Diese Arbeit thematisiert die Bilanzierung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nach HGB. Rückstellungen sind ein in der Literatur oft diskutierter Bilanzposten. Keine andere Position in der Bilanz unterliegt größeren Unsicherheiten und daraus resultierenden bilanzpolitischen Spielräumen. Schon der Begriff "Rückstellungen" ist ein Ausgangspunkt für Diskussionen, da er im Gesetz nicht eindeutig definiert ist. Im § 249 HGB steht nun zu lesen, für welche Rückstellungen Passivierungspflicht besteht.
Die Rückstellungen sind Passivposten für künftige Verpflichtungen. Im Gegensatz zu den Verbindlichkeiten, wo Verpflichtungsgrund und Höhe der Schuld bekannt sind, sind die Rückstellungen durch ihre Unsicherheit gekennzeichnet. Dies bedeutet, dass ihr Bestehen, die Höhe der Verpflichtung und der Fälligkeitszeitpunkt nicht sicher feststehen. Rückstellungen sind auch sehr effektive Bilanzierungsinstrumente. Durch sie können nachträgliche Ausgaben vollständig erfasst, gebuchte Erträge nachträglich korrigiert oder ungewisse Verbindlichkeiten passiviert werden. Es ist der Zweck der Rückstellungen, auch solche Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, die rechtlich erst in der Zukunft entstehen, jedoch bereits in einem vergangenen Wirtschaftsjahr verursacht worden sind. Diese besondere Art von Verpflichtungen stellen die Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dar. Zum ersten Mal wurden die Drohverlustrückstellung im § 152 Abs. 7 S.1 AktG im Jahr 1965 definiert. Mitte der 90er Jahre standen diese im Mittelpunkt der bilanzpolitischen Diskussionen, da im Jahr 1997 das steuerliche Ansatzverbot von Drohverlustrückstellungen gemäß § 5 Abs.4 EstG eingeführt wurde
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Problemstellung
2. Sinn und Zweck des Jahresabschlusses
3. Grundsatz der Nichtbilanzierung von schwebenden Geschäften
4. Verlustdefinition
5. Einzelfälle von Drohverlustrückstellungen
5.1 Wann entstehen Drohverlustrückstellungen und Kategorien des schwebenden Geschäfts
5.2 Einmaliger Leistungsaustausch
5.2.1 Beschaffungsgeschäfte
5.2.1.1 Anlagevermögen
5.2.1.2 Umlaufvermögen
5.2.2 Absatzgeschäfte
5.3 Dauerschuldverhältnisse
5.3.1 Grundsatz der Bilanzierung von Drohverlustrückstellung bei Dauerschuldverhältnisse
5.3.2 Bewertung und Abzinsung
6. Saldierungsbereich
7. Thesenförmige Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Problemstellung
Rückstellungen sind ein in der Literatur oft diskutierter Bilanzposten. Keine andere Position in der Bilanz unterliegt größeren Unsicherheiten und daraus resultierenden bilanzpolitischen Spielräumen. Schon der Begriff „Rückstellungen“ ist ein Ausgangspunkt für Diskussionen, da er im Gesetz nicht eindeutig definiert ist. Im § 249 HGB steht nun zu lesen, für welche Rückstellungen Passivierungspflicht besteht.1
Die Rückstellungen sind Passivposten für künftige Verpflichtungen.2 Im Gegensatz zu den Verbindlichkeiten, wo Verpflichtungsgrund und Höhe der Schuld bekannt sind, sind die Rückstellungen durch ihre Unsicherheit gekennzeichnet.3 Dies bedeutet, dass ihr Bestehen, die Höhe der Verpflichtung und der Fälligkeitszeitpunkt nicht sicher fest stehen.4 Rückstellungen sind auch sehr effektive Bilanzierungsinstrumente. Durch sie können nachträgliche Ausgaben vollständig erfasst, gebuchte Erträge nachträglich korrigiert oder ungewisse Verbindlichkeiten passiviert werden.5 Es ist der Zweck der Rückstellungen, auch solche Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, die rechtlich erst in der Zukunft entstehen, jedoch bereits in einem vergangenen Wirtschaftsjahr verursacht worden sind.6 Diese besondere Art von Verpflichtungen stellen die Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dar. Zum ersten Mal wurden die Drohverlustrückstellung im § 152 Abs. 7 S.1 AktG im Jahr 1965 definiert. Mitte der 90er Jahre standen diese im Mittelpunkt der bilanzpolitischen Diskussionen,da im Jahr 1997 d>assteuerliche Ansatzverbot von D>rohverlustrückstellungengemäß § 5 Abs.4 EstGeingeführtwurde.>7
Die vorliegende Arbeit hat das Ziel das Verständnis bezüglich der Bilanzierung von Rückstellungen für Drohenden Verlusten aus schwebenden Geschäften nach HGB anhand von Beispielen näher zu bringen.
2. Sinn und Zweck des Jahresabschlusses
Sowohl Kapitalgesellschaften als auch Personengesellschaften unterliegen strengen Rechnungslegungs- und Offenlegungspflichten. Die Jahresabschlussprüfung bei den Kapitalgesellschaften ist eine, vom Gesetzgeber nach § 316 HGB vorgeschriebene Prüfung. Nach § 267 HGB werden drei Größenklassen unterschieden: kleine, mittelgroße und große Kapitalgesellschaften. Die Aufgliederung der Größenklassen basiert auf der Bilanzsumme,
den Umsatzerlösen und der Anzahl der Mitarbeiter. § 316 Abs.1 HGB i. V. m. § 267 Abs.1 HGB verpflichtet alle Kapitalgesellschaften, die zu den Größenklassen mittelgroß und groß gehören, ihre Jahresabschlüsse durch einen Abschlussprüfer zu erstellen.8 Der Jahresabschluss besteht grundsätzlich aus Bilanz und Gewinn-und-Verlustrechnung. Die Bilanz wird erstellt, um „sich selbst und Dritte über die Lage des Unternehmens und den Erfolg des abgelaufenen Geschäftsjahrs zu informieren.“.9 Nach § 242 Abs.1 HGB i. V. m. § 243 Abs.1 HGB sind alle Kaufleute verpflichtet ihren Jahresabschluss nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung(GoB) zu erstellen.10 Unter die GoB versteht man „diejenigen Regeln, nach denen der Kaufmann zu verfahren hat, um zu einer dem gesetzlichen Zweck entsprechenden Bilanz zu gelangen“.11 Die GoB sind nicht explizit im Gesetz kodifiziert, sondern sind nach h. M. aus den Zwecken der handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften abzuleiten. Daher sind die Zwecke des handelsrechtlichen Jahresabschlusses nur implizit aus dem Gesetzt ableitbar. Es lassen sich somit zwei primäre Zwecke erkennen.12 Der Jahresabschluss hat einen Informationszweck und einen Zahlungsbemessungszweck. Unter dem Informationszweck ist die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen an außenstehende Dritte zu verstehen.13 Nach § 246 Abs.1 S.1 HGB muss der Jahresabschluss Auskunft über sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie sämtliche Aufwendungen und Erträge geben.14
Die Zahlungsbemessungsfunktion des Jahresabschlusses ist die Grundlage sowie für die Ermittlung von erfolgsabhängigen Auszahlungen (Ausschüttungsbemessungsfunktion) als auch für die Besteuerung des Unternehmens. Der Zahlungsbemessungszweck kommt über die Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz gemäß § 5 Abs.1 EstG in einer steuerlichen Gewinnermittlungsfunktion zum Ausdruck.15
3. Grundsatz der Nichtbilanzierung von schwebenden Geschäften
Das Vorhaben eines „schwebenden Geschäfts“ ist die erste Voraussetzung für die Bildung von Drohverlustrückstellungen.16 Der Begriff „schwebendes Geschäft“ ist nicht konkret im Gesetz definiert. Es handelt sich somit um einen unbestimmten Rechtsbegriff.17 Schwebende Geschäfte sind nach h. M. zweiseitig verpflichtende und auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge, bei denen weder die Hauptleistung noch die Gegenleistung erbracht worden sind. Die Leistungsverpflichtung kann sowohl in Dienst- als auch in Sachleistungsverpflichtung bestehen.18
Der Grundsatz der Nichtbilanzierung von schwebenden Geschäften besagt, dass diese Geschäfte in der Bilanz nicht aufgenommen werden dürfen, da vermutet wird, dass die gegenseitigen Verpflichtungen der Vertragsparteien sich am Ende ausgleichen (Ausgeglichenheitsvermutung19 ). Falls sich aber Leistung und Gegenleistung nicht mehr ausgeglichen gegenüberstehen, gilt der Grundsatz der Nichtbilanzierung nicht mehr. In diesem Fall besteht ein Verpflichtungsüberschuss. Das Imparitätsprinzip verpflichtet die Berücksichtigung des Verlustes in der Periode der Verursachung (Verursachungsprinzip). Somit ist zwingend zum Bilanzstichtag eine Drohverlustrückstellung abzubilden.20 Der Schwebezustand beginnt mit dem Vertragsabschluss. In bestimmten Fällen gilt der Beginn oder die Abgabe als Startzeitpunkt eines bindende Vertragsangebots oder Vorvertrags. In diesen Fällen ist nur dann ein schwebendes Geschäft, wenn man mit Sicherheit erwartet, dass die Vertragsannahme erfolgen wird.21
Der Schwebezustand endet mit der Erfüllung der Hauptleistungen der Vertragsparteien und der dadurch entstandenen Gewinn- oder Verlustrealisierung. Ein Gewinn oder Verlust ist nur dann auszuweisen, wenn dieser durch den Umsatzprozess verursacht worden ist. Laut Tanja Görs „Das ist der Zeitpunkt, in dem der Vertrag im Wesentlichen erfüllt ist und der Anspruch auf Gegenleistung so gut wie sicher ist“.22 Falls im Rahmen des Vertrages Anzahlungen vereinbart sind, werden diese als reine Finanzierungsvorgänge angesehen, und haben daher keinen Einfluss auf den Schwebezustand.23
4. Verlustdefinition
Die zweite Voraussetzung für die Bilanzierung von Drohverlustrückstellungen ist ein drohender Verlust aus dem schwebenden Geschäft. Ein Verlust droht bei diesen Geschäften, wenn der Wert der Leistungsverpflichtung den erwarteten Wert der Gegenleistung übersteigt. Die Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung wird in der Literatur als Verpflichtungsüberschuss bezeichnet.24 Die theoretische Möglichkeit eines Verlustes genügt nicht für die Rückstellungsbildung. Sie ist bei allen schwebenden Geschäften gegeben.25 Der Verlust muss drohen, das heißt, es müssen konkrete Anzeichen dafür gegeben sein, dass mit einem Verpflichtungsüberschuss aus dem Geschäft zu rechnen ist. Der Eintritt des Verlustes wird erst dann ernsthaft angenommen, wenn bis zum Bilanzstichtag für das Unternehmen bekannt geworden ist, dass Aufgrund konkreter Tatsachen ein Verlust vorhersehbar ist und entsprechender Verpflichtungsüberschuss geleistet werden muss.26 Horst Gräfer ist der Meinung, dass durch die Rückstellungsbildung ein Imparitätsprinzip-entsprechende und erkennbare Verluste “antizipiert“ werden. Diese werden erfolgswirksam so behandelt, „als wären sie bereits eingetreten“.27
5. Einzelfälle von Drohverlustrückstellungen
5.1 Wann entstehen Drohverlustrückstellungen und Kategorien des schwebenden Geschäfts
Wie in den Kapiteln 3 und 4 schon erwähnt wurde, müssen beide Voraussetzungen
- schwebendes Geschäft
- drohender Verlust
für die Passivierung von Drohverlustrückstellungen kumulativ erfüllt sein. Diese Art von Rückstellung kann sowohl für einmaligen als auch für wiederholten Leistungsaustausch gebildet werden. Die genannten beiden Kategorien werden weiter danach unterschieden, ob ein Beschaffungs- oder Absatzgeschäft vorliegt.28 Friedrich Rupp ist der Meinung, dass „Diese Unterscheidung erfolgt, weil es sich für die einzelnen Fallgruppen leichter ermitteln lässt wann jeweils ein „Verlust droht“.“.29 Bei Absatz- und Beschaffungsgeschäften besteht eine Passivierungspflicht, wenn zwischen dem Vertragsabschluss und dem Zeitpunkt der Lieferung und Leistung, ein Bilanzstichtag vorliegt (Zukunftsbezug).30 Falls die Lieferung und Leistung noch vor dem Bilanzstichtag erfolgt, wird der Verlust erfolgswirksam in derselben Periode berücksichtigt. Somit entsteht keine Notwendigkeit den Verlust als Rückstellung zu passivieren.31
5.2 Einmaliger Leistungsaustausch
5.2.1 Beschaffungsgeschäfte
Die Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Beschaffungsgeschäften ergibt sich grundsätzlich wenn der Wert des abzunehmenden Vermögensgegenstandes niedriger ist, als des im Vertrag vereinbarten Kaufpreises.32 Hierbei sind den erwarteten Verlusten aus den ungünstigen Beschaffungsverträgen im Jahr der Entstehung, zwingend zu passivieren. Darüber hinaus wird bei den Beschaffungsgeschäften unterschieden, ob es sich um Anlagevermögen oder Umlaufvermögen handelt. Der Grund dafür ist, dass es bei der Beurteilung, ob eine Rückstellung zu passivieren ist, zu Unterschieden kommt.33
5.2.1.1 Anlagevermögen
Bei schwebenden Beschaffungsgeschäften über Anlagevermögen ist eine Drohverlustrückstellung „zwischen der vertraglich vereinbarten Zahlungsverpflichtung und dem zum Bilanzstichtag anzusetzenden Wert des Vermögensgegenstandes, für den Fall, dass dieser bereits geliefert worden wäre.“.34 Demnach muss geprüft werden ob die Wertminderung voraussichtlich dauerhaft ist. Falls die Wiederbeschaffungskosten nachhaltig gesunken sind, besteht Pflicht zur Rückstellungsbildung.35 Daraus folgt, dass die Drohverlustrückstellung bei Anlagevermögen eine vorweggenommene außerplanmäßige Abschreibung darstellt.36
Dies zeigt sich deutlich im folgenden Beispiel:
Unternehmer A betreibt eine Bäckerei. Er bestellt in t1 eine neue Maschine zum Kaufpreis von 1.000.000 EUR. Die Maschine wird erst in t2 geliefert. Wegen technischer Neuerungen in der Kuchenindustrie und die Entwicklung von autonomen Kuchenbackrobotern, sinkt der Wert der bestellten Maschine zum 31.12.t1 nachhaltig auf 600.000 EUR. Zum 31.12.t1 muss A diesen Wertverlust im Jahr seiner Entstehung berücksichtigen und eine Drohverlustrückstellung in Höhe von 400.000 EUR bilden.37 Bei einer nur vorübergehenden Wertminderung darf keine Drohverlustrückstellung gebildet werden, da § 253 Abs.3 S.3 dies verbietet. Ein Verbot für die Passivierung gilt auch, wenn der Vermögensgegenstand so gut wie sicher zu einem höheren Wert als den Anschaffungskosten wieder veräußert werden kann.38
5.2.1.2 Umlaufvermögen
Bei schwebenden Beschaffungsgeschäften über das Umlaufvermögen ist eine Drohverlustrückstellung zu bilden, wenn die Wiederbeschaffungskosten oder der niedrigere Wert aus dem Börsen- oder Marktpreis unter dem vereinbarten Kaufpreis am Bilanzstichtag liegt. Das bedeutet, dass die Drohverlustrückstellung bei Umlaufvermögen eine vorweggenommene, außerplanmäßige Abschreibung bei vorübergehender Wertminderung darstellt.39
Dies zeigt sich deutlich im folgenden Beispiel:
Unternehmer A kauft Ware in t1 im Wert von 100.000 EUR. Die Lieferung erfolgt erst in t2. Ende des Jahres stellt A fest, dass er die gleiche Ware zu einem Preis von 80.000 EUR erwerben könnte. In t1 muss erfolgswirksam eine Rückstellung in Höhe von 20.000 EUR gebildet werden. Bei der Lieferung in t2 wird die Ware auf die gesunkenen 80.000 EUR angesetzt und die Rückstellung aufgelöst.40
Es muss auch auf den Absatzmarkt Bezug genommen werden. Falls die Waren zu einem höheren Preis verkauft werden können, sind die Vermögensgegenstände auf diesen Preis abzustellen.41 Wenn die wertgeminderten Vorräte weiter aus der Produktion bezogen werden und das Endprodukt mit Gewinn veräußert werden kann, darf keine Rückstellung gebildet werden. Im Endeffekt mindern die gesunkenen Preise am Bilanzstichtag die finale Gewinnmarge, die aber letztendlich keinen Verlust bei der Veräußerung des Endproduktes ausweist.42 Wenn jedoch bei der Weiterverarbeitung der Erzeugnisse und auch danach beim Verkauf des Endproduktes am Absatzmarkt ein Verlust entsteht, so ist zwingend eine Drohverlustrückstellung in der entsprechenden Höhe zu bilden.43
5.2.2 Absatzgeschäfte
Bei schwebenden Absatzgeschäften liegt ein Verlustrisiko vor, wenn die Selbstkosten am Abschlusstag unter dem vereinbarten Verkaufspreis liegen. Der Verlust kann sich z.B. dadurch ergeben, dass der Unternehmer die Kosten falsch kalkuliert hat oder der Wert der Gegenleistung am Bilanzstichtag gesunken ist.44
Ähnlich ist die Situation im folgenden Beispiel:
Unternehmer A hat am 09.11.t1 mit einem Kunden einen Verkaufsvertrag über die Lieferung einer Einbauküche zu einem Preis von 15.000 EUR abgeschlossen. Als A am 21.11.t1 die Küche bei seinem Lieferanten bestellt, erfährt er, dass die Preise gestiegen sind und er für die Küche 17.000 EUR bezahlen muss. B erhält die Küche in Januar t2 und liefert an den Kunden. Für die Lieferung und die Montage fallen noch zusätzlich Kosten i. H. v. 1.200 EUR an. Es ist in dem Beispiel zu sehen, dass die Selbstkosten von A deutlich über den in November t1 vereinbarten Verkaufspreis liegen. Die Selbstkosten betragen 17.000 + 1.200 = 18.200 EUR. Da der vereinbarte Verkaufspreis nur 15.000 EUR beträgt, kommt es zu einem Verpflichtungsüberschuss i. H. v. 3.200 EUR. Daher muss A eine Drohverlustrückstellung in dieser Höhe ausweisen.45
Es ist wichtig anzumerken, dass bei der Ermittlung der Selbstkosten die kalkulatorischen Kosten und der Unternehmergewinn nicht berücksichtigt werden dürfen.46 Auch die Höhe der Anzahlungen dürfen keinen Einfluss auf der Höhe der Rückstellung haben, da diese als selbstständige Vermögensgegenstände in den Büchern auszuweisen sind.47 DieRückstellung für drohende Verluste ist auch anzusetzen, wennder Unternehmer in ein Verlustgeschäft bewusst eingegangen ist, um seine Situation am Markt zu verbessern oder>um sich inder Zukunft günstigere Verträge zu sichern>.48
Beim Absatzgeschäften über Vermögensgegenstände kann es sein, dass zum Zweck der verlustfreien Bewertung die Bildung von Drohverlustrückstellungen mit der Abschreibung des Vermögensgegenstandes kollidieren. Das ist der Fall, wenn der Vermögensgegenstand Inhalt eines schwebenden Absatzgeschäfts ist und ein Verlust droht. In dieser Situation muss zuerst nach § 253 Abs.4 HGB auf den niedrigeren beizulegenden Wert abgeschrieben werden.49 Wenn sich nach der Abschreibung weiter ein Verlust ergibt, muss eine Rückstellung in Höhe des restlichen Verlustes gebildet werden.50
[...]
1 Vgl. § 249 HGB
2 Vgl . Petersen/Zwirner/Brösel: Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, (2016), S.176
3 Vgl . Meyer: Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht, (2014) S.159
4 Vgl. Petersen/ Zwirner/ Brösel: Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, (2016), S.176
5 Vgl . Falterbaum/Beckmann: Buchführung und Bilanz, (2015), S.748
6 Vgl. Wöhe/Mock: Die Handels- und Steuerbilanz, (2010), S.217
7 Vgl. Baetge, Kirsch, Thiele: Bilanzen, (2009), §249 Tz.101 ff.
8 § 316 Abs.1 HGB i. V. m. § 267 Abs.1 HGB
9 Dicken/Henssler: Bilanzrecht, (2015), Tz.3-5
10 Vgl. Beck Jahresabschluss: Überblick Rz.3,4
11 BFH, Urteil v 31.05.1967, I 208/63, Rz.14
12 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele: Bilanzen, (2009), S.91-92
13 Vgl. Gräfer: Rechnungslegung, (2016), S.4-7
14 Vgl. Scherrer: Rechnungslegung nach neuem HGB, (2009), S.9,10
15 Vgl. Pellens/Crasselt/Sellhorn: Corporate Governance und Rechnungslegung (2009), S.105
16 Vgl. Maus: ABC der Rückstellung, (2008), S.90-91
17 Vgl. ADS, §249, 6. Auflage, (1998), Tz.78
18 Vgl. Dicken/Henssler: Bilanzrecht, (2015), Tz.348
19 Vgl. Moxter, A.: Bilanzrechtsprechung, (1996), S.134 f.
20 Vgl . Petersen/Zwirner/Brösel: Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, (2016), S.200 f.
21 Vgl. IDW: Zweifelsfragen zum Ansatz und zur Bewertung von Drohverlustrückstellungen, (2019), Rn. 7-10
22 Görs: Drohverlustrückstellungen, (2017), HI7696183
23 Vgl. Beck Bil-Komm/Schubert: 11. Aufl. 2018, HGB §249, Rn.56
24 Vgl. Scherrer: Rechnungslegung nach neuem HGB, (2009), S.251 f.
25 Vgl. ADS, §249, 6. Auflage, (1998), Tz.84)
26 Vgl. Maus>: ABC der Rückstellung, (2008), S.91)
27 Gräfer>: Rechnungslegung, (2016), S.147)
28 Vgl . Petersen/Zwirner/Brösel: Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, (2016), S.201-204
29 Rupp: Der Gesetzestatbestand der Rückstellungen im Bilanzsteuerrecht, (1991), S.127
30 Vgl. Dicken/Henssler: Bilanzrecht, (2015), Tz.676-677
31 Vgl. Rupp: Der Gesetzestatbestand der Rückstellungen im Bilanzsteuerrecht, (1991), S.127-128
32 Vgl. Beck Bil-Komm/Schubert: 11. Aufl. 2018, HGB §249 Rn.70
33 Vgl. Dicken/Henssler: Bilanzrecht, (2015), Tz.677
34 Vgl . Petersen/Zwirner/Brösel: Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, (2016), S.205-206
35 Vgl. Maus: ABC der Rückstellung, (2008), S.92-94
36 Vgl. Beck Bil-Komm/Schubert: 11. Aufl. 2018, HGB §249 Rn.70-72
37 Vgl. Maus: ABC der Rückstellung, (2008), S.93
38 Vgl . Petersen/Zwirner/Brösel: Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, (2016), S.206
39 Vgl. Beck Bil-Komm/Schubert: 11. Aufl. 2018, HGB §249 Rn.70-72
40 Vgl. Maus: ABC der Rückstellung, (2008), S.94-95
41 Vgl . Petersen/Zwirner/Brösel: Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, (2016), S.206
42 Vgl. Dicken/Henssler: Bilanzrecht, (2015), Tz.677
43 Vgl . Petersen/Zwirner/Brösel: Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, (2016), S.207
44 Vgl. Beck Bil-Komm/Schubert: 11. Aufl. 2018, HGB §249 Rn.74
45 Vgl. Maus: ABC der Rückstellung, (2008), S.97
46 Vgl. Beck Bil-Komm/Schubert: 11. Aufl. 2018, HGB §249 Rn.74
47 Vgl. IDW: Zweifelsfragen zum Ansatz und zur Bewertung von Drohverlustrückstellungen, (2019), Rn. 12
48 Vgl. Maus: ABC der Rückstellung, (2008), S.96-97
49 Vgl . Petersen/Zwirner/Brösel: Systematischer Praxiskommentar Bilanzrecht, (2016), S.209
50 Vgl. Maus: ABC der Rückstellung, (2008), S.98