Diese Arbeit handelt von der Bedeutung von Filialsystemen der Hersteller und deren Wahrnehmung durch die Verbraucher. Dabei werden folgende Aspekte betrachtet: Definition Filialsystem, Organisatorischer Ablauf, Formen und Arten, Einkaufspolitik, Abgrenzung zum Franchising, Vor- und Nachteile und Wirkung auf den Verbraucher. Die Arbeit endet mit einem Fazit.
Inhaltsverzeichnis
Definition Filialsystem
Organisatorischer Ablauf des Filialsystems
Formen und Arten
Einkaufspolitik im Filialsystem
Abgrenzung zum Franchising
Vor- und Nachteile Filialsystem & Franchising
Wirkung auf den Verbraucher
Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang Statistiken
Definition Filialsystem
Obwohl die Filialisierung traditionell als eine der wichtigsten Wachstumsstrategien gilt1, wird der Begriff des Filialsystems von Autor zu Autor anders und nie eindeutig definiert.
Der Begriff der Filialisierung lässt sich in zwei wesentliche Aspekte unterteilen. Zum einen wird dieser im Rahmen der hier vorliegenden Arbeit in den organisatorischen Aspekt untergliedert. Demnach handelt es sich um eine zentral gesteuerte2 Unternehmensorganisation, die sich in eine Zentrale und mehrere, identisch aufgebaute Filialen untergliedern lässt, deren Hauptziel es ist, flächendeckenden Absatz zu erwirtschaften.
Der zweite wesentliche Aspekt zur Definition des Filialsystems bildete die begriffliche Komponente. Dabei handelt es sich beim Filialsystem weder um eine eigene Betriebsform, noch um einen eigenständigen Betriebstyp. Das Filialsystem nutzt die Filialisierung vielmehr als eine strategische Planung eines Unternehmens, eingeführt, um Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz zu schaffen und zu verteidigen3. Bei „Filialisierung“ handelt sich also um ein System, welches als Methode zur Erreichung des Ziels des Wirtschaftswachstums eingesetzt wird, das Filialsystem ist die Ausführung eben dieser Filialisierung.
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass es sich bei der Filialisierung um die „identische Multiplizierung eines bestehenden „erfolgreichen“ Konzepts“4 handelt. Ein Betrieb, der das Filialsystem um- und einsetzt wird „Filialbetrieb“ oder „Filialunternehmen“ genannt.
Um den organisatorischen Aufbau und Ablauf des Filialsystems wiederzugeben und zu verstehen ist es wichtig, die Begriffe „Filialbetrieb“ und „Filiale“ zu definieren.
Ein Filialbetrieb (oder Filialunternehmen) ist eine Betriebsform, die organisatorisch aus „mindestens fünf standörtlich getrennten, aber unter gleicher Leitung stehenden Verkaufsstellen“5 besteht, den sogenannten Filialen. Ab einer Filialmenge von zehn Filialen spricht man im Allgemeinen von einer Großbetriebsform des Einzelhandels6.
Bei den Filialen handelt es sich um rechtlich und wirtschaftlich unselbstständige, weisungsgebundene und örtlich vom Hauptsitz eines Unternehmens getrennte Verkaufsstelle eines Unternehmens7, die in der Hierarchie unter der Zentrale stehen.
Organisatorischer Ablauf des Filialsystems
Stellt man sich den Filialbetrieb als Ablauforganisation vor, so erkennt man, dass das Filialsystem „im Vergleich zu den anderen archetypischen Organisationsformen […] stark hierarchisch und zentralistisch gegliedert“8 ist. Es handelt sich also um ein „Handelssystem mit einer zentralen Führungsebene“9.
Ganz oben in der Hierarchie steht alleinig die Zentrale, die als Kopf und Richtungsweiser des Systems grundlegende Aufgaben wie Marketing, Beschaffung und Absatz- und Umsatzplanung übernimmt. Zudem ist die Zentrale zuständig für das Treffen von wichtigen Entscheidungen auf Filialebene und den identischen Aufbau und Handlungsablauf innerhalb der verschiedenen Filialen.
Da die der Zentrale nachgelagerten Einheiten einen geringen bis keinen Entscheidungsspielraum besitzen, ist die Filialorganisation nach Bleicher zentral gesteuert10.
Somit ist eine Filiale nichts anderes als eine ausführende Stelle, die ihre Anweisungen und Regeln von der Zentrale erhält und diese befolgen und einhalten muss.
Zuständig für den reibungslosen Ablauf innerhalb der Filiale ist der Filialleiter, der als Angestellter des Unternehmens rechtlich nicht selbstständig ist11. Er ist hauptverantwortlich für die Umsetzung der in der Zentrale festgelegten einheitlichen Unternehmenspolitik und getroffenen Entscheidungen in seiner Filiale. Der, hat also je nach Festlegung durch die Zentrale eingeschränkte bis keine Freiheiten in Gestaltung, Präsentation und Aufbau einer Filiale, sowie Marketing-, Einkaufs und sonstigen Absatz betreffenden Entscheidungen.
Je nach Art und Größe des Filialbetriebs ist zwischen Zentrale und Filialleiter noch der Bezirksleiter zwischengeschaltet, der als Vorgesetzter des Filialleiters die Ausführung der in der Zentrale festgelegten Entscheidungen in einem ihm zugeteilten Bezirk überwacht12 und „erweiterte Aufgaben des Filialleiters in der Filiale“13 übernimmt.
Beispiele für Filialbetriebe sind in der Lebensmittelbranche Aldi Süd und Aldi Nord, Norma, real, und Lidl. Douglas, dm, Müller, Rossmann sind Beispiele für Filialbetriebe in der Drogeriebranche.
Formen und Arten
1. Welcher Vertriebsweg soll eingesetzt werden?
Wenn ein Hersteller seine Produkte dem Verbraucher zum Konsum bereitstellen möchte, muss erst die Frage nach dem Vertriebsweg geklärt werden.
Hierbei hat der Hersteller die Möglichkeit, sich zwischen dem direkten und dem indirekten Vertriebsweg zu entscheiden.
Beim direkten Vertriebsweg erfolgt „der Verkauf von Herstellern und Großhändlern direkt an Letztverbraucher“14. Das bedeutet, dass der Hersteller seine Produkte durch eigene Niederlassungen / Verkaufsstellen absetzt. Somit wird der Einzelhandel vom Hersteller übersprungen und es entsteht kein Einzelhandelssystem.15
Beim indirekten Vertrieb wird der „Absatz von Produkten über unabhängige Handelsbetriebe wie Großhandel, Handel, Einzelhandel und Ausfuhrhandel sowie das Lebensmittelhandwerk“16 betrieben. Der Hersteller wendet sich also an Großhändler, die dessen Ware dann über Einzelhändler in den Markt und an den Endverbraucher bringen.
Während beim indirekten Vertrieb zum Beispiel ein höherer Distributionsgrad gewährleistet ist als beim direkten Vertrieb, punktet der direkte Vertrieb dadurch, dass die Gewinne nicht aufgeteilt werden müssen und der Hersteller volle Kontrolle über Preise und Werbung hat17. Beide Vertriebswege bieten also ihre eigenen Vor- sowie Nachteile und jeder Hersteller muss für sein Produkt und seine Branche individuell die beste Lösung finden.
2. Welche Filialnetzstrategie soll eingesetzt werden?
Durch die Auswahl der Filialnetzstrategie legt der Hersteller / Einzelhandel fest, wie er die Waren an den Endkonsumenten bringt. Unterschieden wird hier zwischen Monotypenfilialisierung, Polytypenfilialisierung (oder Multitypenfilialisierung), Multifilialstrategie und einzelner Sonderformen18.
In der Monotypenfilialisierung betreibt der Hersteller bzw. der Händler nur ein Filialnetz pro bestehende Branche. Ein Beispiel dieses Typen ist die Deichmann SE. Das Unternehmen betreibt innerhalb der Modebranche (Schuhe) lediglich ein Filialnetz, nämlich unter dem Namen „Deichmann“.
Ein Betrieb nutzt die Polytypenfilialisierung oder Multitypenfilialisierung, wenn er mehrere Filialnetzte innerhalb ein und derselben Branche besitzt. Ein Beispiel ist die Schwarz Gruppe, die neben Lidl (Discount) noch mit Kaufland (Supermarkt) in der Lebensmittelbranche vertreten ist.
Von Multifilialstrategie wird gesprochen, wenn ein Betrieb in mehreren Branchen mit mindestens einem Filialnetz vertreten ist. Die Metro Group zum Beispiel ist durch Real in der Lebensmittelbranche und durch Saturn sowie MediaMarkt in der Elektronikbranche vertreten.
Während sich in der Monotypenfilialisierung der Betrieb auf ein „einheitliches Leistungsprogramm“19 konzentrieren und dieses ausbauen kann, besteht bei der Polytypenfilialisierung das Problem der „internen Konkurrenz“20. Dieses Problem kann besonders dann auftreten, wenn sich die Betriebsnetze sehr ähneln. Auf der anderen Seite ist durch eine höhere Anzahl von Filialnetzen auch eine flächendeckendere Ausbreitung der Gruppe möglich. Dem Kunden wird so eine Art Freiheit in der Auswahl der Unternehmen vorgespielt, da viele Endverbraucher den Zusammenhang der beiden Filialnetze in einer Gruppe nicht kennen.
Neben den drei meist verwendeten Filialnetzstrategien wird noch von sogenannten „Sonderformen der Filialisierung“21 gesprochen.
Gemeint sind zum Beispiel Mischsysteme, die aus einer Kombination von filial- und franchisegeführten Filialen bestehen.22 Das bekannteste Beispiel dürfte hierfür die REWE Group mit dem in der Lebensmittelbranche vertretenen Unternehmen REWE sein. Zum einen ist REWE durch das eigene Filialsystem in ganz Deutschland vertreten, zum anderen ist es auch möglich, eine REWE-Franchisefiliale zu eröffnen.
Eine weitere Sonderform ist das Shop-in-Shop Filialsystem.23 Es ist oft in der Lebensmittelbranche vertreten. Als Beispiel kann eine Bäckerei genannt werden, die z.B. im Eingangsbereich einer Rewe-filiale eine eigene Filiale baut. Somit gehen die beiden Betriebe eine Zusammenarbeit ein, in der jeder voneinander profitiert. Durch das Integrieren eines Bäckers in ein Lebensmittelgeschäft wird ein Besuch dem Kunden schmackhafter gemacht.
Das Filialverbundsystem ist eine weitere Art der Filialnetzstrategie24. Hier besteht eine Filiale aus einer „Kopffiliale“ und mehreren kleinen Filialen, den „Anhängefilialen“, die an die Kopffiliale angehängt werden25. Bei dieser Strategie wird von der bis dato einheitlichen Hierarchie abgewichen. Jede der Anhängerfilialen hat einen Filialleiter, der dem Verbundmanager unterstellt ist. Dieser ist wiederum der Zentrale unterstellt und ist nur für seine Verbundfiliale zuständig. Ein Unternehmen, das diese Art der Filialnetzstrategie einsetzt ist Galeria Kaufhof. Hier findet man in einer Filiale alles von Elektronik bis hin zu Einrichtungswaren und Kinder- sowie Männer- und Frauenmode. Somit ist das Angebot einer Filiale sehr breit sowie tief, was dem Ziel der Wirtschaftlichkeit zugutekommt, dass das Unternehmen verfolgt.
3. Unterscheidung nach Sortimentsbreite und -tiefe
Des Weiteren werden Filialsysteme nach dem Klassifikationskriterium des Sortimentsumfangs unterschieden. Man unterscheidet hier zwischen Universalfilialsystem, Fachfilialsystem und Spezialfilialsystem26.
Händler, die das Universalfilialsystem nutzen, haben ein breites, sowie tiefes Sortiment bei großer Verkaufsfläche27. Hier wird ein „heterogenes Sortiment [betrieben], das sich aus den Hauptwarengruppen Textil, Hartwaren und Lebensmittel zusammensetzt“28. Ein Beispiel für das Universalfilialsystem ist Galeria Kaufhof oder Karstadt.
Das Fachfilialsystem hat so wie das Universalfilialsystem ein breites, sowie tiefes Sortiment bei großer Verkaufsfläche, jedoch wird sich hier eher auf eine der Hauptwarengruppen spezifiziert, es handelt sich also um ein „relativ branchenhomogenes“29 Sortiment. Im Bereich der Lebensmittelware wären das zum Beispiel Discounter wie Lidl oder Aldi.
Das Spezialfilialsystem unterscheidet sich von den beiden anderen Arten dadurch, dass hier ein tiefes, aber schmales Sortiment bei geringer Verkaufsfläche angeboten wird. Hier wird sich nicht nur auf eine Hauptwarengruppe, sondern auf einen bestimmten Warenkreis innerhalb einer der Hauptgruppen beschränkt30. Als Beispiel kann hier ein Spezialitätengeschäft angeführt werden, das sich ausschließlich auf Spirituosen spezialisiert. Hier steht der Service, also die Beratung des Kunden im Vordergrund. Eine Anwendung des Discount-Prinzips wäre hier im Unterschied zu den anderen genannten Systemen nur durch eine starke Leistungsminderung durchzuführen.31
4. Welche Filialtypisierung soll vorgenommen werden?
Bei der filialtypisierung wird zwischen zwei Arten unterschieden, der standardisierten- und der differenzierten Filialisierung. „Das bedeutet, dass entweder ein für alle Filialen einheitliches Marketingprogramm zugrunde gelegt wird oder innerhalb eines Filialnetzes ein differenziertes Marketing Anwendung findet“32.
Wenn ein Filialsystem standardisiert aufgebaut wird, also ein einheitliches Marketingprogramm genutzt wird, so bedeutet das eine einheitliche filialspezifische Konfiguration mit einem einheitlichen Angebot und einem einheitlichen Aufbau, beziehungsweise einer einheitlichen Warenpräsentation. Das hat zur Folge, dass ein konsequenter einheitlicher Marktauftritt einen hohen Wiedererkennungswert beim Endverbraucher hervorruft. Durch den gleichen Aufbau der Filialen erscheint das Prozedere des Einkaufens wie Routine, auch in einer fremden Filiale. Dadurch ist eine schnelle Expansion seitens des Anbieters und sinkende Kosten pro eröffnete Filiale möglich. Durch das gleichbleibende Angebot und den gleichbleibenden Aufbau der Filialen kann das Kostensenkungspotential beispielsweise durch Massenrabatte ausgeschöpft werden.
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1 Vergl. D. Möhlenbruch (2012) S. 127
2 Vergl. S. N. Fisbeck-Groh (2004) S.25
3 Vergl. H. Falter (1992) S.3
4 C. M. Buchmann (2015) S.59
5 B. Tietz (1993) S.33
6 Vergl. B. Tietz (1993) S.33
7 Vergl. C. M. Buchmann (2015) S.59
8 C. M. Buchmann (2015) S.59
9 Ebenda S.59
10 Vergl. S. N. Fisbeck-Groh (2004) S.25
11 Vergl. ebenda S.31
12 Vergl. B. Tietz (1993) S. 961
13 C. M. Buchmann (2015) S.68
14 Entnommen aus „wirtschaftslexikon.gabler.de“ 24.11.2018
15 Vergl. S. N. Fisbeck-Groh (2004) S.????
16 Entnommen aus „wirtschaftslexikon.gabler.de“ 24.11.2018
17 Vergleich „vertriebslexikon.de“ 24.11.2018
18 Vergl. D. Möhlenbruch (2012) S.134 - 135
19 Vergl. B. Tietz (1993) S. 1503
20 Ebenda S.1504
21 Ebenda S. 1504
22 Vergl. D. Möhlenbruch (2012) S. 134
23 Ebenda S. 134
24 Vergleich B. Tietz (1993) S. 962
25 Vergleich B. Tietz (1993) S. 962
26 Vergl. F. W. Boyens (1981) S. 9
27 Vergl. H. Falter (1992) S. 64
28 F. W. Boyens (1981) S.11
29 F. W. Boyens (1981) S. 13
30 Vergl. F. W. Boyens (1981) S.15
31 Vergl. F. W. Boyens (1981) S.15
32 D. Möhlenbruch (2012) S. 135