Diese Arbeit behandelt eine Hospitationsstunde bei einer neunten Klasse eines Hessischen Gymnasiums im Fach Chemie. Thema der Stunde ist dabei die Atombindung, spezifischer die Elektronenpaarbindung.
Nach einer einführenden Analyse der allgemeinen Lehr- und Lernsituation, speziell der Klasse- Unterrichts- und Raumsituation wendet sich die Arbeit in einem nächsten Schritt der Sachanalyse, und schließlich den didaktischen Vorüberlegungen zu. Aufbauend auf diesen Überlegungen wird dann zudem ein vollständiger Stundenverlaufsplan vorgelegt.
Die Arbeit schließt mit einer Reflexion der gehaltenen Stunde.
Inhaltsverzeichnis
1. Beschreibung der Lehr- und Lernsituation
1.1 Analyse der Schulsituation
1.2 Klassensituation
1.3 Analyse der Unterrichtssituation
1.4 Analyse der Raumsituation
2. Sachanalyse
3. Didaktische Überlegungen
3.1 Einordnung der Stunde in die Unterrichtseinheit
3.2 Einordnung der Stunde in den Lehrplan
3.3 Relevanz des Stundenthemas
3.4 Vorhandener Wissenstand
3.5 Elementarisierung
3.6 Niveau der Fachsprache
3.7 Basiskonzepte
3.8 Stundenziele, Bildungsstandards und Kompetenzen
3.9 Weiterer Verlauf der Unterrichtsreihe
3.10 Beantwortung der Leitfragen der didaktischen Analyse nach Wolfgang KLAFKI
4. Methodische Überlegungen
5. Tabellarischer Stundenverlaufsplan
6. Reflexion der Stunde
7. Quellenverzeichnis
1. Beschreibung der Lehr- und Lernsituation
1.1 Analyse der Schulsituation
Das Gymnasium ist 1520 als von der Stadt für das Bürgertum gegründet worden. Im Jahre 1892 wurde sie in Lessing-Gymnasium, die weiterhin der humanistischen Tradition verpflichtet ist,und in Goethe-Gymnasium als neusprachliche Reformschule aufgespalten. Das neusprachliche Reformmodell sah die stärkere Berücksichtigung der neueren Fremdsprachen vor. Nach der Teilung wurde an der Ludwig-Erhard-Anlage ein Neubau des Gymnasiums errichtet. 1969 begann der bilinguale Unterricht Deutsch-Englisch. Die Schule war damals die erste Schule mit bilingualem Unterricht.[1]
Das Gymnasium liegt sehr zentral. Es ist gut mitröffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen:. Die Schule ist in ein Hauptgebäude und in eine Dependance aufgeteilt. Das Hauptgebäude liegt in der Ludwig-Erhard-Anlage. Die Dependance steht den Oberstufenschüler/innen zur Verfügung und liegen 300 m vom Hauptgebäude entfernt. Außerdem steht den Schülerinnen und Schülern[2] Computerräume, Räume für den naturwissenschaftlichen Unterricht, Aula, eine Schulbibliothek und sogar ein eigenes Schullandheim im Taunus zur Verfügung.[3] Das Schullandheim wird von den Klassenstufen 5 bis 10 zweimal im Jahr aufgesucht. Hier finden die Proben des Schulorchesters, intensive Vorbereitung der SuS auf die Abiturprüfung und Fachunterrichts-Blöcke mit den Fachlehrkräften statt.[4] Das Schulgebäude besteht aus vier Stockwerken. Im Erdgeschoss befindet sich die Aula und die Mensa. Im ersten Stock befindet sich das Sekretariat, das Lehrerzimmer und die Schulbibliothek. Im zweiten Stock sind die Klassenräume und die Fachräume der Biologie. Im dritten und vierten Stock sind ebenfalls Klassenräume. Die Fachräume für die Chemie sind im dritten und die Fachräume für die Physik im vierten Stock. Momentan werden die SuS von 90 Lehrkräften unterrichtet.[5] Das Gymnasium hat insgesamt vier Leitbilder: Leistung, Zusammenleben, Grundlagen und Vielfalt. Die gesamte Unterrichts- und Erziehungsarbeit orientiert sich an diesen Leitbildern.[6] Darüber hinaus liegt der Schwerpunkt der Schule auf Musik und bilingualem Unterricht. Es gibt spezielle Musikklassen, bei der die SuS mindestens ein Instrument spielen sollten. Der Musikunterricht findet dabei 4-stündig statt und die SuS müssen am „Jungen Orchester“ teilnehmen.[7] Beim bilingualen Unterricht erhalten die SuS eine zusätzliche Förderung im Fach Englisch. Für die Aufnahme werden die mündlichen und die schriftlichen Leistungen der SuS betrachtet. In der Sekundarstufe I haben die SuS Unterricht in Science, History, Social Studies und Science vertieft. Die SuS der Oberstufe können Philosophy, Biology und History belegen und Zertifikate und Abschlüsse erreichen.[8] Außerdem werden Französisch, Latein, Russisch und Japanisch als weitere Fremdsprachen angeboten.[9] Folgende Betreuungsangebote stehen zur Verfügung: Hausaufgaben & mehr, Debate-Club, Conversation & more, Schach-AG und Fußball-AG.[10]
1.2 Klassensituation
Der Kurs der Klasse 9 besteht aus insgesamt 28 SuS, darunter 20 weibliche und 8 männliche SuS. Geschätzt sind die SuS im Alter von 15 bis 16 Jahren. Der Kurs wird von Frau F. in Chemie unterrichtet. In der Zeitspanne von 30.04.2019 bis 18.06.2019 habe ich in der Klasse hospitiert. Da die Klasse an Praktikant/innen gewöhnt ist, zeigte sie sich mir gegenüber freundlich und sehr aufmerksam. Somit herrschte insgesamt ein sehr produktives Unterrichtsklima, indem Problemstellungen sowohl im Unterrichtsgespräch als auch in Gruppenarbeitsphasen zielführend bearbeitet werden konnten. Mein Verhältnis zur Klasse kann ich als aufgeschlossen bezeichnen. Auch das Verhältnis der SuS untereinander war sehr nett und hilfsbereit. Nach intensiver Beobachtungen und Absprachen mit dem Mentor konnten einige Besonderheiten und auffällige SuS im Kurs festgestellt werden. Zu den leistungsstarken SuS zählen H., Ch., J., E. und D.. M. und E. führen ab und an Privatgespräche und schweifen vom Thema ab. C. und B. sind sehr ruhige SuS, die während meiner Hospitationszeit überhaupt nicht am Unterricht teilnahmen. Der Rest der Klasse verhält sich ruhig, aber nimmt gelegentlich am Unterrichtsgeschehen teil. Die Klasse wird seit Anfang des Schuljahres von Frau F. unterrichtet. Im Unterricht entstanden sehr kleine Unruhen, wie z.B. einige flüsternde SuS oder SuS die Privatgespräche führten. Die SuS wurden einige Male ermahnt und hörten auch recht zügig damit auf. Das einzige Ritual, was eingeführt wurde, war, dass die Klasse am Anfang der Stunde zur Begrüßung aufsteht, alle ruhig sind und die Lehrkraft begrüßen. Als Einstieg in den Unterricht ist das sehr gut geeignet, da die SuS somit merken, dass die Stunde anfängt. Der Kurs war im Großen und Ganzen mit den Unterrichtsformen (Frontalunterricht, Gruppenarbeit, experimentieren) soweit vertraut und haben die Aufgaben gewissenhaft erledigt. Es zeigte sich keine ablehnende Haltung zu diesen Unterrichtsformen. Die SuS haben sehr motiviert mitgemacht.
1.3 Analyse der Unterrichtssituation
Der Chemieunterricht findet dienstags in der dritten und vierten Stunde statt. Der Unterricht fängt um 9:50 Uhr an und endet um 11:25 Uhr. Die SuS haben nach der 3. Stunde eine 5-minütige Pause. Es sind nicht mit möglichen Konzentrations- und Aufmerksamkeitsproblemen zu rechnen. Bisherige Unterrichtsbeobachtungen zeigen, dass SuS recht aktiv am Unterricht teilnehmen. Die leistungsstärksten SuS sind H., D., C., E. und J. und arbeiten kontinuierlich und zielstrebig mit. Sie aktivieren ihr Vorwissen und bringen durch ihre eigenständigen Transferleistungen neue Impulse im Unterrichtsgescheheneinmit. Weiterhin sind wenige Unterschiede des Lern- und Arbeitstempos der SuS zu beobachten. Die Chemielehrkraft verwendet für ihren Unterricht teilweise vorgefertigte Arbeitsblätter. Zudem arbeitet sie sehr viel mit selbst erstellten Power-Point-Präsentationen und der Seite www.chemie-interaktiv.net. Dort sind verschiedene Animationen zu sehr vielen Themen,,die sie selbst in ihrem Unterricht einsetzt. Die Lehrkraft versucht,die SuS selbst experimentieren zu lassen. Das ist für sie sehr wichtig, da somit die SuS nicht nur theoretische Inhalte vermittelt oder Animationen gezeigt bekommen und ihre eigene Erfahrung machen können. Doch trotz dessen sind die SuS mit der Verwendung von Fach- und Symbolsprache sowie den Umgang mit Chemikalien und Versuchsmaterialien bezüglich den Experimenten nicht sehr vertraut. Ich musste sogar einige SuS mehrmals daran erinnern, beim Experimentieren ihre Schutzbrille wieder aufzuziehen. Im Großen und Ganzen waren die SuS sehr interessiert am Fach und haben versucht,die Experimente gewissenhaft und motiviert durchzuführen.
1.4 Analyse der Raumsituation
Der Chemiesaal befindet sich im Raum 304 im obersten Stock des Hauptgebäudes. Er ist mit einem Whiteboard, einem OHP und einem festinstallierten Beamer ausgestattet. Die Chemikalien und einige Laborutensilien werden im Nebenraum aufbewahrt. Einige Laborutensilien befinden sich in den Schränken im Chemiesaal. Es befindet sich nur ein Lehrerabzug neben dem Lehrerpult. Weitere Abzüge gibt es keine. Außerdem gibt es an jedem Schülertisch einen Gasanschluss. Der Raum ist ebenfalls mit einem Löschsand, einer Löschdecke, Augendusche, Feuerlöscher, Rauchmelder, sowie mit einem Erste-Hilfe-Kasten ausgestattet.
2. Sachanalyse
Bei der Atombindung (auch kovalente Bindung oder Elektronenpaarbindung) binden sich die Atome über Elektronen aneinander, die den zwei Atomen gemeinsam angehören. Als Beispiel wird das Wasserstoffmolekül betrachtet: Jedes H-Atom hat ein Elektron, das auf ein 1s-Orbital verteilt ist. Wenn die zwei H-Atome zusammenkommen, überlappen sich ihre Atomorbitale. Dabei wird die Elektronenwolke zwischen den Atomkernen dichter. Durch die erhöhte negative Ladungsdichte werden die positiven Atomkerne angezogen. Die Moleküle werden in der Valenzstrichschreibweise dargestellt. Zwei Elektronen (ein Elektronenpaar) stehen für ein Strich. Die Strichformeln werden auch Lewis-Formeln genannt. Jedes Atom hat das Ziel, die Edelgaslektronenkonfiguration zu erreichen (Lewis-Theorie).[11] Ein weiteres Beispiel ist das Fluor-Molekül. Die beiden Fluor-Atome haben jeweils 7 Valenzelektronen und benötigen jeweils ein Elektron, um die Edelgaskonfiguration zu erreichen. Daher haben sie nur ein gemeinsames Elektronenpaar. Außer dem bindenden Elektronenpaar ist jedes Fluor-Atom noch von drei Elektronenpaaren umgeben. Diese werden freie oder nichtbindende Elektronenpaare genannt. Die Atome können auch mehr als ein gemeinsames Elektronenpaar zur Verfügung haben. Dies nennt man Mehrfachbindung. Bei einer Doppelbindung sind zwei und bei einer Dreifachbindung drei gemeinsame Elektronenpaare vorhanden.[12]
Die Fähigkeit eines Atoms, die Elektronen in einem Molekül an sich zu ziehen, nennt man Elektronegativität. Beim HCl-Molekül ist das Chlor-Atom elektronegativer als das H-Atom. Die partiell negative Ladung befindet sich daher am Chlor-Atom. Somit ist auch die Bindung zum Chlor-Atom hin verschoben. Je größer die Elektronegativitätsdifferenz zwischen den Atomen ist, desto höher ist der Anteil des ionischen Charakters. Zwischen Nichtmetallen ist die Elektronegativitätsdifferenz gering. Daher sind diese Bindungen überwiegend kovalent. Mit der Elektronegativitätsdifferenz kann die Polarität der kovalenten Bindung bestimmt werden. Je kleiner die Differenz, desto unpolarer die Bindung.[13]
Um den Ladungszustand der Atome im Molekül durch die Lewis-Formel beschreiben zu können, werden Formalladungen verwendet. Beim Ozon-Molekül besteht zwischen dem mittleren Sauerstoff-Atom und den beiden äußeren eine Doppelbindung und eine Einfachbindung (siehe Abbildung 1, rechte Seite). Die Formalladung kann berechnet werden, indem die Elektronen zwischen den Atomen geteilt werden. In diesem Fall bekommtdashatlinke Sauerstoff-Atom 7 Valenzelektronen, das Sauerstoff-Atom in der Mitte 5 Valenzelektronen und das Sauerstoff-Atom ganz rechts 6 Valenzelektronen. Diese Ladungsungleichheit wird durch die Formalladung ausgeglichen. Das linke Sauerstoff-Atom bekommt eine negative und das mittlere Sauerstoff-Atom eine positive Formalladung. Die gesamte Ladung des Moleküls ist somit null.[14]
Einige Moleküle können mit mehreren Lewis-Formeln beschrieben werden. Diese Art der Formulierung nennt man Mesomerie. Die Formeln werden mesomere Grenzformeln genannt.[15] Als Beispiel wird das Ozon-Molekül verwendet:
Anmerkung der Redaktion: Abbildung 1 wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
[16]
Abb. 1: mesomere Grenzformel vom Ozon-Molekül
Die tatsächliche Struktur ist einZwischending(Ich glaube nicht, dass du das so schreiben kannst)e Zwischenstrukturzwischen den beiden Strukturen. Die Bindungen haben einen mittleren Bindungsgrad. Es gibt nur ein Ozon-Molekül mit einer Struktur. Es sollte nicht so verstanden werden, dass die Elektronen von einer Struktur zur anderen übergehen.[17]
3. Didaktische Überlegungen
3.1 Einordnung der Stunde in die Unterrichtseinheit
Thema der Unterrichtseinheit: Chemische Bindungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In den ersten beiden Stunden der Unterrichtseinheit wurde das Periodensystem behandelt. Hier wurden einzelne Elemente und die Hauptgruppen kennengelernt. In der darauffolgenden beiden Stunden wurden Kationen und Anionen und deren Anziehung besprochen. Danach wurde die Ionenbindung eingeführt und die Eigenschaften und Verhalten der Salze untersucht. Die Löslichkeit der Salze in Wasser wurde überprüft, indem Kristalle gezüchtet wurden. Hierbei wurde der Unterschied zwischen löslich (liquid) und in Wasser gelöst (aq.) deutlich. Am Beispiel des Natriumchlorids wurde das Ionengitter und die Gitterenergie behandelt. Zuletzt wurde die Atombindung eingeführt, die Polarität besprochen und durch Aufgaben und Übungen vertieft und gefestigt.
3.2 Einordnung der Stunde in den Lehrplan
Im Lehrplan Chemie für den gymnasialen Bildungsgang (G9) 2010 ist das Thema „Atombindung (Elektronenpaarbindung)“ unter der Unterrichtsreihe „Elektronenpaarbindung/Atombindung“ im zweiten Viertel des Schuljahres der 10. Jahrgangsstufe in den Unterpunkt 2.1 Valenzelektronenformel einzuordnen.[18] Das Thema der Ionenbindung ist ebenfalls für die 10. Jahrgangsstufe vorgesehen.[19] Die Lehrkraft hat den Stoff der 9. Jahrgangsstufe komplett durchgenommen. Daher wurde das Thema in der 9. Jahrgangsstufe begonnen.
[...]
[1] https://gg-ffm.de/schule/
[2] Im Folgenden mit SuS abgekürzt.
[3] Vgl. ebd.
[4] https://gg-ffm.de/schullandheim/
[5] https://gg-ffm.de/alle-lehrer-innen/
[6] https://gg-ffm.de/profil/
[7] https://gg-ffm.de/musik/
[8] https://gg-ffm.de/englischib/
[9] https://gg-ffm.de/profil/
[10] https://gg-ffm.de/wp-content/uploads/2019/09/Ganztag_pdf2.pdf
[11] Charles E. Mortimer, 2010, S. 108.
[12] Vgl. ebd., S. 108 f.
[13] Vgl. ebd., S. 112 f.
[14] Vgl. ebd., S. 114.
[15] Vgl. ebd., S. 116.
[16] https://www.chemiezauber.de/inhalt/q1/aufbau-der-materie/bindungsmodelle/500-das-lewis-konzept.html
[17] Charles E. Mortimer, 2010, S. 116.
[18] Hessisches Kultusministerium (2010a). Lehrplan Chemie. Gymnasialer Bildungsgang. Jahrgangsstufen 7G bis 9G. S.23. Online verfügbar unter: https://kultusministerium.hessen.de/sites/default/files/media/g9-chemie.pdf.
[19] Vgl. ebd., S. 21.