Das Sprachverhalten von Frauen und Männern ist ein Thema, welches nicht nur die Linguistik beschäftigt, sondern mit dem wir uns auch im Alltag konfrontiert sehen. Besonders das Erfahren von Ungleichheit löst das Interesse an Frauensprache und Männersprache aus.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit geschlechtstypischem Sprachgebrauch und soll zunächst einen Überblick über die Historie der linguistischen Geschlechterforschung geben. Außerdem hat sie den Anspruch den aktuellen Stand der Wissenschaft abzubilden. Besonders frühere Arbeiten bewerten das weibliche Sprachverhalten als sehr defizitär, diese androzentrische Haltung sollte mit neueren Arbeiten in Frage gestellt werden. Darüber hinaus soll deutlich werden, welche unterschiedlichen Erklärungsmodelle des weiblichen und männlichen Sprachverhaltens, wenn tatsächlich (noch) vorhanden, existieren. Im Anschluss sollen, anhand von Interviews französischer Sportler und Sportlerinnen, die Erkenntnisse der vorangegangenen Auseinandersetzung aus der Literatur überprüft werden.
Der Bereich des Leistungssport wurde ausgewählt, da er keine „typische Frauendomäne“ darstellt und somit relativ neutrale Befunde liefern kann. Die Hauptanalysekriterien beruhen auf den Beobachtungen der amerikanischen Professorin für Linguistik, Robin Lakoff, geboren 1942, welche Fachliteratur in der Domäne der geschlechtstypischen Linguistik veröffentlicht hat.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Eigenschaften gesprochener Sprache
3. sex versus gender
4. geschlechtstypisch versus geschlechtsspezifisch
5. Männersprache / Frauensprache - ein Forschungsüberblick
5.1. Historie
5.1.1. neuere Forschungsergebnisse
5.2 geschlechtstypische Sprachforschung nach Robin Lakoff
6. Erklärungsansätze / Modelle
6.1 Female Deficit Approach
6.2 Dominance Approach
6.3 Difference Approach
6.4 Powerful vs. Powerless Language
6.5 Doing gender
7. Analyse von Interviews französischer Sportler und Sportlerinnen
7.1 Untersuchung von Interviews französischer Sportlerinnen
7.2 Untersuchung von Interviews französischer Sportler
8. Fazit
9. Literatur und Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Das Sprachverhalten von Frauen und Männern ist ein Thema, welches nicht nur die Linguistik beschäftigt, sondern mit dem wir uns auch im Alltag konfrontiert sehen. Besonders das Erfahren von Ungleichheit löst das Interesse an Frauensprache und Männersprache aus.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit geschlechtstypischem Sprachgebrauch und soll zunächst einen Überblick über die Historie der linguistischen Geschlechterforschung geben. Außerdem hat sie den Anspruch den aktuellen Stand der Wissenschaft abzubilden. Besonders frühere Arbeiten bewerten das weibliche Sprachverhalten als sehr defizitär, diese androzentrische1 Haltung sollte mit neueren Arbeiten in Frage gestellt werden. Darüber hinaus soll deutlich werden, welche unterschiedlichen Erklärungsmodelle des weiblichen und männlichen Sprachverhaltens, wenn tatsächlich (noch) vorhanden, existieren. Im Anschluss sollen, anhand von Interviews französischer Sportler und Sportlerinnen, die Erkenntnisse der vorangegangenen Auseinandersetzung aus der Literatur überprüft werden.
Der Bereich des Leistungssport wurde ausgewählt, da er keine „typische Frauendomäne“2 darstellt und somit relativ neutrale Befunde liefern kann. Die Hauptanalysekriterien beruhen auf den Beobachtungen der amerikanischen Professorin für Linguistik, Robin Lakoff, geboren 1942, welche Fachliteratur in der Domäne der geschlechtstypischen Linguistik veröffentlicht hat.
2. Eigenschaften gesprochener Sprache
Naturgemäß bestehen besondere Affinitäten zwischen „gesprochen und phonisch“ und „geschrieben und graphisch“. Allerdings kann nicht immer eine solch klare Abgrenzung zwischen gesprochener und geschriebener Sprache gezogen werden, denn es existieren auch Kommunikationsformen, die einer umgekehrten Kombinationsmöglichkeit entsprechen und einen Widerspruch zur ersten Aussage darstellen („geschrieben und phonisch“ (Vortrag) und „gesprochen und graphisch“ (abgedrucktes Interview) (Koch / Österreicher 1985, 3f). Problematisch bei der genauen Definition von gesprochener und geschriebener Sprache bleibt, dass bestimmte geschriebene Texte deutliche Merkmale
von Mündlichkeit (Chatroom Kommunikation) tragen und umgekehrt (Grabrede), sodass die Grenzen häufig ineinander zu verschwimmen drohen und das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit nur in einigen prägnanten Fällen klar definiert werden kann (vgl. Koch / Österreicher 1985, 4)
3. sex versus gender
„Die Welt zu kategorisieren ist eine den Menschen auszeichnende Neigung“ (Klann - Delius 2005, 1). Geschlecht ist dabei eines der wichtigsten Merkmale für die Charakterisierung eines Menschen (vgl. Trauter zit. in Klann - Delius 2005, 1). Geschlecht lässt sich jedoch zweifellos unterschiedlich definieren. „Sex“ bezeichnet dabei das angeborene biologische Geschlecht, „gender" geht über biologische Geschlechtsunterschiede hinaus und bezieht sich auf das soziale Geschlecht. Biologistische Erklärungen sehen Eigenschaften, die dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeschrieben werden als „naturgegeben“ an. Neuere (soziologische) Theorien betonen jedoch, dass Geschlechtsidentität weit über die Unterschiede, die das biologische Geschlecht ausmachen, hinaus geht und unter anderem über Sozialisationsprozesse erworben wird (vgl. Handbuch Französisch 2008, 341). In der Analyse soll auf Grund der Komplexität des Konstruktes Geschlecht und der verwendeten Literatur auf das biologische Geschlecht eingegangen werden.
4. geschlechtstypisch versus geschlechtsspezifisch
Geschlechtsspezifisches Verhalten drückt aus, dass Phänomene dieser Welt exklusiv einem Geschlecht beizumessen sind, wie zum Beispiel die Geburt von Kindern durch Frauen. Wenn es sich um ein Verhalten handelt, welches sowohl beim weiblichen als auch beim männlichen Geschlecht auftritt, jedoch unterschiedlich häufig gezeigt wird bzw. ausgeprägt ist, dann kann man von einem geschlechtstypischen Verhalten reden. Bezogen auf die vorangegangene Erklärung auf den Sprachgebrauch handelt es sich folglich bei einem „geschlechtstypischen Sprachgebrauch“ um Ausdrucksweisen, die von beiden Geschlechtern hervorgebracht werden können, aber bei einem Geschlecht häufiger auftreten. Beide Geschlechter können allerdings den für ein Geschlecht typischen Sprachgebrauch produzieren und verwenden (vgl. Wawra 2004, 6f). Der Begriff „geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch“ beinhaltet im Umkehrschluss, dass einige Ausdrücke ausschließlich von einem Geschlecht verwendet werden können, wie es beispielsweise in einigen karibischen Stämmen der Fall war (Jespersen 1925, 220f). Auch wenn es in einigen Sprachen bestimmte Formen gibt, die ausschließlich von einem Geschlecht verwendet werden können, um die korrekte Form zu wahren, können wir von einem „geschlechtsspezifischen Sprachgebrauch“ reden (Bsp. Französisch weiblich : je suis belle versus männlich : je suis beau). Daniela Wawra, bemängelt allerdings, dass „in manchen Arbeiten zum Sprachgebrauch der Geschlechter […] der Begriff ‚geschlechtsspezifisch‘ synonym zu ‚geschlechtstypisch‘ verwendet [wird], obwohl es sinnvoll wäre, zwischen den beiden Begriffen zu differenzieren“ (Wawra 2004, 6).
Auf Grund der vorangegangenen Erklärung und der Tatsache, dass es sich bei Frauen und Männern in sich immer noch nicht um jeweils homogene Gruppen handelt, werde ich in dieser Arbeit den Terminus „geschlechtstypischer Sprachgebrauch“ verwenden obgleich in der Literatur zumeist „geschlechtsspezifischer Sprachgebrauch“ aufzufinden ist.
5. Männersprache / Frauensprache - ein Forschungsüberblick
Die Zusammenhänge zwischen Sprachgebrauch und (sozialem) Geschlecht werden erst seit der Frauenbewegung in den 70er Jahren nachdrucksvoll untersucht. Der Schwerpunkt der Forschung bezüglich eines geschlechtstypischen Sprachgebrauchs lag in Frankreich jedoch eher auf der Repräsentation von Geschlecht in den formalen Strukturen der Sprache (vgl. Handbuch Französisch 2008, 340). Auf Grund dessen muss in dieser Arbeit hauptsächlich auf die anglo - amerikanische und deutsche Genderforschung Bezug genommen werden, die sich zusätzlich auch vermehrt mit einem geschlechtstypischen Sprachgebrauch beschäftigt hat.
5.1. Historie
Obwohl die Beschäftigung mit dem Zusammenhang von Sprache und Geschlecht erst in den 70
er Jahren richtig begonnen hat gab es bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit geschlechtstypischen Sprachstilen. Otto Jespersen, ein dänischer Wissenschaftler, schenkte in seinem Werk „Die Sprache, ihre Natur, Entwicklung und Entstehung“ (1925) dieser Fragestellung ein ganzes Kapitel („ die Frau “). Jespersen sagt in diesem Abschnitt seines Buches, Frauen würden sich sträuben Worte zu benutzen, die „einen beigeschmack (sic!) des fluchens (sic!) haben“ (Jespersen 1925, 230). Außerdem sei der Wortschatz einer Frau weniger umfassend als der eines Mannes und somit bedienen sich Frauen einer weniger differenzierten Wortwahl. Daraus ergibt sich laut Jespersen, dass das allgemeine Sprachniveau von Frauen eher durchschnittlich ausfällt, so sind auch die von Männern verfassten Bücher häufig viel anspruchsvoller zu Lesen als solche, welche von Frauen geschrieben worden sind (vgl. Jespersen 1925, 231-232). Frauen haben laut Jespersen eine Vorliebe für Übertreibungen und brechen oftmals ihre Sätze vor Beendigung ab, sodass es zu wenig komplizierten Sätzen, sondern nur zu einer Aneinanderreihung von Nebensätzen kommen kann. Positiv bleibt aber zu beobachten, dass er andeutet, dass sich seinerzeit eine Veränderung der Gesellschaft vollstreckt woraufhin er die Hypothese aufstellt, dass diese Veränderung auch einen Einfluss auf den Sprachgebrauch der Geschlechter haben kann.
5.1.1. neuere Forschungsergebnisse
Mit dem Erscheinen von drei Fachbüchern im Jahre 1975 zu dem Thema „Sprache und Geschlecht“ begann die Diskussion um einen geschlechtstypischen Sprachgebrauch an Dynamik zu gewinnen. Besonders die Monographie „ Language and the Woman’s Place“ (1975) von Robin Lakoff prägte neben den Erkenntnissen der Wissenschaftlerin Mary Ritchie Key das Forschungsgebiet. Auch in Europa beschäftigten sich SprachwissenschaftlerInnen zunehmend mit dem Sprachverhalten von Frauen und Männern. In Deutschland war es Senta Trömel - Plötz, die Arbeiten in diesem Forschungsgebiet veröffentlichte. Auch sie geht von einem geschlechtsdifferenzierten Sprachgebrauch aus, was in ihrem Buch „Frauensprache - Sprache der Veränderung“ deutlich wird, wenn sie schreibt :
„Mädchen, die pfeifen, und Hühnern, die krähen, denen soll man beizeiten die Hälse umdrehen. Essteht uns nicht zu zu pfeifen, und es steht uns nicht zu, wie Männer zu reden. Und so sind wir in derZwickmühle gefangen: Um ernst genommen zu werden, muss eine Frau so reden wie einMann“ (Trömel - Plötz, 2007, 49-50).
[...]
1 Androzentrismus versteht das männliche Verhalten als maßgebend und rückt des männliche Geschlecht ins Zentrum des Denkens. (vgl. Ursula Kraif 2007, 86)
2 nach Lakoff gibt es einige Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, die hauptsächlich dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind, wie Erziehung und Mode.