Während Handelsbetriebe seit Langem die Aspekte Regionalität und Natürlichkeit als Marketing-Steckenpferde für sich nutzen, um den Absatz zu steigern und die Preise anzuheben, spürt die regionale Landwirtschaft die gesteigerten Preise so gut wie gar nicht und hat Entscheidungen darüber zu treffen, ob die Landwirtschaft aufgegeben wird oder alternative Absatzmöglichkeiten wahrgenommen werden können, um ein Fortbestehen zu gewährleisten.
Diese Alternativen wird die Arbeit erörtern, um die effizientesten Handlungsmöglichkeiten zu selektieren und dadurch einen Erhalt der klein-strukturierten, österreichischen Landwirtschaft, im Speziellen eines landwirtschaftlichen Familienbetriebes im Tiroler Unterland, sicherzustellen
Zunächst wird ergründet, welches Hauptziel der Entscheidungsträger durch die Maßnahme erreichen will, welche Werte für ihn vordergründig sind und welche Situation es zu lösen gilt. Im zweiten Schritt werden weitere Ziele identifiziert, die bei der Entscheidung über die alternativen Vertriebswege relevant sind. Anschließend werden zusätzliche Werte und Ziele daraus definiert, welche Wünsche oder Befürchtungen sich durch einen betrieblichen Strukturwandel ergeben können und wie sich diese auf den Betrieb auswirken. In der vierten Phase wird der Blick geweitet und auf den Standpunkt möglicher Stakeholder verschoben, um die selbst präferierte Alternative bei mehreren Entscheidungsträgern zu attraktiveren. Abschließend wird die Bedeutung der Ziele für den Entscheidungsträger als Liste dargestellt, die darauf folgend in definitive Ziele umformuliert wird.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Entscheidungsstatement
1.1 Beschreibung der Entscheidungssituation
1.2 Formulierung des Entscheidungsstatements
2. Identifikation von Zielen
2.1 Vorgehensweise
2.2 Masterliste an Zielen
3. Strukturierung von Zielen
3.1 Vorgehensweise
3.2 Zielnetzwerk
3.3 Beschreibung und Abgrenzung der Fundamentalziele
4. Identifikation von Alternativen
4.1 Vorgehensweise
4.2 Masterliste von Alternativen
4.3 Bewertung der Alternativen
5. Identifikation und Umgang mit Unsicherheit
5.1 Auflistung und Beschreibung von und Umgang mit Unsicherheit
6. Identifikation von Konsequenzen
6.1 Messgrößen
6.2 Ergebnismatrix
7. Entscheidungsunterstützungstool Entscheidungsnavi
7.1 Vorgehensweise
7.2 Differenzierte Kommentierung der Ergebnismatrix
7.3 Eingabe der Präferenzen
7.4 Diskussion der Ergebnisse
7.4.1 Interpretation des Entscheidungsnavis
7.4.2 Limitationen
8. Schlussfolgerungen
8.1 Zusammenfassung
8.2 Kritische Reflektion
8.3 Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zielnetzwerk.
Abbildung 2: Differenzierte Kommentierung der Ergebnismatrix.
Abbildung 3: Eingabe der Präferenzen.
Abbildung 4: Ranking der Alternativen.
Abbildung 5: Bandbreiten der Nutzenerwartungswerte.
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Masterliste an Zielen.
Tabelle 2: Masterliste an Alternativen.
Tabelle 3: Durchschnittlicher Rang der Alternativen.
Tabelle 4: Alternativenselektion - Schritt 1.
Tabelle 5: Alternativenselektion - Schritt 2.
Tabelle 6: Alternativenselektion - Schritt 3.
Tabelle 7: Alternativenselektion - Schritt 4.
Tabelle 8: Alternativenselektion - Schritt 5.
Tabelle 9: Definition der Unsicherheitsfaktoren.
Tabelle 10: Ziele zur Bewertung von Alternativen mit dazugehörigen Messskalen.
Tabelle 11: Ergebnismatrix.
Tabelle 12: Ergebnisse der Wahrscheinlichkeitsangaben der Probanden.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Entscheidungsstatement
1.1 Beschreibung der Entscheidungssituation
Traditionelles Handwerk, Verbundenheit zur Natur und klein strukturierte Betriebe sind die Alleinstellungsmerkmale der österreichischen Milchwirtschaft und die Grundlage, um qualitativ hochwertige Produkte produzieren zu können. Volatile Milchpreise, die Landwirte für das Beliefern der Molkerei erhalten, zwingen jährlich mehrere hundert Betriebe zur Kostendeckung, da ein fairer Milchpreis von rund 40 Cent nicht erreicht wird und Landwirte sich von der Substanz erhalten müssen (Nikolic, 2018, S. 114). Auch der bevorstehende Brexit kann zu weitreichenden, negativen Veränderungen in der Milchpolitik führen. Großbritannien zählt als wichtiger Importeur von Milchprodukten aus der EU. Die Einführung von Zöllen bei einem harten Brexit, stellt für die österreichische Landwirtschaft eine erhebliche Hürde dar, im britischen Lebensmittelmarkt uneingeschränkt Zutritt zu behalten (Reisecker, 2018).
Während Handelsbetriebe seit Langem die Aspekte Regionalität und Natürlichkeit als Marketing-Steckenpferde für sich nutzen, um den Absatz zu steigern und die Preise anzuheben, spürt die regionale Landwirtschaft die gesteigerten Preise so gut wie gar nicht und hat Entscheidungen darüber zu treffen, ob die Landwirtschaft aufgegeben wird oder alternative Absatzmöglichkeiten wahrgenommen werden können, um ein Fortbestehen zu gewährleisten (Nagl, 2018, S. 31). Diese Alternativen gilt es im Folgenden zu erörtern, um die effizientesten Handlungsmöglichkeiten zu selektieren und dadurch einen Erhalt der kleinstrukturierten, österreichischen Landwirtschaft, im Speziellen, eines landwirtschaftlichen Familienbetriebes im Tiroler Unterland sicherzustellen.
1.2 Formulierung des Entscheidungsstatements
Der Entscheidungsrahmen wird auf die Erweiterungsmöglichkeiten bzw. Alternativen zum Rohmilchverkauf an Molkereien fokussiert, um auf ein Ergebnis bzw. eine Alternative zu kommen, die wirtschaftlich sinnvoll ist und den Vertrieb effizienter gestaltet.
Da der Direktvertrieb von Rohmilch an private Haushalte bereits in kleinerem Ausmaß getätigt wird, ist es vorteilhaft, die Entscheidung innerhalb der nächsten zwei bis drei Monate zu treffen, um nicht Gefahr zu laufen, die falsche Handlungsalternative forciert zu haben und im Nachhinein die Vertriebsstruktur erneut komplett verändern zu müssen. Der Entscheidungsrahmen distanziert sich von der Produktion, Tierhaltung oder der betrieblichen Umstrukturierung auf biologische Landwirtschaft.
2. Identifikation von Zielen
2.1 Vorgehensweise
Die Identifikation und Gliederung von Zielen erfolgt nach einer klaren Struktur, die in sieben Schritten zu vollziehen ist. Anfangs wird hierbei ergründet, welches Hauptziel der Entscheidungsträger durch die Maßnahme erreichen will, welche Werte für ihn vordergründlich sind und welche Situation es zu lösen gilt (Siebert & Keeney, 2013, S. 5). Als wesentliches Hauptziel des Familienbetriebs wird, aufgrund von wiederholten Satzstellungen, die Unabhängigkeit des Hofes genannt. Die Familie möchte es schaffen, eine Unabhängigkeit von den Molkereien zu erreichen und eine eigene Verkaufspolitik gewinnbringend zu integrieren. Im zweiten Schritt werden durch breiteres, tiefes Denken so viele weitere Ziele wie möglich identifiziert, die bei der Entscheidung über die alternativen Vertriebswege relevant sind (Siebert & Keeney, 2013, S. 5). Durchschnittlich werden in dieser Phase von jedem Probanden 8,8 Ziele genannt. In Schritt drei werden zusätzliche Werte und Ziele daraus definiert, welche Wünsche oder Befürchtungen sich durch einen betrieblichen Strukturwandel ergeben können und wie sich diese auf den Betrieb auswirken. In der vierten Phase wird der Blick geweitet und auf den Standpunkt möglicher Stakeholder verschoben, um die selbst präferierte Alternative bei mehreren Entscheidungsträgern zu attraktiveren. Punkt fünf der Identifikation von Zielen beinhaltet die Bedeutung der Ziele für den Entscheidungsträger und wird als Liste dargestellt, die im sechsten Schritt in definitive Ziele umformuliert wird. Im siebten und somit letzten Schritt werden die bereits identifizierten Ziele noch einmal betrachtet und durch weitere Ziele ergänzt, die sich bei der Durchsicht ergeben (Siebert & Keeney, 2013, S. 5–6). Diese Liste an gesammelten Zielen wird als Masterliste an Zielen bezeichnet und ist in Kapitel 2.2 ersichtlich.
2.2 Masterliste an Zielen
In der Masterliste an Zielen befinden sich alle identifizierten Ziele, die es zu erreichen gilt. Sie werden, geclustert nach Überbegriffen, in folgender Tabelle dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Masterliste an Zielen
3. Strukturierung von Zielen
3.1 Vorgehensweise
Aus der Masterliste zeigt sich, dass zwischen zahlreichen Zielen Interdependenzen bestehen. Um den Zusammenhang der Ziele eine geordnete Struktur zu verleihen, wird ein Zielnetzwerk erstellt (Siebert & Keeney, 2013, S. 15–16).
In diesem Zielnetzwerk werden zunächst die Werte des Familienbetriebes identifiziert und diese anschließend mit klar formulierten Zielen konkretisiert. Unter diese Werte fällt alles, was für den Familienbetrieb von Relevanz ist. Die Masterliste an Zielen beinhaltet strategische Ziele, Instrumentalziele und Fundamentalziele. Der Unterschied hierbei ist, dass strategische Ziele die langfristigen Absichten des Entscheidungsträgers charakterisieren, während Instrumentalziele Einfluss auf die fundamentalen Ziele haben und Fundamentalziele einen relevanten Grund in einer Entscheidung darstellen. Die Fundamentalziele dienen zur Erreichung der Ziele und zum Bewerten der Alternativen, sie sollen unter anderem essentiell, vollständig, messbar und kontrollierbar sein. Das Zielnetzwerk enthält alle drei Zielarten und zeigt deren Verknüpfungen zueinander auf (Siebert & Keeney, 2013, S. 6–7) (Siebert & Nitzsch, 2018b, S. 6).
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