs anzunähern, ist vorab festzustellen, dass dieser sehr vielseitig und sowohl gesellschaftlich, als auch politisch stark umstritten ist.
Für die betroffenen Frauen sind Entscheidungen diesbezüglich nur schwer zu treffen. Deshalb ist es fundamental, diesem Thema ebenso neutral wie auch wissenschaftlich fundiert gegenüberzutreten und keine verurteilende Position einzunehmen.
Denn der Konflikt, der mit der Entscheidung zwischen einem Leben mit oder ohne Kind einhergeht, beinhaltet oftmals viel mehr Aspekte als vorab anzunehmen.
Frauen, die eine solche Entscheidung zu treffen haben, stehen zwischen sich gegenseitig beeinflussenden gesellschaftlichen, rechtlichen und moralischen Zwängen, aber auch persönlichen Neigungen, sowie Vorstellungen über den eigenen Lebenslauf und einem enormen Zeitdruck bezüglich der einzuhaltenden Fristen.
Allein in Deutschland wird die jährliche Zahl der Abtreibungen auf ca. 130.000 geschätzt, wobei die Zahl der gemeldeten Abtreibungen seit dem Jahr 2004 kontinuierlich zurückgegangen sind.
Den Höchststand der statistisch nachgewiesenen Schwangerschaftsabbrüche gab es 2001 mit rund 135.000 und 2016 wiederum mit knapp 99.000 Abtreibungen.
Allgemein sind dabei drei Viertel der Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, zwischen 18 und 34 Jahre alt (statistika.com, o.S.).
Inwiefern die Entscheidungen zum Thema des Schwangerschaftsabbruchs mit sozialen und gesellschaftlichen Zwängen, sowie den Erwartungen gegenüber den Frauen und Rollen in welche diese gedrängt werden, zusammenhängen, soll die vorliegende Hausarbeit diskutieren.
Dem entsprechend beinhaltet die Arbeit die Klärung der Frage, ob ein Schwangerschaftsabbruch einem persönlichen Wunsch entspricht oder ob eine werdende Mutter aufgrund vorherrschender Erwartungen und diverser Konflikten zu dieser Entscheidung gedrängt oder diesbezüglich beeinflusst wird.
1.1 Aufbau der Arbeit
Zu Beginn der Arbeit werden sowohl der geschichtliche als auch der rechtliche Hintergrund bestimmt, da diese Grundvoraussetzungen für das Verständnis des Themas sind.
Dem entsprechend werden die Formen in der Entwicklung beschrieben, welche mit der Thematik der Abtreibung, den damit verbundenen Frauenrechten und der Bedeutung des Embryos beziehungsweise Fötus einhergehen.
Des Weiteren werden dem die rechtlichen Veränderungen gegenübergestellt und die Möglichkeit der Verhütung, insbesondere der Pille, verdeutlicht.
Im Hauptteil richtet sich der Fokus einerseits auf die gesellschaftlichen Zwänge und die Erwartungen einer Gesellschaft an eine Frau und an ihre Schwangerschaft und andererseits den persönlichen Vorstellungen und Konflikten.
Konkret werden dabei auch die Aufgabe und die Rolle einer erwerbstätigen Frau mit der einhergehenden Doppelbelastung und Folgen einer möglichen Schwangerschaft beleuchtet.
Abschließend werden im Schlussteil mögliche Vor- und Nachteile einer Abtreibung gegenübergestellt und auf weitere Konsequenzen, wie die der psychischen Folgen eingegangen und mit den vorher beschriebenen Beweggründen eines Schwangerschaftsabbruchs in Relation gesetzt.
2. Hintergründe
2.1 Geschichtlicher Hintergrund des Abtreibungsrechts
Spricht man im Allgemeinen von einer Abtreibung, so meint man das bewusste und absichtliche Herbeiführen eines Schwangerschaftsabbruchs, welcher zu jeder Zeit und in allen Gesellschaften stattgefunden hat.
Es handelt sich somit um etwas allgemein Bekanntes mit einer langen Menschheitsgeschichte und Tradition über die Art und Weise, wie der Diskurs der Abtreibung geführt wurde und heute geführt wird (Boltanski, 2007, zitiert nach Krolzik-Matthei, 2016).
Ausgangspunkt einer Abtreibung ist entweder eine ungewollte Schwangerschaft, während der Schwangerschaft auftretende gesundheitliche Probleme mit schwerwiegenden Konsequenzen für die Schwangere oder gesellschaftliche und finanzielle Beweggründe. Zur heutigen Zeit müsste man davon ausgehen, dass die Entscheidung darüber ob die Schwangerschaft ausgetragen oder abgebrochen wird, unter bestimmten Voraussetzungen der Schwangeren überlassen werden kann.
Denn sie betreffen hauptsächliche Konsequenzen, welche mit dieser Entscheidung einhergehen, wie das Austragen der Schwangerschaft, die folgende Verantwortung, welche für das geborene Kind übernommen werden muss und der damit einhergehenden Fürsorge und die Erziehung (Krolzik-Matthei, 2016).
Doch war dies unter dem Aspekt der Selbstbestimmung weder in der Geschichte noch in der heutigen Gegenwart der Fall, die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch allein der Schwangeren zuzuschreiben (Krolzik-Matthei, 2016).
So war es in streng patriarchalen Gesellschaften der griechisch-römischen Antike verboten einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, sofern die Entscheidung darüber von der Frau geäußert wurde.
Die Männer als Familienoberhäupter wiederum besaßen das Recht, eine solche Entscheidung zu fällen und über das wann und wie der Nachkommenschaft zu bestimmen (Jerouschek, 2002, zitiert nach Krolzik-Matthei, 2016).
Zweck dahinter war die Zeugung legitimer Nachkommen unter Kontrolle der Männer.
Dem entsprechend hatte eine Schwangere zwar die Möglichkeit abzutreiben, musste jedoch insofern diese auf eigenen Wunsch stattfand mit physischen, psychischen oder sozialen Konsequenzen sowie Missbilligungen allein zurechtkommen (Boltanski, 2007).
Des Weiteren lassen sich Aussagen darüber finden, dass Frauen nicht nur die Fähigkeit zur Schwangerschaft haben, welche unter einer strenger Kontrolle stehen muss, sondern in Folge dieser auch Kinder bekommen wollen.
Frauen müssen den Männern folglich verfügbar sein und der Vorstellung des Gebärens mit einer positiven Einstellung gegenübertreten (Hanmer, 1990).
„Frauen wollen KinderAlso wollen sie eigentlich gar keinen Abbruch, sondern jede Schwangerschaft austragen. Gehindert werden sie demnach nur von den mi[ss]lichen Umständen“ (Sadrozinski, 1990, S.184).
Durch die Verbreitung des Christentums tauchten neben dem patriarchalen Charakter, welcher bis dahin das Abtreibungsverbot bestimmte, vermehrte Diskussionen über das Lebensrecht des Fötus auf.
Deshalb konnte dem Selbstbestimmungsrecht der Frauen weiterhin keine Beachtung geschenkt werden, da dem Lebensrecht des Fötus eine größere Bedeutung zugesprochen wurde.
Abtreibung ist insofern ein Tötungsdelikt, welcher derzeitig im Konflikt zum Lebensrecht stand (Behren, 2004, zitiert nach Krolzik-Matthei, 2016).
Des Weiteren bezog man Argumentationen darauf, dass eine Empfängnis gottgewollt ist und ein Schwangerschaftsabbruch somit nicht nur gegen die Macht der Männer, sondern auch gegen die Gottes spricht (Boltanski, 2007).
Später fragte man sich vermehrt, ab welchem Zeitpunkt ein Fötus als ein menschliches Lebewesen, also eine Person mit personalen Rechten, betrachtet werden kann und richtete danach das Abtreibungsverbot aus.
Einerseits wurde angenommen, dass ein Fötus ein wünschendes Lebewesen, also eines mit einem momentanen Bewusstsein und Überlebenswunsch, sowie mit einem Ich- und Selbstbewusstsein ist (Rhonheimer, 2004).
Andererseits wurden radikal umgekehrte Annahmen geäußert, dass der Fötus „...nicht als eigenständiges Lebewesen, sondern als 'Eingeweide' der Schwangeren.“ (Medizin im Museum, 2005) betrachtet wird oder dieser „... einen Körper mit seiner Mutter bildet, und als Bestandteil dieses Körpers nichts ist als ein Organ“ (Boltanski, 2007, S.321).
Infolgedessen erfuhren die bereits skizzierten Legitimationen des Abtreibungsverbots Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Veränderung, vor allem durch die bevölkerungspolitischen Bestrebungen westlicher Staaten und die im 20. Jahrhundert regulierende Maßnahmen bezüglich der Geburten durch den Staat (Krolzik-Matthei, 2016).
Besonders um die Mitte der 60er- und die Mitte der 70er-Jahre erlebte die Gesellschaft eine grundlegende Veränderung und die Legalisierung der Abtreibung einen fundamentalen Wendepunkt.
Zu dem Zeitpunkt blieb es unmöglich, bereits voranschreitende und grundlegende Veränderungen mit einer zunehmenden Bedeutung zu ignorieren. Denn die Gleichheit, Freiheit und Selbstbestimmungsrechte der Frauen beinhalte eine Radikalisierung, welche zur Aufhebung der patriarchalen Macht und der Kontrolle über die Frauen führte.
Frauen aller Schichten kamen zusammen und protestierten gegen die Abtreibungsstrafe und forderten ein Recht über die Selbstbestimmung ihres Körpers (Haug, 1990).
Trotzalledem unterlagen Abtreibungen weiterhin häufig verheimlichten Ausführungen (Boltanski, 2007).
Aber insbesondere durch die Frauenbewegung und der damit einhergehenden Zunahme über die Anerkennung der Selbstbestimmungsrechte der Frauen, in Bezug auf das Privatleben, welches mit der Gestaltung der Familie, den Gefühlen und die Sexualität betreffend zusammenhängt, konnte die Möglichkeit, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen nicht weiter illegal bleiben.
Denn es wird gefordert, dass niemand außer der Frau selbst über ihren Körper beziehungsweise die Schwangerschaft entscheiden darf und die absolute Kontrolle durch den Staat und die Kirche mit Abschaffung des Verbotes gehindert werden muss (Sadrozinski, 1990).
Ebenso wie die zunehmende Entwicklung der Biotechnologien auf moralische und rechtliche Widersprüche gestoßen wären, wenn das Abtreibungsverbot nicht aufgelockert würde (Boltanski, 2007).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Schwangerschaftsabbruch im Allgemeinen einen Gegengenstand der Missbilligung darstellt, obwohl zur heutigen Zeit Diskussionen bezüglich der Legalisierung immer häufiger in Richtung der Selbstbestimmungsrechte der Frauen gehen. Eine Abtreibung bleibt somit weiterhin etwas, worüber man nur mit Verlegenheit diskutiert.
Deshalb bleiben Diskussionen darüber meistens im Verborgenen und unterstützen somit die bestehende Zweideutigkeit des Schwangerschaftsabbruchs.
Denn sie eröffnet einerseits neue Möglichkeiten und Ansichten, aber trifft andererseits auf mangelndes Verständnis und Akzeptanz (Boltanski, 2007).
Es geht nicht darum die Abtreibung als gut oder schlecht zu bestimmen, sondern um die Neutralisierung bezüglich der divergierenden Meinungen, indem man alle Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch berücksichtigt ohne einen davon zu legitimieren.
In erster Linie aber insbesondere darum das Gebiet der Zeugung unter die Autorität, Vormundschaft und vor allem Kontrolle des Staates zu bringen (Boltanski, 2007).
Die Tatsache, dass dem Fötus durch die Abtreibung Gewalt und Unrecht angetan wird, kann allerdings, selbst unter Anbetracht der Voraussetzung, dass die Frauen dieser Praktik eventuell heimlich unterzogen wurden oder selbst sexueller Gewalt unterlagen, nicht vollständig abgestritten werden (Boltanski, 2007).
2.2 Bedeutung der Verhütungsmittel
„Zum Glück gibt es andere, sicherere Methoden. Und der aktuelle Geburtenrückgang ist wesentlich auch auf die simple Tatsache zurückzuführen, da[ss] ein Kind heute einfach nicht mehr >passieren< mu[ss]“ (Dee, 1999, S.45).
Spricht man zur heutigen Zeit über die Problematik der Abtreibung lässt sich diese nicht mehr von der Thematik der Verhütung trennen. Zumal viele Möglichkeiten bestehen eine frühzeitige Verhütung in Anspruch zu nehmen und dem Konflikt, welcher sich mit der Frage nach einem Schwangerschaftsabbruch beschäftigt, zu umgehen.
Sollte es jedoch zu einer Schwangerschaft kommen, besteht heute meistens die legale Möglichkeit zur Abtreibung (Dee, 1999).
Diese Selbstverständlichkeit war allerdings nicht zu jeder Zeit vorzufinden.
Denn besonders während der Weimarer Republik herrschte der Kampf über die Aufklärung der Frauen und den Zugang zu Verhütungsmitteln.
Als eine Konsequenz starben viele derzeitig an den Folgen brutaler Schwangerschaftsabbrüche, wobei die Zahl dieser zu der Zeit auf über eine Million in Deutschland geschätzt (diestoerenfriedas.de, o.S.).
Folglich erreichten die empfängnisverhütenden Maßnahmen den großen Durchbruch mit der ersten Antibaby-Pille, welche in den 60er Jahren auf den Markt kam.
Somit verließen sich zu Beginn ca. 50.000 Frauen auf die neue Möglichkeit eine Schwangerschaft zu umgehen. Darüber hinaus verdoppelte sich bereits ein Jahr später die Zahl der Frauen, welche auf die Pille zurückgriffen.
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