Diese Arbeit untersucht folgende Fragestellung: Welchen Einfluss hat eine zweisprachige Erziehung auf die Identitätsbildung eines jungen Menschen und welche Rolle kann das Phänomen der Sprachdominanz dabei spielen?
In der heutigen Welt, in der wir leben, ist die Gesellschaft in einem ständigen Wandel. Durch die Globalisierung ist es für uns Menschen möglich frei von Grenzen, die einst durch Nationalität gesetzt wurden, als Weltbürger zu wählen in welches Land wir reisen, in welchem Land wir arbeiten, Karriere machen oder auch leben möchten. Dennoch hat noch nicht jeder Mensch dieselben Freiheiten, oder Intentionen bei der Wahl der neuen Heimat oder dem Willen auszuwandern. Bei manchen ist es der Luxus, der durch erlangte Bildung und Karrierechancen das Auswandern ermöglicht. Bei anderen hingegen ist es die Notwendigkeit aus Kriegs- oder Krisengründen das Heimatland zu verlassen und eine neue Heimat zu finden. Dies hat zur Folge, dass Menschen verschiedenster Kulturen und ethnischer Abstammung aufeinandertreffen, interagieren, koexistieren, sich verlieben und häufig auch Familien gründen.
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
2. THEORETISCHER HINTERGRUND
2.1. ZWEISPRACHIGKEIT
2.1.1 Additive Zweisprachigkeit
2.1.2 Subtraktive Zweisprachigkeit
2.2. SPRACHDOMINANZ
3. IDENTITATSBILDUNG
3.1. IDENTITAT
3.2. Entwicklung einer Identitat
3.2.1 Leistung gegen Minderwertigkeitsgefuhl
3.2.1 Identitat gegen Rollenkonfusion
3.3. EINFLUSSFAKTOREN
4. THEORETISCHE EINORDNUNG ANHAND EINES REFLEKTIERT BETRACHTETEN EMPIRISCHEN FALLBEISPIELS
4.1. ERSTE KONTAKTE MIT ZWEISPRACHIGKEIT
4.2. WEITERE KONTAKTE MIT ZWEISPRACHIGKEIT
5. FAZIT
6. QUELLENVERZEICHNIS
1. Einleitung
In der heutigen Welt, in der wir leben, ist die Gesellschaft in einem standigen Wandel. Durch die Globalisierung ist es fur uns Menschen moglich frei von Grenzen, die einst durch Nationalitat gesetzt wurden, als Weltburger zu wahlen in welches Land wir reisen, in welchem Land wir arbeiten, Karriere machen oder auch leben mochten. Dennoch hat noch nicht jeder Mensch dieselben Freiheiten, oder Intentionen bei der Wahl der neuen Heimat oder dem Willen auszuwandern. Bei manchen ist es der Luxus, der durch erlangte Bildung und Karrierechancen das Auswandern ermoglicht. Bei anderen hingegen ist es die Notwendigkeit aus Kriegs- oder Krisengrunden das Heimatland zu verlassen und eine neue Heimat zu finden. Dies hat zur Folge, dass Menschen verschiedenster Kulturen und ethnischer Abstammung aufeinandertreffen, interagieren, koexistieren, sich verlieben und haufig auch Familien grunden. So geschah es auch mit meinen Eltern. Mein Vater: Ein Chilene der auf Grund von politischer Verfolgung zu Zeiten des Pinochet-Regimes nach Deutschland fluchtete. Und meine Mutter: eine Deutsche die ursprunglich aus der Gegend von Leverkusen kommt. Zwei Menschen, die das Schicksal zusammenfuhrte und sich entschlossen eine Familie zu grunden.
Eine Familie, die durch zwei verschiedene Kulturen gepragt wurde, die sich zunachst stetig komplementierten. In der beide Elternteile sowohl deutsch als auch spanisch sprachen, was dazu fuhrte, dass mein alterer Bruder Julian und ich zunachst zweisprachig erzogen wurden. Jedoch pragte sich diese Zweisprachigkeit bei meinem Bruder starker aus als bei mir. Ich hingegen verlernte die Sprache allmahlich. Als junger Erwachsener wuchs letztendlich wieder das Interesse daran erneut Spanisch zu lernen. Ich besuchte spater eine Schule, in welcher Spanisch im Abitur angeboten wurde. Jedoch erst im Laufe meines Studiums an der Technischen Hochschule Koln ubertrafen meine Spanischkenntnisse die, die ich einst als Kind hatte.
Wie es dazu kommen konnte wollte ich genauer erforschen. Dadurch kam ich zu der folgenden Fragestellung: Welchen Einfluss hat eine zweisprachige Erziehung auf die Identitatsbildung eines jungen Menschen und welche Rolle kann das Phanomen der Sprachdominanz dabei spielen? Im Verlauf dieser Hausarbeit werde ich versuchen Antworten auf diese Frage zu finden.
2. Theoretischer Hintergrund
Um eine effektive Analyse anzufertigen, werde ich zunachst den Begriff der Zweisprachigkeit und zwei seiner Unterarten, die additive und subtraktive Zweisprachigkeit, genauer erlautern. Des Weiteren werde ich die Sprachdominanz und ihre Verbindung mit der subtraktiven Zweisprachigkeit hervorheben.
Anschlie&end gebe ich einen Exkurs in das Gebiet der Soziologie und Padagogik, um den Begriff der Identitatsbildung und seine Einflussfaktoren zu erklaren. Hierzu werde ich verschiedene Theoretiker und ihre Ansatze und Modelle heranziehen. Zuletzt werde ich die erlauterten Theorien -wenn moglich- auf mein empirisch gestutztes Fallbeispiel beziehen, um herauszufinden inwiefern ein Zusammenhang bestehen konnte.
2.1. Zweisprachigkeit
Um die Komplexitat der Definition des Begriffs der Zweisprachigkeit, welche auch haufig als Bilingualismus bezeichnet wird, zu erklaren habe ich die Stellungnahmen zweier Theoretiker herangezogen, dessen Ansichten zur Definition sich stark unterscheiden.
Leonard Bloomfield, bezeichnet den Bilingualismus als „native-like control of two languages“ (Bloomfield, 1933, S. 56). Also als muttersprachliches Beherrschen zweier Sprachen. Triarchi-Hermann meint hingegen dazu, dass „Nach diesem Kriterium [...] die Zahl der zweisprachigen Personen auf der Welt relativ gering [ware]“ (Triarchi-Herrmann, 2006, S. 19). Triarchi-Hermann merkt an, dass Mehrsprachigkeit immer dann stattfindet, wenn sich ein Individuum sinnvoll, abwechselnd und ohne gro&e Muhen in verschiedenen Sprachen sowohl schriftlich als auch mundlich au&ern kann (Triarchi-Herrmann, 2006, S. 19).
Fur meine weitere Recherche eignet sich Triarchi-Hermanns Definition am besten. Es werden meines Erachtens, ausreichend Kriterien zur Eingrenzung einer zweisprachigen Person genannt. Die Theorie nach Bloomfield spiegelt meiner Meinung nach das gesellschaftliche Verstandnis des Begriffs wieder und schlie&t zu viele Personen aus.
2.1.1 Additive Zweisprachigkeit
Die additive Zweisprachigkeit ist der erfolgreiche Zweitspracherwerb. Zahlreiche Studien zeigen, dass Kinder, die diese Fahigkeit besitzen, ein hohes Verstandnis im Umgang mit der Sprache vorweisen (Slawek, 2007, S. 14). An zweisprachig erzogenen Kindem aus verschiedenen Landern der Welt lieft sich letztendlich feststellen, dass diese Fahigkeit einen positiven Einfluss auf ihre Entwicklung hat. Dies auftert sich haufig durch mehr Interesse, hohere Sprachgewandtheit und manchmal weisen sie sogar intelligenteres und toleranteres Verhalten auf, als gleichaltrige einsprachige Kinder (Triarchi-Herrmann, 2006, S. 25).
2.1.2 Subtraktive Zweisprachigkeit
Die subtrahierende oder auch subtraktive Zweisprachigkeit hingegen bezeichnet das Phanomen, bei welchem ein zweisprachig erzogenes Individuum die Verwendung seiner Muttersprache zugunsten einer neuen Sprache vernachlassigt. Dies passiert haufig da, wo die Erstsprache des betroffenen Individuums durch das gegebene kulturelle Umfeld, weniger Rang hat als die gemeinschaftlich gesprochene Sprache(Slawek, 2007, S. 13).
Diese Art der Zweisprachigkeit ist haufig bei Migrantenkindern zu finden, wie bei den albanischen Migrantenkindern in Griechenland, den finnischen Kindern in Schweden oder den turkischen bzw. griechischen Minoritatenkindern in Deutschland (Triarchi-Herrmann, 2006, S. 26).
2.2. Sprachdominanz
Slawek beschreibt die „muttersprachliche Mehrsprachigkeit“ (Slawek, 2007, S. 10) als den Fall eines Kindes, das Zweisprachig aufwachst und mit beiden Sprachen ausreichend in Kontakt kommt. Dabei bildet sich ein ausgeglichenes Verhaltnis zwischen den beiden Sprachen. Ein wichtiger Faktor dabei ist das Zusammenleben der Eltern und dass das Kind im besten Fall die Zweisprachigkeit erfahrt, bevor es in den Kindergarten eintritt, da der sprachliche Kontakt mit Familienmitgliedern zunachst den Haupteinflussfaktor darstellen sollte (Slawek, 2007, S. 10).
Die Sprachdominanz in der Zweisprachigkeit zeichnet sich durch die starkere Auspragung einer der beiden simultan erworbenen Sprachen aus. Dabei kann es haufig an soziokulturellen Faktoren liegen wie daran, dass diese „starkere“ Sprache vermehrt in der Umgebung des Individuums gesprochen wird. Diese Sprache findet mehr Anwendung und mit ihrem Gebrauch fuhlt sich das Individuum sicherer. Im Gegensatz zum Gebrauch der schwacher ausgepragten Sprache. In dieser entwickelt sich die Sprachfahigkeit meist langsamer und erreicht somit seltener das Niveau der starken Sprache (Triarchi-Herrmann, 2006, S. 32-33). Ebenso kann es passieren, dass Kinder das Erlernen einer der beiden Sprachen bewusst verweigern. Zum Beispiel aus Grunden des Motivationsmangels oder mangelndem Prestige (Thomas, 2012, S. 81).
Sprachmerkmale eines solchen Phanomens sind unter anderem das sogenannte Code-Switching und Interferenzen. Als Code-Switching versteht man den wechseln von einer zur anderen Sprache innerhalb eines Gesprachs. Dabei kann es sich um einzelne Worter, Phrasen oder Satze handeln. Haufig passiert dieser Prozess beim Individuum sogar unbewusst (Triarchi-Herrmann, 2006, S. 40).
Wenn eine zweisprachige Person spricht, sind haufig Sprachelemente aus der anderen Sprache zu horen. „Dabei handelt es sich um Uberlagerungen von Elementen, Regeln und Strukturen beider Sprachen, die in der Fachliteratur als Interferenzen bekannt sind“ (Triarchi-Herrmann, 2006, S. 35). Es wird davon ausgegangen, dass das schwachere Sprachsystem unter dem Einfluss des starkeren Sprachsystems steht. Die Uberlagerungen verursachen sprachliche Fehler, die sich nicht selten im phonologischen Bereich au&ern (Triarchi-Herrmann, 2006, S. 35). Ein Beispiel ware Helena, die Tochter eines griechischen Vaters und einer deutschen Mutter. Sie haben Helena von Geburt an bilingual erzogen. In ihren ersten sieben Lebensjahren konnte Helena viele griechische Worter, die den Laut /0/ enthielten, nicht richtig aussprechen. So wurde letztendlich aus thelo (ich mochte) /selo/, oder aus thalassa (Meer) /salassa/ (Triarchi-Herrmann, 2006, S. 35).
3. Identitatsbildung
Im folgenden Teil dieser Arbeit werde ich die Theorie der psychosozialen Entwicklung von Erikson darstellen. Diese Theorie gehort bis heute zu einer der bekanntesten Ansatze zur Beschreibung der Identitatsbildung. Vorher jedoch muss der Begriff Identitat genauer betrachtet werden.
3.1. Identitat
(Oerter & Montada, 2008, S. 303):
In einem engeren psychologischen Sinn ist Identitat die einzigartige Personlichkeitsstruktur, verbunden mit dem Bild, das andere von dieser Personlichkeitsstruktur haben. Fur Das Verstandnis von der Entwicklung im Jugendalter ist aber noch eine dritte Komponente der Identitat wichtig, namlich das eigene Verstandnis fur die Identitat, die Selbsterkenntnis und der Sinn fur das, was man ist bzw. sein will.
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