Das Leben des elsässischen Dichters Yvan Goll, gebürtig Isaac Lang, liest sich wie die immerwährende Flucht eines seiner Herkunft entfremdeten Künstlers, welcher sich, von einem grundlegenden Gefühl der „Heimatlosigkeit“ gezwungen und, das wird zur Frage stehen, getrieben sah, in seiner Existenz, ebenso wie in seinen literarischen Bestrebungen von „Exil“ zu „Exil“ zu wandern. Das wohl am meisten zum Thema seiner Heimatlosigkeit bemühte Zitat über und von Yvan Goll ist die mystische Selbstkategorisierung und de-personalisierte Kurzbiographie, die der Dichter über sich selbst in Kurt Pinthus‘ Anthologie ‚Menschheitsdämmerung‘ von 1920 angab: „Iwan Goll hat keine Heimat: durch Schicksal Jude, durch Zufall in Frankreich geboren, durch als Stempelpapier als Deutscher bezeichnet.“
Bereits aus diesem Selbstzeugnis eines hin- und hergerissenen zweisprachigen Dichters zwischen den modernen Avantgarden Europas „spricht das unbesiegbare Gefühl der Heimatlosigkeit“ in dem für Goll typischen Spannungsfeld der Bilingualität beziehungsweise des Sprach- und Kulturdualismus‘ zwischen Deutsch und Französisch.
Im Kontext der schweren kriegerischen Erschütterungen Europas durch den Ersten Weltkrieg und „der Sinnkrise […], die den geistigen Hintergrund um die Jahrhundertwende bildet“ sah Goll, seine menschliche Unbehaustheit nicht nur als Folge der
prägenden kriegerischen Ereignisse, sondern empfand deren Ursache als innerhalb der Determinierung seiner jüdischen Existenz mythologisch angelegt.
Der Begriff Diaspora stellte, sozio-historisch auf Golls kulturelle Herkunft bezogen keinen Ausnahmezustand dar. Wichtig ist jedoch, diese Exilsituation nicht als ausschließlich negative Bürde zu begreifen, welche sich Goll durch sein „Jüdisch-Sein“ auferlegt sah, sondern viel mehr zu erkennen, dass für den Dichter die Determiniertheit der Existenz als Exil grundlegend in der Realität einer unverbrüderten Welt, bestimmt durch nationale Grenzen und der durch sie bedingten Konflikte, begründet erschien. Der Position des Exilanten wohnt aus der Sicht des Dichter somit auch die Möglichkeit inne, gesamt-europäische
Zusammenhänge aus einer objektivierten Perspektive zu betrachten. Sein Judentum ließ in das Ausgeschlossen-Sein aus diesen sich gegenseitig negierenden Weltteilen der nationalen Interessen – gespiegelt ja bereits im Zwiespalt seiner elsässischen Herkunft – bereits früh begreifen und als signifikant für die gedankliche Ausrichtung seines dichterischen Werks adaptieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
1.1. Ein Leben im immerwährenden Exil
1.2. Grundtendenzen im Expressionismus und deren Dialektik
2. Analyse verschiedener Werkbeispiele im expressionistischen Kontext
2.1. Appell an die Kunst
2.2. Briefan den verstorbenen Dichter Apollinaire -
2.3. Über Kubismus
2.4. Abkehr und Bruch mit der expressionistischen Gesinnung
2.4.1. ZenitistischesManifest -
2.4.2. DerExpressionismus stirbt -
3. Fazit - Der Heimatlosigkeitstopos als a-historisches Konstrukt
4. Bibliographie
1. Einführung
1.1. Ein Leben im immerwährenden Exil
Das Leben des elsässischen Dichters Yvan Goll, gebürtig Isaac Lang, liest sich wie die immerwährende Flucht eines seiner Herkunft entfremdeten Künstlers, welcher sich, von einem grundlegenden Gefühl der „Heimatlosigkeit“ gezwungen und, das wird zur Frage stehen, getrieben sah, in seiner Existenz, ebenso wie in seinen literarischen Bestrebungen von „Exil“ zu „Exil“ zu wandern.1
Das wohl am meisten zum Thema seiner Heimatlosigkeit bemühte Zitat über und von Yvan Goll ist die mystische Selbstkategorisierung und de-personalisierte Kurzbiographie, die der Dichter über sich selbst in Kurt Pinthus“ Anthologie ,Menschheitsdämmerung‘ von 1920 angab:
„Iwan Goll hat keine Heimat: durch Schicksal Jude, durch Zufall in Frankreich geboren, durch als Stempelpapier als Deutscher bezeichnet.“2
Bereits aus diesem, keinen ganzen Absatz füllenden, Selbstzeugnis eines hin- und hergerissenen zweisprachigen Dichters zwischen den modernen Avantgarden Europas3 „spricht das unbesiegbare Gefühl der Heimatlosigkeit“4 in dem für Goll typischen Spannungsfeld der Bilingualität beziehungsweise des Sprach- und Kulturdualismus' zwischen Deutsch und Französisch (Michael Knauf spricht hierbei vom „Einfluß jener doppelten Perspektive zwischen beiden Kulturen [...].“5 ) und der grundlegenden problematischen Beziehung zu seiner jüdischen Herkunft als wurzellose Kultur. Im Kontext der schweren kriegerischen Erschütterungen Europas durch den Ersten Weltkrieg und „der Sinnkrise [...], die den geistigen Hintergrund um die Jahrhundertwende bildet“6 sah Goll, so scheint es, seine menschliche Unbehaustheit nicht nur als Folge der prägenden kriegerischen Ereignisse, sondern empfand deren Ursache als innerhalb der Determinierung seiner jüdischen Existenz mythologisch angelegt.7 Dies spiegelt ebenfalls die von Goll tief empfundene „Widersprüchlichkeit, beider [Anmerkung Lucas Kazzer: Nationen] Erbe zu sein und doch [Anmerkung Lucas Kazzer: als Jude] keiner anzugehören.“8
Der Begriff Diaspora stellte, sozio-historisch auf Golls kulturelle Herkunft bezogen, laut Berg keinen Ausnahmezustand dar, denn „[er, Yvan Goll] fühlte sich zeitlebens als Exilierter.“9 Wichtig ist jedoch, diese Exilsituation nicht als ausschließlich negative Bürde zu begreifen, welche sich Goll durch sein „Jüdisch-Sein“ auferlegt sah, sondern viel mehr zu erkennen, dass für den Dichter die Determiniertheit der Existenz als Exil grundlegend in der Realität einer unverbrüderten Welt, bestimmt durch nationale Grenzen und der durch sie bedingten Konflikte, begründet erschien. Der Position des Exilanten wohnt aus der Sicht des Dichter somit auch die Möglichkeit inne, gesamt-europäische Zusammenhänge aus einer objektivierten Perspektive zu betrachten. Sein Judentum ließ in das Ausgeschlossen-Sein aus diesen sich gegenseitig negierenden Weltteilen der nationalen Interessen - gespiegelt ja bereits im Zwiespalt seiner elsässischen Herkunft - bereits früh begreifen und als signifikant für die gedankliche Ausrichtung seines dichterischen Werks adaptieren. Auf die mögliche Existenz einer aus diesem Exilgedanken entstehenden gesamt-europäischen avantgardistisch-intellektuellen Strömung der Moderne beziehungsweise auf den von Goll gehegten Wunsch zur Schaffung der Selbigen wird im Verlauf der Arbeit noch einzugehen sein.
Die Entwurzelung und Wanderung des internationalen Exilanten, „durch Schicksal Jude“ zieht sich wie ein roter Faden durch Golls Schaffen und bedingt durch sie scheint er künstlerisch nie innehalten zu können. „Er hinterlässt ein Werk unbehaust wie Ahasver.“10 Doch was bedeutete diese Heimatlosigkeit für Golls Schaffen, welche Auswirkungen kann das Leben als Grenzgänger auf das Werk eines Künstlers haben und wie ist diese Heimatlosigkeit zu begreifen? Diese Arbeit soll sich in erster Linie mit ausgewählten Aufsätzen und Manifesten Golls als literarische Werke11 beschäftigen, in welchen sich die Wirkung seiner Herkunft auf das Verständnis von Kunst und Künstlertum untersuchen lässt. Innerhalb dieser Texte wird seine Funktion und die damit einhergehende Zuschreibung der Rolle des Wegbereiter verschiedener Ismen12 besonders im Bezug zum Expressionismus als prä-avantgardistischer Strömung des frühen 20. Jahrhunderts zu betrachten sein und inwiefern diese verschiedenen Strömungen wechselseitig Niederschlag in seinem Werk fanden. Denn Yvan Golls wurzellose Reise zwischen den Ländern ist ebenso eine Reise zwischen den Avantgarden. Er protegierte eine große Zahl von ihnen, bekannte sich regelrecht zu einigen, doch eine konkrete Zugehörigkeit lässt sich schwerlich feststellen.
Auch die Forschung sieht Golls prägenden aber auch wechselhaften Bezug zu den europäischen Avantgarden durchaus kritisch. So heißt es bei Michaela Schröder:
„Er [Anmerkung Lucas Kazzer: Yvan Goll] hat Teil an ihnen allen. Rezeptionsgeschichtlich steht er dennoch heimatlos da, weil er keine von ihnen maßgeblich prägt.“13 Phyllis Berg wiederum meint: „Jahrelang war Goll Parteigänger der literarischen Ismen in Europa, von denen er viele initiieren half.“14 Doch sind sich beide einig, dass man bei gesamtheitlicher Betrachtung dieser dialektischen Kunstströmungen nicht umhin kommt, Golls Bedeutung als einen Geburtshelfer verschiedener Segmente einer kosmopolitischen-europäischen Avantgarde-Bewegung - besonders im Versuch des Austauschs zwischen Frankreich und Deutschland - anzuerkennen, obwohl er selbst erst spät den Weg zu einem eigenen Duktus fern ab der literarischen Moden fand.15
Anhand der Betrachtung einiger der Goll’schen Manifeste, stammend aus der zerrissenen Anfangszeit des jungen 20. Jahrhunderts, soll versucht werden, einen Zusammenhang zwischen der Topologie der Heimatlosigkeit, dem damit verbundenen Versuch einer eigenen Positionsbestimmung innerhalb der Kunst,16 der Ruhelosigkeit der Ismen- Entwicklung und dem Goll’schen Grenzgängertums herzustellen und näher zu beleuchten. Hat gerade die durch die zerrissene Herkunft bedingte Unmöglichkeit der Selbstfindung den Wunsch nach der Konstruktion einer gesamt-europäischen Avantgarde begründet und wenn ja, inwiefern ist es Goll gelungen, trotz seiner Indifferenz innerhalb seiner schriftlich-theoretischen Ergüsse (die zurecht nur als bedingt wissenschaftlich eingestuft werden können17 ), Wegweiser und, wie bereits oben zitiert, „Geburtshelfer“ für diese zu sein? Ist Goll die früh-avantgardistische Schlüsselfigur, die er selbst - in einer seltsam fatalistischen Form von reflektiertem Narzissmus - als der „zwischen zwei Stühlen“18 Stehender zu sein erhoffte?19
Besonders wird das Augenmerk hier auf den Goll’schen Programmschriften liegen, die im Zusammenhang mit dem diffusen Epochensammelbegriff „Expressionismus“ stehen und neben der frühen Identifikation mit selbigem auch die spätere Distanzierung, sowie konträr dazu ebenso die Weiterentwicklung der Grundtendenzen zum Ausdruck bringen. Das Paradigma des Expressionismus, nämlich die „innere Dialektik seiner Widersprüche“20 wird zentral zu berücksichtigen und am Beispiel Golls, wie ich hoffe, effektiv zu illustrieren sein.
1.2. Grundtendenzen im Expressionismus und deren Dialektik
Der, wie bereits angedeutet auch bei Goll, grundlegende Topos der Heimatlosigkeit ist in der Literatur der Moderne eng mit dem Thema der Entfremdung des Individuums, sprich des Schriftstellers, von sich selbst im Angesicht unentrinnbarer, unüberschaubarer zeitgeschichtlicher Entwicklungen zu Anbeginn des 20. Jahrhunderts verknüpft.21 Die Ganzheitlichkeit des Bewusstseins ging im Zuge der Zersplitterung des Ichs, welche durch die dem menschlichen Einheitlichkeitsbedürfnis entgegengesetzten Vielgliedrigkeit neuer heteronomer Wahrnehmungsebenen - wie bereits Nietzsche schrieb - bedingt war, verloren.22 Es kommt zur gleichzeitigen Dissoziation des Menschen von sich selbst und seiner Umwelt.
„Goll begreift den Zustand der Entfremdung des Menschen vom Mitmenschen als Verlust ursprünglicher Harmonie [,..].“23 Eine Harmonie, welche er als der außerhalb des gesellschaftlichen Rahmen stehende Außenseiter reflektiert betrachten und erkennen konnte, jedoch durch den fehlenden subjektiven Bezug wiederum nur einseitig zu charakterisierten vermochte. Dieser einseitige Bezug und die oft gleichzeitige Bildung von antonymen Gegensätzen ist symptomatisch für den frühen Expressionismus,24 welchem sich Goll selbst zuordnet. Die bewussten Abgrenzungstendenzen der jungen heteronomen „Prä-Avantgarde“ Bewegung korrelierten oft, wenn auch logischer Weise in den Positionen ihrer Vertreter divergierend, mit einer einseitigen Auslegung diametraler Positionen und/oder einer naiv-dialektischen Dichotomisierung.25 Eine „existenzielle Zerrissenheit und ambivalente Grundhaltung“26 bilden die gemeinsamen Erfahrungen der jungen Künstlergeneration.
Weil eine einheitliche Weitsicht nicht mehr gegeben war und zur Selbstbestimmung innerhalb eines nicht mehr kongruenten Weltsystems mit unzähligen Positionen die Praktik einer wertenden Dualisierung auf den ersten Blick die schlagkräftigste - und auch simpelste - Art und Weise der Selbstverortung und Abgrenzung darzustellen schien, handelte es sich beim Expressionismus um eine sich über Kontraste, Konfrontation und widersprüchlichen Aktivismus definierende, „energisch kontrastierende“27 heterodynamische Gruppierung im weitesten Sinne. Man kann also vom Begriff der Ambivalenz als Grundmuster sprechen.28 Spannend wird nun die Betrachtung Yvan Golls früher Hinwendung zu dieser stilistischen Tendenz der Moderne, zu der er sich als einer der Wenigen explizit bekannte, um aber später mit ihrer unentwirrbaren, heteronomen Grundstrukturen, in Konflikt zugeraten, wie an spätere Stelle der Arbeit gezeigt werden wird.
2. Analyse verschiedener Werkbeispiele im expressionistischen Kontext
2.1. Appell an die Kunst - 1917
Golls erster Beitrag zum Thema Expressionismus jenseits der Lyrik in Form eines Aufrufs29 ist datiert von 1917 unter dem Titel Appell an die Kunst. In diesem definiert Goll zum ersten Mal auf den Punkt, welche Aufgabe Kunst für ihn habe: „Kunst ist Liebe.“30 Dieser Punkt korreliert mit der bereits aufgegriffenen und mit dem Topos 'Entfremdung' zentral verknüpften Thematik des Verlustgefühls der Harmonie. Dieses Gefühl der persönlichen Spaltung ist durch den gebrochenen Heimatsund Herkunftsbezug des Autors sowie der kriegerischen Spaltung Europas und der geistigen Umbrüche der Jahrhundertwende begründet. Offensichtlich versucht Goll mit diesem Appell die Neuschaffung einer emotionalen Einheit oder eine Wiederherstellung via der schöpferischen Kraft der Kunst zu propangieren. Die pazifistische Grundintention des Autors tritt hier in emotionaler Deutlichkeit zutage, Müller-Lentrodt spricht diesbezüglich vom exemplarisch auftretenden „expressionistischen Pathos Golls [. ..].“31 Das Ziel dieser durch den Künstler zu schaffenden emotionalen Einheit liegt ganz im Sinne der Pazifisten, zu denen Goll zählte,32 in der sozialen Verbrüderung des kreativen Schöpfers mit der Maße Mensch. Der Künstler ist dazu aufgerufen, seine Kunst nicht im Elfenbeinturm seiner Kleingeistigkeit zu zelebrieren, - eine klare Ablehnung der ,,individuelle[n] Verweigerungshaltung des l’art pour l’art“33 - sondern aus der Abgeschiedenheit hinaus zutreten und durch den Genius seines Schaffens jenen von den Verwerfungen der Krise der Jahrhundertwende gezeichneten Menschen das Licht der Erkenntnis durch seinen Geist, in dem die Liebe und der Friede über Grenzen hinweg wirken, zu bringen. Dieser Pazifismus ist bei Goll immer gleichbedeutend mit dem Wunsch nach universeller Verbrüderung der im Zuge des Ersten Weltkriegs in Europa heimatlos Gewordenen.
Der Appell an die Kunst ist in einem lyrischen Ton verfasst und beinhaltet keine klaren Konzeptionen oder Handlungen, welche die Verwirklichung des angesprochenen Ziels der sozialen Vereinigung durch die Liebe im Geist der Kunst konkretisieren. Matthias Müller-Lentrodt bemerkt zurecht: „Golls Linksintellektuelle Manifeste von 1917 können als Beispiel eines politisch unkonturierten Selbstverständnis des Expressionismus gelten.“34 Eben dieses Selbstverständnis des Expressionismus kann man aus der aktivistischen Note des Appells herauslesen. Der Autor verfolgt das Anliegen, durch seine Schrift eine heterogene und widersprüchliche Bewegung mitzureißen und zu intensivem künstlerischem Wirken im Dienste der Erkenntnisfindung, also der klassischen Überwindung des Althergebrachten, und der sozialen Gemeinschaftlichkeit zu bewegen.35 Goll zielt auf die Teilnahme an der ,,grundlegende[n] Erfahrung des Leidens an der Gesellschaft und den gleichzeitigen Anspruch auf eine alles umfassende Veränderung“36 ab. Es lassen sich hierin offenkundig die Tendenzen des messianischen Expressionismus erkennen, welcher „nichts Geringeres als die Erlösung der Welt, die Befreiung der Menschheit“37 fordert. Auch Yvan Goll stimmt zu Beginn seiner expressionistischen Phase mit seinem Aufruf in diese Vision mit ein. Der Dichter, durch seine Geschichte heimatlos geworden, ruft aus tiefstem Innerem zur Schaffung einer zukünftigen Heimat im Geiste der Verbrüderung auf. Dies geschieht zum einen aus dem egoistischen Bedürfnis, sich selbst wieder ein kulturelles Zuhause zu schaffen. Zum anderen entsteht dieser Wunsch aus dem mitfühlende Bedürfnis heraus, den Menschen, die ähnliches Leid erfuhren, durch den erhofften praktischen Nutzen aus der erhellenden Kraft der Kunst heraus einen neuen Rückzugsort zu schaffen oder eben den Verlust des Ursprungs vorzubeugen, bevor die Entwurzelung statt findet. Das zentrale Anliegen der Schaffung eines neuen Bewusstseins zur praktischen Befreiung des Menschen durch den Geist setzt sich auch weiterhin in Yvan Golls Schriften fort.
2.2. Briefan den verstorbenen Dichter Apollinaire - 1919
In seinem Essay Briefan den verstorbenen Dichter Apollinaire von 1919 gibt Yvan Goll, ähnlich wie im Requiem für die Gefallenen Europas, in Gestalt eines Nachrufs Einblick in seine Überlegung zum von Guillaume Apollinaire - der, ganz im Sinne eines frühzeitigen Avantgardisten, die Blüte seiner geistigen Saat als der seiner Zeit voraus Seiende selber nicht mehr erleben konnte - erdachten Surrealismus. Diese Form des Surrealismus steht, anders als der von Breton imaginierte, im von Goll sogenannten Zeichen des „Überrealismus“, es handelt sich um eine „ ,Ästhetik der Synthese' “38, Goll
[...]
1 Vgl. Berg. Phyllis: Jüdische Themen und das Hiob Schicksal im Werke Yvan Golls. Michigan, 1976. S. 13.
2 In: Pinthus, Kurt [Hrsg.]: Menschheitsdämmerung. Ein Dokument des Expressionismus. Berlin, 1920.
3 Vgl.: Knauf, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden. Bern, Berlin, Frankfurt/M, New York, Paris, Wien, 1996.
4 Papst, Walter: Yvan Goll und die Reise ins Nichts. In: Romanistisches Jahrbuch. Berlin, 1974. Band 25. S. 181.
5 Knauf, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden. Bem, Berlin, Frankfurt/M, New York, Paris, Wien, 1996. S. 34.
6 Pleiner, Christoph M.: „Du übtest mit mir das feuerfeste Lied“. Eros und Intertextualität bei Claire und Iwan Goll. Regensburg, 1998. S. 91.
7 Vgl. Berg, Phyllis: Jüdische Themen und das Hiob Schicksal im Werke Yvan Golls. Michigan, 1976. S. 13.
8 Ebenda. S. 12.
9 Ebenda. S. 1.
10 Schröder, Michaela: „...gehöre aber nur Europa“. Der Dichter Yvan Goll. Unter: http://www.kritische- ausgabe.de/sites/default/iiles/hefte/europa/schroeder.pdf. Stand 07.04.2016. S. 51.
11 Vgl. Knauf, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden. Bern, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien, 1996. S. 40.
12 Vgl. Pleiner, Christoph M.: „Du übtest mit mir das feuerfeste Lied“. Eros und Intertextualität bei Claire und Iwan Goll. Regensburg, 1998. S. 126.
13 Schröder, Michaela: „...gehöre aber nur Europa“. Der Dichter Yvan Goll. Unter: http://www.kritische- ausgabe.de/sites/default/files/hefte/europa/schroeder.pdf. Stand 07.04.2016.. S. 48.
14 Berg, Phyllis: Jüdische Themen und das Hiob Schicksal im Werke Yvan Golls. Michigan, 1976. S. 77.
15 Vgl. Schröder, Michaela: „...gehöre aber nur Europa“. Der Dichter Yvan Goll. Unter: http://www.kritische-ausgabe.de/sites/default/files/hefte/europa/schroeder.pdf. Stand 07.04.2016.: S.47. Sowie Vgl. Berg, Phyllis: Jüdische Themen und das Hiob Schicksal im Werke Yvan Golls. Michigan, 1976. S. 77.
16 Vgl. Knauf, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden. Bern, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien, 1996. S. 32.
17 Vgl. Ebenda. S. 32.
18 Ebenda. S. 212.
19 Vgl. Ebenda. S. 31.
20 Pleiner, Christoph M.: „Du übtest mit mir das feuerfeste Lied“. Eros und Intertextualität bei Claire und Iwan Goll. Regensburg, 1998. S. 92.
21 Vgl. Redeker, Horst: Zur Theorie des Modernismus-Problems. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie. Berlin, 1966. Band 14. S. 1347.
22 Vgl. Müller, Joachim: Yvan Goll im deutschen Expressionismus. Berlin, 1962. S. 16.
23 Schlendstedt, Silvia: Wegscheiden. Deutsche Lyrik im Entscheidungsfeld der Revolution von 1917 und 1918. Berlin, 1976. S. 64.
24 Vgl. Pleiner, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden.
Bern, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien, 1996. S. 91.
25 Vgl. Knauf, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden.
Bern, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien, 1996. S. 74.
26 Pleiner, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden. Bern, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien, 1996. S. 92.
27 Vgl. Müller, Joachim: Yvan Goll im deutschen Expressionismus. Berlin, 1962. S. 29.
28 Vgl. Knauf, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden. Bern, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien, 1996. S. 74.
29 Verschiedene Gedichte Golls beinhalten bereits vor Erscheinen des Appells stiltypische Merkmale des frühen, pazifistisch geprägten messianischen Expressionismus, so z.B. Panamakanal (FASSUNG !) oder auch „Requiem. Für die Gefallenen Europas.“ (1916) Der Wunsch nach einer verbrüderten, gesamteuropäischen Avantgarde Bewegung ist und bleibt bei Goll, bedingt durch den persönlichen Topos der Heimatlosigkeit besonders in seiner expressionistischen Phase, zentrales Thema.
30 Schuhmann, Klaus [Hrsg.]: Iwan Goll. Gefangen in Kreise. Leipzig, 1982. S. 293.
31 Müller-Lentrodt,Matthias: Poetik für eine brennende Welt. Zonen der Poetik Yvan Golls im Kontext der europäischen Avantgarde. Bem, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien, 1997. S. 56.
32 Vgl. Pleiner, Christoph M.: „Du übtest mit mir das feuerfeste Lied“. Eros und Intertextualität bei Claire und Iwan Goll. Regensburg, 1998. S. 87.
33 Knauf, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden. Bem, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien, 1996. S. 44.
34 Müller-Lentrodt, Matthias: Poetik für eine brennende Welt. Zonen der Poetik Yvan Golls im Kontext der europäischen Avantgarde. Bern, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien, 1997. S. 59.
35 Schlenstedt, Silvia: Wegscheiden. Deutsche Lyrik im Entscheidungsfeld der Revolution von 1917 und 1918. Berlin, 1976. 72.
36 Knauf, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden. Bem, Berlin, Frankfurt/M., New York, Paris, Wien, 1996. S. 43.
37 Ebenda. S. 45.
38 Pleiner, Christoph M.: „Du übtest mit mir das feuerfeste Lied“. Eros und Intertextualität bei Claire und Iwan Goll. Regensburg, 1998. S. 128.