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Ethische Modelle in der stationären Jugendhilfe. Ist Ethik nach Anleitung möglich?

Ethische Fragestellung in der Sozialen Arbeit

©2018 Hausarbeit 17 Seiten

Zusammenfassung

Ich arbeite seit vielen Jahren in der Kinder- und Jugendhilfe, dort müssen häufig Entscheidungen getroffen werden, die andere Menschen betreffen. Hierbei gilt es, ethisch angemessen zu entscheiden. Die Beschäftigung mit Fragen der Ethik und des moralischen Handelns führt in die Reflexion der Grundsätze des allgemeinen aber auch des eigenen Handelns und Verhaltens. Unser Verhalten wird in der Regel von Werten, Überzeugungen und Normen geleitet, die wir als natürlich richtig empfinden. Tatsächlich werden diese in der Sozialisation und Erziehung in einem konkreten zeitlich-historischen und politisch-gesellschaftlichen Rahmen erworben. So stellte sich schon den alten Philosophen die Frage, ob Werte und Normen universell gültig, also Ideale seien, oder aus den jeweils gegeben Verhältnissen und deren Anforderungen (Überleben in der Gruppe, Nützlichkeit im Sinne bestimmter Interessen …) erwachsen und so ihre Form als Konventionen erhalten.

In der Philosophie beschäftigt man sich mit dieser Thematik insbesondere unter der Fragestellung nach dem „guten Leben“, in der Kinder- und Jugendhilfe unter dem Leitgedanken des „Well-Being“ junger Menschen. Weiterhin machen wir uns stets Gedanken über Erziehungsziele, d.h. für welches Lebensfeld oder welche Lebensfelder sollen unsere Werte, Normen und moralischen Grundsätze qualifizieren. Wenn sich Werte und Normen der Herkunftsfamilie oder des Herkunftsmilieus von denen der Gesellschaft unterscheiden, müssen wir als Erzieher ebenfalls Entscheidungen treffen. Ich werde mich in dieser Arbeit mit dem Buch „Werte und Normen in der Sozialen Arbeit“ von Peter Eisenmann beschäftigen und mich unter anderem mit den Modellen, die in dem Buch beschrieben sind, mit Fokus auf die Kinder- und Jugendhilfe auseinandersetzen. Ich habe mich bewusst für die Beschreibung weniger Theorien und Ansätze entschieden, da sie mir für das Thema der Arbeit wichtiger als andere erschienen.

Leseprobe

Inhalt

1. Einleitung

2. Stationäre Jugendhilfe
2.1 Funktion
2.2 Problemstellung

3. Grundlagen der Ethik
3.1 Unterscheidung Ethik und Moral
3.2 Unterscheidung ethischer Sichtweisen
3.2.1 Die deskriptive Ethik
3.2.2 Die normative Ethik
3.2.3 Bedeutung für die soziale Arbeit
3.3 Ethik-Ansätze
3.3.1 Teleologie
3.3.2 Deontologie
3.3.3 Bedeutung für die soziale Arbeit

4. Beispiele für ethische Dilemmata aus der Praxis

5. Methoden und Modelle zur ethischen Urteilsfindung in der sozialen Arbeit
5.1 Die goldene Regel
5.2 Das 3-Stufen Modell nach H. Baum
5.3 Das 4-Schritte Modell nach V. Tschudin
5.4 Das 6-Schritte Modell nach H.-E. Tödt
5.5 Das 4-Punkte-Grundmodell

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Ich arbeite seit vielen Jahren in der Kinder- und Jugendhilfe, dort müssen häufig Entscheidungen getroffen werden, die andere Menschen betreffen. Hierbei gilt es, ethisch angemessen zu entscheiden.

Die Beschäftigung mit Fragen der Ethik und des moralischen Handelns führt in die Reflexion der Grundsätze des allgemeinen aber auch des eigenen Handelns und Verhaltens. Unser Verhalten wird in der Regel von Werten, Überzeugungen und Normen geleitet, die wir als natürlich richtig empfinden. Tatsächlich werden diese in der Sozialisation und Erziehung in einem konkreten zeitlich-historischen und politisch-gesellschaftlichen Rahmen erworben.

So stellte sich schon den alten Philosophen die Frage, ob Werte und Normen universell gültig, also Ideale seien, oder aus den jeweils gegeben Verhältnissen und deren Anforderungen (Überleben in der Gruppe, Nützlichkeit im Sinne bestimmter Interessen …) erwachsen und so ihre Form als Konventionen erhalten. In der Philosophie beschäftigt man sich mit dieser Thematik insbesondere unter der Fragestellung nach dem „guten Leben“, in der Kinder- und Jugendhilfe unter dem Leitgedanken des „Well-Being“ junger Menschen.

Weiterhin machen wir uns stets Gedanken über Erziehungsziele, d.h. für welches Lebensfeld oder welche Lebensfelder sollen unsere Werte, Normen und moralischen Grundsätze qualifizieren. Wenn sich Werte und Normen der Herkunftsfamilie oder des Herkunftsmilieus von denen der Gesellschaft unterscheiden, müssen wir als Erzieher ebenfalls Entscheidungen treffen.

Ich werde mich in dieser Arbeit mit dem Buch „Werte und Normen in der Sozialen Arbeit“ von Peter Eisenmann beschäftigen und mich unter anderem mit den Modellen, die in dem Buch beschrieben sind, mit Fokus auf die Kinder- und Jugendhilfe auseinandersetzen. Ich habe mich bewusst für die Beschreibung weniger Theorien und Ansätze entschieden, da sie mir für das Thema der Arbeit wichtiger als andere erschienen.

2. Stationäre Jugendhilfe

Im folgenden Kapitel werde ich die stationäre Kinder- und Jugendhilfe kurz skizzieren und auf ethische Problemstellungen in diesem Bereich eingehen.

2.1 Funktion

Kinder und Jugendliche benötigen für eine gute Entwicklung ein Zuhause, das ihnen Geborgenheit, Schutz und Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Durch Störungen im Zusammenleben oder der Entwicklung des Kindes bzw. Jugendlichen kann es notwendig werden, externe Hilfen in Anspruch zu nehmen. Wenn die Entwicklung des Jugendlichen in der Herkunftsfamilie massiv beeinträchtigt ist, reichen oft ambulante Angebote nicht aus. Es gibt dann die Möglichkeit einen Jugendlichen oder ein Kind extern in einer Wohngruppe unterzubringen. Gesetzliche Grundlage hierfür ist § 34 SGB VIII.

2.2 Problemstellung

Aus dieser Lage, nämlich der Aufgabe einen Menschen außerhalb seiner Familie zu erziehen, ergibt sich eine besondere Verantwortung. Es muss zwischen den Erwartungen der verschiedenen beteiligten Parteien vermittelt werden. In der stationären Kinder- und Jugendhilfe tauchen ethische Fragestellungen ganz pragmatisch und alltäglich in der Erziehungspraxis auf.

Schnell kommt man dann auf Fragen nach Begründungen und danach, ob sich die Werte und Normen, die man selbst für richtig hält, an denen man sein Handeln und Verhalten ausrichtet, auf in der eigenen Sozialisation übernommenen Werten und Normen beruhen. Häufig sind diese stark subjektiv aus eigenen Erfahrungen abgeleitet und es ist zu fragen, ob sie den Zielen der Gesellschaft dienen und ob sie den Interessen der Kinder, Jugendlichen und Familien (im Zusammenhang ihrer jeweiligen Lebensverhältnisse) gerecht werden.

3. Grundlagen der Ethik

Um Aussagen im speziellen Feld der Kinder- und Jugendhilfe zu machen, ist es zunächst wichtig, die Grundlagen zu erläutern. Nachfolgend werden die wich- tigen Begriffe Moral und Ethik voneinander abgegrenzt und verschiedene ethische Sichtweisen und Ansätze beschrieben.

3.1 Unterscheidung Ethik und Moral

Im Duden findet sich unter Moral die Beschreibung: „Gesamtheit von ethisch- sittlichen Normen, Grundsätzen, Werten, die das zwischenmenschliche Ver- halten einer Gesellschaft regulieren, die von ihr als verbindlich akzeptiert werden“. Wenn wir nach Ethik suchen, finden wir die Erklärung: „Philosophische Disziplin oder einzelne Lehre, die das sittliche Verhalten des Menschen zum Gegenstand hat; Sittenlehre, Moralphilosophie“.

Im Buch ´Werte und Normen der sozialen Arbeit´ von Peter Eisenmann befindet sich eine genaue Differenzierung beider Begriffe. Zu Ethik schreibt er: „... ist die wissenschaftliche Analyse des sittlichen Wollens und Handelns des Menschen unter Berücksichtigung personen- und situationsbedingter unterschiedlicher Gegebenheiten.“ (Eisenmann, 2012, S. 41)

Über Moral findet sich: „… entwickelt sich aus in einer bestimmten Zeit geltenden Grundsätzen und Normen, die auf Tradition, religiösen Glaubenssätzen und gesellschaftlichen Gegebenheiten beruhen und das Verhalten des Einzelnen gegenüber anderen beeinflussen.“ (Eisenmann, 2012, S. 42)

Moral bezieht sich demnach auf den konkreten Handlungsrahmen, also z.B. Normen und Regeln, diese wiederum beruhen auf Werten. Diese Werte sind vom jeweiligen Zeitgeist oder der jeweiligen Kultur abhängig.

Ethik hingegen versucht, objektive Maßstäbe zu generieren, die unter unterschiedlichen Umständen angewendet werden können. Ethik ist gewissermaßen die Wissenschaft der Moral, es geht ihr um eine theoretische Reflexion der gelebten Moral und die Reflexion bestehender Prozesse.

3.2 Unterscheidung ethischer Sichtweisen

Es gibt verschiedene ethische Sichtweisen, diese leiten sich aus verschiedenen Grundnormen ab. Im Folgenden werde ich mich auf zwei dieser Sichtweisen konzentrieren.

3.2.1 Die deskriptive Ethik

Eisenmann schreibt „Die deskriptive – oder auch empirisch genannte – Ethik bezieht sich auf Aussagen über bestehende Moralcodices, Wertordnungs- systeme und Rechtsordnungen. Zudem beschränkt sie sich auf die Beschreibung einer zu einem bestimmten Zeitpunkt existierenden Gesellschaft – also auf eine Tatsachenwelt –, die wiederum durch Werte gekennzeichnet ist. ... Diese Sichtweise beschreibt deren Entstehung und den jeweiligen Stellenwert in den verschiedenen Epochen und Kulturen, ohne durch Bewertungen und Normierungen klare Vorgaben zu machen“ (Eisenmann, 2012, S. 55).

Es werden also in der Gesellschaft objektiv geltende Normen mittels Verhaltensweisen ohne Wertung als Ist-Zustand beschrieben. Es stellt sich aber hier die Frage, ob objektiv nüchterne Beschreibungen überhaupt möglich sind, da sich die eigenen Wertvorstellungen in der Beschreibung niederschlagen werden.

3.2.2 Die normative Ethik

Hierzu ist bei Eisenmann folgendes zu finden: „… fragt nach Werten, die allseits anerkannt werden und sucht nach allgemeingültigen Normen.“ (Eisenmann, 2012, S. 57).

Ziel ist es also, allgemeingültige, universelle Prinzipien herauszuarbeiten. Im Gegensatz zur deskriptiven Ethik, thematisiert die normative Ethik den Handlungen übergeordnete Wertvorstellungen. Anhand normativer Ethik wird Verhalten ganz klar als „gut“ oder „schlecht“ gewertet. Es geht hier also nicht um ein wertfreies beschreiben, sondern um wertendes einordnen entsprechend den übergeordneten Wertvorstellungen.

3.2.3 Bedeutung für die soziale Arbeit

Soziale Arbeit orientiert sich hauptsächlich an der normativen Ethik. Der Staat und die Gesellschaft erheben klare Forderungen und machen Vorgaben. Sie hat sich an diesen zu orientieren und sie umzusetzen. Außerdem muss sich die soziale Arbeit mit Menschenrechten auseinandersetzen und diese als zentrale Maßgabe beachten. Wie in meiner Einleitung bereits angesprochen sollte sich jeder Sozialarbeiter in seiner Profession mit ethischen Fragestellungen auseinandersetzen und sein Handeln nach ethischen Gesichtspunkten reflektieren.

3.3 Ethik-Ansätze

3.3.1 Teleologie

Der Grundsatz der Teleologie lautet: „Gute Handlungen sind solche, die gute Folgen haben“. Sie ist die Lehre der Zweckmäßigkeit des Handelns bzw. des Konsequentialismus.

Hier wird der Wert nur an den Folgen der Handlung bemessen. Etwas vereinfacht könnte das mit dem Ausspruch „Der Zweck heiligt die Mittel“ beschrieben werden, wobei dies stark verkürzt ist und nicht vollumfassend dem Konsequentialismus entspricht.

Richtig ist, dass in diesem Ansatz der Blick hauptsächlich auf die Folgen des Handelns gelegt wird und dies als Bemessungsgrundlage ethischen Handelns gesehen wird. Die Grundnorm lautet: Eine Handlung wird erst durch das, was sie hervorbringt, sittlich gut (vgl. Eisenmann, 2012, S. 65-66).

3.3.2 Deontologie

Sie ist dem Konsequentialismus entgegengesetzt. Der Grundsatz lautet hier: Eine Handlung wird erst durch die innere Einstellung, aus welcher sie begangen wurde, sittlich gut. In diesem Ethik-Ansatz werden die Folgen der Handlungen weitgehend außer Acht gelassen und im Vordergrund steht die menschliche Handlung, die an Ge- und Verboten gemessen wird. (vgl. Eisenmann, 2012, S. 67-68)

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Details

Seiten
Jahr
2018
ISBN (eBook)
9783346181664
ISBN (Paperback)
9783346181671
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Zentrale
Erscheinungsdatum
2020 (Juni)
Note
2,5
Schlagworte
Ethik stationäre Jugendhilfe Rezept Grundlagen der Ethik deskriptive Ethik normative Ethik Deontologie Soziale Arbeit Goldene Regel 3-Stufen Modell 4 Schritte Modell 6 Schritte Modell Unterscheidung Ethik Moral
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