Ärzte forderten in bundesweiten Streiks im Frühjahr und Sommer diesen Jahres 30% mehr Lohn und Gehalt. Auch wenn dies eine plakative Forderung war, stellt sich die Frage: Wäre diese Forderung auch, seitens des Pflegepersonals möglich? Möglich sicherlich, denn das Pflegepersonal hat ebenso mit sich verschlechternden Arbeitsbedingungen zu kämpfen, ist demselben Kostendruck wie auch das übrigen die Gesundheitsberufe ausgesetzt. Doch wäre die Pflege ebenso mobilisierbar? Wer würde überhaupt für die Pflege in Verhandlungen treten? Welche Standesvertreter gibt es und warum scheint die Pflege keine rechte Stimme in der Öffentlichkeit zu haben? Mit diesen Fragen befasst sich diese Hausarbeit. Es geht darum, zu klären in wie weit die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen organisiert ist, welche Hemmschwellen es gibt und warum man in der Öffentlichkeit nur von der Pflege hört wenn es um Horrormeldungen in Fernsehberichten oder in Büchern wie „Abgezockt und Totgepflegt“ geht. Warum hört und liest man nichts über das was die Pflege leistet? Würden alle Pflegenden, nur für einen ganzen Tag, streiken, so würden über eine Millionen Pflegekräfte kämpfen können und damit das gesamte Gesundheitssystem kurzzeitig arbeitsunfähig machen, doch warum passiert dies nicht? Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit der Pflege selbst und klärt den zukünftigen Bedarf an Pflegeleistungen. Ebenfalls geht es um das „Gut“ Gesundheit und welche unterschiedlichen Interessenlagen es von Seiten der Akteure gibt. Im zweiten Teil werden die Machtverhältnisse geklärt und einen Einblick in die historische Entwicklung der Berufsgruppen gegeben, dabei werden insbesondere der pflegerische und der ärztliche Berufstand verglichen. Abschließend wird im dritten Teil geklärt warum Pflegende noch immer so wenig in Berufsverbänden, Standesorganisationen und Gewerkschaften organisiert sind. Ebenfalls wird versucht aufzuzeigen, welche Möglichen Auswege es aus dieser Sprachlosigkeit gibt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung in die Thematik
2 Pflege und Gesundheit
2.1 Pflege und Pflegebedarf
2.2 Gesundheit als Gegenstand unterschiedlicher Interessen
3 Die Machtverteilung und deren Hintergründe
3.1 Die Macht im Gesundheitswesen
3.2 Versorgungsbeziehungen und Akteursstrukturen im Gesundheitswesen
3.3 Geschichte und Bildung der Akteure im Gesundheitswesen
3.4 Die Bindung der Akteure an Berufsverbände
4 Auswege aus der Sprachlosigkeit
4.1 Öffentlich kommunizieren
4.2 Ausbildungskonzepte ändern
4.3 Kritisches Denken fördern
5 Abschlussbetrachtung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Internetquellen
1 Einführung in die Thematik
Ärzte forderten in bundesweiten Streiks im Frühjahr und Sommer diesen Jahres 30% mehr Lohn und Gehalt. Auch wenn dies eine plakative Forderung war, stellt sich die Frage: Wäre diese Forderung auch, seitens des Pflegepersonals möglich? Möglich sicherlich, denn das Pflegepersonal hat ebenso mit sich verschlechternden Arbeitsbedingungen zu kämpfen, ist demselben Kostendruck wie auch das übrigen die Gesundheitsberufe ausgesetzt. Doch wäre die Pflege ebenso mobilisierbar? Wer würde überhaupt für die Pflege in Verhandlungen treten? Welche Standesvertreter gibt es und warum scheint die Pflege keine rechte Stimme in der Öffentlichkeit zu haben? Mit diesen Fragen befasst sich diese Hausarbeit.
Es geht darum, zu klären in wie weit die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen organisiert ist, welche Hemmschwellen es gibt und warum man in der Öffentlichkeit nur von der Pflege hört wenn es um Horrormeldungen in Fernsehberichten oder in Büchern wie „Abgezockt und Totgepflegt“ geht. Warum hört und liest man nichts über das was die Pflege leistet? Würden alle Pflegenden, nur für einen ganzen Tag, streiken, so würden über eine Millionen Pflegekräfte kämpfen können und damit das gesamte Gesundheitssystem kurzzeitig arbeitsunfähig machen, doch warum passiert dies nicht?
Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit der Pflege selbst und klärt den zukünftigen Bedarf an Pflegeleistungen. Ebenfalls geht es um das „Gut“ Gesundheit und welche unterschiedlichen Interessenlagen es von Seiten der Akteure gibt.
Im zweiten Teil werden die Machtverhältnisse geklärt und einen Einblick in die historische Entwicklung der Berufsgruppen gegeben, dabei werden insbesondere der pflegerische und der ärztliche Berufstand verglichen.
Abschließend wird im dritten Teil geklärt warum Pflegende noch immer so wenig in Berufsverbänden, Standesorganisationen und Gewerkschaften organisiert sind. Ebenfalls wird versucht aufzuzeigen, welche Möglichen Auswege es aus dieser Sprachlosigkeit gibt.
2 Pflege und Gesundheit
Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick, wie Pflege definiert oder besser verstanden oder erklärt werden kann. Im Anschluss werden die wesentlichen Faktoren aufgezeigt, warum der Pflegebedarf in den nächsten Jahren in Deutschland steigen wird. Auf eine Erklärung des Begriffs Gesundheit wird an dieser Stelle bewusst verzichtet, jedoch gibt der Abschnitt einen guten Überblick über die beteiligten Akteure im Gesundheitswesen und deren Interessenlagen.
2.1 Pflege und Pflegebedarf
Eine einheitliche Definition vom Begriff der Pflege zu finden ist schwer, da es viele unterschiedliche Auffassungen gibt. Gemeinsam ist aber allen, dass es sich um menschliche Fähigkeiten handelt, die Bedingungen für das Überleben oder Wohlbefinden von Menschen zu sichern oder herzustellen. Diese Pflegehandlungen finden auf sich selbst statt oder sind von Mensch zu Mensch gerichtet. Je nach Zielgruppe und kulturell-geschichtlichen Zusammenhang haben sich unterschiedliche berufliche Richtungen der Pflege entwickelt. Der Begriff Pflege ist eng verbunden mit der Auffassung von sorgender Obhut und tätiger Hilfe bei den Aktivitäten des täglichen Lebens (vgl. Wied/Warmbrunn, 2003, 491). Pflege ist sehr umfassend und bezieht sich nicht nur mehr auf Kranke, sondern auch auf Menschen mit Behinderung, alte Menschen und immer mehr auch auf Gesunde. Pflege wird in unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten sowie unterschiedlichen Settings durchgeführt (vgl. Böhme/Hasseler, 2006, 664 ff.). Dies bedeutet neue Versorgungsstrukturen und Handlungsfelder für die Pflege, insbesondere im Bereich Prävention, Gesundheitsförderung und Beratung (vgl. Görres, 2004, 112).
Aufgrund dieser Komplexität die die Pflege leisten muss, ist auch verständlich, dass der Pflegebedarf in den nächsten Jahren steigen wird. Als weitere Gründe, neben der Komplexität des Berufsfeldes sind folgende große Trends hervorzuheben: 1.
Die Morbidität nimmt zu und Mortalität sinkt gleichzeitig, einer der Hauptgründe ist der medizinische Fortschritt; 2. Chronisch-degenerative Erkrankungen nehmen zu; 3. Der demographischer Wandel, d.h. Bevölkerungspyramide verändert sich, der Anteil der jungen Bevölkerung geht noch weiter zurück, wohin gegen die Lebenserwartung immer weiter steigt; 4. Sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen, was bedeutet, dass sozial schwächer Gestellte weniger Geldmittel für die Gesundheit zur Verfügung haben; 5. Der Wertewandel in der Gesellschaft, zu einem individuell bestimmten Leben; sowie 6. der Strukturwandel in im Gesundheitswesen, welcher hauptsächlich Ökonomische Gründe hat, die mit einem Kostendruck auf die Leistungsanbieter verbunden sind. Diese Gründe haben Auswirkungen auf das Gesundheitssystem und den Interventionsbedarf (vgl. Reinhart, 2003, 105ff.; Rosenbrock/Gerlinger, 2004, 39ff.).
Durch die Komplexität des Feldes, kommt der Pflege somit eine Schlüsselfunktion zu. Nur wenn die Pflege ihren Anforderungen nachkommen kann ist eine langfristige Verbesserung der Gesundheitsleistungen und damit des Outcomes möglich. Ebenfalls ist nur mit der Pflege eine spürbare Verbesserung der Effizienz im Gesundheitswesen zu erwarten. Welche dann den Nutzern zugute kommen wird (vgl. Rosenbrock/Gerlinger, 2004, 189ff.; Görres, 2004, 108ff.).
Die Pflege hat sich inzwischen zu einem boomenden Markt entwickelt, dies ist nicht zu bestreiten. Allein zwischen den Jahren 1993 und 1998 nahm die Zahl der Beschäftigten (Pflege- und Verwaltungspersonal) in Pflegeeinrichtungen um fast ein Drittel zu. Jedoch ist bei diesen Zahlen kritisch anzumerken, dass es darunter sehr viele Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte gibt. Dies gilt vor allem für den pflegerischen Tätigkeitsbereich. Gleichzeitig ist die Fluktuation aus dem Beruf noch immer sehr hoch (vgl. Rosenbrock/Gerlinger, 2004, 203 ff.).
2.2 Gesundheit als Gegenstand unterschiedlicher Interessen
Die Akteure im Gesundheitswesen orientieren sich bei ihren Handlungen darauf die vorhandene Macht zu erhalten und diese weiter auszubauen. Unterschiedliche Interessen der Akteure im Gesundheitswesen führen zu einer Spannung unter den Berufsgruppen. Denn die Berufsgruppen haben verschieden Zielhorizonte. Hierbei können zwischen ökonomischen Zielen und gesundheitlichen Zielen unterschieden werden. Zwar verfolgen die Berufsgruppen durchaus beide Ziele, jedoch mit anderen Schwerpunktsetzungen (vgl. Rosenbrock/Gerlinger, 2004, 19 ff.).
Die Politik, die die rechtlichen Rahmen setzen muss betrachtet beispielsweise eine Akademisierung der Pflege und dabei insbesondere eine akademische Erstausbildung an Fachhochschulen durchaus skeptisch, da befürchtet werden muss, dass dieser Trend die Türen für andere Gesundheitsberufe öffnen könnte. Was wiederum eine erhebliche Verschiebung der Strukturen zur Folge haben könnte und ebenfalls finanzielle Mehrbelastungen für die Haushalte von Bund und Ländern (vgl. Reinhart, 2003, 106). Dem gegenüber steht die Position von Schwerdt (2004, 293) die von einem Innovations- und Qualitätsentwicklungsdruck spricht, der von politischer Seite forciert wurde. Als positive Beispiele nennt sie die Pflegeversicherung und die bundesweit einheitliche Pflegeausbildung nach dem Krankenpflege- und Altenpflegegesetz.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Pflege eine bedeutende Schnittstelle im Gesundheitswesen darstellt, die einen ansteigenden Bedarf schultern muss. Dabei arbeitet sie mit verschiedenen anderen Akteuren zusammen. Im Interesse aller Akteure stehen die Nutzer von Gesundheitsleistungen.
Im nächsten nun folgenden Abschnitt werden die Machtverhältnisse näher untersucht.
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