In dieser Proseminararbeit wird erarbeitet, welche Möglichkeiten den Mitarbeitern in der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung stehen, den Vorgesetzten "zu führen". Diese Arbeit soll dabei sowohl die Chancen, als auch die Gefahren und Risiken, die sich durch eine "Führung von Unten" ergeben, aufzeigen.
Zu Beginn wird dieses Konzept definiert, sodass die spätere Verwendung der Begriffe verständlich ist. Nachfolgend werden die unterschiedlichen Arten und deren Unterschiede erläutert. Des Weiteren wird auf die Gründe eingegangen, durch die der Wandel zur" Führung von Unten" ermöglicht wurde.
Das Ziel dieser Ausarbeitung ist es herauszufinden, ob und in welchem Umfang die Führung von unten im Bereich der öffentlichen Verwaltung angewendet werden kann weshalb abschließend die Ergebnisse nochmals zusammengefasst werden.
Inhaltsverzeichnis
II. Einleitung
III. Hauptteil
1. Fuhrung von Unten
2. Unterschiedliche Arten der Fuhrung von Unten
2.1 Vorgesetzteninitiierte Fuhrung
2.2 Mitarbeiterinitiierte Fuhrung
3. Einflussfaktoren und Fuhrungsstile
3.1 Einflussfaktoren
3.2 Fuhrungsstile
4. Grunde des Wandels zur Fuhrung von Unten
5. Risiken und Moglichkeiten
5.1 Risiken
5.2 Moglichkeiten
6. Anwendungsschwierigkeiten in der offentlichen Verwaltung
IV. Schluss
V. Literaturverzeichnis
II. Einleitung
Stellen Sie sich den Beruf der Sekretarin oder Vorzimmerdame vor. Aufgrund ihrer Stellenbeschreibung und ihrer Tatigkeiten scheint es, als habe sie keine Entscheidungsgewalt oder Mitwirkungsmoglichkeiten auf die Fuhrung des Unternehmens. Ihre Tatigkeiten beschranken sich auf Telefonate, das Vereinbaren von Terminen, die Organisation der Unterlagen des Chefs und das Weiterleiten von Informationen. Keine dieser Tatigkeiten deutet auf Fuhrung hin. Doch hat die Sekretarin wirklich keine Moglichkeit ihren Vorgesetzten bei der Entscheidungsfindung zu beeinflussen? Greift sie nicht schon lenkend bei Priorisierung und der daraus folgenden Reihenfolge der Unterlagen? Legt sie nicht schon eine Art Gewichtung bei der Dringlichkeit und Wiederholung von Terminen fest? Entscheidet sie nicht bereits bei der Verteilung von Post an den Chef oder andere Mitarbeiter, was wichtig fur die Unternehmung ist?
Kann man hier nicht schon von einer Fuhrung von unten sprechen?
In vielen Bereichen und Branchen ist man bereits von der streng hierarchischen Fuhrung abgewichen und raumte den Mitarbeitern eigene Entscheidungsspielraume ein. In meiner Proseminararbeit werde ich erarbeiten, welche Moglichkeiten den Mitarbeitern zur Verfugung stehen, den Vorgesetzten „zu fuhren". Diese Arbeit soll die Chancen, als auch die Gefahren und Risiken, die sich durch eine Fuhrung von Unten ergeben, aufzeigen.
Zu Beginn werde ich unter anderem die Fuhrung von unten definieren, sodass die spatere Verwendung der Begriffe verstandlich ist. Nachfolgend werde ich die unterschiedlichen Arten und deren Unterschiede erlautern. Des Weiteren gehe ich auf die Grunde, durch die der Wandel zur Fuhrung von unten ermoglicht wurde ein. Das Ziel dieser Ausarbeitung ist es, herauszufinden, ob und in welchem Umfang die Fuhrung von unten im Bereich der offentlichen Verwaltung angewendet werden kann.
III. Hauptteil
1. Fuhrung von Unten
Die Fuhrung von Unten bzw. Fuhrung des Chefs nach Wunderer definiert sich als die „zielorientierte, wechselseitige und aktivierende soziale Einflussnahme auf Personen einer hoheren Hierarchiestufe zu Erfullung gemeinsamer Aufgabe" (Wunderer, 2006, S. 254). Dieser Fuhrungsstil weicht sehr vom normalen Fuhrungsstil ab, da zwar auch hier eine wechselseitige Interaktion stattfindet, jedoch aber kein Einfluss von Mitarbeiter auf Chef ausgeubt wird. Diese Einflussnahme von Mitarbeiter auf Chef definiert die Fuhrung von Unten.
Sie wird direkt oder indirekt auf den Vorgesetzten angewendet. Die durch den Angestellten ausgeubte Einflussnahme dient hauptsachlich dem Betriebszweck oder einer gemeinsam zu erfullenden Aufgabe.
Franken bezeichnet diesen Wandel als Demokratisierung der Fuhrung. Demokratie, also die Herrschaft des Volkes, bezogen auf das Verhaltnis der Mitarbeiter auf die Vorgesetzten.
Ziel ist die Partizipation von Angestellten. Partizipation definiert sich in diesem Fall in der „Beteiligung und der Mitwirkung der Mitarbeiter an Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen in Unternehmen" (Franken, 2016, S. 125).
Weitere Begriffe dieser Art der Fuhrung sind Cheffing (Wolking, 2017) und Leadership.
Wichtig ist eine Abgrenzung von den Begriffen „Bossing“ und „ Staffing". Diese beschreiben zwar auch die Beziehung zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten, jedoch nur in negativer Weise. Von „Bossing“ spricht man, wenn der Chef seine Mitarbeiter schikaniert und mobbt. „Staffing“ verlauft in gleicher Weise, jedoch ausgehend von Angestellten gegen die Fuhrungskraft (Wolking, 2017).
2. Unterschiedliche Arten der Fuhrung von Unten
Wunderer unterscheidet in seiner Arbeit zwischen 2 Arten der Fuhrung - einmal initiiert durch den Vorgesetzen und einmal durch den Mitarbeiter. In welchem Umfang die Fuhrung von unten Anwendung findet, ist abhangig von den betroffenen Charakteren, der Unternehmenskultur, der Art der Aufgaben, sowie von der Qualifikation und Motivation des jeweiligen Mitarbeiters. Doch auch bei der Ubertragung von Aufgaben im Rahmen der Fuhrung von Unten bleibt die Verantwortung bei der Fuhrungskraft (Wunderer, 2006, S. 255).
2.1 Vorgesetzteninitiierte Fuhrung
Bei dieser Art der Fuhrung wird durch den Vorgesetzen ein groGerer Handlungs- und Entscheidungsrahmen fur den Mitarbeiter eingeraumt und die Einflussnahme durch diese akzeptiert und gefordert (Wunderer, 2006, S. 255).
Der Grundpfeiler dieser Art der Fuhrung besteht aus dem Vertrauensverhaltnis der beiden Parteien.
Gestarkt werden kann dies von den Vorgesetzen durch strukturelle Veranderungen, wie beispielsweise die Uberarbeitung der betrieblichen Fuhrungskonzepte und Umgestaltung der Fuhrungskultur. Ebenfalls tragen interaktive Handlungen zu einer Forderung bei. Diese konnen unter anderem aus der Akzeptanz und der Forderung dieser Fuhrungskonzepte bestehen. Fur die Mitarbeiter muss klar erkennbar sein, dass ihr personlicher Einfluss gewunscht wird. Hier muss der Vorgesetze als Vorbild fungieren. Er muss die neue Fuhrung signalisieren und vor allem anwenden. Auch die individuelle Forderung und Unterstutzung bei der Ausfuhrung der Mitarbeiter und ein anschlieGendes Feedback helfen hierbei (Wunderer, 2006, S. 263, 266).
Eine weitere Moglichkeit stellt die intrinsische und extrinsische Motivation dar. Bei der intrinsischen Motivation erhalt der Angestellte Belohnungen in Form von Lob und Anerkennung. Extrinsisch Motiviert wird durch Auszahlung von Pramien oder anderen materiellen Guter. Wie motiviert werden kann, hangt von der jeweiligen Person ab. Es sollte aber, soweit moglich, intrinsisch motiviert werden, da diese Art auf Dauer moglich und kostengunstiger ist. Extrinsisch Motivierte fordern nach Auszahlung und Erfullung der Aufgabe weitere und groGere Belohnungen. Auch die extrinsische Motivation von intrinsisch Motivierten ist riskant. Hier besteht die Gefahr, dass diese in Zukunft nur noch extrinsisch motiviert sind (Wunderer, 2006, S. 266-267).
Hier steht die Anwendung verschiedener Fuhrungsstile zur Auswahl. Dazu gehoren der kooperative, der delegative, der teilautonome und der konsensuale Fuhrungsstil, welche im Verlauf dieser Arbeit genauer erlautert werden (Franken, 2016, S. 134).
2.2 Mitarbeiterinitiierte Fuhrung
Anders als bei der vorgesetzteninitiierten Fuhrung wird dem Mitarbeiter hier nicht „automatisch" durch den Vorgesetzten ein Rahmen fur eigene Entscheidungen und Handlungen eingeraumt. Die Fuhrungsubertragung wird durch den aktiven Einfluss auf den Vorgesetzten erzielt. Dafur stehen dem Mitarbeiter verschiedenste Einflussfaktoren zur Verfugung (Wunderer, 2006, S. 255).
3. Einflussfaktoren und Fuhrungsstile
3.1 Einflussfaktoren
Diese Faktoren konnen durch den Mitarbeiter angewandt werden, um Einfluss auf den Vorgesetzten zu nehmen und die Entscheidung in die gewunschte Richtung zu lenken. Die Anwendung der folgenden Faktoren ist nicht generell moglich, sondern bedarf gegebenenfalls bestimmter Grundvoraussetzungen. Wunderer geht davon aus, dass den Mitarbeitern keine Sanktionsmoglichkeiten zur Verfugung stehen (Wunderer, 2006, S. 255, 258).
Der Faktor mit dem groGten Einfluss stellt die rationale und sachliche Argumentation, sowie die Vorlage von Daten und Fakten dar. Diese wird auch als „Reason" bezeichnet. Hierbei versucht der Mitarbeiter den Vorgesetzen von dessen Haltung durch Begrundung der eigenen Meinung zu uberzeugen. Zur Begrundung dienen dem Mitarbeiter oft unterstutzenden Unterlagen wie Berichte, Fachliteratur, Expertenmeinungen und erwiesene Untersuchungen.
Wunderer und Kipnis fanden durch Untersuchungen, bei denen Mitarbeiter und Vorgesetze befragt wurden, heraus, dass beide Parteien die Argumentation und Uberzeugung als dominierenden Einflussfaktor ansehen (Wunderer, 2006, S. 258-259).
Eine weitere Moglichkeit den Vorgesetzten zu beeinflussen findet auf der Beziehungsebene statt. Sie wird durch freundliches und unterstutzendes Verhalten gegenuber dem Chef ausgeschopft. Hier geht der Mitarbeiter auf die Stimmungslage seines Gegenubers ein. So wird Empathie und Hoflichkeit vermittelt (Wunderer, 2006, S. 258-259).
Bestimmtheit als Einflussfaktor setzt hingegen auf Durchsetzungsvermogen und Entschlossenheit. Bei dieser Form der Beeinflussung pocht die Arbeitskraft immer wieder energisch auf die Umsetzung seiner Ziele. Er bringt dies zum Beispiel durch das wiederholte setzen eines Termins zum Ausdruck (Wunderer, 2006, S. 258-259).
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