Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Beurteilen und Bewerten im Kunstunterricht und stellt die Frage, welche Bewertungsmethode den Schülern am ehesten gerecht wird. Im Unterricht liegt der Fokus meist auf der Bewertung mit Noten ohne Begründungen dieser. Zudem besteht eine Problematik bei der Bewertung von Grundschulkindern. Wie kann man beispielsweise Kindern, die aufgrund der persönlichen Entwicklung oder der fehlenden Erfahrung nicht in der Lage sind, Objekte perspektivisch einwandfrei zu zeichnen, eine schlechte Note hierfür geben? Aufgrund dessen stellt sich die Frage nach Leistungsbewertungsmethoden, die den künstlerischen Arbeiten der einzelnen Schüler im Kunstunterricht gerecht werden.
Zu Beginn der Arbeit wird ein Einblick in die Grundlagen der Bewertung gegeben, um die Begriffe "Beurteilen", "Bewerten" und "Benoten" voneinander abzugrenzen und um Noten im gesellschaftlichen Kontext zu verstehen. Jede Lehrkraft sollte über die gesetzlichen Grundlagen der Bewertung und Benotung informiert sein, um die Bearbeitungsspielräume zu kennen und Grenzen sprengen zu können. Zudem werden Merkmale von Leistungsbewertungen erläutert, welchen sich die Lehrkraft bewusst sein sollte, um gerecht bewerten zu können.
In Kapitel drei wird genauer auf die drei unterschiedlichen Kategorien von Leistungsbewertungsmethoden im Kunstunterricht eingegangen. Hier werden sowohl einige Beispiele für diese Kategorien gegeben als auch deren Vor- und Nachteile beschrieben, um eine gerechte Leistungsbewertungsmethode zu finden. Im letzten Teil der Arbeit werden die wichtigsten Erkenntnisse dargelegt und auf die Ausgangsfragestellung genauer eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
1. Begründung des Themas
2. Beurteilen und Bewerten
2.1. Gesellschaftlicher Kontext
2.1.1 Funktion von Noten
2.1.2. Gesetzliche Grundlage von Noten
2.2. Merkmale
2.2.1. Gütekriterien
2.2.2. Bezugsnormen
2.2.3. Fehlerquellen
3. Methoden der Leistungsbewertung
3.1. Evidenzurteile
3.1.1. Vor- und Nachteile
3.2. Kriterien- bzw. kategorienorientierte Bewertungsverfahren
3.2.1. „Die Werte-Station“
3.2.2. Bewertungsbögen
3.2.3. Vor- und Nachteile
3.3. Bewertungsmethoden im reformpädagogisch orientierten, offenen Unterricht
3.3.1. Individuelle Würdigung in schriftlicher Form
3.3.2. Arbeitsprozess-Berichte
3.3.3. Portfolio-Methode
3.3.4. Selbstbewertung
3.3.5. Vor- und Nachteile
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Begründung des Themas
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem „Beurteilen und Bewerten im Kunstunterricht“ und hat zum Ziel, der Frage „Welche Bewertungsmethode wird den Schüler1 am ehesten gerecht?“ nachzugehen und diese zu diskutieren.
Aufgrund von persönlichen Erfahrungen und einem Einblick in die Thematik der Bewertung an der Hochschule, habe ich mich für dieses Thema entschieden. Schon bei einigen schulpraktischen Erfahrungen ist mir die starke subjektive, spontane Bewertung von Schülerarbeiten nach dem Evidenzurteil im Kunstunterricht aufgefallen. Im Unterricht liegt der Fokus meist auf der Bewertung mit Noten ohne Begründungen dieser. Zudem ist mir die Problematik von Bewertungen von Grundschulkindern aufgefallen. Wie kann man beispielsweise Kindern, die aufgrund der persönlichen Entwicklung oder der fehlenden Erfahrung nicht in der Lage sind, Objekte perspektivisch einwandfrei zu zeichnen, eine schlechte Note hierfür geben? Aufgrund dessen stellt sich mir die Frage nach Leistungsbewertungsmethoden, die den künstlerischen Arbeiten der einzelnen Schüler im Kunstunterricht gerecht werden.
Im Folgenden soll diskutiert werden, welche Bewertungsmethoden eine gerechte Bewertung darstellen können. Vor diesem Hintergrund war es mir wichtig, möglichen Bewertungsformen und Beispielen für diese nachzugehen.
Zu Beginn der Arbeit geben ich in Abschnitt zwei einen Einblick in die Grundlagen der Bewertung, um die Begriffe „Beurteilen“, „Bewerten“ und „Benoten“ voneinander abzugrenzen und um Noten im gesellschaftlichen Kontext zu verstehen. Jede Lehrkraft sollte über die gesetzlichen Grundlagen der Bewertung und Benotung informiert sein, um die Bearbeitungsspielräume zu kennen und Grenzen sprengen zu können. Zudem werden Merkmale von Leistungsbewertungen, welchen sich die Lehrkraft bewusst sein sollte, um gerecht bewerten zu können, erläutert.
In Kapitel drei werde ich genauer auf die drei unterschiedlichen Kategorien von Leistungsbewertungsmethoden im Kunstunterricht eingehen, welche Evidenzurteile, kriterien- und kategorieorientierte Bewertungsverfahren und Bewertungsverfahren im reformpädagogischen, offenen Unterricht lauten. Hierbei werde ich sowohl einige Beispiele für diese Kategorien als auch deren Vor- und Nachteile beschreiben, um eine gerechte Leistungsbewertungsmethode zu finden.
Abschließend werde ich im vierten und letzten Teil die wichtigsten Erkenntnisse darlegen und auf die Ausgangsfragestellung genauer eingehen.
2. Beurteilen und Bewerten
In der Schule werden die Leistungen der Schüler beurteilt, bewertet und benotet. Diese verschiedenen Begriffe werden teilweise synonym verwendet. Es gibt aber auch Unterschiede zwischen ihnen.
Nach dem Duden wird jemand oder etwas beurteilt, wenn ein Urteil über ihn beziehungsweise es abgegeben wird. Eine andere Definition, die ebenfalls das Wort bewerten beschreibt, lautet, dass Beurteilung eine „[...] eingehende, gewissenhafte abwägende Begründung für eine Meinungsäußerung [...]“ (Peez 2004b, 6) sei/ist. Im Folgenden werde ich, aufgrund der beschriebenen Definition von Beurteilen und Bewerten, diese beiden Begriffe synonymhaft verwenden. Der prägnante Unterschied besteht zwischen den Begriffen Bewertung beziehungsweise Beurteilung und der Benotung. Bei einer Benotung werden für bestimmte Leistungen bestimmte Noten und Zensuren vergeben, das heißt die Leistungsbewertung wird auf eine Zahl reduziert (Peez 2004b).
Im Folgenden wird der gesellschaftliche Kontext und wichtige Merkmale von Bewertungen erläutert.
2.1. Gesellschaftlicher Kontext
Seit dem 19. Jahrhundert sind Bewertungen im Kunstunterricht eine Tradition. Schüler fertigten damals im Zeichenunterricht künstlerische Arbeiten nach Vorlage an, die umso besser bewertet wurden, je mehr sie der Vorlage glichen (Rauno 2013; Eid u. a. 2002). In der heutigen Zeit und Gesellschaft wird ebenso bewertet und beurteilt, deshalb gibt es laut Georg Peez auch keine wertfreie Zone. Aufgrund von ästhetischen Präferenzen werden Urteile beispielsweise über Lieder, Kunstwerke oder Kleidungsstücke getroffen (Peez 2009). Nachfolgend wird auf einige ausgewählte Funktionen und die gesetzliche Grundlage von Noten eingegangen.
2.1.1 Funktion von Noten
In der Gesellschaft erfüllen Noten eine Vielfalt von gesellschaftlich und pädagogisch relevanten Funktionen. Zu den gesellschaftlichen Funktionen von Noten zählt beispielsweise die Allokations- bzw. Selektionsfunktion, die die Vergabe und Zuweisung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, von Bildungszugängen, von wichtigen Positionen in der Gesellschaft und von Berufen regelt. Somit wird vorausgesetzt, dass unterschiedliche Leistungsniveaus verschiedene Noten verursachen (Köller 2002). Die Dokumentation und Legitimation des „[...] erzieherische[n] Handeln[s] [...] gegenüber von befugten Dritten (z.B. der Schulaufsicht) [...]“ (Köller 2002, 8) wird als Berechtigungsfunktion bezeichnet. Pädagogische Funktionen sind die Feedback- beziehungsweise Rückmeldefunktion für Schüler und Eltern und die Anreizfunktion, nach der gute Noten motivieren und schlechte Noten die Schüler disziplinieren sollen (Peez 2004b; Köller 2002).
2.1.2. Gesetzliche Grundlage von Noten
Die gesetzliche Grundlage von Noten wurde vom Kultusministerium in der Notenbildungsverordnung (NVO) von 1983 festgehalten und mehrmals aktualisiert.
Die Bildung und Vergabe einer Note ist eine zusammenfassende Bewertung, die nach rechtlichen Vorgaben transparent sein muss, aufgrund aller vom Schüler erbrachten Leistungen (Kultusministerium 2016; Regierungspräsidium Baden-Württemberg o.J.). Die Vielzahl an Faktoren der Notenvergabe ermöglicht dem Lehrer einen „[...] Bearbeitungsspielraum [...], der nur eingeschränkt überprüfbar ist [...]“ (Regierungspräsidium Baden-Württemberg o.J.). Zusätzlich spielen die verschiedenen Altersstufen, Schularten und Schultypen bei der Beurteilung von Schülerleistungen eine wichtige Rolle. In der NVO werden ebenfalls die unterschiedlichen Bedeutungen der Noten Eins bis Sechs festgehalten, wobei eine Eins sehr gut bedeutet und die „[...] Leistung den Anforderungen im besonderen Maße entspricht“ (Kultusministerium 2016, §5 (2)).
Die Anforderungen der Schülerleistungen sind im Bildungsplan, in Kompetenzen, Zielen und Leitgedanken festgehalten. Im Kunstunterricht sollen den Kindern aufbauend auf ihr Vorwissen „[...] ästhetisches Wahrnehmen und Erleben [...] [ermöglicht werden] und ihr individuelles Wahrnehmungs-, Ausdrucks- und Gestaltungsvermögen [...]“ (Kultus und Unterricht 2016, 5) weiterentwickelt werden. Der Bildungsplan fokussiert die prozess- und inhaltsbezogenen Kompetenzen, die eng miteinander verbunden sind. Darauf aufbauend soll der Unterricht geplant und die Leistungen der Schüler bewertet werden. Zu den prozessbezogenen Kompetenzen, die die Kinder im Laufe der Grundschule erwerben und weiterentwickeln sollen, gehören „Welt erleben und wahrnehmen“, „Welt erkunden und verstehen“, „kommunizieren und sich verständigen“, „in der Welt handeln – Welt gestalten“ und „reflektieren und sich positionieren“. Die inhaltsbezogenen Kompetenzen umfassen Tätigkeiten wie „Kinder zeichnen, drucken, malen“, „Kinder erforschen und verarbeiten Materialeien“, „Kinder werken“ oder „Kinder sehen, erfahren, betrachten und beobachten“. Zudem spielt der Prozess im Fach Kunst eine zunehmende Rolle (Kultus und Unterricht 2016) und nicht mehr nur das Produkt, das die Schüler gestaltet und entwickelt haben, wie in der Vergangenheit üblich.
2.2. Merkmale
Im Folgenden werden Gütekriterien nach Peez, verschiedene Bezugsnormen einer Bewertung und mögliche Fehler einer Benotung erläutert.
2.2.1. Gütekriterien
Georg Peez, der 1960 geboren wurde und als Professor für Kunstpädagogik an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main tätig ist, differenziert vier verschiedene Kriterien, die alle Methoden der Leistungsbewertung aufweisen sollten.
Das erste Kriterium sagt aus, dass die Methoden der Leistungsbewertung zum Kontext beziehungsweise zur Situation passen sollten. Das heißt der Lehrer sollte eine angemessene Methode im Bezug zur Aufgabenstellung, zur Klasse, zum Inhalt und zu den Zielen des Unterrichts auswählen (Peez 2008a). Zum Beispiel erfordert demzufolge die Bewertung von Schülerleistungen einer Unterrichtsstunde im Sinne der „Ästhetischen Forschung“ nach Helga Kämpf-Jansen andere Methoden der Leistungsbewertung als die des formalen Kunstunterrichts.
Zudem sollte die Leistungsbewertung für die Schüler verständlich und nachvollziehbar sein, das heißt sie sollte transparent sein und die Kriterien der Bewertung sollte den Schülern von Anfang an bekannt sein (Peez 2008a). Dieses Kriterium der Transparenz der Leistungsbewertung ist ebenfalls rechtlich verankert in der Notenbildungsverordnung (siehe 2.1.2).
Außerdem sollten Bewertungen das Gütekriterium der Motivation erfüllen, denn die Schüler sollten ermutigt und nicht demotiviert oder gekränkt werden (Peez 2008b).
Das vierte Kriterium besagt, dass eine Vielfalt von Leistungsbewertungsmethoden eingesetzt werden sollte (Pluralität). Da die Bewertungsmethoden nach dem Kontext-Kriterium zu den Unterrichtsmethoden passen sollen, soll der Lehrer ebenfalls eine Pluralität von Methoden des Unterrichts einsetzen (Peez 2008a).
2.2.2. Bezugsnormen
Bewertungskriterien einer Testleistung oder einer schulischen Leistung orientieren sich an bestimmten Bezugsnormen, die die Grundlage der Bewertung einer Leistung bilden und deren sich der Lehrer bewusst sein sollte (Peez 2004b).
Falko Rheinberg, ein Professor für Psychologie, unterscheidet drei verschiedene Arten von Bezugsnormen bei der Beurteilung einer individuell erbrachten Leistung:
Werden die Leistungen eines Schülers in Bezug zu Leistungen anderer, der Klasse oder der Lerngruppen betrachtet, dann handelt es sich um die soziale Bezugsnorm (Rheinberg 2001), die Peez auch „intersubjektive Relation“ nennt (Peez 2004b).
Die zweite Bezugsnorm, nach der Leistungen bewertet werden, ist die individuelle Bezugsnorm, bei der die Entwicklungen und Lernfortschritte eines einzelnen Schülers fokussiert werden. Der Schüler wird in Bezug zu sich selbst betrachtet (Rheinberg 2001), dies nennt Peez auch die „subjektive Relation“ (Peez 2004b).
Bei der sachlichen Bezugsnorm, welche von Peez auch „objektive Relation“ genannt wird (Peez 2004b), bezieht sich die Bewertung von Leistungen auf Inhalte, Lernziele oder Kriterien und nicht auf das Individuum oder die Klasse (Rheinberg 2001).
Kirschenmann und Otto beschreiben in einem wissenschaftlichen Artikel „Werten, Begutachten, Ermutigen“ der Zeitschrift Kunst + Unterricht von 1998 eine weitere Bezugsgröße, die als „ästhetisches Empfinden, (Peez 2004b, zit. nach Kirchmann und Otto 1998, 101) des Lehrers beschrieben wird. Sie beruht auf einer subjektiven Einschätzung des Lehrers.
2.2.3. Fehlerquellen
Die Benotung und Bewertung von Leistungen unterliegt subjektiven Fehlerquellen, die dem Beurteiler meist nicht bewusst sind. So könnte er zum Beispiel Mädchen vor Jungen bevorzugen oder er schließt von einer prägnanten Eigenschaft eines Schülers auf eine andere Eigenschaft oder seine Leistung, dies wird als Halo-Effekt bezeichnet. Zudem könnte ein Lehrer eine Tendenz zu extremen Urteilen haben, das heißt er bewertet die gesamten Schülerleistungen zu schlecht oder zu gut (Eid u. a. 2002; Hasselhorn und Gold 2013; Sacher 2009). All diesen möglichen Fehlerquellen sollte der Lehrer sich bewusst sein, um mögliche Fehlurteile zu erkennen und revidieren zu können.
3. Methoden der Leistungsbewertung
Über die Zeit haben sich sowohl die Unterrichtsmethoden als auch die Leistungsbewertungsmethoden verändert, da diese voneinander abhängen. Georg Peez beschreibt drei unterschiedliche Kategorien der Leistungsbewertungsmethoden: Verfahren, die auf Evidenzurteile gründen, kriterien- beziehungsweise kategorieorientierte Bewertungsmethoden und Bewertungsverfahren im reformpädagogischen Unterricht (Peez 2008a).
Im Folgenden wird jeweils genauer auf die verschiedenen Methodenarten eingegangen, ihre Vor- und Nachteile beleuchtet und einige Beispiele zu den jeweiligen Arten beschrieben.
3.1. Evidenzurteile
Bewertungsverfahren, die auf Evidenzurteilen beruhen, das heißt auf einem spontanen, subjektiven Eindruck des zu Beurteilenden, werden in der Schulpraxis laut Peez am häufigsten angewendet. Der Lehrer benotet eine Schülerarbeit aufgrund seines ästhetischen Urteils, ohne dem Schüler eine schriftliche oder mündliche Erklärung zu geben (Peez 2004b). Laut Hans-Günther Hiebner, der den Begriff Evidenzurteil stark geprägt hat, heißt „evident“ offenkundig oder auch augenscheinlich. Evidenzurteile werden oft im Alltag praktiziert, wenn jemand beispielsweise ohne bewusste Erklärung etwas als positiv oder negativ empfindet (Hiebner 1985). Eine Variante des Evidenzurteils ist die Rangreihe, bei der der Lehrer die Schülerarbeiten nach der Reihe von der besten bis zur schlechtesten Arbeit anordnet. Ebenfalls kann der Lehrer die Schülerarbeiten nach Stapeln, in gute, mittlere und schlechte Arbeiten, sortieren. Aus den guten Arbeiten kann er dann noch einen vierten Stapel der sehr guten Arbeiten isolieren (Peez 2008a).
Nachfolgend werden die Vor- und Nachteile des Evidenzurteils beschrieben.
3.1.1. Vor- und Nachteile
Dieses Verfahren, das auf Evidenzurteile gründet, verstößt gegen die Gütekriterien (siehe 2.2.1.). Aufgrund der fehlenden Transparenz der Beurteilungen und der fehlenden Nachvollziehbarkeit, könnten die Noten auf die Schüler willkürlich wirken. Einerseits werden allgemeine Bildqualitäten in der Note der bildnerischen Arbeit erfasst, aber andererseits bleiben die Lernziele der Unterrichtsstunde und des Prozesses unberücksichtigt und rücken in den Hintergrund. Außerdem wird eins der wichtigsten Ziele des Kunstunterrichts nicht gefördert: die ästhetische Urteilsbildung der Schüler (Peez 2008b).
3.2. Kriterien- bzw. kategorienorientierte Bewertungsverfahren
Auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit setzte das Bewertungsverfahren des formalen Kunstunterrichts der 1960er Jahre. Gunter Otto entwickelte in dieser Zeit ein Punktesystem, das auf Kategorien, die sich auf die Lernziehe des Unterrichts beziehen, und auf Objektivität beruht (Peez 2004b).
Kriterien und Kategorien bilden bei diesem Bewertungsverfahren die Grundlage der Bewertung, allerdings unterscheiden sich die Begriffe und definieren nicht das Gleiche. Verschiedene Merkmale, die eindeutig bestimmt werden können, heißen Kriterien (Potchul 1985). Bei Aufgabenstellungen werden spezifische, eng gefasste Kriterien genannt, nach denen dann im Folgenden bewertet wird, wie beispielsweise die Anzahl der Grüntöne eines Bildes zum Thema „Pflanzen im Meeresgrund“2 (Otto 1969). Kategorien enthalten hingegen mehrere Merkmale und sind weiter gefasst. Bei komplexeren und individuelleren Aufgaben, bei denen keine genaue Festlegung der Bewertungskriterien existiert, ist ein kategorieorientiertes Bewertungssystem passender (Potchul 1985). Unterrichtsziele können als Kriterien oder Kategorien erfasst werden, wie das differenzieren von unterschiedlichen Farbtönen oder die Komposition des Werks.
Mithilfe der vorher festgelegten Kriterien oder Kategorien vergibt der Lehrer Punkte und ermittelt anschließend sowohl die Gesamtpunktzahl einer Schülerarbeit als auch die Zuordnung der Punktzahl zu einer Note (Peez 2008a). Es handelt sich bei diesem Verfahren um eine Leistungsbewertung mit der sachlichen Bezugsnorm beziehungsweise objektiven Relation (siehe 2.2.2).
Im Folgenden werden sowohl zwei bespielhafte Methoden für dieses Bewertungsverfahren als auch die Vor- und Nachteile dieser zweiten Kategorie an Leistungsbewertungsverfahren erläutert.
[...]
1 Im Folgenden wird aus Gründen der Texteffizienz und des Leseflusses generell das generische Maskulinum genutzt. Selbstverständlich sind damit immer alle Geschlechter gemeint.
2 Siehe Anhang, Abb. 1a und 1b