Rezension zu Tariq, Ali: Piraten der Karibik
Die Achse der Hoffnung
Zusammenfassung
Leseprobe
Rezension
Tariq, Ali: Piraten der Karibik. Die Achse der Hoffnung, aus dem Englischen von Michael Bayer, Ursula Pesch und Karin Schuler, Diedrichs im Heinrich Hugendubel Verlag, München 2007 (304 S., gebundene Ausgabe, 22 €).
Zentrales Anliegen dieses Buches ist die Darstellung des >Zeitalter[s] der Desinformation<(9). Dabei stellt der Verf. manipulative Methoden von Medien dar, sowie deren Auswirkung auf die individuelle Beurteilung von Ereignissen in der politischen Landschaft. Er illustriert dies am Beispiel Lateinamerikas, das seit Ende des 20.Jh. durch das >Prinzip des »Washington Consensus«<(11) geprägt wird. Das Handeln und Agieren von Verfechtern und Profiteuren der neoliberalen Weltordnung wird in diesem Buch thematisiert sowie eine gezielte Kampagne, gegen sich dem >Washington Consensus < (ebd.) Paradigma nicht unterwerfende Staatsoberhäupter, an die Öffentlichkeit getragen. Ins Zentrum seiner Betrachtung rückt der Verf. die von ihm so genannten drei Piraten, Evo Morales, Hugo Chávez und Fidel Castro aus der Karibik des Neoliberalismus. Im ersten Teil des Buches liefert eine historische Einleitung in die >Imperialen Ausdünstungen<(41) die Grundlage für das Verständnis der Akteurwahl. Die Entwicklung Lateinamerikas vom imperialen Kolonialismus bis zur ideologischen Zweiteilung der Welt durch den Kalten Krieg wird nur kurz schematisch dargestellt. Größeres Augenmerk wirft der Verf. auf die Verbreitung des Neoliberalismus in Lateinamerika und der damit zusammenhängenden Entwicklung Lateinamerikas zum Hinterhof der Vereinigten Staaten. Den Kern des Buches beginnt der Verf. mit dem Kapitel >wilder Stier und […] schlaue Esel<(55). Die mit Bedacht gewählte Wertung der Ereignisse durch den Verfasser, in diesem Fall in Venezuela, lässt seinen Standpunkt zu den geschilderten Tatsachen deutlich werden. Dennoch gelingt es ihm auch, eine objektive Darstellung von länderspezifischen Ereignissen, wie dem Putschversuch von Hugo Chávez 1992, wiederzugeben. Darauf folgt das Beispiel „Bolivien“, wobei seine ambivalente politisch instabile Entwicklung dargestellt wird sowie der Aufstieg von Evo Morales. Um die Troika zu vervollständigen, fügt der Verf. Fidel Castro mit seinem revolutionären Weg hinzu. Besonders auffällig scheint die harsche Beurteilung dieses Piraten. Dabei kritisiert der Verf. insbesondere die fehlenden demokratischen Elemente des Tropensozialismus und das beharrliche Festhalten an diesem. Jedoch wird auch die nicht auf außenpolitisches Kalkül der Internationalen Beziehungen beruhende Doktrin gelobt, welche für eine ausreichende Bildung und gesundheitliche Versorgung der kubanischen Bevölkerung gesorgt hat. Die Geschichte Simon Bolivárs, dem Befreier Lateinamerikas aus der Herrschaft der ersten spanischen Kolonialherren, findet am Ende des ersten Teils ihren Platz. Die kurze aber doch ausreichend informative Einführung in das Leben und Denken des ideologischen Gründervaters der Befreiungsbewegung in Lateinamerika verhilft dem Leser, die allzu oft genannte bolivarische Revolution zu verstehen.
Im zweiten Teil des Buches, welches als Anhang deklariert ist, fokussiert der Verf. sein zentrales Anliegen am Beispiel von Hugo Chávez, wobei Weggefährten wie auch Gegner ihren Platz finden. Dieser zum großen Teil aus Interviews bestehende zweite Teil liefert einen tiefen Einblick in die innenpolitischen Diskrepanzen, welche schon vor dem Amtsantritt von Hugo Chávez in Venezuela herrschten. Die von dem Verf. besonders angeklagten >ehemaligen Linken<(13), welche sich den neoliberalen Werten verkauft haben, um >dazuzugehören< (ebd.), werden in einem erfrischend sarkastischen Ton dargestellt. Ihre besonderen Angriffe auf das soziale Engagement (Alphabetisierungsprogramme, Gesundheitsfürsorge) von Hugo Chávez oder ihre Gleichstellung Chávezs Regierung mit kommunistischem Regime werden deutlich hervorgehoben. Das vonseiten der venezolanischen, entmachteten Oligarchie dargestellte Bild eines populistischen Militärmachthabers wird dabei thematisiert sowie die Denunzierungskampagne der privaten venezolanischen Medien. Ihre Rollen bei dem Militärputsch vom April 2002 gegen Hugo Chávez werden fokussiert sowie die mögliche Unterstützung aus dem Ausland und die dahinter stehenden Interessen, wie z.B. eine Verstaatlichung des viert größten Erdöllieferanten der Welt zu unterbinden. Besonderes Augenmerk erhält der Herausgeber der venezolanischen Tageszeitung Tal Cual, Teodoro Petkoff, welcher in Hugo Chávez einen besonderen Erzfeind gefunden hat. Ebenso wird das Verhalten internationaler Medien an dem Fall Hugo Chávez gerügt, welches an einem Beispiel aus der renommierten, seriösen und geschätzten Tageszeitung Le Monde verdeutlicht wird. Hierbei gelingt des dem Verf. besonders deutlich, die internationale Agenda des Neoliberalismus anzuprangern. Abgerundet wird das Buch an dieser Stelle mit zwei Ansprachen von Evo Morales und Hugo Chávez, welche jeweils vor den Vereinten Nationen in New York gehalten wurden. Dabei hoben beide Staatsoberhäupter ihre Abkehr vom allgemein vorherrschenden Politischen Konsens deutlich der Öffentlichkeit hervor. Mit der bewussten Wahl dieser Reden unterstreicht der Autor nochmals das zentrale Anliegen des Buchs sowie seine eigene Position.
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