Diese Diplomarbeit soll die aktuelle, emotional geführte Diskussion um die optimale Forschungs- und Technologiepolitik versachlichen helfen.
Hierzu wird zunächst untersucht, inwiefern überhaupt staatliche Eingriffe in die Forschung und Entwicklung notwendig sind und wie sie auf Basis von klassischen
Marktversagenstatbeständen gerechtfertigt werden können. Um über die Effizienz
staatlicher Eingriffe urteilen zu können, werden daraufhin mögliche Ursachen eines
Staatsversagens beleuchtet. Aufbauend auf den Ursachen für das Marktversagen in der FuE sollen dann, unter Einbezug der Möglichkeit eines Staatsversagens allgemeine Aussagen über die optimale Ausgestaltung staatlicher Maßnahmen zur Erreichung eines optimalen FuE-Niveaus abgeleitet werden. Ziel des zweiten Kapitels ist es der Frage nachzugehen, inwieweit der neoklassische Ansatz des Marktversagens einen geeigenten Rahmen zur Ableitung forschungs- und technologiepolitischer Maßnahmen darstellt. Hierzu wird der neoklassische Ansatz kritisch aus der Sicht der evolutorischen Ökonomik - einem neueren Ansatz zur Ableitung staatlicher Forschungs- und Technologiepolitik, dessen Konzepte in der Praxis zunehmend Berücksichtigung finden – beleuchtet. Wie die deutsche Forschungs- und Technologiepolitik letztlich in der Praxis ausgestaltet wird und wie diese vor dem Hintergrund der vorgestellten Theorie zu beurteilen ist, sollen vor dem abschließenden Fazit die Kapitel 4 und 5 verdeutlichen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wohlfahrtstheoretische Rechtfertigung staatlicher FuT-Politik
2.1 Der „ideale Markt“ der paretianischen Wohlfahrtsökonomik
2.2 Marktversagen und seine Ursachen
2.2.1 Positive Externalitäten von FuE-Aktivitäten
2.2.2 Technologisches Wissen als öffentliches Gut
2.2.3 Unteilbarkeiten und technische Großrisiken
2.2.4 Risikoscheue, Unsicherheit und Informationsasymmetrien
2.3 Staatsversagen und seine Ursachen
2.3.1 Eigeninteressen politischer Entscheidungsträger
2.3.2 Informations- und Effizienzprobleme
2.4 Zwischenfazit
3. Kritik am Ansatz des Marktversagens und evolutorische Sicht
3.1 Allgemeine Kritik am Modell der vollständigen Konkurrenz
3.1.1 Nirwana-Vorwurf
3.1.2 Statische Natur der Analyse
3.2 Neoklassik vs. Evolutorik
3.2.1 Evolutorische Kritik an der neoklassischen Theorie
3.2.2 (Vermeintliches) Marktversagen - Neoklassik vs. Evolutorik
3.2.3 Zur Natur von Innovationsprozessen - Neoklassik vs. Evolutorik
4. Die bundesdeutsche Forschungs- und Technologiepolitik
4.1. Einführung
4.1.1. Evolution der bundesdeutschen FuT-Politik bis heute
4.1.2. Ziele der bundesdeutschen FuT-Politik
4.1.3. Wichtige Begriffe der FuT-Politik
4.2. Instrumente der bundesdeutschen FuE-Förderung
4.2.1. Projektförderung
4.2.2. Institutionelle Förderung
4.3. Niveau und Struktur der bundesdeutschen FuE-Förderung
4.3.1. FuE-Ressourcen im Überblick
4.3.2. FuE-Ausgaben des Bundes nach Förderarten
4.3.3. FuE-Ausgaben des Bundes nach Forschungsbereichen
4.4. Die Förderung von FuE in der Wirtschaft
4.4.1. Die Förderung von FuE in der Wirtschaft insgesamt
4.4.2. Die Förderung von FuE und Innovationen in KMU
4.4.2.1. Förderlinie „Innovation“
4.4.2.2. Förderlinie „Forschungskooperation“
5. Kritische Würdigung der staatlichen FuT-Politik und einzelner Maßnahmen
5.1 Die Intensität der staatlichen Einflussnahme
5.2 Ökonomische Würdigung der staatlichen FuT-Politik vor dem Hintergrund
5.1.1 ...des Marktversagensansatzes
5.1.2 ...des evolutorischen Ansatzes
5.3 Probleme selektiver FuT-Politik
5.3.1 Ökonomische Begründung selektiver FuT-politischer Maßnahmen?
5.3.2 Probleme selektiver FuT-politischer Maßnahmen
5.3.2.1 Mitnahmeeffekte
5.3.2.2 Wettbewerbsverzerrung und gesamtwirtschaftliche Flexibilitäts- und Anpassungsfähigkeitsverluste
6. Fazit
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: BAFE 2002 nach durchführenden und finanzierenden Sektoren (in Mio. Euro)
Tabelle 2: Ausgaben des Bundes für Forschung und Entwicklung nach Förderungsarten
Tabelle 3: Anteile der Förderbereiche an den Ausgaben des Bundes 1993-2003 (in %)
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Externe Erträge der Forschung und ihre Kompensation
Abbildung 2: Das lineare Modell des Innovationsprozesses
Abbildung 3: Das vernetzte Modell des Innovationsprozesses
Abbildung 4: Etappen der Forschungs- und Technologiepolitik
Abbildung 5: Staatliche Finanzierung von FuE in der Wirtschaft in Deutschland 1981-1999
1. Einleitung
Wie die folgenden Auszüge aus der Haushaltsdebatte vom 29.03.2006 zeigt, wird die Diskussion um die richtige Forschungs- und Technologiepolitik in Deutschland durchaus emotional geführt. [...]
- Beifall bei der SPD -
Dr. Guido Westerwelle (FDP): Ein bisschen Beifall, Herr Kauder! Er ist doch jetzt auch Ihrer!
Dirk Niebel (FDP): Genau! Das war doch eine ordentliche Leistung! Da können Sie doch wohl mal klatschen!
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt der Kollege Fritz Kuhn vom Bündnis 90/Die Grünen.
Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich möchte etwas zum Thema Wirtschaft und Innovationen sagen. Auf diesem Gebiet sind Sie richtig schwach. Sie stellen für vier Jahre 6 Milliarden Euro für die Forschung zur Verfügung. Eine kleine Bemerkung am Rande: In Deutschland geben wir jedes Jahr 6 Milliarden Euro für Agrarsubventionen aus. - Aber ansonsten beschließen Sie in diesem Bereich Kürzungen. Der EU-Finanzkompromiss im Dezember bedeutet nichts anderes als eine Kürzung der Mittel für Forschung und Wissenschaft auf europäischer Ebene. Sie, liebe Frau Merkel, haben dem zugestimmt.
[...]
- Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel.
- Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
[...]
Ich möchte nun drittens zu dem aus meiner Sicht in der Tat zentralen Punkt Forschung und Innovationen kommen. Da stellt sich die Frage: Wo sind wir besser als andere, damit wir unseren Lebensstandard halten können? Herr Kuhn, Sie müssen doch neidlos anerkennen, dass wir in den nächsten vier Jahren 6 Milliarden Euro mehr für Forschung und Entwicklung ausgeben.
[...]
Wir haben zwar die Erhöhung um 6 Milliarden Euro beschlossen - ich hoffe, dass uns das Parlament mehrheitlich dabei folgt -, aber wir haben noch keine klar ausgearbeitete Strategie. Deshalb befassen wir uns im Rahmen eines unserer Projekte für die zweite Etappe mit der Frage, an welcher Stelle wir diesen Beitrag in Höhe von 6 Milliarden Euro ausgeben müssen, damit am Ende der Legislaturperiode Deutschland insgesamt 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung ausgibt. Diese Sache ist noch nicht in trockenen Tüchern, weil auf jeden Euro der öffentlichen Hand 2 Euro privater Investitionen der Wirtschaft folgen müssen.
[...]
Diese Diplomarbeit soll deshalb die Diskussion um die optimale Forschungs- und Technologiepolitik versachlichen helfen.
Hierzu wird zunächst untersucht, inwiefern überhaupt staatliche Eingriffe in die Forschung und Entwicklung notwendig sind und wie sie auf Basis von klassischen Marktversagenstatbeständen gerechtfertigt werden können. Um über die Effizienz staatlicher Eingriffe urteilen zu können, werden daraufhin mögliche Ursachen eines Staatsversagens beleuchtet. Aufbauend auf den Ursachen für das Marktversagen in der FuE sollen dann, unter Einbezug der Möglichkeit eines Staatsversagens allgemeine Aussagen über die optimale Ausgestaltung staatlicher Maßnahmen zur Erreichung eines optimalen FuE-Niveaus abgeleitet werden.
Ziel des zweiten Kapitels ist es der Frage nachzugehen, inwieweit der neoklassische Ansatz des Marktversagens einen geeigenten Rahmen zur Ableitung forschungs- und technologiepolitischer Maßnahmen darstellt. Hierzu wird der neoklassische Ansatz kritisch aus der Sicht der evolutorischen Ökonomik - einem neueren Ansatz zur Ableitung staatlicher Forschungs- und Technologiepolitik, dessen Konzepte in der Praxis zunehmend Berücksichtigung finden - beleuchtet.
Wie die deutsche Forschungs- und Technologiepolitik letztlich in der Praxis ausgestaltet wird und wie diese vor dem Hintergrund der vorgestellten Theorie zu beurteilen ist, sollen vor dem abschließenden Fazit die Kapitel 4 und 5 verdeutlichen.
2. Wohlfahrtstheoretische Rechtfertigung staatlicher FuT- Politik
2.1 Der „ideale Markt“ der paretianischen Wohlfahrtsökonomik
Staatseingriffe in eine marktwirtschaftliche Ordnung - im Sinne der Anwendung wirtschaftspolitischer Maßnahmen - mit Marktversagenstatbeständen zu rechtfertigen, ist grundsätzlich dem klassischen wohlfahrtstheoretischen Ansatz zuzuordnen. Um erkennen zu können, wann ein Marktversagen vorliegt, soll in diesem Abschnitt zunächst der normative Idealfall eines Marktes skizziert werden.
Es wird im Folgenden uneingeschränkt davon ausgegangen, dass der Staat die nationalen Interessen einer Volkswirtschaft vertritt und als oberste Zielsetzung die Maximierung der sozialen Wohlfahrt verfolgt. Mittels der paretianischen Wohlfahrtsökonomik lässt sich zeigen, dass die soziale Wohlfahrt maximiert wird, wenn die Annahmen des Modells der vollständigen Konkurrenz erfüllt sind.1 Vollständige Konkurrenz setzt zum einen vollkommene Märkte, beschrieben durch die ersten vier Annahmen, und zum anderen die Erfüllung weiterer Bedingungen voraus (vgl. Fritsch et al. (2005, S. 28):
- Homogene Güter
- Vollständige Information
- Keine persönlichen Präferenzen
- Keine zeitliche und räumliche Differenzierung
- Vollkommen rationale, gewinn- bzw. nutzenmaximierende Marktteilnehmer
- Konstante Ressourcenausstattung
- Keine Produkt- und Prozessinnovationen
- Gegebene und im Zeitablauf konstante Präferenzen
- Keine externen Effekte
- Atomistische Marktstruktur
- Unbegrenzte Mobilität und Teilbarkeit sämtlicher PF und Güter
- Unendliche Reaktionsgeschwindigkeit
- Wahlfreiheit in Produktion und Konsum
- Markträumung (Angebot gleich Nachfrage, falls Preise streng positiv)
Sind eine oder mehrere dieser Bedingungen nicht erfüllt, wird der Markt die soziale Wohlfahrt nicht in pareto-optimaler Weise maximieren und die gesamtgesellschaftlich optimale Allokation von Produktionsfaktoren und Gütern wird durch den Markt allein nicht erreicht werden (vgl. Fritsch et al. 2005, S. 76). Ein klassisches Marktversagen und damit die Rechtfertigung für staatliche Intervention liegt vor. Der staatliche Eingriff sollte dann idealerweise zu einer Wohlfahrtsverbesserung führen. Behebt der Staatseingriff das Marktversagen nicht oder verschlimmert es sogar, spricht man von „Staatsversagen“ (vgl. Fritsch et al. 2005, S. 419ff.).
Versagt der Markt, besteht also staatlicher Handlungsbedarf zur Sicherung der maximalen sozialen Wohlfahrt. Ob und warum der Marktmechanismus als nicht ausreichend angesehen wird, eine optimale Menge an Ressourcen für die Schaffung und Anwendung neuer Technologien aufzuwenden und es somit also staatlicher Eingriffe in Form forschungs- und technologiepolitischer Maßnahmen bedarf, wird in den folgenden Abschnitten geklärt.
2.2 Marktversagen und seine Ursachen
Die Begründung von Marktversagen bei FuE bzw. die Herleitung staatlicher Eingriffe ist vornehmlich auf die Arbeiten von Nelson (1959) und Arrow (1962) zurückzuführen. Seit den Fünfzigern wurde der Ansatz des Marktversagens bei FuE fortwährend weiterentwickelt und bildet bis heute die Basis für forschungs- und technologiepolitische Maßnahmen in allen Ländern. Theorie und Praxis bedienen sich bei der Rechtfertigung staatlicher FuT-Politik vor allem vier Argumenten, die im Folgenden dargestellt werden.
2.2.1 Positive Externalitäten von FuE-Aktivitäten
Aus der Wohlfahrtsökonomik ergibt sich ein Argument, das heute als das volkswirtschaftliche Standardargument zur Begründung technologiepolitischer Maßnahmen angesehen werden kann - die positiven externen Effekte von FuE-Aktivitäten. Nach Fritsch et al. (2005, S. 90) „..liegen technologische externe Effekte dann vor, wenn zwischen den Produktions- bzw. Nutzenfunktionen verschiedener Akteure ein physischer Zusammenhang besteht, der sich nicht oder nicht vollständig in den entsprechenden Marktbeziehungen widerspiegelt.“ So können andere Unternehmen von den FuE-Aktivitäten eines Unternehmens im Sinne von Wissens-Spillovern profitieren, ohne dass es möglich ist (oder gesamtwirtschaftlich nicht sinnvoll ist) eine Beteiligung der „Nutznießer“ an den Produktionskosten einzufordern. Der private Nutzen des Nutzenstifters (FuE-treibendes Unternehmen) ist dann kleiner als der insgesamt geschaffene soziale Nutzen. Das FuE- treibende Unternehmen wird die auftretenden FuE-Spillover bei seinem Gewinnkalkül jedoch nicht berücksichtigen und soviel in FuE investieren bis der private Grenzertrag der FuE-Aktivitäten (GEp) den privaten Grenzkosten der Produktion technischen Wissens (GK) entspricht (vgl. Klodt 1995, S. 9; siehe auch Abbildung 1).2 Da der private Grenzertrag des gewonnenen technischen Wissens kleiner als der soziale Grenzertrag (GEs) ist, wird der Umfang der FuE-Aktivitäten gesamtgesellschaftlich gesehen zu gering ausfallen. Positive externe Effekte von FuE-Aktivitäten bewirken folglich, dass die Produktion des Gutes „technologisches Wissen“ auf Märkten aus gesamtwirtschaftlicher Sicht suboptimal gering ausfällt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Externe Erträge der Forschung und ihre Kompensation
Quelle: Klodt (1995, S. 9)
Empirische Ergebnisse bestätigen die Existenz positiver Externalitäten von FuE- Aktivitäten: Mansfield et al. (1977) stellen in ihrem Beitrag „Social and Private Rates of Return From Industrial Innovations“ private und soziale Erträge von 17 Produkt- und Prozessinnovationen gegenüber. Die Ergebnisse zeigen sehr hohe soziale Erträge, die privaten Erträge fallen im Vergleich dazu wesentlich geringer aus. Griliches (1994) gibt einen Überblick der empirischen Literatur bis 1992 zur Existenz von FuE-Spillovern und kommt zu dem Schluss, dass FuE-Spillover-Effekte existieren, große Ausmaße annehmen können und soziale Erträge signifikant über den privaten Erträgen liegen. Die empirische Rechtfertigung staatlicher Eingriffe auf Grund positiver Externalitäten von FuE-Aktivitäten wäre folglich gegeben. Dabei scheint das Marktversagen umso größer und staatlicher Handlungsbedarf umso notwendiger, je größer die positiven externen Effekte sind. Welche theoretischen Möglichkeiten zur Behebung des Marktversagens infoge externer Effekte gibt es?
Aus Abbildung 1 lässt sich eine erste wohlfahrtstheoretische Standard-Empfehlung zur Behebung des Marktversagens ableiten: Wenn Punkt a das Marktgleichgewicht ohne Staatsintervention darstellt, das gesamtwirtschaftliche Marktgleichgewicht sich jedoch auf Grund der höheren sozialen Grenzerträge im Punkt b befindet, müsste der Staat, um die optimale Produktion des Gutes technologisches Wissen sicherzustellen, die Nutzenstifter in Höhe der Strecke bc subventionieren. Diese Form der Subventionierung nennt man nach seinem Urheber Arthur Pigou „Pigou-Subventionierung“ (vgl. Pfähler/Bönte 1996, S. 67f.; Fritsch et al. 2005, S. 119f.; Klodt 1995, S. 9).
Die andere einfachere Alternative zur staatlichen Subventionierung wäre die Internalisierung der positiven Externalitäten durch FuE-Kooperationen. Problematisch ist dieser Ansatz jedoch dahingehend, dass eine Erlaubnis von FuE-Kooperationen selbst eine Fehlallokation in Form einer Monopolisierung des Marktes hervorrufen könnte (vgl. Pfähler/Bönte 1996, S. 69f.; Fritsch et al. 2005, S. 115ff.). Nach Fritsch et al. (2005, S. 116) ergeben empirische Untersuchungen, dass die Internalisierung positiver externer Effekte als Motiv für Zusammenarbeit im Bereich FuE eine wesentliche Rolle spielt. Pfähler/Bönte (1996, S. 69f.) geben einen Überblick über modelltheoretische Studien, die die Frage der Vorteilhaftigkeit kooperativer vs. nicht-kooperativer FuE-Politiken untersuchen und kommen zu dem Schluss, dass keine allgemeinen Aussagen zur wohlfahrtstheoretischen Beurteilung von FuE-Kooperationen getroffen werden können.
Eine andere Möglichkeit zur Internalisierung externer Effekte wäre die Heranziehung der externen Nutznießer zur Finanzierung durch das FuE-treibende Unternehmen. Die Umsetzung dieser Möglichkeit ist in der Praxis erstens nicht möglich und zweitens nicht sinnvoll, da das Ergebnis der FuE-Tätigkeit, das „technologische Wissen“ ein öffentliches Gut ist (vgl. Klodt 1995, S. 9f.).3
2.2.2 Technologisches Wissen als öffentliches Gut
Einen Extremfall positiver externer Effekte, stellen öffentliche Güter4 dar. Öffentliche Güter sind durch zwei Eigenschaften gekennzeichnet: Nicht-Rivalität und Nicht- Ausschließbarkeit im Konsum (vgl. z.B. Baßeler et al. 2002, S. 45). „Nicht-Rivalität“ bedeutet dabei, dass die Nutzung des Gutes durch einen zusätzlichen Nutzer keine oder sehr geringe Grenzkosten verursacht. „Nicht-Ausschließbarkeit“ besagt, dass ein Ausschluß von Nutzern vom Konsum des Gutes nicht möglich ist. Die Argumentation, dass „technologisches Wissen“ ein öffentliches Gut ist, wird wie folgt geführt: Wurde neues Wissen einmal produziert, kann es häufig in vollem Maße, innerhalb kurzer Zeit und ohne große Kosten von jedem Individuum genutzt werden, ohne dass das Wissen sich bei einer Zunahme von Nutzern verringert (Nicht-Rivalität) und ohne dass jemand von der Nutzung ausgeschlossen werden könnte (Nicht-Ausschließbarkeit). Auf Grund der Eigenschaft der Nicht-Ausschließbarkeit wird kein ökonomisch rational handelnder Konsument bereit sein für das Gut zu bezahlen bzw. die Höhe seines individuellen Grenznutzes preiszugeben.
Diese Nutzung bei gleichzeitiger Zahlungsunwilligkeit nennt man „Trittbrettfahrerproblematik“ bzw. „Free-Rider-Problem“ (vgl. Baßeler et al. 2002, S. 45). Für den Fall, dass trotz allem eine Zahlungsbereitschaft bestünde, wäre es auf Grund der Eigenschaft der Nicht-Rivalität nicht pareto-optimal eine Gebühr für die Nutzung des Wissens zu verlangen und damit Konsumenten vom Konsum auszuschließen, da durch zusätzliche Nutzer kein zusätzlicher Ressourcenverbrauch entsteht (vgl. Klodt 1995, S. 7). Auf Grund der Nicht-Ausschließbarkeit und damit verbundener Nicht-Appropriierbarkeit von Forschungsergebnissen und deren kommerzieller Vermarktung wird kein privater Unternehmer bereit sein technologisches Wissen zu produzieren. Es kommt bei rein marktlicher Bereitstellung von technologischem Wissen folglich zu einem Marktversagen. Eine erste Lösung wäre die Bereitstellung technologischen Wissens durch den Staat bzw. staatlich beauftragte private Unternehmen. Ein pareto-optimales Ergebnis wäre dann erreichbar, wenn der Staat die vollständige Finanzierung der Forschung in einer Volkswirtschaft übernehmen und die Forschungsergebnisse allen Interessenten unentgeltlich zur Verfügung stellen würde (vgl. Klodt 1995, S. 7). Geht man davon aus, dass nicht alle FuE-Ergebnisse allgemein nutzbar sind, wäre es optimal, wenn die Ergebnisse „zumindest gedanklich aufgespaltet werden in einen Teil, der nur dem forschenden Unternehmen selbst nützt, und einen anderen, auch anderswo nutzbaren Teil. Zum Erreichen eines Pareto-Optimums muss nur dieser letztere Teil frei und unentgeltlich zur Verfügung stehen und nur der darauf entfallende Anteil der Forschungsaufwendungen müsste vom Staat finanziert werden.“ (Klodt 1995, S. 7f.) Die Finanzierung dieser Bereitstellung sollte dann durch Steuern oder andere (Zwangs-)Abgaben erfolgen (vgl. Dongens/Freytag 2001, S. 133ff.)
Der andere klassische Lösungsansatz wäre die Erhaltung der Anreize für private Investitionen in FuE durch Schaffung von Eigentumsrechten an den Forschungsergebnissen. Dies geschieht durch die Institution des Patentschutzes im Rahmen der Patentschutzpolitik. Die Hauptfunktion von Patenten ist es den FuE-treibenden Unternehmen die Möglichkeit zu geben ihre Innovationsrenten abzuschöpfen. Das Problem der Gewährung von Patenten ist die Behinderung der gesamtwirtschaftlich optimalen Diffusion neuen Wissens bzw. der Wohlfahrtsverlust, der sich aus der Gewährung des Monopolrechts an der Innovation ergibt. Hier gilt es die zusätzlichen Anreizwirkungen, die Patentschutz schafft, mit den zusätzlichen Wohlfahrtsverlusten, die durch Patente entstehen, auszubalancieren. Dies geschieht durch Bestimmung der optimalen Patentlaufzeit (vgl. Klodt 1995, S. 32ff., S. 111ff.). Ein Mittel die Ausschlusswirkung zu mildern, ist die Möglichkeit der Lizenzvergabe. Ob sie letztlich wahrgenommen wird, liegt allein in der Hand des Patentinhabers und kann, besser gesagt sollte, nicht erzwungen werden.
Ist nun staatlichen Forschungssubventionen oder der Institution des Patentschutzes der Vorzug zu geben? Auf Grund der geringeren Informationsanforderungen zieht Klodt (1995, S. 36f.) die Forschungsförderung durch Patentschutz, jener der Subventionierung vor Erlaubt die staatliche Institution des Patentschutzes den Unternehmen die Sicherung von Eigentumsrechten an ihren FuE-Ergebnissen, gelten diese nicht länger als reine öffentliche Güter. Staatlicher Handlungsbedarf ergibt sich nun allein in der Bereitstellung der nichtpatentierbaren, aber bedeutsamen Grundlagenforschung (vgl. Eickhof 1998, S. 18; Ewers 1990, S. 150; Klodt 1995, S. 8). Da dieser die Abschöpfung der Innovationsrenten erlaubt, werden die Anreize zur privaten angewandten FuE durch den Patentschutz erhalten, finanzielle staatliche Anreize können hier nun geringer ausfallen.
2.2.3 Unteilbarkeiten und technische Großrisiken
Im Modell der vollständigen Konkurrenz wird die unbegrenzte Teilbarkeit sämtlicher Produktionsfaktoren unterstellt. Kommt diese Annahme nicht zum Tragen, spricht man von Unteilbarkeiten (vgl. Fritsch et al. 2005, S. 179ff.). Es wird grob zwischen technischen und ökonomischen Unteilbarkeiten unterschieden. Maas (1986, S. 58) führt Unteilbarkeiten vor allem auf einen „hohen Empiriegrad“ zurück, der „eine lange Reihe von Versuchen, eine bestimmte Laborgröße sowie Zahl und Qualifikation der Mitarbeiter voraussetzt.“ So zeigen sich Unteilbarkeiten bei vielen Vorhaben der Grundlagenforschung. Als Beispiel kann man hier die kernphysikalischen Forschungsreaktoren anführen. Unteilbarkeiten unterliegende Forschungsvorhaben wären von einzelnen Unternehmen, auf Grund mangelnder Unternehmensgröße (insbesondere KMU), praktisch nicht durchführbar. Doch auch wenn das Unternehmen die ausreichende Größe hätte, könnten die technischen Großrisiken, die Unteilbarkeiten bei Forschungsinvestitionen häufig mit sich führen, zu einer Aufgabe des Forschungsvorhabens führen. So ist wahrscheinlich kein einzelnes Unternehmen bereit mit eigenen Mitteln ein Forschungsprojekt durchzuführen, das das Risiko eines Totalverlustes bei erfolgloser Forschung in sich birgt (vgl. Hoppe/Pfähler 2001, S. 137f.).
Durch Unteilbarkeiten bedingte Nicht-Durchführung gesamtwirtschaftlich sinnvoller Forschungsvorhaben kann folglich zu Unterinvestitionen in FuE führen, womit staatlicher Eingriff gerechtfertigt und sinnvoll wäre. Dabei sind verschiedene Möglichkeiten der staatlichen Intervention denkbar: Eine erste Lösung wäre die Durchführung und Finanzierung technischer Großprojekte der Forschung durch den Staat selbst. Der Vorteil dieser Alternative ist, dass das Risiko des Projektes unter den gesamten Steuerzahlern diversifiziert wird (vgl. Hoppe/Pfähler 2001, S. 137f.). Eine weitere denkbare Möglichkeit das Risiko zu verringern und die Forschungsvorhaben doch zur Durchführung zu bringen, wäre die Gewährung finanzieller staatlicher Hilfen. Auf Grund der „relativ unspezifischen Finanzhilfen“ wäre jedoch die Möglichkeit der staatlichen Unterstützung von Kooperationen mehrerer komplementärer Unternehmen zur Durchführung der Großprojekte der letzten Alternative vorzuziehen (vgl. Eickhof 1998, S. 15).
2.2.4 Risikoscheue, Unsicherheit und Informationsasymmetrien
FuE-Aktivitäten sind oft mit größeren Risiken bezüglich Zeitpunkt und Höhe der zu erwartenden Erträge verbunden, als andere, sichere Vorhaben. Folgt man der neoklassischen Annahme des abnehmenden Grenznutzens bei steigendem Einkommen, werden die Individuen sichere Projekte den risikoreichen vorziehen, selbst wenn die zu erwartende Rendite identisch ist (vgl. Klodt 1995, S. 14). So kann es passieren, dass zu wenig in Forschung investiert wird, wenn ein Marktversagen auf Grund der „Divergenz zwischen privater und sozialer Risikoneigung“ (Hoppe/Pfähler 2001, S. 136) vorliegt. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht spielt das höhere Risiko im Bereich der Forschung keine Rolle, da sich bei der Fülle an Projekten in einer Volkswirtschaft Erfolge und Misserfolge von Projekten weitgehend gegenseitig aufheben, so dass risikoneutrales Verhalten optimal wäre (vgl. Klodt 1995, S. 14 ff.).
Ob eine grundsätzliche Risikoaversion der Wirtschaftssubjekte vorliegt, ist jedoch fraglich. Möglichkeiten der internen und externen Risikostreuung sprechen dafür, dass große Unternehmen nicht unbedingt risikoscheu sein müssen. Für KMU, die meist nur ein FuE- Projekt durchführen (können), also keine Möglichkeit der internen Risikostreuung besitzen, trägt diese Argumentation allerdings nicht. Aber auch KMU sind nicht generell als risikoscheu einzustufen. So Legler et al. (2005, S. 19): „In bestimmten Technologiefeldern sind insbesondere Flexibilität, Unkonventionalität und Risikobereitschaft von Vorteil - Merkmale, die Klein- und Mittelunternehmen eher auszeichnen als große.“ Das Risiko von FuE-Projekten in Verbindung mit Informationsasymmetrien kann zu einem Kapitalmarktversagen führen. (Hoppe/Pfähler 2001, S. 136) Dies stellt sich insbesondere für KMU problematisch dar. Auf Grund der Spezifizität der FuE-Prozesse, die naturgemäß anfangs hohe Aufwendungen erfordern und Einnahmen erst nach erfolgreicher Innovation erbringen, sehen sich die Unternehmen mit einem hohen anfänglichen Kapitalbedarf konfrontiert. Dazu Eickhof (1998, S. 16): „Newcomer sowie Einproduktunternehmen ohne Möglichkeit der internen Subventionierung sind deshalb besonders stark auf einen freien Zugang zu Risikokapitalmärkten angewiesen. Die Banken erweisen sich allerdings wegen der neuerungstypischen Unsicherheiten und Informationsasymmetrien als relativ risikoscheu.“
Staatliches Engagement lässt sich hier also insbesondere mit Hilfsmaßnahmen für KMU begründen. Zur Unterstützung der privaten Investitionen in FuE-Aktivitäten wären staatliche Subventionierung der Forschung, Bereitstellung von Bürgschaften oder zinsgünstigen Krediten denkbar. Eickhof (1998, S. 16) warnt an dieser Stelle jedoch davor, dass der Staat nicht als „Ersatz des Bankensystems“ fungieren sollte, sondern vielmehr die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Kapital- und Finanzmärkte verbessern und eine innovationsfreundliche Steuerpolitik zugunsten innovativer KMU betreiben sollte.
2.3 Staatsversagen und seine Ursachen
Ein staatlicher Eingriff ist gerechtfertigt, wenn Marktversagen vorliegt und dieses durch staatliche Intervention effektiv und effizient bekämpft werden kann, d.h. der Staatseingriff sich wohlfahrtssteigernd auswirkt. Marktversagen ist demzufolge nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für eine staatliche Wirtschaftspolitik (vgl. Baßeler et al. 2002, S. 55). Reagiert die Politik auf ein offenkundiges Marktversagen nicht in hinreichender Weise oder greift der Staat unbegründet in einen eigentlich funktionsfähigen Markt und verschlechtert mit dem Eingriff die Marktsteuerung, spricht man von Staatsversagen bzw. Politikversagen (vgl. Fritsch et al. 2005, S. 419ff.). Wie in Kapitel 2.1 dargelegt, wird im Modell der vollständigen Konkurrenz uneingeschränkt davon ausgegangen, dass der Staat die nationalen Interessen einer Volkswirtschaft vertritt und als oberste Zielsetzung die Maximierung der sozialen Wohlfahrt verfolgt, der Staat fungiert folglich als allwissender und wohlmeinender Sozialplaner (vgl. Klodt, S. 48). Aus der Verletzung der beiden Prämissen „staatliche Allwissenheit“ und „Ausrichtung des Staates am Gemeinwohl“ ergeben sich zwei Ursachen für Staatsversagen und damit die nächsten beiden Unterkapitel.5
2.3.1 Eigeninteressen politischer Entscheidungsträger
Damit staatliche Maßnahmen zu einer Wohlfahrtssteigerung führen, müssen, wie eben erwähnt, die für die staatliche Politik Verantwortlichen ihr Handeln am Interesse des Gemeinwohls ausrichten. In der politischen Praxis lassen sich jedoch vielfach Fälle beobachten, in denen politische Entscheidungsträger versucht sind eigene Interessen zu verfolgen (vgl. Müller 2001, S. 64). Diese Problematik ist weniger ausschließlich forschungs- und technologiepolitischer, als generell staatstheoretischer Natur. Problematisch ist dieses eigennützige Verhalten im speziellen Bereich der FuT-Politik insofern, da es zu Fehlallokationen von Fördermitteln führen kann. Ursächlich für dieses eigennützige Verhalten der Politiker sind private Anreize wie Machterhalt, kurzfristige Wiederwahl und Begünstigung von Freunden (vgl. Klement 2004, S. 61). Um ihre Wiederwahlchancen zu verbessern sind Politiker dementsprechend geneigt, dem Druck von Interessengruppen nachzugeben, „denn erfolgreich sind jene Politiker, die es am besten verstehen Sonderinteressen, möglichst vieler Interessengruppen zu genügen“ (Hoppmann 1989, S. 52). Machen die eigennützigen Interessengruppen ihren Einfluss auf die Vergabe von Fördermitteln geltend und sind die politischen Entscheidungsträger auf Grund von Machterhalt bzw. Machtgewinn versucht diese zu befolgen, so ist eine effizienz- und wohlfahrtssteigernde Technologiepolitik durch staatlich initiierte Auswahl von FuE- Projekten unter solchen Bedingungen mehr als zweifelhaft (vgl. Müller 2001, S. 64f.).
2.3.2 Informations- und Effizienzprobleme
Ein grundlegendes Problem der Wirtschaftspolitik besteht in der Informationssuche, - beschaffung und -verarbeitung des Staates, da nicht nur vergangene oder gegenwärtige, sondern insbesondere auch zukünftige Entwicklungen der Wirtschaft erfasst und abgeschätzt werden müssen (vgl. Meyer-Krahmer 1989, S. 222). Viele der oben beschriebenen staatlichen Maßnahmen verlangen zur effizienten Anwendung eine perfekte Information der politischen Entscheidungsträger. So müsste der Staat zur Behebung von Marktversagen immer exakt wissen, auf welche Weise und in welchem Ausmaß der staatliche Eingriff erfolgen müsste, um das Marktversagen dauerhaft und genau zu kompensieren (vgl. Klodt 1995, S. 50). Dies verlangt, dass staatliche Instanzen Fragen wie bspw.:
- Wie hoch ist die optimal aufzuwendende Menge an Ressourcen für die Schaffung und Anwendung neuer Technologien?
- Welches sind die förderwürdigen FuE-Projekte bzw. Technologien?
- Wie hoch sind die positiven externen Effekte dieser FuE-Projekte, d.h. wer bewirkt diese Effekte und wer profitiert in welchem Maße von welchen Effekten?
- In welcher Höhe sind die externen Effekte zu subventionieren?
- Wie viele Investitionen in Grundlagenforschung sind optimal? beantworten können (vgl. Eickhof 1998, S. 17). In der Regel ist nicht davon auszugehen, dass politische Entscheidungsträger über diese Informationen verfügen oder, besser gesagt, über bessere Informationen verfügen, als der Markt selbst (vgl. Hoppe/Pfähler 2001, S. 138; Eickhof 1998, S. 22; Meyer-Krahmer 1989, S. 222f.). Behaupten staatliche Entscheidungsträger etwas anderes, so spricht man von der vielzitierten von Hayekschen (1996) staatlichen „Anmaßung von Wissen“. Welche Folgen staatliche Anmaßung von Wissen im Sinne einer Anmaßung, die Richtung des technologischen Fortschritts beeinflussen zu können, haben kann, wird an späterer Stelle diskutiert.
2.4 Zwischenfazit
In den Abschnitten 2.1 und 2.2 wurde dargestellt, wann auf Grund von Marktversagen eine staatliche Förderung von FuE grundsätzlich (vorbehaltlich des staatlichen Versagens) gerechtfertigt ist. Die Ausführungen lassen dabei allesamt vermuten, dass eine gesamtwirtschaftlich gesehen suboptimale Menge an Ressourcen (unterhalb des sozial optimalen Niveaus) in die Schaffung und Anwendung von Technologien gelenkt wird.6 Die vorgestellten (vermeintlichen) Ursachen für Marktversagen bieten dabei mehr oder weniger tragfähige Argumente für staatliche Interventionen im FuE-Bereich. Gleichzeitig zeigt sich, dass zur Behebung der verschiedenen Marktmängel unterschiedliche staatliche Herangehensweisen notwendig sind. Die Implikationen, die sich aus dem Ansatz des Marktversagens für eine staatliche Forschungs- und Technologiepolitik ergeben, werden nun kurz zusammengefasst.
In der Literatur wird die Notwendigkeit der Staatseingriffe im FuE-Bereich wird zumeist mit dem öffentlichen-Gut-Charakter technologischen Wissens und den positiven Externalitäten von FuE-Aktivitäten begründet (vgl. Ewers 1990, S. 150; Klodt 1995, S. 8; Eickhof 1998, S. 17; Hoppe/Pfähler 2001, S. 135; Müller 2001, S. 30). Dabei gilt, je höher die positiven externen Effekte und je mangelhafter die Möglichkeit der Appropriierbarkeit von Innovationsrenten sind, desto geringer werden die Anreize der privaten Wirtschaftssubjekte sein, FuE zu betreiben. Nach dieser Theorie sollte staatliche Intervention hier demzufolge primär auf die Erhaltung der privatwirtschaftlichen Anreize zu Investitionen in FuE abzielen: Die Möglichkeit der Internalisierung von Externalitäten und der Erzielung von Innovationsrenten wird den Unternehmen durch die staatliche Institution des Patentschutzes gegeben. Mit der Existenz des Patentschutzes, werden den Unternehmen Eigentumsrechte zugestanden und die patentierten Ergebnisse der angewandten FuE können nicht länger als „öffentliche Güter“ gelten. Staatlicher Eingriff lässt sich mit der Existenz positiver Externalitäten von FuE-Aktivitäten und dem Charakter öffentlicher Güter der Forschungsergebnisse nunmehr lediglich für die Grundlagenforschung begründen (vgl. Ewers 1990, S. 150; Klodt 1995, S. 8; Eickhof 1998, S. 19): Die Ergebnisse der Grundlagenforschung sind für die anwendungsbezogene Forschung und damit für das Innovationspotential von großer Bedeutung (vgl. Teichmann 2001, S. 273), gleichzeitig aber weder patentierbar, noch direkt am Markt in Profit umwandelbar. Es ist davon auszugehen, dass der Markt zur Unterproduktion von Grundlagenforschung neigt und diese demzufolge staatlich bereitgestellt oder die Bereitstellung durch private Unternehmen staatlich finanziert werden muss. Aus dieser Argumentation ableitend, sollte sich die staatliche Förderung verstärkt auf die Grundlagenforschung konzentrieren und Zurückhaltung bei der Subventionierung der angewandten FuE zeigen, da hier ja das Patentrecht Anwendung findet.
Die Begründung der staatlichen Förderung von FuE mit der Risikoscheue (vgl. Abschnitt 2.2.4) von insbesondere KMU konnte nicht überzeugen (vgl. Klodt 1995, S. 17; Eickhof 1998, S. 15). So stehen KMU zwar weniger Möglichkeiten der internen und externen
Risikostreuung zur Verfügung als größeren Unternehmen, aber eine suboptimale Risikobereitschaft dieser wäre damit noch nicht nachgewiesen.
Marktversagen bei FuE infolge von Unteilbarkeiten (vgl. Abschnitt 2.2.3) der im FuE- Prozess einzusetzenden Produktionsfaktoren und auf Grund der hohen Unsicherheit, ob, wann und in welcher Höhe die zu erwartenden Erträge von FuE-Ergebnissen eintreten, rechtfertigen, wenn überhaupt, lediglich eine staatliche Unterstützung von FuE in KMU (vgl. Müller 2001, S. 32ff.; Ewers 1990, S. 150f.; Eickhof 1998, S. 15; Klodt 1995, S. 18ff.). Nach Ewers (1990, S. 150f.) bedürfen zwar einige Forschungsaktivitäten einen hohen Kapitaleinsatz (d.h. Unteilbarkeit des Produktionsfaktors Kapital), „staatliches Handeln wäre hier jedoch erst dann erforderlich, wenn der Kapitaleinsatz infolge des Vorliegens von Unteilbarkeiten derart groß ist, dass er die Finanzierungsmöglichkeiten privater Unternehmen übersteigt.“ Angesichts der heute immens hohen FuE-Budgets großer Unternehmen, sieht Ewers (1990, S. 151) die Begründung für die Unterinvestitionen in bestimmte Technologien, wie z.B. Raumfahrt oder Meeresforschung, weniger darin, dass die großen Unternehmen solche Forschungsprojekte nicht finanzieren könnten, als dass sie, auf Grund der mangelnden Rentabilität, nicht investieren wollen. Für KMU sieht das anders aus. Unteilbarkeiten und die neuerungstypischen Unsicherheiten stellen KMU oftmals vor so große Finanzierungsprobleme, dass die Gefahr droht, dass vielversprechende Neuerungsaktivitäten unterlassen werden. Staatliche Intervention zur Unterstützung der KMU wäre hiermit gut begründet.
[...]
1 Die Tatsache, dass das Modell der vollständigen Konkurrenz als ökonomisches Standardmodell gilt, sollte dafür entschuldigen, dass auf eine Herleitung des Modells an dieser Stelle verzichtet wurde.
2 Für ein analytisches wohlfahrtstheoretisches FuE-Spillover-Modell siehe Pfähler/Bönte (1996). 5
3 Bei einem öffentlichen Gut liegt ein hundertprozentiger positiver externer Effekt vor (vgl. Donges/Freytag 2001, S. 135).
4 Für eine Diskussion des irreführenden Terms “öffentliche Güter” siehe Fritsch et al. (2005, S. 361ff.). 6
5 Vgl. zu dieses Abschnitt die ausführlichen Darstellungen von Fritsch et al. (2005, S. 388ff.). 11
6 Es ist theoretisch durchaus möglich, dass FuE zu exzessiv betrieben wird und dass Wohlfahrtsverluste entstehen (vgl. Klodt 1995, S. 22ff.). Aus Platzgründen und aus empirischer Nicht-Bestätigung dieser Möglichkeit, soll auf eine Darstellung dieser Theorie in diesem Papier verzichtet werden.