Das Ziel dieser Arbeit ist es, den Königsumritt von Heinrich II. der am 7.6.1002 in Mainz begann und am 15.1.1003 im lothringischen Diedenhofen endete, zu erläutern. Hierzu werde ich den genauen Verlauf des Umrittes klären, darüber hinaus will ich dann auch die politischen Hintergründe des Königsumritts und die damit einhergehende Machtansprüche Heinrichs, speziell im Bezug auf seinen nachträgliche Legitimierung durch die Großen des Reiches, betrachten.
Ich entnehme meine Quellen hauptsächlich den Urkunden Heinrichs II. selbst, der Chronik des Thietmar von Merseburg und der Vita Henrici II. imperatoris von Adalbold von Ütrecht.
Inhalt
A. Einleitung
Intention der Arbeit
Heinrichs Reise nach Mainz und seine anschließende Krönung
B. Hauptteil
1. Der Königsumritt durch das Reich
1.1 Heinrichs Kampf gegen Herrmann II. von Schwaben
1.2 Die Huldigung in Thüringen und Sachsen
1.3 Die Krönung der Kunigunde und die Besteigung des Karlsthrons
1.4 Die Unterwerfung der Schwaben und die Huldigung der Bayern
1.5 Das Ende des Königsumrittes in Diedenhofen
2. Der Zweck und Erfolg des Königsumrittes
2.1 Die Notwendigkeit eines Königsumrittes für Heinrich II.
2.2 Der Erfolg des Königsumrittes
C. Schluss
D. Wissenschaftlicher Apparat
1. Quellen- und Regestenverzeichnis
2. Literaturverzeichnis
3. Anmerkungen
A. Einleitung
Intension der Arbeit
Das Ziel meiner Arbeit ist es, den Königsumritt von Heinrich II. der am 7.6.1002 in Mainz begann und am 15.1.1003 im lothringischen Diedenhofen endete, zu erläutern. Hierzu werde ich den genauen Verlauf des Umrittes klären, darüber hinaus will ich dann auch die politischen Hintergründe des Königsumritts und die damit einhergehende Machtansprüche Heinrichs, speziell im Bezug auf seinen nachträgliche Legitimierung durch die Großen des Reiches, betrachten.
Ich entnehme meine Quellen hauptsächlich den Urkunden Heinrichs II. selbst, der Chronik des Thietmar von Merseburg und der Vita Henrici II. imperatoris von Adalbold von Ütrecht.
Heinrichs Reise nach Mainz und seine anschließende Krönung
Am 23. Januar 1002 verstarb Kaiser Otto III. (983-1002) völlig unerwartet in der Burg Paterno bei Rom, an Gelbfieber1. Otto hatte weder einen Erben noch einen Nachfolger ernannt, damit bestand die Gefahr eines Bürgerkrieges um seine Nachfolge.
Als weitere aussichtsreiche Anwärter auf den Thron waren neben Heinrich II. (1002-1024) auch Hermann II. von Schwaben (997-1003), Ekkehard I. von Meißen (985-1002) und Otto von Kärnten (985-989 bzw. 1002-1004) zu nennen. Ekkehard von Meißen wurde am 30. April 1002 in Pöhlde ermordet, Otto von Kärnten verzichtete aus Altersgründen auf eine Kandidatur, womit als einziger Konkurrent für Heinrich nur noch Hermann II. von Schwa- ben verblieb.
Jedoch erhobt sich zudem am 15. Februar in Pavia ein gewisser Arduin von Ivrea (1002- 1004) als König über Reichsitalien. Heinrich konnte seine Herrschaftsansprüche südlich der Alpen erst mit der Krönung und Salbung am 14. Mai 1004 durch Erzbischof Arnulf von Mailand in Pavia vollends durchsetzen.
Da Otto auf eigenem Wunsch in Aachen beigesetzt werden wollte, wurde sein Leichnam mit einem Heerzug von Italien, über die Alpen nach Aachen gebracht. Heinrich, der damalige Herzog von Bayern, stieß auf den Leichenzug im Februar 1002 in Polling2, südlich von Weilheim in Oberbayern, und bemächtigte sich der Reichsinsignien.
Einzig das wichtiges Stück, die heilige Lanze, konnte Heinrich nicht in Besitz nehmen, denn der Kölner Erzbischof Heribert (999-1021) hatte sie heimlich vorrausschicken lassen. Heinrich gelangte dennoch in den Besitz der heiligen Lanze, da er den Bruder Heriberts, Heinrich I. Bischof von Würzburg, als Geisel halten liess, bis ihm die bedeutende Reichsin signie ausgehändigt wurde3.
Da Heribert von Köln ein Anhänger von Hermann II. war und sich Heinrich ihn, mit der Erpressung der heiligen Lanze, vollends zum Feind gemacht hatte, schied der traditionelle Krönungsort der Pfalzkapelle in Aachen für ihn aus. Als Krönungsort wurde daraufhin die Bistumsstadt Mainz ausgewählt, die dem Kölner Erzbistum den Standort der traditionellen Krönung streitig machen wollte.
Der einzige Widersacher Hermann II. von Schwaben stand mit Kräften nicht nur in seinem eigenen Herzogtum, sondern er kontrollierte auch den gesamten Mittelrhein4. Heinrich „kam zu Anfang des Monats Juni mit den Großen der Baiern und Ostfranken nach Worms, um dort über den Rhein zu setzen und in Mainz die Krönungsweihe zu empfangen.“5 Dies konnte jedoch Hermann verhindern, sodass Heinrich nicht auf die linke Rheinseite mit seinem Gefolge übersetzen konnte6. Durch ein geschicktes Täuschungsmanöver gelang es Heinrich dennoch völlig unbemerkt den Rhein bei Mainz zu überschreiten, „ [h]ic VII[..]. Id. Iunii ibidem communi devotione in regem electus “7.
Heinrich wurde von den Franken und den Oberlothringer zum König gewählt, jedoch ohne Beteiligung der Niederlothringer und Thüringer, ohne Wissen der Sachsen und gegen der Widerstand der Schwaben8. Im Anschluss krönten und salbten ihn Willigis von Mainz (975- 1011) mit seinen Suffraganen und überreichen ihm zusammen mit der heiligen Lanze die Herrschaft und die königliche Gewalt.
Die heilige Lanze galt schon damals als Christusreliquie, da in ihrer ausgebrochenen Mitte ein Eisenstift eingepasst war, der ein Nagel vom Kreuz Christi sein sollte. Sie wurde Heinrich I. (919-936) im Jahr 926 übertragen und dieser besiegte mit ihr 933 bei Riade die Ungarn und Otto der Große (936-973) siegte ebenfalls 955 auf dem Lechfeld und rettete somit das Reich. Seit diesen Taten war die heilige Lanze nach dem Karlsthron die wertvollste Reliquie des deutschen Reiches.
Die mitgereisten Franken und die Großen der Niederlothringer huldigten ihm und empfingen seine Huld9. Heinrich bekam hiermit nach dem Mainzer Krönungsordo von 961 das hereditarium ius 10, das erbliche Recht, und darüberhinaus die paterna successio 11, die väterliche Nachfolge, übertragen. Das Neue an dieser Wahl war, dass sie im Vergleich zu seinen Vorgängern nur eine Teilwahl gewesen ist, die Krönung war zwar ein wesentlicher Schritt zum Erlangen des Thrones, jedoch stand die allgemeine Zustimmung im Reich noch aus und musste erst einzeln auf dem Königsumritt gewonnen werden12.
B. Hauptteil
1. Der Königsumritt durch das Reich
1.1 Heinrichs Kampf gegen Herrmann II. von Schwaben
Nachdem Ekkehard von Meißen am 30. April 1002 in Pöhlde ermordet wurde, verblieb nur noch Hermann II. von Schwaben als Heinrichs ärgster Widersacher. Nach der Krönung fühlte sich nun Heinrich stark genug eine militärische Lösung herbeizuführen und zog nach Schwaben13. Als Übergangsstelle über den Rhein für den 10. Juni 1002 wählte Heinrich die Stadt Worms, wo er auch seine erste, für uns erhaltene, Urkunde ausstellte, in der er dem Bischof Buchard von Worms den Wildbann im Forst Forehahi verleiht14. Thietmar von Merseburg berichtet uns, dass Heinrich versuchte „ den aufsässigen Herrmann durch Ver- w ü stung seines Landes zur Aufgabe seiner Pläne zu bewegen. “15 Der Herzog jedoch griff zusammen mit seinem Schwiegersohn Konrad16 die Stadt Straßburg, deren Bischof Wernher mit Heinrich verbündet war, an. Die Schwaben konnten die Stadt recht schnell einnehmen und die Domkirche der hl. Gottesmutter wurde, jedoch ohne Wissen des Herzogs, geplün- dert und in Brand gesetzt17.
Heinrich II. feierte am 24. Juni 1002 auf der Insel Reichenau am Bodensee das Fest Jo- hannes des Täufers, als Hermann II. von Schwaben mit seiner Armee aus Straßburg kommend erschien. Darufhin lies Heinrich seine Truppen auf einer Ebene Aufstellung nehmen, jedoch verweigert ihm Herrmann eine Schlacht indem sich dieser von ihm am 29. Juni 1002 absetzt18. Als Reaktion darauf und auf die Verwüstung Straßburgs lies Heinrich die Höfe Herrmanns zerstören und zog mit seinen Anhängern über Bayern nach Franken. Auf dem Weg nach Heinrichs geliebtes Bamberg ist uns nur ein Aufenthaltsort in Bayern, nämlich Sontheim an der Günz, sicher beurkundet19.
Während der Reise durch das Herzogtum Bayern liess der Markgraf Heinrich von Schweinfurt durch hervorragende Männer aus dem Heerzug Heinrich nach dem ihm zugesagten Herzogtum Bayern erfragen20. Darauf soll Heinrich geantwortet haben:
„ Nonne scitis, haec in hac expeditone nequaquam fieri posse, Bawarios ab initio ducem eligendi liberam habere potestatem, non decere tam subito eos abicere neque constitutionis antique ius absque consensu eorum frangere? “21
Nach Thietmar von Merseburgs Aussage, zog daraufhin der Markgraf sich langsam von Heinrich zurück, jedoch begleitet er ihn noch bis nach Thüringen22.
Heinrichs Anwesenheit in Bamberg ist durch drei Schenkungsurkunden für geistliche Würdenträger bewiesen23. Im Anschluss reiste Heinrich mit seiner ganzen Gefolgschaft in das thüringische Kirchberg bei Jena24.
1.2 Die Huldigung in Thüringen und Sachsen
Als Heinrich Thüringen erreicht hatte, „ kam ihm Wilhelm [von Weimar], der nun mächtigs- te Mann in Th ü ringen, entgegen, empfing den nahenden Herrscher aufs freundlichste und huldigte dem König. “25 Thietmar führt weiter in seiner Chronik aus, dass alle Grafen und Großen Heinrich auf dem thüringischen Fürstentag zum Herrscher wählten26, woraufhin dieser den verhaßten Schweinezins erlies, welchen sie seit der Besiegung durch Theoderich, dem Sohn Chlodwigs, erbringen mussten27. Heinrich erfährt in Thüringen nur die Huldi- gung der Großen, jedoch ist eine Collaudatio, die Anerkennung des Königs durch das Volk, bei Thietmar nicht erwähnt28. Es steht daher fest, dass im Gegensatz zu der Wahl in Merse- burg, hier nur eine Anerkennungs- oder Zustimmungs-Huldigung vollzogen wurde29, hier keine eigenständige Wahl abgehalten wurde.
Nach der Huldigung der Thüringer begab sich Heinrich weiter in das sächsische Merseburg. Er wurde am 24. Juli in Merseburg durch Abt Heimo von Merseburg und von seinem getreuen Grafen Esico, der sich gegen Ekkehard von Meißen behaupten konnte30, empfangen. Des weiteren waren die Erzbischöfe von Bremen und von Magdeburg, sowie die Bischöfe von Paderborn, Hildesheim, Halberdstadt, Minden, Meißen, Verden, Zeitz und die Herzöge Bernhard von Sachsen, Boleslaw von Polen mit Liuthar Markgraf der Nordmark, Gero Markgraf der Ostmark und Pfalzgraf Friedrich von Sachsen anwesend31, unter ihnen auch Thietmar von Merseburg als Mitglied des Domkapitels32.
Am drauffolgenden Tag legt Herzog Bernhard in Anwesenheit aller auf dem Fürstentag die sächsischen Bedürfnisse dar und frägt Heinrich, was er ihnen mit gnädigen Worten (mise ricordie dictis) und durch die Tat gewähren wolle (factis vellet impendere)33. Worauf Heinrich feierlich erklärt:„ [...] quia non rennuentibus nec contradicentibus vobis, sed pocius quasi applaudenti bus et huc me iuitantibus hac regali dignitate honoratus appareo. Legem igitur vestram non in aliquo corrumpere, sed vita comite malo clementer in omnibus adimplere et vestre racionabili voluntati, inquantum valeo, ubique animum adhibere. “34
[...]
1 ROGGE, Die deutschen Könige im Mittelalter, S. 9.
2 HÖFER, Heinrich II., S. 96.
3 WEINFURTER, Heinrich II., S. 38.
4 MÜLLER, Das heilige Kaiserpaar, S. 60.
5 THIETMAR, lib. V, cap. 11, S. 233.
6 Ibid.
7 Ibid.: „[h]ier wurde er am [7]. Juni von allen ihm Ergebenen zum König gewählt“, S. 234.
8 BÖHMER: Regesta Imperii II/4, Nr. 1483yy.
9 THIETMAR, lib. V, cap. 11, S. 234.
10 MGH D H II. 34; siehe hierzu auch SCHLESINGER, Erbfolge undWahl bei der Königserhebung Heinrichs II., S.2 ff.
11 MGH D H II. 34; siehe hierzu auch SCHLESINGER, Erbfolge undWahl bei der Königserhebung Heinrichs II., S. 27 ff.
12 SCHMIDT, Königsumritt und Huldigung in ottonisch-salischer Zeit, S. 115.
13 THIETMAR, lib. V, cap. 12, S. 234.
14 MGH D H II. 1.
15 THIETMAR, lib. V, cap. 12, S. 205.
16 der Sohn Herzogs Otto von Kärnten.
17 THIETMAR, lib. V, cap. 12, S. 234; siehe hierzu auch ADALBOLD, cap. 6 684.
18 THIETMAR, lib. V, cap. 13, S. 234; siehe hierzu auch MÜLLER, Das heilige Kaiserpaar, S. 61, mit einer kurzen Diskussion über, in diesem Falle, die Rechtmäßigkeit eines Duelles.
19 MGH D H II. 2; zwischen Reichenau und Sontheim erreichte Heinrich mit 59 km/Tag seine schnellste Reisegeschwindigkeit während seiner Königsherrschaftschaft was auf sein Verlangennach einer schnellen Reise Richtung Thüringen und Sachsen schließen lässt, siehe hierzu MARTINA REINKE, Die Reisegeschwindigkeit des deutschen Königshofes, S. 246.
20 THIETMAR, lib. V, cap. 14, S. 236.
21 Ibid.: „Wißt ihr nicht, daß es auf diesem Zug unmöglich ist, weil die Baiern schon immer das Recht freier Herzogswahl besitzen?“
22 Ibid.; Thietmar erwähnt hier extra, dass der Markgraf dennoch seiner Pflicht als Gefolgsmann nachkommt und Heinrich bis nach Thüringen begleitet.
23 MGH D H II. 4 bis 6.
24 Ibid. 7.
25 THIETMAR, lib. V, cap. 14, S. 236.
26 Ibid.
27 MÜLLER, Das heilige Kaiserpaar, S. 64.
28 SCHMIDT, Königsumritt und Huldigung in ottonisch-salischer Zeit, S. 133 f, mit der Begriffsdefinition von P. E. Schramm.
29 Ibid. S. 140.
30 THIETMAR, lib. V, cap. 15, S. 236 f.
31 Ibid. S. 237.
32 SCHMALE, Deutschlands Geschichtesquellen im Mittelalter, §6, S. 53.
33 THIETMAR, lib. V, cap. 16, S. 239, siehe hierzu auch SCHLESINGER, Die sogenannte Nachwahl Heinrichs II. in Merseburg, S. 352 f.
34 Ibid. : „Nicht gegen euren Wunsch und Willen, sondern nur mit eurer Zustimmung und auf euren Ruf bin ich hier im königlichen Schmuck erschienen. Euer Recht will ich nicht antasten, sondern vielmehr in Gnaden zeitlebens streng beobachten und euren berechtigten Wünschen, soweit ich es vermag, stets Gehör schenken.“