Die Arbeit beschäftigt sich mit der Etablierung der Ausländerpädagogik und dem Prozess der allmählichen Ablösung durch die interkulturelle Pädagogik. Die Frage des Umgangs mit Angehörigen anderer Kulturen und anderer Herkunftsländer in der eigenen Gesellschaft, ist schon seit Beginn der Migrationsbewegungen ein zentrales Thema eines jeden Aufnahmelandes. Migrationsbewegungen werden durch die verschiedensten Anlässe bewirkt.
Die Ausarbeitung soll sich mit der Zeit des Gastarbeiterzustroms in den 1960er Jahren beschäftigen. Dieser hat im Nachhinein zu einem zentralen Paradigmenwandel in der Pädagogik im Umgang mit Migranten geführt. Eine erste Reaktion markiert die Etablierung der Ausländerpädagogik oder auch Assimilationspädagogik genannt, aufgrund der stark assimilatorischen Ausrichtung. In diesem Zusammenhang bedeutet Assimilation eine Anpassung einzelner Individuen oder sozialer Gruppen an andere. Dabei werden entsprechende Einstellungen, Normen und Verhaltensweisen der Majorität übernommen.
Bei näherer Betrachtung der Entstehung und den zentralen Merkmalen und Zielen, die sich aus den unterschiedlichen wissenschaftlichen Debatten ergeben haben, soll der Zusammenhang von Assimilation und der betriebenen Ausländerpädagogik verdeutlicht werden. Dabei fällt vor allem ein Fokus auf die Kritik an der Ausländerpädagogik und der nachträglichen Ablösung durch die interkulturelle Pädagogik.
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung
2.Ausländerpädagogik alias Assimilationspädagogik
2.1. Geschichtlicher Hintergrund der Ausländer – Thematik
2.2. Anfänge der Ausländerpädagogik
2.3. Ziele der Ausländerpädagogik
2.4. Kritik an der Ausländerpädagogik
3. Interkulturelle Pädagogik
3.1. Etablierung der interkulturellen Pädagogik
3.2. Zentrale Merkmale interkultureller Pädagogik
4. Ausblick
4.1. Interkulturelle Öffnung
4.2. Neo – Assimilationismus
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1.Einleitung
Die Frage des Umgangs mit Angehörigen anderer Kulturen und anderer Herkunftsländer in der eigenen Gesellschaft, ist schon seit Beginn der Migrationsbewegungen ein zentrales Thema eines jeden Aufnahmelandes. Migrationsbewegungen werden durch die verschiedensten Anlässe bewirkt. Die Ausarbeitung soll sich mit der Zeit des Gastarbeiterzustroms in den 1960er Jahren beschäftigen. Dieser hat im Nachhinein zu einem zentralen Paradigmenwandel in der Pädagogik im Umgang mit Migranten geführt. Eine erste Reaktion markiert die Etablierung der Ausländerpädagogik oder auch Assimilationspädagogik genannt, aufgrund der stark assimilatorischen Ausrichtung. In diesem Zusammenhang bedeutet Assimilation eine Anpassung einzelner Individuen oder sozialer Gruppen an andere (vgl. o.A. S.36). Dabei werden entsprechende Einstellungen, Normen und Verhaltensweisen der Majorität übernommen (vgl. ebd.). Bei näherer Betrachtung der Entstehung und den zentralen Merkmalen und Zielen, die sich aus den unterschiedlichen wissenschaftlichen Debatten ergeben haben, soll der Zusammenhang von Assimilation und der betriebenen Ausländerpädagogik verdeutlicht werden. Dabei fällt vor allem ein Fokus auf die Kritik an der Ausländerpädagogik und der nachträglichen Ablösung durch die interkulturelle Pädagogik. Auf diese soll im weiteren Verlauf kurz eingegangen werden. Der Gesamtfokus, mit dem sich die Ausarbeitung beschäftigen soll, liegt auf der Etablierung der Ausländerpädagogik und der Prozess der allmählichen Ablösung durch die interkulturelle Pädagogik.
2.Ausländerpädagogik alias Assimilationspädagogik
2.1. Geschichtlicher Hintergrund der Ausländer – Thematik
Die verstärkte Konzentration auf das Thema Migration und dem pädagogischen Umgang markiert seinen Ursprung in den 1950er Jahren mit dem beginnenden Wirtschaftswachstum (vgl. Seifert 2012). Aufgrund des rapide verlaufenden Konjunkturaufschwungs, wurde die Zahl der Arbeitskräfte in Deutschland knapp und eine größere Anzahl dringend notwendig (vgl. ebd.). Demzufolge verfolgte die Politik in Deutschland eine Anwerbung von Arbeitskräften aus vorwiegend Südosteuropäischen und Südeuropäischen Ländern (vgl. Auernheimer 2003, S. 34). Die Arbeitskräfte stammten vor allem aus den Ländern Italien, Spanien, Griechenland, Türkei, Marokko, Portugal, Tunesien und Jugoslawien (vgl. Seifert 2012). Die Anwerbung erfolgte hauptsächlich in den Branchen der industriellen Massenfertigung, der Schwerindustrie und im Bergbau (vgl. ebd.). In den Branchen bestand die Gemeinsamkeit darin, dass für die Arbeiten nur niedrige Anforderungen an die Qualifikation erforderlich waren (vgl. ebd.). Demzufolge besaßen auch die angeworbenen Arbeitskräfte ein niedriges Qualifikationsniveau (vgl. ebd.). Aus Sicht der Politik sollten Anwerbung und Aufenthalt der Arbeitskräfte ohnehin nur zur Deckung des Bedarfs, der durch konjunkturellen Aufschwung bewirkt wurde, dienen (vgl. ebd.). Demnach kam ein Großteil der Arbeitskräfte alleine, ohne den Rest der Familie, nach Deutschland (vgl. ebd.). Mit der Ölkrise 1973 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage und die Politik beschließt, die Anwerbung zu stoppen (vgl. ebd.). Die Arbeitskräfte müssen nun über einen möglichen Verbleib in Deutschland oder eine Rückkehr in ihr Heimatland entscheiden (vgl. ebd.). Viele, die in Deutschland bleiben, holen ihre Familien zu sich ins Land (vgl. ebd.). Als Resultat ergibt sich nahezu ein Ausgleich der Zahlen. Durch den Familiennachzug gleicht sich die Zahl der rückkehrenden Arbeitskräfte nahezu aus (vgl. ebd.). Allerdings sinkt als Folge die Zahl der Erwerbstätigen und sozialversicherungspflichtig Beschäftigten rapide (vgl. ebd.).
2.2. Anfänge der Ausländerpädagogik
Die Anwerbung der Gastarbeiter und der damit zusammenhängende Zustrom von Migranten blieben von der Pädagogik zunächst weitgehend unbeachtet (vgl. Nohl 2010, S.22). Nur allmählich mit dem Beginn des Familiennachzuges und der Bewusstwerdung, dass viele der Migranten das Land nicht mehr verlassen werden, finden sich erste Reaktionen seitens der Pädagogik (vgl. ebd.). Den Beginn der Ausländerpädagogik markieren verschiedene Initiativgruppen, welche Hausaufgabenhilfen speziell für die Migrantenkinder organisieren (vgl. Prengel 2019, S.61). Von den Initiativgruppen ausgehend werden weitere staatlich finanzierte Bildungs- und Forschungsprojekte rund um die Migration in Auftrag gegeben (vgl. ebd.). Schritt für Schritt wird die Ausländerpädagogik zu einer festen Disziplin, die sich auch in den Hochschulen wiederfindet (vgl. ebd.). Ein weiterer Meilenstein in der Etablierung der Ausländerpädagogik bildet in diesem Zusammenhang die Einführung der Schulpflicht für ausländische Kinder (vgl. Nohl 2010, S.22). Die Schulpflicht wurde 1964 nach langer Phase der Unsicherheit auf Beschluss des Kultusministeriums eingeführt (vgl. ebd. S.22, 23). Nach dem Anwerbestopp der Gastarbeiter und dem daraus resultierenden Familiennachzug hat sich die Entscheidung als positiv bewährt. Die Zahlen der schulpflichtigen Kinder sind im Jahre 1970 mit 241.186 schulpflichtigen Kindern auf eine Anzahl von 674.593 schulpflichtigen Kindern gestiegen (vgl. ebd. S.22). Aufgrund der gestiegenen Anzahl der schulpflichtigen Kinder, findet sich in den Schulen eine immer größer werdende heterogene Schülerschaft (vgl. ebd. S. 23). Dies wurde aber nicht als Bereicherung, sondern im Gegenteil, als Problem, wahrgenommen (vgl. ebd.). Problematisch war die wachsende Heterogenität deshalb, da als zentrales Ziel der Schule eine Homogenisierung gilt (vgl. ebd.). Das Einschulungsalter unterliegt, ähnlich wie das Leistungsniveau und die Alterszusammensetzung einer Klasse, einer Standardisierung (vgl. ebd.). Dies wurde aufgrund der größeren Anzahl an schulpflichtigen Migrantenkindern zum Problem, da diesen die notwendige Kenntnis der deutschen Sprache fehlt, um einen ähnlichen Leistungsstand wie die einheimischen Kinder zu erreichen (vgl. ebd. S.23, 24). Allerdings wird erst durch den Familiennachzug offenbart, dass die Migration auch die Bildung in den Schulen essenziell verändert (vgl. Kiesel o.J. S.1). Dabei fehlten jedoch die notwendigen Voraussetzungen in den Schulen, um eine gelingende Integration ermöglichen zu können (vgl. ebd.). Die wurde bei den ersten Bildungsreformdebatten noch nicht ausreichend beachtet (vgl. Auernheimer 2003, S.35). Die fehlenden institutionellen Voraussetzungen für eine gelingende Integration in den Schulen gerieten allmählich in die öffentliche Diskussion (vgl. Kiesel o.J. S.1). Dabei wurden hauptsächlich die Sprachdefizite in der deutschen Sprache als größtes Problem angesehen (vgl. Auernheimer 2003, S.35). Die Problemdefinition belief sich auf die Tatsache, da die Defizite in der deutschen Sprache am auffälligsten waren (vgl. ebd.). Als eine Reaktion auf die Defizite und die fehlenden Integrationsvoraussetzungen in den Schulen, bestimmt das Kultusministerium die sogenannte „Doppelstrategie“ (Auernheimer 2003, S.35).
Die sogenannte Doppelstrategie sollte zu einer erleichterten Integration der ausländischen Schüler führen (vgl. Nohl 2010, S.24). Diehm bezeichnet das Konzept der Doppelstrategie als eine Kombination von Bestrebungen aus „Normalisierung“ (vgl. Diehm, Radtke 1999, S.136) und “Heterogenisierung“ (vgl. ebd.). Zum einen sollte den Migrantenkindern die Integration in den schulischen Alltag erleichtert werden und ihnen die Möglichkeit gewährt werden, im deutschen Bildungssystem ähnliche Chancen zu haben, wie die einheimischen deutschen Schüler*innen (vgl. Nohl 2010, S.25). Zugleich sollte aber die Chance einer Rückkehr und die damit zusammenhängenden Fähigkeiten und Kompetenzen gesichert werden (vgl. Diehm, Radtke 1999, S.132). Damit hängt vor allem der Erhalt der kulturellen Identität zusammen (vgl. Auernheimer 2003, S.35). Kinder, die erhebliche Defizite in der deutschen Sprache aufwiesen, mussten zunächst Vorbereitungsklassen besuchen (vgl. Nohl 2010, S.24). Zudem durften aufgrund eines Beschlusses des Kultusministeriums nicht mehr als ein Fünftel der Klasse aus ausländischen Kindern bestehen (vgl. ebd.). Dieser Beschluss gründete auf der Sorge einiger einheimischer Eltern, die schulische Ausbildung ihres Kindes könnte durch einen zu großen Ausländeranteil gefährdet sein (vgl. ebd.). Um dies gewährleisten zu können, wurden verschiedene Klassenmodelle eingeführt. Zum einen gab es Ausländerklassen (vgl. ebd.). Dort wurden Kinder aus unterschiedlichen Herkunftsländern unterrichtet (vgl. ebd.). Der Unterricht erfolgte ausschließlich auf Deutsch (vgl. ebd.). Zudem wurden Nationalklassen eingerichtet (vgl. ebd.). Hier wurden Kinder aus dem gleichen Herkunftsland unterrichtet (vgl. ebd.). Der Unterricht wurde auf Deutsch und in der Herkunftssprache gehalten (vgl. ebd.). Die genaue Konstitution der Klassen, hat sich je nach Bundesland unterschiedlich ausgestaltet (vgl. ebd.). Zudem bestand auch die Möglichkeit einen „muttersprachlichen Ergänzungsunterricht“ (ebd.), um spezifische Qualifikationen in der eigenen Herkunftssprache zu erwerben, am Nachmittag zu besuchen (vgl. ebd.).
2.3. Ziele der Ausländerpädagogik
Die Ausländerpolitik verfolgt als zentrales Ziel, die Defizite der Migrantenkinder zu kompensieren (vgl. Kiesel o.J. S.4). In erster Linie besteht die Kompensation der Defizite für die Ausländerpädagogik in der Behandlung von Sprachschwierigkeiten (vgl. ebd.). Weiterhin nimmt diese aber auch Defizite in der Sozialisation der Migranten an (vgl. ebd.). Dabei entstünden die Defizite hauptsächlich in der Primärsozialisation in der Familie der Migrantenkinder (vgl. Nohl 2010, S.28). Aus der Sicht der Ausländerpädagogik, findet sich in den Migrantenfamilien keine vergleichbare Orientierung zu deutschen Familien, die auf eine bestmöglich zu erreichende Bildung gerichtet ist (vgl. ebd.). Dies zeigt sich ihrer Ansicht nach vor allem an der häufig niedrigen Schichtzugehörigkeit der Migranten (vgl. ebd.). Die niedrige Schichtzugehörigkeit ist ein Resultat der Anwerbung von Gastarbeitern mit niedrigem Qualifikationsniveau. Demnach entstehe ein Widerspruch in der Sozialisation der Familie und der in der Schule, da Unterschiedliches vermittelt werde (vgl. ebd.). Auch die Unterschiede der Erziehung in den Migrantenfamilien führen ihrer Ansicht nach zu Konflikten im schulischen Alltag (vgl. Kiesel o.J. S.4). Dort wird häufig ein traditionell autoritäres Erziehungsverhalten praktiziert, bei dem die Erziehung zu Selbstverantwortung und Eigenständigkeit vernachlässigt wird (vgl. ebd.). Der Widerspruch in Schule und Familie verdeutlicht sich weiterhin durch die verschiedenen kulturellen Prägungen, die die Kinder im Bereich der Schule und im Bereich der Familie erfahren (vgl. ebd. S.29). Die Ausländerpädagogik verfolgt das Ziel, zunächst Kenntnisse über die kulturellen und ökonomischen Hintergründe der Migrantenkinder zu erlangen (vgl. Kiesel o.J. S.2). Denn Anhänger der Ausländerpädagogik sind der Ansicht, dass die Migrantenkinder durch den kulturellen Widerspruch bei Eintritt in die Schullaufbahn besonders gefährdet sind, die Orientierung in der Gesellschaft zu verlieren (vgl. Nohl 2010, S.29). Dies kann sich ihrer Meinung nach in verstärkt aggressivem Verhalten äußern, was zu einer Gefährdung für die Gesellschaft mit ihrer homogenen Werte- und Normenkonstellation führt (vgl. ebd.). Aufgrund dessen geht die Ausländerpädagogik von der Überzeugung aus, diese kulturellen Differenzen und die Dissonanz, die die Migrantenkinder zwischen Kultur des Herkunfts- und Aufnahmelandes empfinden, bergen Gefahren für eine erfolgreiche Identitätsentwicklung (vgl. Kiesel o.J. S.5). Die Sozialpädagogik soll den Migrantenkindern bei Überwindung des Identitätskonfliktes Hilfe leisten (vgl. ebd. S.4).
Diese Faktoren bewirken nach der Ausländerpädagogik Schwierigkeiten in der schulischen Leistung (vgl. ebd. S.4). Somit wird deutlich, dass sich Integration hier hauptsächlich als eine Frage von Bildung verstanden wird (vgl. ebd.). Das deutsche Schulsystem und die bestehenden Werte und Normen fungieren dabei als Orientierungs- und Richtwert (vgl. Prengel 2019, S.72). Eine Anpassung daran, soll durch kompensatorische Fördermaßnahmen erreicht werden, die sich hauptsächlich auf die Beherrschung der deutschen Sprache beziehen (vgl. Kiesel o.J. S.4). Für die Ausländerpädagogik gestalten sich diese Maßnahmen als optimal, um ein Gelingen der Integration der ausländischen Kinder gewährleisten zu können (vgl. ebd. S.5). Auf der anderen Seite soll dabei aber auch der Erhalt der Rückkehrfähigkeit durch die verschiedenen Klassensysteme nicht aus dem Blick geraten.
Es wird deutlich, dass die Migrantenkinder selbst als Ursache ihrer eigenen Probleme angesehen werden (vgl. Kiesel o.J. S.3). Die Maßnahmen konzentrieren sich hauptsächlich auf Defizite der Migranten (vgl. ebd.). Aufgrund dessen werden Verfahren der Ausländerpädagogik häufig mit dem Aushängeschild der „Defizit – Orientierung“ (Nieke 2008, S.16) bezeichnet. Durch die alleinige Konzentration auf Defizite, entsteht ein Bild des Ausländers, der auf Hilfe der einheimischen Deutschen bei eigener Lebensbewältigung angewiesen ist, entsteht (vgl. Kiesel o.J. S.3).
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