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Ist es moralisch vertretbar Roboter in der Altenpflege einzusetzen?

von Barbara Lampert (Autor:in)
©2019 Hausarbeit (Hauptseminar) 22 Seiten

Zusammenfassung

In dieser Arbeit werde ich Sparrow und Sparrows Position bezüglich der Einführung von Robotern im Pflegedienst mit Misselhorn et al. vergleichen, ihre Hauptargumente herausarbeiten und kritisch reflektieren. Sparrow und Sparrow argumentieren dafür, dass mit der Einführung von Robotern nicht nur sozialer menschlicher Kontakt reduziert wird, sondern dass besonders ethisch zu bedenken sei, dass ältere Menschen getäuscht werden, da sie glauben könnten, die Interaktion zu den Robotern sei Teil der "realen" Welt. Ich werde zeigen, dass dieses Argument einer Täuschung durch Roboter nicht ethisch verwerflich ist und daher nicht ausreichend ist, um Roboter nicht in die Altenpflege zu implementieren. Des weiteren werde ich Misselhorns et al. Argument kritisieren, dass der Einsatz von Robotern am Beispiel von der Roboterrobbe "Paro" ethisch unbedenklich sei und zeigen, dass "Paro" prinzipiell nicht ethisch bedenklich sei in seiner Funktion, jedoch durchaus ethisch verwerfliche Auswirkungen beim Einsatz auftreten können, die bedacht und reflektiert werden müssen.

In vielen Teilen der Welt wächst der Anteil pflegebedürftiger älterer Menschen, gleichzeitig gibt es jedoch nicht ausreichend ausgebildete Arbeitskräfte, um den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht zu werden. Daher drängt die Frage auf: Wie sollen wir in Zukunft mit der Pflege von alten Menschen umgehen? Aufgrund technischer Innovationen scheint es eine Lösungsmöglichkeit zu sein, spezielle "Sozialroboter" in der Altenpflege einzusetzen. Die Diskussionen um den Einsatz von Robotern in der Altenpflege reichen von dramatischen Vorstellungen eines enthumanisierten Pflegesystems, bis hin zu übermäßig optimistischen Visionen davon, dass mithilfe von Robotern gerade das erhöhte Bedürfnis von älteren Menschen erfüllt werden kann.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Sparrow und Sparrow
2.1 These 1: Täuschung durch emotionale künstliche Intelligenz
2.2 These 2: Roboter sind unfähig, die Bedürfnisse älterer Menschen zu erfüllen

3. Misselhorn etal
3.1 ModifizierterFähigkeitenansatz
3.2 Kritische Auseinandersetzung mit Pflegerobotern am Beispiel von Paro
3.2.1 Wohlergehen
3.2.2 Soziale Teilhabe
3.2.3 Autonomie

4. Auswertung und Ausblick

5. Fazit

1. Einleitung

In vielen Teilen der Welt wächst der Anteil pflegebedürftiger älterer Menschen, gleichzeitig gibt es jedoch nicht ausreichend ausgebildete Arbeitskräfte, um den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht zu werden. Daher drängt die Frage auf: Wie sollen wir in Zukunft mit der Pflege von alten Menschen umgehen? Aufgrund technischer Innovationen scheint es eine Lösungsmöglichkeit zu sein, spezielle „Sozialroboter“ in der Altenpflege einzusetzen. Die Diskussionen um den Einsatz von Robotern in der Altenpflege reichen von dramatischen Vorstellungen eines enthumanisierten Pflegesystems, bis hin zu übermäßig optimistischen Visionen davon, dass mithilfe von Robotern gerade das erhöhte Bedürfnis von älteren Menschen erfüllt werden kann.

In dem Artikel werde ich Sparrow und Sparrows Position mit Misselhorn et al. vergleichen und ihre Hauptargumente herausarbeiten und kritisch reflektieren. Sparrow und Sparrow argumentieren dafür, dass mit der Einführung von Robotern nicht nur sozialer menschlicher Kontakt reduziert wird, sondern dass besonders ethisch zu bedenken sei, dass ältere Menschen getäuscht werden, da sie glauben könnten, die Interaktion zu den Robotern sei Teil der „realen“ Welt. Ich werde zeigen, dass dieses Argument einer Täuschung durch Roboter nicht ethisch verwerflich ist und daher nicht ausreichend ist, um Roboter nicht in die Altenpflege zu implementieren. Des weiteren werde ich Misselhorns et al. Argument kritisieren, dass der Einsatz von Robotern am Beispiel von der Roboterrobbe „Paro“1 ethisch unbedenklich sei und zeigen, dass Paro prinzipiell nicht ethisch bedenklich sei in seiner Funktion, jedoch durchaus ethisch verwerfliche Auswirkungen beim Einsatz auftreten können, die bedacht und reflektiert werden müssen.

Ich werde dafür argumentieren, dass der Einsatz von Robotern in der Altenpflege ethisch bedenklich ist, sofern diese (i) menschliche Interaktion ersetzen und nicht gleichzeitig mit menschlicher Betreuung begleitet werden und (ii) substantielle menschliche Grundwerte einschränken. Ferner werde ich abschließend darauf eingehen, dass ein ethischer Einsatz unter den oben aufgeführten Bedingungen von Sozialrobotern unter den derzeitigen Zuständen innerhalb des Pflegesystems nicht konsistent und eindeutig sichergestellt werden kann, sodass unerwünschte und ethisch problematische Konsequenzen eingeleitet werden könnten. Daher werde ich vorschlagen, dass bei der Entwicklung von Pflegerobotern auf diese vorerst verzichten werden sollte und stattdessen die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen in der Altenpflege in seinen umfassenden Strukturen im Pflegesystem angegangen werden muss, um den Pflegebedürfnissen älterer Menschen angemessen gerecht zu werden. Alternative Lösungsansätze müssen zunächst umfassend analysiert werden, bevor Sozialroboter in der Altenpflege implementiert werden sollten.

2. Sparrow und Sparrow

Im Folgenden werde ich zunächst Robert und Linda Sparrows Argumente gegen den Einsatz von Robotern in der Altenpflege herausarbeiten und diese anschließend kritisch reflektieren. Robert und Linda Sparrow setzen sich mit der Frage auseinander, inwiefern Roboter in der Altenpflege eingesetzt werden können und dürfen, um den zunehmenden Herausforderungen angemessen zu begegnen. Eine Vielzahl an Forschern sieht den Einsatz von Robotern in der Altenpflege als einen mögliche Lösung für die Herausforderungen in der Altenpflege.2 Robert und Linda Sparrow meinen jedoch, dass diese Annahmen rein hyperbolisch seinen und die Forscher häufig nur in ihrem eigenen wissenschaftlichen Interesse argumentieren.3 Die Hauptthesen, die die beiden vertreten lauten: 1. Der Einsatz von Robotern ist ethisch bedenklich, da ältere Menschen bei der Interaktion mit Robotern getäuscht werden und glauben können, dass diese eine echte soziale Beziehung mit den Robotern eingehen und 2. Roboter sind unfähig, ältere Menschen zu pflegen, weil sie die sozialen und emotionalen Bedürfnisse älterer Menschen nicht erfüllen können. Daher sei es unethisch, Roboter in der Altenpflege einzusetzen.

2.1 These I: Täuschung durch emotionale künstliche Intelligenz

Das wohl umstrittenste Argument für den Einsatz von Robotern in der Altenpflege bezieht sich darauf, dass Roboter als Begleiter für vereinsamte ältere Menschen dienen sollen. Soziale Roboter, die dafür programmiert werden, mit Menschen zu interagieren und diese zu unterhalten. Sparrow und Sparrow argumentieren dafür, dass dieser Versuch unethisch sei und mit einer Art Betrug bzw. Täuschung gleichzusetzen sei, da die angeblichen Vorteile von sozialen Robotern auf der Annahme beruhen, dass Roboter als etwas wahrgenommen werden, das sie nicht sind. Älteren Menschen werden somit getäuscht, dass diese eine lohnende und bedeutungsvolle Beziehung mit einem Roboter eingehen, welchen sie als Freund oder Begleiter wahmehmen, obwohl dies nicht möglich sei, da Roboter nicht die Bedingungen erfüllen, um ein bedeutungsvoller Beziehungspartner zu sein, sie können diese höchstens imitieren:

,,[W]hen people feel happy, it will be because they (mistakenly) believe that the robot has properties which it does not. These beliefs may be conscious beliefs, as in cases where people insist that robots really are kind and do care about them [...]. It is these delusions that cause people to feel loved or cared for by robots and thus to experience the benefits of being cared for.“4

Sparrow und Sparrow argumentieren, dass es aufgrund der verbundenen Täuschung unmoralisch sei, Roboter in Pflegepositionen zu platzieren, in welchen diese nur erfolgreich sein können, wenn die von ihnen betreuten Personen über ihre Fähigkeiten getäuscht werden.5 Das moralische Problem hierbei sei nicht, dass Menschen notwendigerweise unglücklich seien, wenn sie „unechte“ Beziehungen eingehen, da wie Sparrow und Sparrow herausgestellt haben, Menschen durchaus glücklich sein können, wenn sie glauben, eine Beziehung zu einem Roboter zu haben. Das moralische Problem sei ein anderes. Einerseits sei es unsere moralische Pflicht, die Welt so zu sehen, wie sie ist. Andererseits werden die Wünsche und Bedürfnisse von älteren Menschen nicht tatsächlich befriedigt, sondern die Erfüllung dieser unterliege lediglich einer Täuschung. Sparrow und Sparrow argumentieren dafür, dass Menschen geliebt werden wollen und nicht lediglich glauben, dass sie geliebt werden.6 Solange Roboter nicht in der Lage seien, menschliche Emotionen wie Trauer oder Liebe zu erfahren und auszudrücken und an sozialen Beziehungen teilzunehmen, sondern diese nur imitieren, solange sollten Roboter nicht als Altenpfleger in Einsatz kommen.7 Mit diesen Argumentationsstrang möchte ich mich nun kritisch auseinandersetzen:

1) Roboter schaffen innerhalb der Pflege im Gegensatz zu menschlicher Pflege eine „virtuelle“ Welt, die auf Täuschung basiert und nicht mit der „realen“ Welt vereinbar ist.
2) Es ist unsere moralische Pflicht, die Welt so wahrzunehmen wie sie ist.
3) Zu guter Pflege gehört, dass Wünsche und Bedürfnisse in der „realen“ Welt erfüllt werden und nicht einer Täuschung unterliegen.
4) Es ist unwahrscheinlich, dass unsere Vorlieben tatsächlich erfüllt, Interessen gefördert werden oder unser Wohlbefinden durch eine Illusion befriedigt wird.
5) Daher ist ein Einsatz von Robotern moralisch schlecht, da eine gute Pflege mit einer Täuschung unvereinbar ist.

Die erste Prämisse lässt die Frage offen, inwiefern der Kontakt mit Robotern eine „virtuelle“ Welt erzeugt und weshalb diese „virtuelle“ Welt nicht mit der „realen“ Welt vereinbar wäre.

Coeckelbergh vertritt hinsichtlich dieser Fragestellung speziell in Bezug auf Informations- und Kommunikationsrobotik die Meinung, dass diese Sichtweise irreführend sei und eine rein dualistische Sichtweise präsentiere, da vorausgesetzt wird, es gäbe einerseits eine „echte“ Welt der menschlichen Fürsorge und anderseits die „virtuelle“ Welt der Roboterbetreuung, welche Täuschung bzw. Illusion oder Fälschung bedeute. Doch diese Sichtweise sei der Phänomenologie und der Praxis innerhalb der Informations- und Kommunikationstechnik wenig gerecht.8

„When we use the Internet, robots, and other networked electronic devices, we are not really leaving the 'real' world (even if we might want to!); instead, when our presence and existence is mediated by technology, it is still 'real' in all kinds of senses: it is embodied, connected to materiality, and thoroughly social. It is still embodied, since our minds do not disconnect from our bodies when we use the technology; we still think and act as the beings we are—with a body. It is also not entirely immaterial; we still use material technologies, and this is especially the case with robots. Interaction with robots—in care and elsewhere—is as material and physical as interaction can get.“9

Bei Interaktion mit Robotern, handle es sich lediglich um eine andere, technologievermittelte Form der Sozialität, aber es sei immer noch Sozialität. Daher sollte das „Reale“ nicht als das Gegenteil von „virtuell“ definiert werden. „Virtuell“ sollte viel mehr als eine andere Art von Realität definiert werden, als eine andere Art von Erfahrung und Wahrnehmung. Interaktion mit Robotern könne sich sehr wohl von Formen menschlicher Versorgung unterscheiden und ihre charakteristische Phänomenologie solle ernst genommen werden, sie sei aber nicht weniger real.10 Zudem, so Coeckelbergh, sei der Mensch mittlerweile in der Lage, zwischen „realer“ und „virtueller“ (bzw. anderer „realer“ Formen) zu wechseln11, daher seien beiden Zustände durchaus miteinander vereinbar. Außerdem lässt sich nicht ausschließen, dass nicht auch menschliche Pflegerinnen und Pfleger älteren Menschen täuschen können. Diese können durchaus bestimmte Emotionen oder Tatsachen vortäuschen, dennoch würde niemand behaupten, dass dadurch eine „virtuelle“ Welt entstünde.

Die zweite Prämisse muss die Frage klären, weshalb es unsere moralische Pflicht sei, die Welt so wahrzunehmen wie sie ist. Sparrow und Sparrow erklären ihre Annahme nicht, sondern setzen diese als gegeben voraus. Beziehen sie sich bei dieser Aussage auf Kants Pflichtethik, sodass beispielsweise Lügen moralisch schlecht sei und als kategorischen Imperativ formuliert niemand es wollen könnte, in einer Welt zu leben, welche sich von Lügen speist und auf Täuschung basiert? Wären wir also aus Kants Perspektive dazu verpflichtet, nicht zu täuschen, weil ein vernunftbegabter Mensch aufgrund seines guten Willens niemals wollen könnte, zu täuschen und dadurch die Welt anders wahrzunehmen, als sie tatsächlich sei? Hier liegt jedoch die Frage darin, welcher Ethik mehr moralischer Wert beigemessen wird. Aus utilitaristischer Sicht werden auch die Folgen einer ethischen Handlung mit kalkuliert, wodurch je nach abgewogener Nützlichkeit, auch Täuschung nicht notwendigerweise moralisch verwerflich wäre, sondern sogar vorteilhafter und moralisch gut sein kann.

Die dritte Prämisse lässt sich hinsichtlich folgender Frage kritisch reflektieren und schließt an die zweite Annahme direkt an: Darf bei guter Pflege niemals auch Täuschung auftreten? Auch wenn älteren Menschen als autonome Menschen behandelt werden sollen, so sind empirisch gesehen nicht alle älteren Menschen völlig autonom, z.B. aufgrund von kognitiver Beeinträchtigung. Pflegerinnen und Pfleger könnten sich aufgrund von Werten der Schätzung der Autonomie und Würde des Menschen durchaus dazu entscheiden, ältere Menschen mit mentaler Beeinträchtigung so zu behandeln, als wenn diese voll autonom wären, auch wenn dies nicht (mehr) der Fall ist. Dies könnte ebenfalls als eine Form von Täuschung verstanden werden, da der mental beeinträchtigten Person durchaus die Illusion vermittelt wird, als sei diese vollständig autonom, während sie es eindeutig nicht ist. Anderseits entscheiden sich Pflegerinnen und Pfleger auch durchaus für einen eher paternalistischen Ansatz, welcher ebenfalls mit einer Täuschung gleichzusetzen wäre, wenn beispielsweise bestimmte Dinge gesagt oder getan werden, die nicht der Wahrheit entsprechen, aber dennoch zum „gut gemeinten Wohl“ vermittelt werden. Auch wenn diese Form der Täuschung nicht immer als ganz ethisch korrekt begriffen werden kann, so können ältere Menschen, die nicht nur körperliche, sondern auch kognitive Einschränkungen haben, nicht mehr autonom entscheiden, was für sie am besten ist und brauchen Hilfe von anderen, die Entscheidungen über ihre Gesundheit treffen.12 Daher kann in der Praxis Täuschung durchaus eine legitime Stellung einnehmen. Doch muss berücksichtigt werden, dass der Respekt von personaler Autonomie und dem Ziel, das Wohlbefinden der zu pflegenden Person zu steigern, eine Balance findet. Wie diese genau auszusehen hat, lässt sich innerhalb dieser Arbeit jedoch nicht ausreichend herausstellen, sondern bedarf einer weiteren Auseinandersetzung.

Die vierte Annahme, dass es unwahrscheinlich sei, dass menschliche Vorlieben erfüllt, Interessen gefördert oder das Wohlbefinden durch eine Illusion befriedigt werden können, kann ebenfalls kritisch betrachtet werden. Weshalb sollten Vorlieben und Interessen nicht aufgrund einer Illusion befriedigt werden können? Gehen wir hier von dem Ansatz von Sparrow und Sparrow aus, dass unter Illusion verstanden werden kann, dass bestimmte Emotionen aufgrund von Robotertechnologie erzeugt werden, welche nicht Teil der „realen“ Welt sind. Das würde bedeuten, dass bestimmte Eindrücke und Emotionen, wie z.B. des Wohlbefindens, welche in einem Menschen aufgrund des Einsatzes eines Roboter erzeugt wurden, keine echten sind. Daher wäre das Gefühl, eine Vorliebe sei befriedigt, lediglich eine Täuschung. Die Erfüllung der Bedürfnisse und Förderung von Interessen fände also nicht tatsächlich statt und sei daher auch nicht tatsächlich erfüllt. Doch wie bereits in der Auseinandersetzung mit der ersten Prämisse verdeutlicht wurde, sind Emotionen, welche durch Robotereinsatz erzeugt werden nicht weniger „real“, sondern sollten eher als eine andere Form verstanden werden. Sie können jedoch nicht als Täuschung ausgelegt werden. Coeckelbergh vermerkt besonders in Bezug auf die Förderung von Interessen, dass das Problem des Einsatzes von Roboten keine Schwierigkeiten aufgrund von Täuschung aufweisen, sondern dass es viel mehr darum gehen sollte, welche Roboter eingesetzt werden und inwiefern diese dazu beitragen, ältere Menschen zur Kommunikation, Interaktion und zur Interessenförderung zu motivieren:

,,[T]he problem is that in their 'onlives' at times their relation to reality may be less direct and engaging, and that this is partly due to the kind of technologies used. [...] It is important to ask which electronic technologies (and the way they are used an embedded in lives and practices) may be more or less suitable for supporting engagement with things and people [...]. [W]e can also try to see possibilities for reskilling and reengagement— new forms of engagement. New technologies could also open up new worlds and new ways of engagement with one another.“13

Aufgrund der oben aufgeführten Kritik an den einzelnen Prämissen, ließe sich die daraus schussfolgemde Konklusion: „Ein Einsatz von Robotern ist moralisch schlecht, da eine gute Pflege mit einer Täuschung unvereinbar ist“ nicht halten. Ich habe aufgezeigt, dass eine Interaktion mit Robotern nicht in einer „virtuellen“ und daher „unechten“ Welt stattfinden, sondern genauso „real“ ist wie menschliche Interaktion, jedoch eine andere Art von Interaktion und Erfahrung aufweist, dadurch aber nicht weniger „real“ ist. Weiterhin habe ich dafür argumentiert, dass der Ausschluss jeglicher Täuschung durchaus problematisch sein könnte, wenn davon ausgegangen wird, dass bei guter Pflege niemals irgendeine Form von Täuschung auftreten darf. Zwar kann es auf den ersten Blick eine Verpflichtung geben, Menschen als autonome Personen zu behandeln, aber die Pflegekräfte müssen auch die besondere empirische Situation und die Fähigkeiten älterer Menschen berücksichtigen und in einigen Fällen kann dies zu Täuschungen führen, ohne dass dies moralisch problematisch wäre. Daher lässt das Argument der Täuschung durch emotionale künstliche Intelligenz nicht halten und reicht daher nicht aus, um Pflegeroboter nicht in die Altenpflege zu implementieren, da ich dafür argumentiert habe, dass gute Pflege durchaus mit einer Täuschung vereinbar ist und daher kein moralisches Problem vorliegt. Die Frage die sich stellt sei viel mehr, welche Art von Robotern wir in die Altenpflege einführen möchten und wie diese begleitet werden.

2.2 These II: Roboter sind unfähig, die Bedürfnisse älterer Menschen zu erfüllen

Weiterhin muss kritisch betrachtet werden, inwiefern Sozialroboter die emotionalen und sozialen Bedürfnisse von älteren Menschen überhaupt erfüllen können oder nicht. Denn sofern Roboter überhaupt nicht in der Lage sind, Bedürfnisse zu erfüllen, der Einsatz dieserjedoch genau in diesem Ziel besteht, eine bessere Pflege zu gewährleisten die darauf basiert, das Wohlergehen der älteren Menschen zu steigern, so wären Roboter in der Pflege wertlos. Doch wenn Roboter die emotionalen und sozialen Bedürfnisse älterer Menschen nur durch Täuschung erzielen, so stellt dies kein moralisches Problem dar, wie oben argumentiert wurde. Wie sieht es jedoch damit aus, wenn Roboter gar nicht in der Lage sind diese zu erfüllen, so wie Robert und Linda Sparrow dafür argumentieren, dass Sozialroboter in keinem Aufgabenbereich die komplexen emotionalen und sozialen Bedürfnisse von älteren Menschen erfüllen können.14

[...]


1 Paro ist ein Roboter, der für die soziale Interaktion mit Menschen entwickelt wurde. Paro ähnelt einem Robbenbaby, ist ca. 60 cm lang und 3 kg schwer, hat weißes Fell und ist mit visuellen, taktilen, akustischen und Sensoren ausgestattet. Vgl. Misselhorn, Catrin/ Pompe, Ulrike/ Stapleton, Mog: Ethical Considerations Regarding the Use of Social Robots in the Fourth Age. In: GeroPsych: The Journal of Gerontopsychology and Geriatic Psychtry 26,2 (2013), S.121-133,hier: S.126.

2 Einige Argumente, die für den Einsatz von Robotern in der Altenpflege sprechen würden wären, dass Roboter älteren Menschen länger dabei helfen könnten, unabhängig zu sein. Sie könnten 24 Stunden lang eingesetzt werden und den älteren Menschen zudem mehr Intimität gewähren, im Gegensatz zu menschlichen Altenpflegem. Sie könnten als „helfende Hand“ dienen, für diejenigen, die Unterstützung brauchen aufgrund von Alter oder Behinderung, sodass eine erhebliche Einsparung an Arbeitskräften gewährleistet werden könne. Roboter müssten jedoch robust und zuverlässig sein, sodass sie z.B. die Aufgabe erfüllen können, ältere Menschen umzudrehen oder zu tragen. Sofern sie dies nicht leisten können, so Robert und Linda Sparrow, stelle dies sogar eine größere Gefahr für die Pflegebedürftigen dar, als gar keine Hilfe. Vgl. Sparrow, Robert und Sparrow, Linda: In the Hands of Maschines? The future of aged care. In: Minds andMaschines 16, 2 (2006), S.141-161, hier: S.145f., 149.

3 Vgl.ebd.,S.142.

4 Sparrow, Robert und Sparrow, Linda 2006, S.155.

5 Vgl. ebd., S.156.

6 Vgl. ebd., S.155.

7 Vgl. ebd.

8 Vgl. Coeckelbergh, Mark: Care robots and the future of ICT-mediated elderly care: a response to doom scenarios. In: AI&SOCIETY, 4 (2016), S.455-462, hier: S.456.

9 Ebd.

10 Vgl. ebd., S.456f.

11 Vgl.ebd., S.457.

12 Vgl. Coeckelbergh2016, S.460.

13 Coeckelbergh2016, S.459.

14 Vgl. Sparrow, Robert und Sparrow, Linda 2006, S. 141.

Details

Seiten
22
Jahr
2019
ISBN (eBook)
9783346150226
ISBN (Paperback)
9783346150233
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (April)
Note
1,7
Schlagworte
roboter altenpflege

Autor

  • Barbara Lampert (Autor:in)

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