Ulrich Beck und Fischer Kowalski: Theorien zur Umweltsoziologie
Zusammenfassung
Was ein Risiko ist, kennen wir aus den Artikeln der Zeitungsseiten, die früher unter der Rubrik „Unfälle und Verbrechen“ standen. Ein Verbrechen ist ein Ereignis, das in einer schlecht verlaufenen Risikolage eintreffen kann. Ein Risiko kann so auch durch eine soziale Handlungslage ausgelöst werden, nicht ausschließlich durch technische Unvollkommenheit oder Naturkatastrophen.
Man hat an jeweils Beides zu denken. An Technik und Gesellschaft sowie an Natur und Gesellschaft, wenn von einer Häufung der Risiken in den letzten Jahrzehnten gesprochen wird.
„Systematisch argumentiert, beginnen sich gesellschaftsgeschichtlich früher oder später in der Kontinuität von Modernisierungsprozessen die sozialen Lagen und Konflikte einer ‘reichtumsverteilenden’ mit denen einer ‘risikoverteilenden’ Gesellschaft zu überschneiden. In der Bundesrepublik stehen wir – das ist meine These – spätestens seit den siebziger Jahren am Beginn dieses Übergangs. . Das heißt: hier überlagern sich beide Arten von Themen und Konflikten. Wir leben noch nicht in einer Risikogesellschaft, aber auch nicht mehr nur in Verteilungskonflikten der Mangelgesellschaften. In dem Masse, in dem dieser Übergang vollzogen wird, kommt es dann wirklich zu einem Gesellschaftswandel, der aus den bisherigen Kategorien und Bahnen des Denkens und Handelns herausführt.“ (Beck,1986, 27)
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Das Risiko in der Modernen Gesellschaft oder die Risikogesellschaft
2. Risikobewusstsein und Solidaritätsgefühl
3. Das pyramidale und unbegrenzte Netz
4. Becks Modernisierung
5. Risiken
1. Das Risiko in der Modernen Gesellschaft oder die Risikogesellschaft
Was sind eigentlich die Risiken, auf welche Ulrich Beck seine Gesellschaftstheorie in dem Buch: „Die Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine neue Moderne“, begründet? Welche Probleme verursachen sie? Woher kommen sie? Was ein Risiko ist, kennen wir aus den Artikeln der Zeitungsseiten, die früher unter der Rubrik „Unfälle und Verbrechen“ standen. Ein Verbrechen ist ein Ereignis, das in einer schlecht verlaufenen Risikolage eintreffen kann. Ein Risiko kann so auch durch eine soziale Handlungslage ausgelöst werden, nicht ausschließlich durch technische Unvollkommenheit oder Naturkatastrophen. Man hat an jeweils Beides zu denken. An Technik und Gesellschaft sowie an Natur und Gesellschaft, wenn von einer Häufung der Risiken in den letzten Jahrzehnten gesprochen wird.
„Systematisch argumentiert, beginnen sich gesellschaftsgeschichtlich früher oder später in der Kontinuität von Modernisierungsprozessen die sozialen Lagen und Konflikte einer ‘reichtumsverteilenden’ mit denen einer ‘risikoverteilenden’ Gesellschaft zu überschneiden. In der Bundesrepublik stehen wir – das ist meine These – spätestens seit den siebziger Jahren am Beginn dieses Übergangs. Das heißt: hier überlagern sich beide Arten von Themen und Konflikten. Wir leben noch nicht in einer Risikogesellschaft, aber auch nicht mehr nur in Verteilungskonflikten der Mangelgesellschaften. In dem Masse, in dem dieser Übergang vollzogen wird, kommt es dann wirklich zu einem Gesellschaftswandel, der aus den bisherigen Kategorien und Bahnen des Denkens und Handelns herausführt.“ (Beck,1986, 27)
So lautet die These von Beck, dass die Häufung der Risiken so sehr zugenommen hat, dass sie in ihrem Wirkungsverhältnis bezüglich der Gesellschaftsstruktur mit demjenigen des Reichtums konkurriert. Nun stellt sich die Frage, ob die Risikohäufung auf die Gesellschaftsform einwirkt oder diese die Risiken verursacht. Mit dem Ausdruck des Wirkungsverhältnisses wird die Beantwortung der Frage noch offen gelassen. Die Qualität der Risiken bringt Beck in dem Zusammenhang dessen, was er Modernisierung nennt.
Die Modernisierungsrisiken treten zugleich ortspezifisch und unspezifisch universell auf, und die verschlungenen Wege ihrer Schadens-Einwirkung sind unberechenbar und unvorhersehbar.
„In Modernisierungsrisiken wird also inhaltlich-sachlich, räumlich und zeitlich Auseinanderliegendes kausal zusammengezogen und damit im übrigen zugleich in einen sozialen und rechtlichen Verantwortungszusammenhang gebracht. Kausalitätsvermutungen entziehen sich aber – wie wir spätestens seit Hume wissen – prinzipiell der Wahrnehmung. Sie sind Theorie. Sie müssen immer hinzugedacht, als wahr unterstellt, geglaubt werden. Auch in diesem Sinn sind Risiken unsichtbar. Die unterstellte Kausalität bleibt immer mehr oder weniger unsicher und vorläufig. In dieser Bedeutung handelt es sich auch beim alltäglichen Risikobewusstsein um ein theoretisches und damit um ein verwissenschaftlichtes Bewußtsein.“ (Beck, 1986, 36f)
Da die Risiken nicht ohne weiteres sichtbar sind, ist das Bewusstsein von ihnen bedeutsam. Zu den Effekten der Risiken gehören nicht nur eine durch Angst geprägte Bewusstseinslage, sondern individuelle, gruppenspezifische und gesamtgesellschaftliche Aktivitäten beziehungsweise die Aktivitäten von solchen.
„Wir werden heute aktiv, um die Probleme oder Krisen von morgen und übermorgen zu verhindern, abzumildern, Vorsorge zu leisten – oder eben gerade nicht. In Modellrechnungen ‘prognostizierte’ Arbeitsmarktengpässe wirken unmittelbar auf das Bildungsverhalten zurück; antizipierte, drohende Arbeitslosigkeit ist eine wesentliche Determinante der gegenwärtigen Lebenslage und Lebensbefindlichkeit; die prognostizierte Zerstörung der Umwelt und die atomare Bedrohung versetzen eine Gesellschaft in Unruhe und vermögen große Teile der jungen Generation auf die Straße zu treiben.“ (Beck, 1986, 44f)
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