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Lehrerprofession und Nähe-Distanz Antinomie

Können Lehrer/innen Nähe und Distanz vereinen und dabei professionell handeln?

©2017 Hausarbeit 16 Seiten

Zusammenfassung

Was bedeutet „professionelles Lehrerhandeln“ und inwieweit können Lehrer_innen diesen theoretischen Ansatz, der eine Profession im antinomischen Handeln für sich beansprucht, in die Praxis umsetzen? Inwiefern können Nähe und Distanz im schulischen Kontext zu einem Problem werden?

Die Arbeit ist so gegliedert, dass zu Beginn die Professionalität im Lehrerberuf in den Blick genommen und dabei die Frage diskutiert wird, was letzten Endes „professionelles Lehrerhandeln“ bedeutet. Im Anschluss daran werden die Begrifflichkeiten Nähe und Distanz im Rahmen des Spannungsfelds pädagogischer Professionalität erläutert und im letzten Hauptteil dieser Arbeit widmen wir uns einem Fallbeispiel und analysieren das Handeln einer Lehrerin im Hinblick der Nähe-Distanz Antinomie. Daran angeknüpft widmen wir uns der Frage inwiefern Lehrer_innen, realistisch gesehen, professionell mit der Nähe-Distanz Antinomie umgehen können. Schlussendlich kommen wir im Fazit auf die Ausgangsfrage zurück und nehmen dabei das Fallbeispiel in den Blick.

Die Frage nach der Form von Professionalität bei der Ausübung des Lehrerberufs ist mindestens genauso alt wie der Lehrerberuf selbst. Infolgedessen ist die Anzahl der Quellen zwar reichhaltig, jedoch weitgehend veraltet. Aktuellere Literaturen, die die Professionalität des Lehrerberufs diskutieren, scheinen rar zu sein. Schließlich sind nach Roth und Strobel-Eisele „in der Rede von der ‚professionellen Balance‘ zwischen Nähe und Distanz“ Fragen zwar angesprochen, „aber noch keinesfalls ausreichend konkretisiert und ausbuchstabiert“ (Roth 2013, S.10).

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Lehrerprofession: Zwischen Erwartungen und Entscheidungen

III. Das Spannungsfeld pädagogischer Professionalität: Grenzen im Erziehen
III.1. Nähe vs. Distanz: eine Antinomie
III.2. Nähe und Distanzhaltung im Lehrerhandeln
III.3. Eine Fallanalyse

IV. Fazit

V. Literatur-und Quellenangabe

„Bildung durch Bindung“

I. Einleitung

Lehrer_innen (LuL)1 stehen in ihrem Berufsalltag stets vor schwierigen Entscheidungen für die eine oder andere Vorgehensweise. Dieses Faktum ist zweifellos eng mit der Tatsache verbunden, dass Lehrkräfte vielfältigen Erwartungen ausgesetzt sind. Diverse Instanzen und Gruppen, wie Eltern, Kollegium, SuS und Vorgesetzte, stellen unterschiedliche Anforderungen an den Lehrerberuf, der letzten Endes zweifellos mit einem inhärenten Rollenkonflikt einhergeht (Rothland 2013, S.31).

Ein Beispiel für ein solches Konfliktpotenzial für Lehrer_innen stellt das sogenannte „doppelte Mandat“ dar (vgl. Rothland 2013, S.29). Hierbei ist gemeint, dass LuL einerseits im Auftrag der Gesellschaft mit und an SuS arbeiten, andererseits jedoch im Auftrag der Schülerschaft ihre Rechte auf „Förderung, Entfaltung und Selbstbestimmung gegen mögliche gesellschaftliche Vereinseitigungen, Verzweckungen und Verführungen vertreten“ (vgl. Terhart 2006, S.283). Diese ambivalenten Erwartungshaltungen prägen charakteristischerweise von Beginn an den Lehrerberuf. So sind LuL stets gezwungen, sich für die eine oder andere Rolle und Handlungsweise zu entscheiden. „Solche Entscheidungen werden von Lehrerinnen und Lehrern im Rahmen ihrer Berufsausausübung auch auf einer allgemeineren, abstrakten Ebene des Handelns verlangt“ (vgl. Rothland 2013, S.30). Hierbei werden die Widersprüchlichkeiten im Lehrerberuf als Antinomien des Lehrerhandelns bezeichnet, wobei Helsper insgesamt fünf Arten von Antinomien unterscheidet. Eine davon ist die Nähe - Distanz Antinomie, womit wir beim Thema dieser Arbeit gelangt wären.

Lehrer_innen werden als Professionelle gesehen, insofern diese unter anderem mit den Widersprüchlichkeiten des Lehrerberufs professionell umgehen können.

Was bedeutet jedoch „ professionelles Lehrerhandeln “ und inwieweit können Lehrer_innen diesen theoretischen Ansatz, der eine Profession im antinomischen Handeln für sich beansprucht, in die Praxis umsetzen? Inwiefern können Nähe und Distanz im schulischen Kontext zu einem Problem werden?

Die Arbeit ist so gegliedert, dass zu Beginn die Professionalität im Lehrerberuf in den Blick genommen und dabei die Frage diskutiert wird, was letzten Endes „professionelles Lehrerhandeln“ bedeutet. Im Anschluss daran werden die Begrifflichkeiten Nähe und Distanz im Rahmen des Spannungsfelds pädagogischer Professionalität erläutert und im letzten Hauptteil dieser Arbeit widmen wir uns einem Fallbeispiel und analysieren das Handeln einer Lehrerin im Hinblick der Nähe-Distanz Antinomie. Daran angeknüpft widmen wir uns der Frage inwiefern Lehrer_innen, realistisch gesehen, professionell mit der Nähe-Distanz Antinomie umgehen können.

Schlussendlich kommen wir im Fazit auf die Ausgangsfrage zurück und nehmen dabei das Fallbeispiel in den Blick.

Die Frage nach der Form von Professionalität bei der Ausübung des Lehrerberufs ist mindestens genauso alt wie der Lehrerberuf selbst. Infolgedessen ist die Anzahl der Quellen zwar reichhaltig, jedoch weitgehend veraltet. Aktuellere Literaturen, die die Professionalität des Lehrerberufs diskutieren, scheinen rar zu sein. Schließlich sind nach Roth und Strobel-Eisele „in der Rede von der ‚professionellen Balance‘ zwischen Nähe und Distanz“ Fragen zwar angesprochen, „aber noch keinesfalls ausreichend konkretisiert und ausbuchstabiert“ (Roth 2013, S.10).

II. Lehrerprofession: Zwischen Erwartungen und Entscheidungen

Nobody expects to walk in off the street, no matter how technically able he or she is to fl y a Cessna, and fl y a 747. No matter how many medical books he may have read, nobody expects to walk in off the street and do brain surgery. But somehow it’s fashionable to think you can walk in to a classroom of 32 kids many of whom aren’t sure why they are there- and teach them. That’s wrong and insulting the teachers. (Brandt, 1986, S. 5; geäußert von David C. Berliner2 im Verlauf eines Interviews.)

Anhand dieses Zitats aus dem Jahr 1986 wird deutlich, wie anspruchsvoll der Lehrerberuf zu sein scheint und auf welche selbstverständliche Art und Weise eine gewisse Expertise und Professionalität, auch wenn nicht beim Namen genannt, bereits vor über 30 Jahren von Lehrer_innen erwartet wurde.

Zur Moderne gehört die Ausdifferenzierung von Berufen, die wissenschaftliches Wissen auf soziale und technische Phänomene anwenden. „Parsons nennt Personen, die solche wissenschaftsbasierten Berufe ausüben „Professionals“ (Rabe-Kleberg 2012, S.118). Nach dieser Annahme, sind Lehrer_innen ebenfalls Angehörige einer Profession, wobei der akademische wissenschaftliche Grad nicht genügend ist, um professionelles Lehrerhandeln besiegeln zu können, da „Wissenschaft“ lediglich ein Merkmal einer Profession sei (Terhart 1996, S.448).

Im Gegensatz dazu gehören nach Bauer pädagogische Berufe, zu denen der Lehrerberuf gehört, zum besonderen Typus von Berufsarbeit, die handlungslogisch, professionelle Anteile innehaben, jedoch aus berufssoziologischer Sicht, keine Professionen darstellen (Bauer 2000, S.67). Hinzu ist er der Meinung, dass professionelles Handeln nicht unbedingt an Professionen gebunden sein muss (Bauer 2000, S.68).

Wenn von pädagogischer Professionalität die Rede ist, gibt es nach (Combe/Helsper 1997) vier Hauptrichtungen: interaktionistisch, machttheoretisch, systemtheoretisch und strukturtheoretisch (handlungslogisch).

Ähnlich unterteilt Bauer (2000) innerhalb eines Entwicklungsprozess, unterschiedliche Phasenmodelle, die die Entwicklung professioneller Kompetenz bei Lehrer_innen veranschaulichen sollen: systemtheoretisch (Stichweh), strukturtheoretisch (Oevermann) und die Theorie des professionellen Selbst (Terhart, Bauer), die die kompetenztheoretische, berufsbiografische und interaktionistische Ansätze miteinander verbindet, wobei nicht auf alle Modelle intensiv eingegangen werden kann (vgl. Bauer 2000, S.57).

Der strukturtheoretische Ansatz (handlungslogisch) nach Oevermann nimmt die Beziehung zwischen Professionsangehörigen (LuL) und Klienten (SuS) in den Blick, wobei gezielt auf die Rekonstruktion der Logik professionellen Handelns eingegangen wird. Oevermann sieht hierbei den Lehrerberuf als Professionalisieungsbedürftig an.

Auf der Basis des Systemtheoretischen Modells bedeutet nach Stichweh eine Profession, dass sie die Berufstätigkeit anderer Berufsgruppen ihres Subsystems dominieren. Außerdem gibt es nach ihm eine gewisse Form der Profession-Klienten-Beziehung, die stets strukturell asymmetrisch ist. Hierbei geht es um individualisierte Probleme, da es bei Klienten um Einzelpersonen geht (Bauer 2000, S.58). Die Domäne der Professionellen ist also die Interaktion mit ihren Klienten. So ist die Domäne der Lehrer_innen als Professionellen die Interaktion mit ihren Schülerinnen und Schülern.

Hinzu beansprucht der Begriff der Profession ein gewisses und besonderes Wissenskorpus, der nicht mit dem Korpus der Fachwissenschaft gleichzusetzen ist, vielmehr geht es um anwendungsbezogene Handlungsspielräume. Auf den Lehrerberuf bezogen, beinhaltet das Wissenskorpus die „Lehrbarkeit“ von Fachwissen. Dabei sei Wissen eher fachdidaktisch als fachwissenschaftlich aufgebaut.

Professionelle Berufe seien ferner darauf ausgerichtet, Paradoxien und Dilemmata zu erzeugen und diese zu bearbeiten, wobei in pädagogischen Feldern insbesondere die Einschränkung der Autonomie gemeint ist. Oberstes Handlungsziel pädagogischen Handelns ist nämlich die Autonomie des Subjekts (SuS), die wiederum zugleich durch Handlungen der professionellen Lehrkraft unterbunden wird. SuS sollen selbstständig lernen, jedoch geschieht dies nicht selten unter Zwang und Leitung der Lehrkräfte. Hierbei wird die Ambivalenz zwischen der Führungsaufgabe seitens der Lehrer_innen und der postulierten Autonomie der Schülerin/des Schülers (Bauer 2000, S.59) offenkundig.

Weiterhin stellt eine Professionalisierung im Lehrerberuf einen stetigen Prozess dar, der sich in der Ausbildung, in Erfahrungen und in Reflexionen entfaltet. Indes entwickeln Lehrer_innen im Laufe der Jahre ihre professionelle Kompetenz, die sich aus Fach- und didaktischem Wissen, Handlungsroutinen und Ethos zusammensetzt (Schönknecht, S.1). Mit Letzterem ist die Haltung gemeint, die an diversen Stellen im Berufsalltag von Lehrer_innen wirksam werden und im günstigen Fall durch Verantwortung und Engagement charakterisiert ist (ebd.).

Nach Bauer wird ein pädagogisches Handeln erst dann zu einem professionellen Handeln, wenn „Handlungsrepertoires in spezifischer Weise eingesetzt werden, nämlich auf der Grundlage einer stellvertretenden Deutung der Situation von Klienten, Ratsuchenden, Lernenden“ (vgl. Bauer 2000, S.63). Handlungsrepertoires stellen hierbei etwas Individuelles und Persönliches dar, die jedoch nichtsdestotrotz gezielt erlernbar und stets verbesserbar sind.

Ferner wird eine Orientierung an gesellschaftlichen Werten und Normen erwartet, die keinesfalls mit den Zielen des Lernenden bzw. Klienten kongruieren.

Die professionelle Entwicklung von Pädagogen wird nach Terhart (1992) als ein berufsbiografischer Prozess mit diversen individuellen Phasen gesehen. Genauer genommen geht dieser Ansatz, der Anfang der 90er Jahren herausgebildet wurde, davon aus, dass „Menschen im Laufe ihrer Berufspraxis bestimmte Phasen durchlaufen, in denen typische Aufgaben und Lösungsstrategien obenan stehen“ (vgl. Bauer 2000, S.62). Dies bedeutet konsequenterweise, dass Pädagogen möglicherweise zu Beginn ihrer Berufslaufbahn Theorien und Lösungsansätze aufstellen, die sich im Laufe der Zeit grundlegend verändern können. Diese stetige Entwicklung geht mit der Idee einher, dass sich LuL der Unvollkommenheit aller gefundenen Lösungen bewusst sein sollen, um stets an sich selbst zu arbeiten und damit in der Lage wären, wirkungsvoller zu handeln. Dabei machen LuL ganz unterschiedliche und individuelle Erfahrungen, die nicht selten in Krisenstadien münden (Schönknecht 2005, S.2).

Mitte der 90er Jahre wird die Theorie des professionellen Selbst der Pädagoginnen und Pädagogen entwickelt, die, wie ihre Vorgängerin, versucht Professionalisierung auf der individuellen Ebene bzw. an der Schnittstelle zwischen individueller und kollektiver Ebene zu erklären (vgl. Bauer 2000, S. 56-62).

Das professionelle Selbst entsteht nicht erst mit der Aufnahme einer hauptamtlichen bezahlten Tätigkeit, sondern bereits während des Studiums, also in der ersten Ausbildungsphase von Lehrer_innen. Obendrein entwickelt sich das professionelle Selbst in der Ausbalancierung zwischen den Erwartungen eines kritischen Beobachters einerseits und den persönlichen Kompetenzen, Wünschen und Zielen andererseits (Bauer 2000, S.64). Hierbei wird abermals deutlich, dass die Erwartungen samt der Fremdzuschreibungen auf der einen Seite und die Entscheidungen, die LuL tagtäglich mit einem bestimmten Selbstbild treffen müssen, auf der anderen Seite, ineinander kollidieren.

Letzen Endes kann der Lehrerberuf, der handlungslogisch gesehen eben eine Profession innehat, folgendermaßen zusammengefasst werden: Zwischen LuL und SuS, die aufgrund des Kompetenzgefälles eine strukturell asymmetrische Beziehung führen, findet eine unmittelbare Interaktion statt, mit dem Ziel einer dauerhaften Veränderung oder Selbstveränderung. Diese Veränderung ist gesellschaftlich und persönlich von höchster Bedeutung. Außerdem steht es den Lehrer_innen frei, wie sie ihr Interaktionshandel vorbereiten und durchführen. Schließlich haben abstrakte Faktoren, wie die Liebe zum Kind oder die Autorität der Lehrer_innen, einen großen Einfluss auf das gesamte berufliche Handeln. Ebenso spielen strukturelle Paradoxien und unvermeidbare Dilemmata für das professionelle Lehrerhandeln eine große Rolle (Bauer 2000, S.67).

Zu diesen Paradoxien im Lehrerberuf gehört die berüchtigte Antinomie von Nähe und Distanz.

III. Das Spannungsfeld pädagogischer Professionalität: Grenzen im Erziehen

„Dass das Erziehen Nähe zum Kind ebenso braucht wie Distanz, darf als Konsens betrachtet werden“ (Roth 2013, S.10). Doch worin bestehen die Grenzen im Erziehen? Wo sind die Grenzen zwischen Distanz und Nähe für die professionellen Lehrerinnen und Lehrer?

Während familiale Beziehungen ganz deutlich durch affektive Orientierung und eine klare Bindungsfunktion charakterisiert sind, stehen derweil professionell-pädagogische Beziehungen im Kontrast gegenüber, die durch antagonistische und antinomische Spannungsverhältnisse gekennzeichnet sind (Helsper 2000, S.142).

Der allgemeine Unterschied zwischen professioneller und privater Nähe/Distanz liegt in der Art und den Mitteln, mit denen zu viel Nähe unter Kontrolle gehalten oder eine Distanz ermöglicht wird (Müller 2012, S.145).

Professionelle Arbeitsbeziehung ist hinzu nahe und distanziert zugleich. „Sie können Intimeres betreffen als die intimste private Beziehung und gleichzeitig distanzierter sein als die meisten bloß funktionalen Beziehungen“ (ebd.).

Das mehrdimensionale Spannungsverhältnis von Nähe und Distanz besteht im laienhaften Suchen von „Angewiesensein (!) auf, sich verstanden oder sich bedrängt fühlen“, das sich im professionellen Handeln zeigt, wie im professionellen Selbst darauf antwortet (Dörr 2012, S.9). J. Friedrich Herbart behauptet, dass der pädagogische Takt3 unter anderem die Balance zwischen den Gegensätzen pädagogischen Handelns von Nähe und Distanz herstellen soll (Dreischner 2015, S.89). Dabei scheint der reflektierte balancierte Umgang mit diesen unvermeidbaren Spannungen in der Erziehungswissenschaft ein besonderes Gütekriterium zu sein, das eine zentrale Bedeutung für die pädagogische Professionalität erhält (Helsper 2000, S.142f.).

Schlussendlich handelt es sich bei Nähe und Distanz um ein Begriffspaar mit paradoxer Struktur. Wenn man das Paradoxe dieser Struktur unter der Perspektive der „Strukturen der Professionalität“ zu lesen versucht, wird die Antinomie von Distanz und Nähe in zugespitzter Weise sichtbar.

III.1. Nähe vs. Distanz: eine Antinomie

Generell steht mit den Worten Nähe und Distanz „ein Begriffspaar zu Debatte, das metaphorisch auf Bewegung im Raum (und in der Zeit) verweist“ (vgl. Dörr 2012, S.7). Bei diesen Begriffen handelt es sich also um bildhafte Vorstellungen, wie etwa Prozesse von Annäherungen an oder Distanzierungen von anderen Menschen. Keineswegs geht es hierbei um Nähe und Distanz an sich, vielmehr spielt die Bedeutsamkeit des als „richtig“ empfundenes Maß von Nähe und Distanz eine Rolle. Folglich impliziert dieses Begriffspaar eine subjektive und intersubjektive Raum- und Zeiterfahrung, die stets als interpretierbar und veränderbar, keinesfalls jedoch als objektives statisches Verhältnis, zu betrachten ist (ebd.).

Wenn von Nähe die Rede ist, dann ist zugleich eine emotionale Abhängigkeit gemeint. Insbesondere in den Formen der Rückmeldung, wie z.B. durch Lob, gewinnt man Menschen, vor allem Kinderherzen. SuS sind hierbei meist stark berührt, da es um Urteile der LuL über die einzelne Person geht. Bei einigen weckt man durch Lob ihre Bereitschaft zu lernen, auf der anderen Seite können Schulkinder, die von anderen sehr geschätzt werden, sich möglicherweise nicht vollkommen frei fühlen (Roth 2013, S.14), da sie womöglich stets das Gegenüber zufriedenstellen versuchen.

[...]


1 Zur Lesevereinfachung werden die Abkürzung LuL für Lehrer_innen und SuS für Schüler_innen verwendet.

2 Bildungspsychologe

3 „Ein dialektisch orientierter Begriff, der in der Tradition der Reflexion päd. Paradoxien und Antinomien steht“ (Dreischner 2013, S.90)

Details

Seiten
Jahr
2017
ISBN (eBook)
9783668964501
ISBN (Paperback)
9783668964518
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Erscheinungsdatum
2019 (Juni)
Note
1,2
Schlagworte
Lehrerinnen Lehrer professionell Antinomien Nähe Distanz
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Titel: Lehrerprofession und Nähe-Distanz Antinomie