Dieser Unterrichtsentwurf wurde im Rahmen der schulpraktischen Studien erstellt und durchgeführt. Das Thema "Personaleinstellung" richtet sich an eine Klasse der Handelsschule, ist aber auch in anderen Schulformen durchführbar. In dieser Unterrichtseinheit müssen die Schülerinnen und Schüler selbstständig in Gruppen einen Auszubildenden/eine Auszubildende für den Ausbildungsberuf Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel auswählen. Es wird angenommen, dass die Schülerinnen und Schüler in einem Einzelhandelsunternehmen arbeiten und für die Chefin die Bewerberauswahl durchführen. Dabei durchlaufen sie die einzelnen Schritte eines Personalauswahlverfahrens von der Bewertung der Bewerbungen über die Führung der Bewerbungsgespräche bis zur Auswahl eines geeigneten Bewerbers.
In dem Unterrichtsentwurf werden die nicht beeinflussbaren und beeinflussbaren Bedingungs- und Entscheidungsbereiche des Implikationszusammenhanges, die Merkmale einer Lernsituation, der Unterrichtsinhalt, die Unterrichtssequenzen und die Förderung der beruflichen Handlungskompetenz sowohl wirtschaftspädagogisch als auch thematisch beleuchtet. Nach der Erläuterung der Unterrichtsdurchführung schließt dieser Unterrichtsentwurf mit einer Reflexion. Ein Literaturverzeichnis rundet den Unterrichtsentwurf ab.
Inhaltsverzeichnis
1 Implikationszusammenhang
1.1 Nicht beeinflussbare Bedingungs- und Entscheidungsbereiche
1.1.1 Sozio-kulturelle Voraussetzungen
1.1.2 Anthropologisch-psychologische Voraussetzungen
1.2 Beeinflussbare Bedingungs- und Entscheidungsbereiche
1.2.1 Intention
1.2.2 Thematik
1.2.3 Methodik
1.2.3.1 Motivationsphase
1.2.3.2 Aktionsphase
1.2.3.3 Reflexionsphase
1.2.4 Medien
2 Lernsituation
2.1 Merkmale einer Lernsituation
2.1.1 Handlungsrahmen
2.1.1.1 Personen und ihre Rollen
2.1.1.2 Problemstellung
2.1.1.3 Informationen
2.1.2 Handlungsablauf bzw. Handlungsprozess
2.1.2.1 Probleme erkennen
2.1.2.2 Lösungswege entwickeln
2.1.2.3 Lösungswege überprüfen
2.1.3 Handlungsergebnis
2.1.3.1 Dokumentation
2.1.3.2 Präsentation
3 Inhalte
4 Sequenzen
4.1 Sequenz 1: Entscheiden, wen man zum Vorstellungsgespräch einlädt
4.2 Sequenz 2: Die Entscheidung präsentieren
4.3 Sequenz 3: Das Vorstellungsgespräch führen
4.4 Sequenz 4: Entscheiden, wem man den Ausbildungsplatz anbieten wird
5 Förderung der beruflichen Handlungskompetenz
5.1 Fachkompetenz
5.2 Personalkompetenz
5.3 Sozialkompetenz
5.4 Methodenkompetenz
5.5 Sprach- und Textkompetenz
5.6 Ethische Kompetenz
5.7 Medienkompetenz
6 Synoptische Darstellung des Unterrichtsversuches
7 Unterrichtsdurchführung
7.1 Phase 1
7.2 Phase 2
7.3 Phase 3
7.4 Phase 4
7.5 Phase 5
7.6 Phase 6
7.7 Phase 7
8 Reflexion
Literaturverzeichnis
Anhang 1: Didaktische Jahresplanung für das Berufsgrundschuljahr des XXX-Berufskollegs
Anhang 2: Arbeitsblätter für die Klasse XXX
Anhang 3: Rollenkarten der Bewerberinnen und Bewerber
Unterrichtsentwurf:
Betriebswirtschaftslehre mit Rechnungswesen
Thema: Personaleinstellung
Am Dienstag, den XX.XX.XXXX, werde ich in der 3. und 4. Stunde in der Klasse XXX im Fach Betriebswirtschaftslehre mit Rechnungswesen meinen Unterricht durchführen. Im Vorfeld wurde mir eine Kopie der didaktischen Jahresplanung[1] des Berufsgrundschuljahres am XXX–Berufskolleg in XXX gegeben. Dieser Unterrichtsversuch orientiert sich an dem Thema „Personaleinstellung“.
1 Implikationszusammenhang
Der Implikationszusammenhang[2] ist die Wechselwirkung zwischen den Bereichen Zielgruppe, Intention, Thematik, Medien und Methodik. Dabei wird zwischen beeinflussbaren und nicht beeinflussbaren Bedingungs- und Entscheidungsbereichen unterschieden. Jeder Bedingungs- und Entscheidungsbereich muss auf die anderen Bereiche abgestimmt sein. Ändert man einen Bereich, so muss man die anderen Bedingungs- und Entscheidungsbereiche daraufhin abstimmen.
1.1 Nicht beeinflussbare Bedingungs- und Entscheidungsbereiche
Die Zielgruppe zählt zu den nicht beeinflussbaren Bedingungs- und Entscheidungsbereichen, die sich in sozio–kulturellen und die anthropologisch-psychologischen Voraussetzungen aufteilen.
1.1.1 Sozio–kulturelle Voraussetzungen
Diese Klasse besuchen 10 Schülerinnen und 10 Schüler. An dem Tag, an dem ich die Fragebögen für den Erkundungsauftrag habe ausfüllen lassen, waren nur 9 Schülerinnen und 8 Schüler anwesend. Sie sind zwischen 17 und 20 Jahre alt und wohnen in XXX. Sie sind türkischer, russischer, armenischer, polnischer, deutscher und griechischer Abstammung. Viele Schülerinnen und Schüler haben daher erhebliche sprachliche Schwierigkeiten. Die meisten Väter und Mütter arbeiten in einer Angelernten- oder Facharbeiterposition. Zwei Schülerinnen bzw. Schüler sind verheiratet und haben schon jeweils ein Kind. Alle haben bisher den Hauptschulabschluss erreicht. Fast die Hälfte der Schülerinnen bzw. Schüler besuchen diesen Bildungsgang, weil sie keine Lehrstelle bekommen haben und die Hälfte dieser Klasse erhofft sich nach einem erfolgreichen Abschluss dieses Bildungsganges eine Ausbildung im Dualen System absolvieren zu können.
1.1.2 Anthropologisch-psychologische Voraussetzungen
Die Schülerinnen und Schüler haben nur eine sehr geringe Fähigkeit und Bereitschaft an dem Unterrichtsgespräch teilzunehmen. Verglichen mit anderen Klassen der Berufsgrundschule weist diese Klasse einen durchschnittlichen Leistungs- und Begabungsstand auf. Sie haben ein schlechtes Arbeitsverhalten und deren Konzentrationsfähigkeit ist sehr schlecht ausgeprägt. Es existiert kein erkennbares Lerntempo. Hin und wieder leisten die Schülerinnen und Schüler Transferleistungen, indem sie zum Beispiel passende Beispiele aus ihrem Privatleben zu dem jeweiligen Unterrichtsthema anbringen. In dieser Klasse wird ständig auf die individuellen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler eingegangen und deren Interessen werden im Unterricht, wann immer es möglich ist, berücksichtigt.
1.2 Beeinflussbare Bedingungs- und Entscheidungsbereiche
Zu den beeinflussbaren Bedingungs- und Entscheidungsbereichen zählen die Intention, Thematik, Medien und Methoden.
1.2.1 Intention
„Ein Ziel ist die Beschreibung des gewünschten Ergebnisses eines Lehr-Lern-Prozesses.“[3]
In meinem Unterrichtsversuch möchte ich erreichen, dass die Schülerinnen und Schüler einen Überblick über den Ablauf einer Personaleinstellung bekommen und dabei eigene Personalentscheidungen treffen und diese vor ihren Mitschülerinnen und Mitschülern begründen und verteidigen.
1.2.2 Thematik
Die Thematik kann man auch als Unterrichtsinhalt beschreiben. „Unterrichtsinhalte sind die am Unterrichtsgegenstand gewonnenen, von Lehrern und Schülern gemeinsam erzeugten Sinngebungen.“[4]
Die Thematik dieses Unterrichtsversuchs erstreckt sich über Entscheidungskriterien bei Bewerbungen, Inhalte eines Vorstellungsgespräches und personalwirtschaftliche Entscheidungen.
1.2.3 Methodik
„Unterrichtsmethoden sind die Formen und Verfahren, mit denen Lehrende und Lernende die sie umgebende natürliche und gesellschaftliche Wirklichkeit im Unterricht vermitteln und sich aneignen.“[5]
Für meinen Unterrichtsversuch habe ich mich für ein Rollenspiel entschieden. „Das Rollenspiel bietet als Lernstrategie die Möglichkeit, Lernprozesse als Spielhandlungen zu gestalten und ausgewählte Konflikt- und Entscheidungssituationen des gesellschaftlichen Lebens zu simulieren. (...) Mithilfe des Rollenspiels als didaktisch-methodischem Mittel wird im Unterricht angestrebt,
- den Schüler mit Konfliktsituationen des Arbeits-, Berufs- und Wirtschaftslebens vertraut zu machen,
- ihn zu befähigen, Konflikte zu meisten,
- auf Konfliktsituationen angemessen zu reagieren.“[6]
Ich werde mich dieser handlungsorientierte Methode bedienen, damit die Schülerinnen und Schüler sich in realitätsnahen Spielsituationen erproben können, ohne dass sie bei einem Fehlverhalten Sanktionen befürchten müssen.[7]
In diesem Unterrichtsversuch wird mithilfe des Rollenspiels die soziale und berufliche Wirklichkeit dargestellt. Die Schülerinnen und Schüler haben somit die Möglichkeit sich auf eine bestimmte Rolle des beruflichen Alltags vorzubereiten. Mithilfe des Rollenspiels werden bestimmte Kompetenzen[8] der Schülerinnen und Schüler gefördert.
Der Verlauf des Rollenspiels wird nach Motivations-, Aktions- und Reflexionsphase unterschieden.[9] Nachfolgend werde ich die verschiedenen Phasen stichpunktartig den Abläufen zuordnen.
1.2.3.1 Motivationsphase
- Spielanlass: Bewerbung um einen Ausbildungsplatz als Kauffrau bzw. Kauffrau im Einzelhandel bei einem Textilwarengeschäft
- Rollenübertragung: die ausgewählten Schülerinnen und Schüler bekommen Rollenkarten
1.2.3.2 Aktionsphase
- Spielsituation: die ausgewählten Schülerinnen und Schüler befinden sich in der Rolle der Bewerber, während ich die Rolle der Geschäftsführerin, die das Vorstellungsgespräch führen wird, übernehmen werde
1.2.3.3 Reflexionsphase
- Feedback im Anschluss an die Vorstellungsgespräche geben
- Entscheidung für eine Bewerberin bzw. einen Bewerber
1.2.4 Medien
Während des Unterrichtsversuchs werde ich Aufgabenblätter, die Tafel und Rollenkarten für die Vorstellungsgespräche benutzen.
2 Lernsituation
Peter F. E. Sloane beschreibt Lernsituationen wie folgt: „Unter Lernsituationen kann man komplexe Lehr-/Lernarrangements oder komplexe Unterrichtseinheiten verstehen. Lernsituationen sind die exemplarische unterrichtliche Konstruktion von Handlungsfeldern. In ihnen werden Fachinhalte (Fachtheorien) in einen Anwendungszusammenhang gebracht.“[10]
Eine Lernsituation stellt somit in einem komplexen Lehr-/Lernarrangement den Lerngegenstand dar. Sie fordern den Einsatz spezifischer Lern- und Arbeitsstrategien, wie zum Beispiel selbstständig Texte zu erarbeiten oder Internetrecherchen durchzuführen. Im Mittelpunkt steht stets das Lernen der Schülerinnen und Schüler als problembezogenes Handeln. Eine individuelle Auseinandersetzung mit subjektiv bedeutungsvollen, praktischen und konkret situierten Problemstellungen ist möglich.
Ich habe eine Lernsituation entwickelt, die die Schülerinnen und Schüler in die Rolle von Angestellten in einem Textilwarengeschäft hineinversetzt. Zum 1. August 2006 soll eine Auszubildende bzw. ein Auszubildender zur Kauffrau bzw. zum Kaufmann im Einzelhandel eingestellt werden. Auf eine in der Städtischen Landeszeitung geschaltete Stellenanzeige sind vier Bewerbungen eingegangen.[11]
Ich habe mich für diese Lernsituation entschieden, weil die Schülerinnen und Schüler selber zum 1. August 2006 eine Lehrstelle suchen und sich momentan bewerben. Somit ist diese Lernsituation sehr realitätsnah. Sie sollen sich in die Rolle der Angestellten und für die Geschäftsführerin die Vorauswahl der Bewerber treffen. Dabei sollen sie die Schwierigkeiten erkennen, die man hat, wenn man eine geeignete Bewerberin bzw. einen geeigneten Bewerber aussuchen muss. Die Schülerinnen und Schüler sollen selber Kriterien entwickeln, nach denen sie die Zeugnisse bewerten. Da neben zwei fiktiven Zeugnissen[12] von der Berufsgrundschule auch zwei fiktive Zeugnisse von der Höheren Handelsschule ausgeteilt werden, soll den Schülerinnen und Schülern deutlich werden, wie groß die Konkurrenz ist, und wie wichtig es ist, einen guten Abschluss, also eine gute Durchschnittsnote, zu erreichen.
2.1 Merkmale einer Lernsituation
Der Handlungsrahmen, der Handlungsprozess und das Handlungsergebnis sind Merkmale einer Lernsituation.
2.1.1 Handlungsrahmen
„Der Handlungsrahmen schildert bzw. vermittelt die Handlungssituation, die den Lernern zu Beginn angeboten wird bzw. die sie sich erschließen müssen. Er kann über drei zentrale ‚Stellschrauben’ gestaltet werden: Problemstellung, Personen und Informationen.“[13] Der Handlungsrahmen stellt somit den Lernkontext dar.
2.1.1.1 Personen und ihre Rollen
„Die handelnden Personen sind in der Regel die ersten Elemente, die bei der Konstruktion einer Lernsituation entschieden werden. Hier ist einerseits die Vertrautheit mit den Rollen zu erwähnen, andererseits wird darüber die soziale Dimension der Situation umrissen.“[14]
Die Schülerinnen und Schüler befinden sich in der Rolle von Angestellten des Textilwarengeschäftes „BASIC“ in XXX.
2.1.1.2 Problemstellung
„In der Problemstellung muss neben der Problemstruktur auch die Komplexität des Problems dargestellt werden.“[15]
Die Schülerinnen und Schüler entscheiden anhand eigener Kriterien, welche zwei Bewerberinnen bzw. Bewerber sie aus den vier Bewerbungen auswählen und sie zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Danach führen sie diese zwei Vorstellungsgespräche in der Rolle der Bewerber durch und treffen eine Entscheidung.
2.1.1.3 Informationen
„Bei den Informationen müssen die Wahrscheinlichkeit, mit der die Informationen zutreffend sind, und auch die Relevanz der Probleme dargestellt werden.“[16]
Letzten Samstag ist im Städtischen Landeszeitung eine Stellenanzeige geschaltet worden. Es sind vier Bewerbungen eingetroffen. Die Zeugnisse der Bewerberinnen und Bewerber und Informationen über sie liegen vor.
[...]
[1] Anhang 1
[2] Vgl. Blankertz (1991), S. 94-101.
[3] Jank / Meyer, (2002), S. 51.
[4] Jank / Meyer (2002), S. 53.
[5] Jank / Meyer (2002), S. 54.
[6] Kaiser / Kaminski (1999), S. 157 f.
[7] Vgl. Kaiser / Kaminski (1999), S. 159.
[8] Vgl. 5 Förderung der beruflichen Handlungskompetenz.
[9] Vgl. Kaiser / Kaminski (1999), S. 160.
[10] Sloane (2001), S. 198.
[11] Anhang 2.
[12] Anhang 2.
[13] Buschfeld (2005).
[14] Buschfeld (2005).
[15] Buschfeld (2005).
[16] Buschfeld (2005).