Das vorliegende Werk beschäftigt sich mit dem Gemälde von Giovanni Bellini mit dem Bildmotiv der "Sara Conversazione". Das Gemälde ist Teil der Kirche San Zaccharia in Venedig. Haut Augenmerk wird auf das "Göttliche" atmosphärische Licht und die Farbkomposition gelegt, welche Bellini für sein Wandgemälde auswählte.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Sacra Conversazione Begriff
III. Bildbeschreibung
IV. Farbe, Licht und Schatten
V. Atmosphäre und Stimmung
VI. Vergleich
VII. Fazit
VIII. Literaturverszeichnis
IX. Abbildungsverzeichnis
Einleitung
In der kleinen Pfarrkirche San Zaccaria, welche im Osten Venedigs liegt, ist Bellinis Gemälde heute noch, beziehungsweise wieder, an dem für es ursprünglich angedachten Ort zu bewundern. Im linken Seitenschiff, eingefasst in einem aufwendig architektonischen Rahmen wird es besonders an sonnigen Tagen durch das natürliche Tageslicht angestrahlt und kreiert so eine einmalige Atmosphäre sowohl im Bild als auch für den Betrachter außerhalb des Bildes. Im Jahr 1505 vollendete Giovanni Bellini sein Altargemälde, welches speziell auf seinen Aufhängungsort abgestimmt war. Es kehrte später im 19. Jahrhundert zurück nach Venedig, da es unter Napoleon Bonaparte als Kriegsbeute verschleppt wurde. Vermutlich wurde es für seinen neuen Aufhängungsort beschnitten, aber das Gemälde verlor auf seiner Reise an den oberen und unteren Rändern jeweils einen Teil und passt deswegen heute leider nicht mehr ganz in seinen ursprünglich bogenförmigen Rahmen.1
Diese Arbeit soll sich mit der Farbigkeit und der Wirkung des Lichts in dem Gemälde beschäftigen, durch welche eine besondere Stimmung beim Betrachter aufkommt. Bellini ist bekannt für die einmalige Wirkkraft seiner Farben, welche selbst Jahrhunderte später die Betrachter noch beeindrucken und ihn in die Atmosphäre des Bildes eintauchen lassen.2 Zunächst wird jedoch der Sacra Conversazione Begriff näher erläutert und auf den Bildinhalt als solches eingegangen. Um dann über die Betrachtung der Farbigkeit, die Auseinandersetzung mit der Atmosphäre und Stimmung des Bildes und einem Vergleich zu einem möglichen Schluss über Bellinis Bildkonzept zu gelangen.
Der Sacra Conversazione Begriff
Die „Pala di San Zaccaria“ zählt zu einem späten Werk des Künstlers, der sich im Jahre der Fertigstellung schon im recht hohen Alter von etwa 75 Jahren befand. Seinen Titel „Sacra Conversazione“ erhielt das Gemälde erst im 19. Jahrhundert.
Allerdings ist die Bezeichnung weniger ein Titel als vielmehr eine allgemeine Beschreibung des Bildtypus. Typischerweise ist in einer sogenannten „Sacra Conversazione-Darstellung“ eine thronende Madonna mit Kind zu sehen, umgeben von verschiedenen Heiligenfiguren, gemalt in einen architektonisch gegliederten Raum.3 Eine wörtliche Übersetzung „Heilige Unterredung“ scheint heute jedoch in den meisten Fällen nicht wirklich treffend im Bezug auf die dargestellte Szenerie zu sein, in welcher sich meist keine der Figuren in einem Gespräch befindet.4 Vielmehr geht es wohl um die nicht ganz wörtliche Übersetzung einer heiligen Zusammenkunft oder soll den Betrachter eventuell zu einem heiligen Zwiegespräch mit Gott oder sich selbst einladen und anregen. Weiter war der Begriff im Mittelalter eher mit einer Gemeinschaft oder einem Umgang miteinander zu übersetzen. Diese Bedeutung könnte im 19. Jahrhundert wieder aufgegriffen worden sein und sich somit passender auf eine „Gemeinschaft von Heiligen“ beziehen als auf ein tatsächlich abgebildetes Gespräch.5 Zusammen mit Antonello da Messina gilt Bellini als Vorreiter des Kompositionsschemas der Sacra Converaszione.6 Neu war vor allen Dingen die Schaffung eines gemeinsamen Bildraums für die Figuren im Gegensatz zu früheren Triptychen oder Polyptychen, in denen zwar auch die Madonna mit Heiligen Bildthema war, allerdings wurden sie ohne Bezug zueinander in einzelnen Bildräumen abgebildet. Durch das Zusammenrücken der Personen in einen gemeinsamen architektonisch gestalteten Raum entwickelt sich ein neuer Bildtypus von Altargemälden, welcher eher einen zeremoniellen Charakter zum Ausdruck bringt und ein nahes Beisammensein vermitteln sollte.7 Auch der rundbogige Abschluss am oberen Bildrand, erinnernd an ein Portal und der Aufgriff architektonischer Merkmale des Rahmens im Bild können als Merkmale einer Sacra Conversazione gesehen werden. In seinem Gemälde greift Bellini die vorgelegten Pilaster des Rahmens als Pfeiler einer illusionistischen Raumerweiterung auf. Die Kapitelle und der Aufbau der Säulen sind nahezu identisch. Dies stellt einen sanften Übergang von Betrachterraum beziehungsweise Realraum zum Bildraum dar und unterstützt die Illusion der tatsächlichen Erweiterung des Kirchenraums beziehungsweise des „Fensterblicks“ in die Natur, der in schmalen Fluren rechts und links von den Pfeilern zu sehen ist.8 Weiterhin werden die Personen in eine Situation eingebettet, die real zwar nicht existieren kann, da die Figuren nicht zur gleichen Zeit und am gleichen Ort gelebt haben, allerdings befinden sie sich trotzdem in einem gemeinsamen Bildraum und wirken vor der Architekturkulisse ähnlich szenisch zusammengestellt wie vielleicht auf einer Bühne im Theater.9 In früheren Polyptychen wurde meist jede Figur entweder in ihren eigenen Kontext, beispielsweise einer Wüste gemalt oder auf Goldgrund. Es gab keine gemeinsamen Raum und kein Gesamtgeschehen auf das sich die Abgebildeten bezogen hätten. Später brauchten die frühen Darstellungen der Heiligen in einem gemeinsamen Bildraum brauchte es Bedeutungsmaßstäbe, welche die Personen hierarchisch ihrer Wichtigkeit der Größe nach darstellten. Bellini schafft es in seinen Gemälden ohne Bedeutungsmaßstäbe auszukommen. Durch die natürliche Erhöhung des Throns rückt die Madonna ohne große Anstrengung in den Vordergrund und ihre besondere Bedeutung wird dadurch veranschaulicht.10 So bleiben die Figuren natürlich proportioniert und erzeugen beim Betrachter einen Eindruck von Nähe und Erreichbarkeit.11 Bellini schafft es die Figuren in einen zusammengerückten Bildraum in einer ganz besonderen Stimmung und Atmosphäre begegnen zu lassen. Durch den Einsatz von Farbe, Licht und Schatten wird diese bestimmte Stimmung von Bellini künstlerisch umgesetzt und glaubhaft vermittelt.
Bildbeschreibung
Wie schon erwähnt, bettet Bellini seine Figuren in einen architektonischen gestalteten Kontext ein. Direkt hinter dem Rahmen folgen auf beiden Seiten kleine Ausblicke in die Natur,nämlich auf den Himmel und einige Bäume. Die Figuren finden sich unter einem Kreuzgewölbe mit verzierten Friesen ein. Hinter dem mittig stehenden Thron der Madonna mit Kind öffnet sich eine Apsis mit runder, reichverzierter Mosaikkuppel. Gerade in der Chorapsis lässt sich der Lichteinfall besonders gut beobachten. An der unteren Wand hinter dem Thron sieht man auf der linken Seite den deutlichen Schattenwurf, welcher von einem Licht, welches von rechts kommt herrühren muss. Auch in der Kuppel ist dies in Ansätzen zu beobachten. Von der Decke herab hängt eine Art kristallene Lampe in den Raum hinein, am oberen Ende der Schnur hängt ein Straußenei. Auch wenn es auf verschiedene Arten gedeutet wurde, gilt es jedoch in der verbreiteten Meinung als Symbol für die jungfräuliche Empfängnis Marias.12
Auf dem Thron, der sich durch zwei Stufen von dem Rest der Gruppe erhöht absetzt und so ein verbindendes Element zwischen der oberen und unteren Bildhälfte darstellt, sitzt die Marienfigur gehüllt in ein üppiges Gewand, das in kräftigem Blau, Grün und Rot erstrahlt.13 Auf ihrem Haupt trägt sie ein weißes Kopftuch. Mit ihren Händen stützt Maria das kleine Jesuskind auf ihrem Schoß. Beide Blicke sind gesenkt und zum Boden geneigt. Das Kind hat seine rechte Hand leicht zu einer segnenden Geste erhoben. Allerdings ist diese auf niemanden gerichtet und geht in unbestimmte Richtung. Zu ihren Füßen sitzt ein Engel, in seiner Hand hält er ein mittelalterliches Rebec.14 Zart hält er den Bogen des Instruments in der Hand. Sein Blick, ein wenig verträumt, scheinbar in Richtung des Betrachters gerichtet, verliert sich dennoch in nicht zu bestimmender Richtung. Das Gewand ist in kräftigem Orange gehalten und steht somit im Kontrast zu dem dunklen Grün. In auffallend symmetrischer Anordnung befinden sich rechts und links des Thrones die vier Heiligenfiguren Petrus, Katharina, Lucia und Hieronymus (v.l.n.r.). Links steht Petrus frontal zum Betrachter positioniert mit gebeugter Haltung. In seinen Händen hält er seine Attribute die Schlüssel und das Buch. Weiter ist sein Gewand in den für ihn typischen Blau- und Gelb-Tönen gehalten. Sein vollbärtiges Gesicht verschwindet halbseitig im Schatten. Zu seiner Linken steht die heilige Katharina im Profilansicht zu betrachten. Sie stützt ihre linke Hand auf ein gebrochenes Rad und hält in ihrer anderen einen Palmzweig, der das Symbol für ihr Martyrium darstellt. Auch ihr Blick ist zum Boden gerichtet und ihr Gesicht ist nur zur Hälfte beleuchtet. Ihr Pendant gegenüber ist die heilige Lucia, zu erkennen an einem Glasgefäß in ihrer Hand, in welchem der Geschichte nach ihre Augen schwimmen. Auch sie ist als Märtyrerin ermordet worden und hält einen Palmzweig in ihrer linken Hand. Den Blick gesenkt ist auch sie im Profil abgebildet. Zuletzt flankiert der Kirchenvater Hieronymus das Gemälde auf der rechten Seite. Unter anderem zu identifizieren anhand seines prächtigen roten Umhangs und einem Buch in seinen Händen. Er wirkt vertieft in das Geschriebene und hat sein Haupt ebenfalls gesenkt. Sein Gesicht verschwindet unter anderem durch seine Kopfbedeckung nahezu vollends im Schatten.
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1 Goffen, Rona: Giovanni Bellini. Yale University 1989. S. 171.
2 Humfrey, Peter: The Altarpiece in Renaissance Venice. Yale University 1993. S. 232.
3 Peters, Hans Albert: Giovanni Bellini oder Antonello da Messina, Zur Entstehung der sogenannten Sacra Conversazione. Phil. Diss. Bonn 1981. S. 5
4 Ebd. S. 7.
5 Ebd. S. 8.
6 Ebd. S. 5.
7 Ebd. S. 8
8 Ebd. S. 11-12
9 Peters, Hans Albert: Giovanni Bellini oder Antonello da Messina, Zur Entstehung der sogenannten Sacra Conversazione. Phil. Diss. Bonn 1981. S. 35.
10 Hubala, Erich: Giovanni Bellini Madonna mit Kind. Stuttgart 1969. S. 13
11 Ebd. S. 14.
12 Goffen, Rona: Giovanni Bellini. Yale University 1989. S. 172.
13 Hubala, Erich: Giovanni Bellini Madonna mit Kind. Stuttgart 1969. S. 15.
14 Ebd. S. 24.