Diese Arbeit soll sich im Rahmen einer Filmanalyse des Dramas "Gilbert Grape - Irgendwo in Iowa" besonders mit dem geistig behinderten Arnie und der adipösen Mutter beschäftigen.
In dem Drama Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa (Originaltitel: What's eating Gilbert Grape) von Regisseur Lasse Halström basierend auf einem Roman von Peter Hedges aus dem Jahr 1993 geht es um Gilbert Grape, der mit seiner schwierigen Familie in einer Kleinstadt in Iowa lebt. Als er Becky kennen lernt, gerät sein Leben aus den Fugen und Gilbert beginnt seine Lebensbedingungen, mit denen er sich bisher abgefunden hatte, zu hinterfragen.
Die Autorin möchte anhand der Analyse einiger ausgewählter Szenen herausstellen, wie das Umfeld mit diesen besonderen Personen umgeht und wie sie dargestellt werden, also welche Eigenschaften dem Zuschauer vermittelt werden sollen. Außerdem werden die Auswirkungen der Krankheit beziehungsweise Behinderung dieser Personen auf ihre Familienmitglieder beleuchten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Handlungszusammenfassung
3. Analyse
4. Fazit
1. Einleitung
In dem Drama Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa (Originaltitel: What's eating Gilbert Grape) von Regisseur Lasse Halström basierend auf einem Roman von Peter Hedges aus dem Jahr 1993 geht es um Gilbert Grape, der mit seiner schwierigen Familie in einer Kleinstadt in Iowa lebt. Als er Becky kennen lernt, gerät sein Leben aus den Fugen und Gilbert beginnt seine Lebensbedingungen, mit denen er sich bisher abgefunden hatte zu hinterfragen.
Diese Arbeit soll sich besonders mit dem geistig behinderten Arnie und der adipösen Mutter beschäftigen. Ich möchte anhand der Analyse einiger ausgewählter Szenen herausstellen, wie das Umfeld mit diesen besonderen Personen umgeht und wie sie dargestellt werden, also welche Eigenschaften dem Zuschauer vermittelt werden sollen. Außerdem möchte ich die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung dieser Personen auf ihre Familienmitglieder beleuchten.
2. Handlungszusammenfassung
Gilbert Grape ist nach dem Selbstmord seines Vaters der Ersatzvater der Familie und lebt zusammen mit seiner jüngeren Schwester Ellen, seiner älteren Schwester Amy, seiner stark übergewichtigen Mutter, die seid Jahren wegen ihres Übergewichts das Haus nicht mehr verlassen hat, und seinem geistig behinderten Bruder Arnie in Endora, einer Kleinstadt in Iowa.
Gilbert arbeitet in einem kleinen Lebensmittelgeschäft. Seine Arbeit fordert ihn nicht, er hat eine Affäre mit einer älteren verheirateten Frau und das Grundgefühl, kein eigenes Leben zu haben.
Als Becky mit ihrer Großmutter wegen einer Autopanne in Endora bleiben muss, verliebt sich Gilbert in die junge Frau. Er muss erkennen, dass er nur eine Beziehung führen kann, wenn er sein Leben ändert.
Am Abend vor Arnies 18. Geburtstag schlägt der überforderte Gilbert seinen behinderten Bruder, nachdem dieser zum wiederholten Male über die Stränge geschlagen hat. Gilbert ist über sich selbst entsetzt und verlässt überstürzt das Haus. Auch Arnie läuft kurz darauf zu Becky. Diese schafft es, Arnie zu beruhigen. Später am Abend kommt auch Gilbert zu Becky. Sie verbringen die Nacht miteinander.
Am nächsten Tag, Arnie's Geburtstag, kehrt Gilbert zurück zu seiner Familie und versöhnt sich wieder mit seinem Bruder.
Arnie reißt immer wieder aus und bringt sich dabei in gefährliche Situationen.
Als er zum wiederholten Male auf den Wasserturm klettert, wird er von der Polizei verhaftet. Dies ist Anlass für die Mutter, zum ersten Mal nach Jahren wieder das Haus zu verlassen, um ihn zurück zu holen.
An diesem Abend beschließt sie, zum ersten Mal nach Jahren die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hoch zugehen um wieder in ihrem eigenen Bett und nicht mehr sitzend auf dem Sofa zu schlafen.
Dies hat allerdings ungeahnte Folgen: Die Mutter stirbt in dieser Nacht. Da man ihre Leiche nur mit einem Kran aus dem ohnehin maroden Haus befördern kann und Gilbert seine Mutter nicht der Lächerlichkeit preisgeben möchte, beschließt er mit seinen Schwestern, ihr gemeinsames Heim niederzubrennen.
Der Film endet damit, dass wie jedes Jahr mehrere Trucks mit Wohnwagen an der Stelle vorbeifahren, an der die Handlung auch begann. Darunter ist auch der Truck von Becky und ihrer Großmutter. Gilbert kann Becky endlich wieder in die Arme schließen.
3. Analyse
00:00:00-00:02:48
Gilbert und Arnie warten wie in jedem Jahr am Straßenrand auf eine Camper-Kolonne, die jährlich durch ihre Kleinstadt fährt. Arnie freut sich sehr auf dieses Ereignis, woraus sich schließen lässt, dass in diesem Ort nicht viel passiert.
Gilbert sitzt mit dem Rücken zur Straße und sieht gelangweilt aus. Er sagt:“Die machens' richtig, die fahren hier nur durch!“
Dies impliziert gleich zu Beginn seine Unzufriedenheit mit seiner Lebenssituation.
00:02:49-00:05:05
Im Hintergrund läuft eine sehr harmonische Musik.
Gilbert erzählt mit einer gelangweilten Stimme zunächst über seine Stadt: „Endora ist wie Tanzen ohne Musik, ein Ort an dem nie etwas passiert. Wo nie etwas passieren wird“. Es werden Bilder aus der Stadt gezeigt. Man sieht keinen Menschen auf der Straße, die Geschäfte sind geschlossen. Die Vermutung, dass Gilbert als junger Mensch hier nicht sehr zufrieden ist, wird weiter bestätigt.
In Verbindung mit der harmonischen Musik ergibt sich so ein Widerspruch, der sich auch fortsetzt, als Gilbert bei dem Bild eines Lebensmittelgeschäfts erzählt, dass er dort arbeitet, dort aber fast niemand einkauft, weil alle im großen Food-Land-Discounter außerhalb der Stadt einkaufen.
Die Einstellung auf den Discounter zeigt die viel befahrene Straße davor, die in Kontrast zu den leeren Straßen in Endora steht.
Es scheint, als ob Gilbert selbst festgestellt hätte, dass sich das Leben eigentlich außerhalb dieser Stadt abspielt, er aber daran nicht teilhaben kann und versucht sich mit der Kleinstadtharmonie zu arrangieren.
Weiter erzählt er über seine Familie.
Die einzelnen Familienmitglieder werden vorgestellt. Zuerst wird Arnie gezeigt, wie er einen Grashüpfer fängt um mit ihm völlig fasziniert zu experimetieren. Arnie wird als lebensfroher, neugieriger, sehr emotionaler Junge sympatisch dargestellt.
Gilbert erzählt dazu, dass er seine prognostizierte Lebenserwartung von 10 Jahren deutlich überschritten hat und noch kein Ende in Sicht ist. Manchmal wünscht er sich, dass er lebt und manchmal auch nicht.
Hiermit wird angedeutet, dass sich Gilberts Leben sehr nach Arnie richtet, er aber manchmal auch einfach sein eigenes Leben haben möchte.
Weiter wird seine große Schwester in ihrer Funktion als Ersatzmutter beim Kochen und seine kleine Schwester, die mitten in der Pubertät ist, gezeigt.
Nicht nur Gilbert ist also stark in die Familienstruktur eingespannt, sondern auch seine große Schwester Amy.
Die Problematik mit seiner übergewichtigen Mutter wird kurz bei einer Tischszene erkärt. Nun sieht man auch ihn und er stellt sich namentlich vor.
Die Mutter wird ziemlich emotionslos dargestellt. Sie macht den Eindruck, als hätte sie mit ihrem Leben abgschlossen.
Die harmonische Hintergrundmusik verstummt und es geht weiter im Alltag der Grapes.
00:05:05-00:06:02
Die Mutter fragt Gilbert, wo Arnie ist. Sie bezeichnet ihn als ihren Sonnenschein.
Das legt die Vermutung nahe, dass sie ihn bevorzugt behandelt. Als sie sieht, dass er auf den Baum geklettert ist, ist sie sehr besorgt.
Gilbert und seine ältere Schwester kennen die Klettergewohnheiten ihres Bruders schon und tun so, als ob sie nicht wüssten wo er sei, weil sie wissen, dass er viel Spaß daran hat, plötzlich von dem Ast herunterzuspringen und sie zu erschrecken.
Der Umgang mit Arnie entspricht meiner Meinung nach seinem geistigen Entwicklungsstand. Ein nicht behindertes Kind auf dem selben Stand, würden sie vermutlich genau so behandeln.
00:08:00-00:08:25
Gilbert muss eine Lebensmittel-Lieferung zu Mrs. Carver bringen, mit der er eine Affaire hat. Arnie ist mit im Auto dabei. Mrs Carver schickt ihre Kinder ziemlich abweisend in den Garten und auch Gilbert ist sehr abweisend zu Arnie, als dieser aus dem Auto aussteigt um mit den Kindern zu spielen.
Die Kinder, wie auch Arnie werden hier als lästiges Anhängsel erlebt und dementsprechend behandelt.
Gilbert sieht sich durch seinen Bruder in seiner persönlichen Freiheit in diesem Moment eingeschränkt. Er hatte im Gegensatz zu Mrs. Carver nicht die Möglichkeit, sich für oder gegen dieses Anhängsel zu entscheiden und muss jetzt einfach damit leben.
Die Affäre zu Mrs. Carver ist ein erster vorsichtiger Versuch, sich einen Teil eigenes Leben zurück zu erobern.
00:11:22-00:14:51
Arnie hat während des Wartens im Auto einen Wasserturm entdeckt und hat sich vorgenommen dort hochzuklettern. Als Gilbert das merkt ist er schon zur Hälfte oben und Polizei und Schaulustige schon vor Ort. Gilbert versucht ihn davon zu überzeugen herunterzukommen indem er ihm einige Zeilen vorsingt.
Der Inhalt und die Bedeutung dieser Verse erschließt sich dem Zuschauer nicht.
Möglicherweise wird so darauf hingewiesen, dass behinderte Menschen manchmal eine besondere Behandlung brauchen oder es stellt die besondere Beziehung zwischen Arnie und Gilbert dar, die eine Art Geheimsprache haben.
Schließlich gelingt es Gilbert, ihn zu überzeugen und Arnie klettert herunter.
Ein Polizist sagt, dass Arnie ständig dort hoch klettert und Gilbert ihm jedes mal verspricht, dass es das letzte mal war. Dies zeigt, dass hier ein regelmäßiges Problem vorliegt, für das noch keine endgültige Lösung gefunden wurde.
Auf dem Weg zum Auto wird Arnie von ein paar kleinen Jungen verspottet. Gilbert verteidigt seinen Bruder sofort. Dies steht im Kontrast zur vorherigen Szene, in der er Arnie weggeschickt hat und stellt so seinen Zwiespalt zwischen seinem Wunsch nach einem eigenen Leben und seiner Funktion innerhalb seiner Familie dar.
Becky, die junge Frau aus der Camper-Kolonne vom Anfang ist unter den Beobachtern dieses Schauspiels, da ihre Großmutter wegen eines Ersatzteils in einer Werkstatt nebenan ist. Wir erfahren, dass sie noch eine Woche auf ein Ersatzteil warten müssen und so lange in der Stadt bleiben.
00:15:14-00:16:41
Arnie liegt seiner Mutter in den Armen. Sie ist sehr besorgt über sein weglaufen und er ist traurig, dass sie traurig ist. Es scheint als hätten Arnie und seine Mutter eine gute Beziehung während die Mutter sich kaum für ihre anderen Kinder interessiert und die Kinder sich auch wenig für ihr Mutter interessieren. Möglicherweise rührt diese besondere Zuneigung der Mutter gegenüber Arnie daher, dass sie und er etwas gemeinsam haben: beide entsprechen nicht der Norm. Hinzu kommt wohl, dass sie Arnie als am meisten schutzbedürftig sieht. Auch ist Arnie der einzige, wie sich im späteren Verlauf zeigt, der sich nicht an dem Erscheinungsbild seiner Mutter stört.
Aufgaben für die Vorbereitung von Arnie's Geburtstag werden verteilt. Gilbert sagt, dass er keine Ideen hat. Darauf wird ihm vorgeworfen, dass er ja nie etwas tue. Dies steht absolut im Gegensatz zu dem, was wir bisher gesehen haben, nämlich, dass Gilbert sein eigenes Leben zugunsten seiner Familie weitestgehend aufgegeben hat. Alle reden wild durcheinander. Gilbert reagiert auf diese Anschuldigungen nicht, obwohl er allen Grund hätte wütend zu werden.
7. Szene 00:17:14-00:17:50
Ein kleiner Junge kommt mit seinen Freunden an den Gartenzaun. Er sagt nichts, aber Gilbert versteht sofort, was er will: Einen Blick auf seine Mutter werfen, über die in der Kleinstadt viel erzählt wird. Er hebt den Jungen hoch, sodass er durchs Fenster sehen kann. Der Junge staunt und läuft zu seinen Freunden um ihnen davon zu erzählen.
Diese Szene stellt das Verhältnis von Gilbert zu seiner Mutter sehr gut dar. Interessant ist der Unterschied im Umgang mit seiner stark adipösen (also kranken) Mutter und seinem geistig behinderten Bruder. Seinen Bruder verteidigt er vor Verspottung, während er seine Mutter einer solchen aussetzt.
Man kann vermuten, dass dieser Unterschied dadurch hervorgerufen wird, dass Gilbert von seinem Bruder mehr Liebe zurück bekommt als von seiner Mutter, oder auch, dass er ihr insgeheim die Schuld daran gibt, kein eigenes Leben führen zu können.
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