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Die Hexenverfolgung in Deutschland. Inwiefern unterscheiden sich Schilderungen von Teufelsbegegnungen von Geständnissen vermeintlicher Hexen?

©2018 Hausarbeit (Hauptseminar) 12 Seiten

Zusammenfassung

Die Arbeit setzt sich mit der Frage auseinander, weshalb es Überschneidungen zwischen Schilderungen von Teufelsbegegnungen und Geständnissen vermeintlicher Hexen gibt. Welche Faktoren haben darauf Einfluss genommen haben?

Die Verfolgung vermeintlicher Hexen in der frühen Neuzeit hat ihren Ursprung um 1400, als Hexerei als Partizipation in einer sektenähnlichen Gruppierung galt. Erste Verfolgungen lassen sich um 1430 in einem Ort in der Nähe des Genfer Sees verzeichnen. Eine massenhafte Hexenverfolgung jedoch erfolgte in dem Zeitraum von 1580 bis 1650, die sich (regional bedingt) bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zog.

Charakteristisch für die frühneuzeitlichen Verfolgungen war die Tatsache, dass viele der Territorialgerichtsbarkeiten ihre Prozesse weitgehend unabhängig von den Reichsgesetzen führten. Während dieser Verfolgungswelle erfolgte eine intensive Befragung der Verdächtigen, die einheitlich war und das Ziel verfolgte, ein Geständnis zu erlangen, welches oftmals durch Folter erpresst und sorgfältig protokolliert wurde, um eine Verurteilung zu erwirken.

Bei dem Vergleich solcher überlieferten Protokolle fällt auf, dass, obwohl es sich um unterschiedliche Protokolle von verschiedenen Befragten handelt, einige Gemeinsamkeiten in der Schilderung bestehen, insbesondere die (vermeintliche) Begegnung mit dem Teufel betreffend.

Leseprobe

Gliederung

1. Einleitung

2. Quellenkritische Einordnung

3. Allgemeiner Aufbau von der Beschuldigung zur Verurteilung

4. Vergleich der Verhörprotokolle Anna Stark und Michael Fritz

5. Fazit

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Die Verfolgung vermeintlicher Hexen in der frühen Neuzeit hat ihren Ursprung um 1400, als Hexerei als Partizipation in einer sektenähnlichen Gruppierung galt. Erste Verfolgungen lassen sich um 1430 in einem Ort in der Nähe des Genfer Sees verzeichnen. Eine massenhafte Hexenverfolgung jedoch erfolgte in dem Zeitraum von 1580 bis 1650, die sich (regional bedingt) bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zog.[1] Charakteristisch für die frühneuzeitlichen Verfolgungen war die Tatsache, dass viele der Territorialgerichtsbarkeiten ihre Prozesse weitgehend unabhängig von den Reichsgesetzen führten.[2] Während dieser Verfolgungswelle erfolgte eine intensive Befragung der Verdächtigen, die einheitlich war und das Ziel verfolgte, ein Geständnis zu erlangen, welches oftmals durch Folter erpresst und sorgfältig protokolliert wurde, um eine Verurteilung zu erwirken. Bei dem Vergleich solcher überlieferten Protokolle fällt auf, dass, obwohl es sich um unterschiedliche Protokolle von verschiedenen Befragten handelt, einige Gemeinsamkeiten in der Schilderung bestehen, insbesondere die (vermeintliche) Begegnung mit dem Teufel betreffend. Dies wirft die Frage auf, weshalb Überschneidungen in erdachten und erpressten Geständnissen existieren und welche Faktoren darauf Einfluss genommen haben können. Dies führt zu der These, dass die Teufelsvorstellungen in einigen Aspekten vom Geschlecht der Delinquenten sowie ihren Lebensumständen abhängig waren. Die Erörterung der These wird hauptsächlich auf den Werken von Christoph Gerst zur Hexenverfolgung aus juristischer Sicht und den Publikationen von Wolfgang Behringer und Christian Roos zu Hexenprozessen und deren Aufbau erfolgen.

2. Quellenkritische Einordnung

Die dieser Arbeit zugrundeliegenden Quellen sind Verhörprotokolle zweier Befragungen im Zuge eines Hexenprozesses des Kurfürstentums Mainz des Jahres 1627, die von einem beamteten Protokollanten verfasst wurden. Diese protokollieren handschriftlich sinngemäß die Antworten der beschuldigten Anna Stark und Michael Fritz. Deren Aussagen wurden demnach nicht wörtlich übernommen. Dabei wird sowohl von der Folter als auch von der gütlichen Befragung berichtet und dieses Dokument dient als Beweismittel vor Gericht. Zu dem Zeitpunkt der Entstehung dieser Quelle erlebte die Hexenverfolgung ihren Höhepunkt und es erfolgte eine regelrechte Verfahrenswelle. Die Quelle wurde von Prof. Dr. Ludolf Pelizaeus transkribiert, digitalisiert und im Stadtarchiv Mainz gelagert.

3. Allgemeiner Aufbau von der Beschuldigung zur Verurteilung

Wie bereits erwähnt, erfolgte der Prozess von der Beschuldigung bis hin zur Verurteilung meistens über einen ähnlichen Weg. Anstoß für einen Hexenprozess gab meistens eine Verdächtigung. Hierbei wurde entweder ein Gerücht gestreut oder dem Delinquenten eine vermeintliche Straftat wie Schadenszauber nachgesagt, die einer bestimmten Person zugetraut wurde. Eine Manifestation dieses Verdachtes führte nicht sofort zu einer aktiven Intervention. Dieser Verdacht hing einige Zeit in der Schwebe, bis dieser offen artikuliert wurde. Diese Zeitdifferenz kann man als Inkubationszeit titulieren.[3] Danach nahm ein Amtmann die Ermittlungen auf, wofür zwei erwachsene Zeugen befragt wurden, aus deren Aussagen man eine Anklageschrift erhob. Lag ein hinreichender Tatverdacht vor, kam es zu einer Prozesseröffnung, in der der oder die Beschuldigte bereits als inhaftierte Person vor Gericht gestellt wurde.

Bei der Prozesseröffnung wurde zunächst die Anklageschrift verlesen und der Richter begann mit der Befragung (gütliche Befragung). Wurde danach kein Geständnis abgelegt, kam es zur peinlichen Befragung, die unter Folter erfolgte und bei der weit über 100 Fragen gestellt wurden[4], die die einzelnen Verbrechen wie Hexensabbat, Begegnung mit dem Teufel, Schadenzauber und viele mehr beinhalteten. Dabei reichte das Spektrum an Fragen von generellen Fragen nach den Anwesenden bis hin zu Detailfragen wie der Haarfarben der Anwesenden.[5] Bei diesen Fragen handelte es sich oftmals um Suggestivfragen und diese befassten sich mit bestimmten thematischen Schwerpunkten wie Hexensabbat, verübte Verbrechen, Komplizen und Geschlechtsverkehr mit dem Teufel.[6]

In manchen Fällen wurden sogenannte „Hexenproben“ durchgeführt, die Aufschluss darüber geben sollten, ob es sich nun tatsächlich um eine Hexe handelt. Eine solche Probe konnte beispielsweise die Untersuchung auf „Hexenmale“ sein, wobei nach Muttermalen gesucht wurde. Die Folter bildet ebenfalls einen zentralen Bestandteil auf dem Weg der Verurteilung, die jedoch keinem festen Schema folgt. Dauer und Durchführung der Folter lagen im Ermessen der dabei anwesenden Schöffen und Richter, durfte jedoch nur einmal durchgeführt werden, sofern keine neuen Indizien auftauchten.[7] Kam es dann zu einem Geständnis während der Folter, so musste es, um rechtlich wirksam zu sein, fernab der Folter wiederholt, protokolliert und durch den Delinquenten einen oder mehrere Tage nach der Marter „freiwillig“ wiederholt und bestätigt werden. Dann erst galt es als rechtsgültiger Beweis und wurde einem gütlichen, also ohne Folter erlangte Geständnis gleichgesetzt.[8] Durch das erlangte Geständnis konnte es zu einer Verurteilung kommen, deren Resultat in der Regel ein Todesurteil war. Bei einem fehlenden Geständnis konnte auch ein Landesverweis erteilt werden.[9]

4. Vergleich der Verhörprotokolle Anna Stark und Michael Fritz

4.1. Anna Starck

Anna Stark (Starck), zu ihren Lebzeiten als Hebamme tätig, war die Ehefrau von Hans Starck, der den Beruf des Bäckers ausübte. Beide hatten einen Sohn. Aufgrund der damaligen hohen Kindersterblichkeit stand Anna in dem Verdacht, Schadenszauber an Neugeborenen und ihren Müttern zu verüben. Nach ihrer Beihilfe bei einer Abtreibung, bei der sie einer Unverheirateten half, weltlichen und kirchlichen Repressalien zu entgehen, geriet sie in den Verdacht, eine Hexe zu sein und wurde daraufhin inhaftiert. Sie legt ohne Folter ein umfassendes Geständnis ab, in dem sie mehrere Kindstötungen, Schadenszauber und die Abtreibung gestand. Daraufhin wurde sie am ersten Oktober 1627 hingerichtet. Ihr Sohn wurde ebenfalls kurze Zeit später verurteilt und hingerichtet.[10]

4.2. Michael Starck

Michael Fritz, der vermutlich Müller gewesen ist, war der Ehemann von Margreth Fritz und hatte zwei Töchter und einen Sohn. Er wurde ohne eine Erläuterung der Gründe inhaftiert und zunächst gütlich befragt. Hierbei weigerte er sich, ein Geständnis abzulegen, was zur Folge hatte, dass ihm unter Folter 98 Fragen gestellt wurden. Da die Situation der Bevölkerung aufgrund des Dreißigjährigen Krieges sehr angespannt war, wurden einige Einschränkungen der Folter bewusst oder unbewusst missachtet. In seinem durch die Folter erpressten Geständnis nannte er nur bereits verstorbene oder hingerichtete Menschen als vermeintliche Komplizen und belastet keinen Familienangehörigen. Jedoch leugnete er, einige der vorgeworfenen Straftaten wie Kindsmord und machte durch seine Aussagen deutlich, dass er wisse, dass dies nur das sei, was der Richter hören wolle. Genau wie Anna Stark wurde er schätzungsweise am 19. November 1627 hingerichtet.[11]

4.3. Vergleich der Schilderung des bösen Geists

Die Umstände der Begegnungen mit dem bösen Geist weisen einige Parallelen in den Verhörprotokollen von Anna Stark und Michael Fritz auf, da sie beide über eine dritte Person mit dem Teufel in Kontakt getreten seien. Im Fall von Anna, habe ihr Martin Sattigs Frau angeboten, Hebamme zu werden und sie solle deswegen zu ihr nach Hause kommen. Dies habe sie getan und dort habe in ihrer Stube eine schwarz gekleidete männliche Person auf einer Bank gesessen. Dieser habe sie gefragt, ob sie ihn haben wolle und sie habe zugestimmt. Daraufhin habe sie ihm die linke Hand gegeben und versprochen, mit Leib und Seele die Seine zu sein.[12] Ähnlich wie bei Anna, wurde auch Michael Fritz eingeladen, und zwar von dem Ehepaar Heinrich Neur und seiner Frau Brigita, die ihm eine neue Frau haben vermitteln wollen, da seine Ehefrau böse sei. Er behauptet, er habe zunächst abgelehnt, sei aber dann doch von ihnen dazu überredet worden, woraufhin er der Frau vorgestellt wurde. Diese seien mit ihm in den Garten gegangen, wo eine grün bekleidete weibliche Person auf sie gewartet habe. Diese habe ihn aufgefordert, ihr die Hand zu geben und sich ihr mit Leib und Seele zu verschreiben, was er nach eigener Aussage auch getan habe.

Interessant ist, dass sich Michael zunächst verweigert, Anna sich jedoch sofort auf den bösen Geist eingelassen habe.[13] Hierbei fällt auf, dass der erste Kontakt von anderen Personen, die bereits eine Hexe oder Hexer sind, hergestellt wird und diese als eine Art Lehrmeister fungieren. In Annas Fall wird ein männlicher Geist beschrieben und in Michaels ein Weiblicher und beide schlossen einen Pakt bei der ersten Begegnung. In allen bekannten Fällen erfolgt dabei oder kurz darauf der Geschlechtsverkehr mit dem Teufel, was als „Teufelsbuhlschaft“ bezeichnet wird. Dieser Akt diene dazu, den geschlossenen Pakt zu vollziehen.[14] Genau das sei bei Anna nach eigener Aussage der Fall gewesen. Martin Sattigs Frau habe das Zimmer verlassen und sie habe sofort mit dem Geist „buhliert“. Dabei sei ihr aufgefallen, dass dieser kalt gewesen sei und Kuhfüße gehabt haben solle. Nach dem Geschlechtsverkehr sei dieser unter aufflammenden Feuer verschwunden.[15] Michael behauptete, er habe nicht am selbigen Tag mit ihr buhliert, sondern erst am nächsten Tag, als der Geist zu ihm nach Hause gekommen sei. Auch er stellt fest, dass der böse Geist kalt gewesen sei und genau wie in Annas Beschreibung, Kuhfüße gehabt haben solle. Nach der geschlechtlichen Vereinigung habe er sich ihr verpflichtet und Gott abgeschworen. Hier vollzieht Michael im Gegensatz zu Anna nicht sofort den Geschlechtsverkehr.[16]

[...]


[1] R. Voltmer: Vom getrübten Blick auf die frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen- Versuch einer Klärung. In: Gnostika. Zeitschrift für Wissenschaft und Esoterik 11, 2006, S.45.

[2] C. Roos: Hexenverfolgungen und Hexenprozesse im alten Hessen, Hamburg 2007, S.240-245.

[3] C. Gerst: Hexenverfolgung als juristischer Prozess, Göttingen 2012, S.75, 122.

[4] C. Roos: Hexenverfolgung und Hexenprozesse im alten Hessen, S.221-230.

[5] C. Gerst: Hexenverfolgung als juristischer Prozess, S.81ff.

[6] W. Behringer: Hexen und Hexenprozesse in Deutschland, München 2010, S.280-99.

[7] C. Roos: Hexenverfolgung und Hexenprozesse, S.231ff.

[8] C. Gerst: Hexenverfolgung als juristischer Prozess, S. 242f.

[9] C. Roos: Hexenverfolgung und Hexenprozesse, S.242-245.

[10] Stadtarchiv Mainz: http://www.hexenprozesse-kurmainz.de/quellen/stadtarchiv-mainz/die-verhoerprotokolle/anna-stark.html, Zugriff am 8.3.2019.

[11] Stadtarchiv Mainz: http://www.hexenprozesse-kurmainz.de/quellen/stadtarchiv-mainz/die-verhoerprotokolle/michel-fritz.html, Zugriff am 8.3.2019.

[12] Stadtarchiv Mainz: http://www.hexenprozesse-kurmainz.de/quellen/stadtarchiv-mainz/die-verhoerprotokolle/anna-stark.html, Zugriff am 9.3.2019.

[13] Stadtarchiv Mainz: http://www.hexenprozesse-kurmainz.de/quellen/stadtarchiv-mainz/die-verhoerprotokolle/michel-fritz.html, Zugriff am 9.3.2019.

[14] Vgl.: C. Gerst: Hexenverfolgung als juristischer Prozess, S.76f.

[15] Stadtarchiv Mainz: http://www.hexenprozesse-kurmainz.de/quellen/stadtarchiv-mainz/die-verhoerprotokolle/anna-stark.html, Zugriff am 9.3.2019.

[16] Stadtarchiv Mainz: http://www.hexenprozesse-kurmainz.de/quellen/stadtarchiv-mainz/die-verhoerprotokolle/michel-fritz.html, Zugriff am 9.3.2019.

Details

Seiten
12
Jahr
2018
ISBN (eBook)
9783346073594
ISBN (Buch)
9783346073600
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main – Neuere Geschichte
Erscheinungsdatum
2019 (November)
Note
1,0
Schlagworte
Hexen Hexenverfolgung Folter Teufelsschilderung Verhörprotokolle
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