In der Arbeit wird von der Vorstellung ausgegangen, dass Kinder in der in Schulsportevents dargebotenen Atmosphäre sich als Teil des Geschehens verstehen. Bei Events agieren vielseitig sportlich aktive Kinder mit weniger sportlich aktiven Kindern zusammen. Die affektive Wirkung und die Schaffung eines Wir-Gefühls könnten Kinder anregen und aktivieren, mehr Freude und Spaß am Sportunterricht zu empfinden.
Ein weiterer Motivationsfaktor könnten die Erfolgserlebnisse sein, die sich auf die sofortige Bestätigung der sportlichen Leistung niederschlagen. Für diese Effekte liegen Untersuchungen von Lukowski, Deemter und Achter & Stoll vor, die sich mit den Auswirkungen von Gruppentraining und -wettkämpfen befassen. Folglich hätten Schulsportevents zugleich das Potential, Freude am Sportunterricht zu wecken und gleichzeitig Sporttalente zu fördern. Dafür braucht es Motivation und Volition. Die Willensbildung ist ein Lernprozess, der erheblich durch Motivations- und Kompetenzfähigkeit der Lehrkräfte bestimmt wird. Für diese Effekte von Sportevents und deren nachhaltige Auswirkungen auf den Sportunterricht liegen nach Recherchen bisher nahezu keine Untersuchungen vor.
Damit ergibt sich die Forschungsfrage: Wie wird die Einstellung zum Schulsport durch Spaß an Bewegung bei Sportevents positiv beeinflusst und der Weg für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil gebahnt? Welche Anregungen animieren die Schüler von 7 bis 12 Jahren zur regelmäßigen sportlichen Betätigung?
Inhalt
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Fragestellung
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Potentiale des Schulsports
2.2 Motivation, Volition und Emotionen
2.3 Motivation durch Sportevents
3 Methodik
4 Ergebnisdarstellung
4.1 Die Auswirkungen von Sportevents auf den Schulsport
4.2 Nutzen für Schulkinder
5 Diskussion
6 Ausblick
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Die Gegenwart charakterisiert ein wachsendes Zivilisationsphänomen: Bewegungsmangel. Computer und Maschinen durchdringen fast jeden Lebensbereich und ersetzen körperliche Tätigkeiten. Überangebote in den Medien füllen die Freizeitangebote und halten viel zu oft Kinder an Bildschirmen fest. Aus gesundheitspolitischer Perspektive stellen Wissenschaftler; u.a. Walter et al. (2010), den Zusammenhang zwischen sportlicher Aktivität, Gesundheit und sozialem Verhalten her. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit nur die männliche Form benutzt. [RS1] 1
Durch Sport lassen sich nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Faktoren „Kooperation, Eindruck, Ausdruck und Wagnis“ verwirklichen, d.h. bei Kindern die Förderung des Selbstbewusstseins und schließlich der Sozialkompetenz (vgl. Kultusministerkonferenz 2017, 4).
Einig sind sich die Wissenschaftler auch, dass wenig bzw. keine körperliche Betätigung im Kindesalter zur Entstehung verschiedener, teilweise chronischer Krankheiten führt. Das können Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Muskel- und Skelett-apparates und Diabetes sein. Später zeigt sich der Bewegungsmangel mit vielerlei Symptomen. So sind spezifische Arten von Rückenschmerzen typische Symptome neuer Krankheitsbilder Erwachsener (vgl. Uhlig 2005, 2).
Wissenschaftliche Erkenntnisse beweisen, dass die Voraussetzungen für diese Krankheitsbilder schon im Kindesalter gelegt werden. Dafür sind vermutlich weniger mentale Defizite verantwortlich. Vielmehr muss man die Ursachen auf dem pädagogischen Feld suchen (vgl. ebd.). Das Freizeitverhalten der Kinder und Jugendlichen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Vielfältige Medienangebote stellen eine attraktive Alternative zum heute möglicherweise „altmodischen“ und bewegungsreichen gemeinsamen Spielen auf der Straße dar. Das veränderte Freizeitverhalten wird in der Forschung in einen Zusammenhang mit Bewegungsarmut und insbesondere der Entstehung von Übergewichtigkeit gebracht (vgl. R.-Koch-Institut 2011, 21; R.-Koch-Institut 2018, 20). Doch die Erklärung geht nicht weit genug: Kinder und Jugendliche mit Übergewicht und Adipositas sind auch Geschäftsfelder: Ernährung, Gesundheit, Leistungsfähigkeit. Sie stehen in Verbindung mit Folgekosten, um deren Trägerschaft in Politik und Gesellschaft zugleich gestritten wird (vgl. Zwick & Schröter 2009, 49).
Die Gründe für die Defizite in der Gesundheit liegen u.a. in dem Anspruchsdenken der Gesellschaft. Kinder und Jugendliche wachsen heute in einer Erlebnisgesellschaft auf (vgl. Schulze 1993). Studien zeigen, die Gesellschaft wünscht, vieles zum Erlebnis werden zu lassen, „zumal die Erlebnisorientierung mit einer Rehabilitierung des Genusses verbunden“ ist (vgl. Fromme 1995, 146; Schulze 1993). Die Erlebnisse werden vom Konsumverhalten beeinflusst. Dies wiederum hängt von den Medienangeboten ab. Kinder als Rezipienten sind bestrebt, nach Stimmungslagen Medieninhalte auszuwählen, also Medieninhalte, die positive Stimmungen erzeugen oder helfen, negative Stimmungen abzubauen. Das bedeutet, geeignete Medienangebote tragen zur Optimierung der Stimmung bei (vgl. Gleich & Vogel 2007, 410). Die Konsum- und Verhaltensforschung schlussfolgert daraus, dass eine gute Stimmungslage zu einer besseren Beurteilung von Produkten und folglich zu einer erhöhten Lern- und Erinnerungsfähigkeit führt. Die Lern- und Erinnerungsfähigkeit werden durch die von Reizen erzeugten Emotionen positiv beeinflusst (vgl. Kroeber-Riel et al. 2008, 100). Dabei spielt Attraktivität eine große Rolle: Attraktivität wird als auf Menschen wirkende Anziehungskraft definiert, die sich zum einen auf äußerliche Eigenschaften wie Schönheit, und zum anderen sich auf Wesenseigenschaften wie Charisma, soziale Stellung oder auf Materielles beziehen (vgl. Lexikon der Psychologie). Kinder brauchen Vorbilder, denen sie nachempfinden. Das bestätigen Studien MPFS, Shell aus den Jahren und 2014 und 2001 und wissenschaftliche Abhandlungen, z.B. von Trosien (2019).
Die Schaffung von Erlebnissen ist demnach ein Beitrag, den Sportunterricht noch attraktiver aufzubauen. Aus dem sportpädagogischen Blickwinkel fördert Sport „besondere Sinnes-, Umwelt- und Bewegungserlebnisse und sollten daher einen besonderen Stellenwert im Sportunterricht haben“ (vgl. Stemper, Kels 2016, 2-9). So können Sportevents als mehrmalige unvergessene Ereignisse für Kinder ein Erlebnispotential bieten, die den Unterricht ergänzen und damit abwechslungsreicher gestalten. Sportevents nehmen heute einen hohen Stellenwert in der Freizeitgestaltung ein und bewirken damit einen großen Werbeeffekt. Also, warum sollte man nicht Kindern Sport als Erlebnis, als „Genuss“, vermitteln können? Das können Schulwettstreite, Schwimmwettkämpfe und andere Ereignisse sein.
1.2 Zielsetzung und Fragestellung
Maßnahmen zur Prävention von Bewegungsarmut, Übergewicht und Adipositas und deren bedrohliche körperliche und psychosoziale Folgen sind unabkömmlich und sollten so früh wie möglich eingesetzt werden. Die Phase des Kindesalters stellt die Weichen für das spätere Gesundheitsverhältnis und -verständnis und bietet dementsprechend einen idealen Zeitpunkt für Präventionsmaßnahmen. In der vorliegenden Arbeit wird dazu unter Heranziehung relevanter Studien eine Erläuterung der Grundlagen zum Gesundheitszustand und Gesundheitsverständnis der Kinder gegeben. Der Schulsport bildet eine entscheidende Präventionsmaßnahme in der Gesundheitserziehung. Im Sport spielen Emotionen eine wichtige Rolle. Kinder wollen Spaß haben (vgl. Kuhn 2007, 400). Sofern der Spaß eine grundlegende Emotion ist, sind Kinder bereit, mehr Sport zu treiben. Diesen Effekt belegen mehrere Studien, wonach die Anbindung an den Sport vor allem über den Spaß erfolgt (vgl. Kuhn 2007, Brehm & Voitländer 2000, Brehm 1990).
In der vorliegenden Arbeit wird von der Vorstellung ausgegangen, dass Kinder in der in Schulsportevents dargebotenen Atmosphäre sich als Teil des Geschehens verstehen. Bei Events agieren vielseitig sportlich aktive Kinder mit weniger sportlich aktiven Kindern zusammen. Die affektive Wirkung und die Schaffung eines Wir-Gefühls könnten Kinder anregen und aktivieren, mehr Freude und Spaß am Sportunterricht zu empfinden. Ein weiterer Motivationsfaktor könnten die Erfolgserlebnisse sein, die sich auf die sofortige Bestätigung der sportlichen Leistung niederschlagen. Für diese Effekte liegen Untersuchungen von Lukowski (2013), Deemter (2012) und Achter & Stoll (2010) vor, die sich mit den Auswirkungen von Gruppentraining und -wettkämpfen befassen. Folglich hätten Schulsportevents zugleich das Potential, Freude am Sportunterricht zu wecken und gleichzeitig Sporttalente zu fördern. Dafür braucht es Motivation und Volition. Die Willensbildung ist ein Lernprozess, der erheblich durch Motivations- und Kompetenzfähigkeit der Lehrkräfte bestimmt wird.
Für diese Effekte von Sportevents und deren nachhaltige Auswirkungen auf den Sportunterricht liegen nach Recherchen bisher nahezu keine Untersuchungen vor.
Damit ergibt sich die Forschungsfrage: Wie wird die Einstellung zum Schulsport durch Spaß an Bewegung bei Sportevents positiv beeinflusst und der Weg für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil gebahnt? Welche Anregungen animieren die Schüler von 7 bis 12 Jahren zur regelmäßigen sportlichen Betätigung?
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Potentiale des Schulsports
Der Schulsport hat in der physischen und psychischen Entwicklung eines Kindes eine große Bedeutung. Die Entwicklung des Bewegungsverhaltens ist untrennbar mit physischen und psychischen Körperfunktionen verbunden. Wahrnehmung, Motorik, Sprachausbildung und sozioemotionale Entwicklung stehen in Wechselseitigkeit. Kinder bewegen sich, um ihre Umwelt zu entdecken und machen dabei die Erfahrung, die Entdeckungen in Sprache zu äußern. Im Übergang von Kinderkrippen zum Kindergartenalter erweitert sich der Aktionsradius und damit auch der Kommunikationsradius (vgl. Mähler 2007, 170f). Körperliche Aktivitäten fördern einerseits die gesunde Entwicklung, insbesondere durch neurophysiologische Anpassungsprozesse, und anderseits durch Integrations- und Sozialisationsprozesse, die über das gesamt Kindes und Jugendalter und darüber hinaus ausschlaggebend sein werden (vgl. Zimmer 2014). So können sportliche Aktivitäten soziale Kontakte stärken und auf das eigene Wohlbefinden positiv wirken.
Gesundheit kann also durch sportliche Aktivität schon im Kindesalter gefördert werden. Die Grundlagen für die Herstellung von gesundheitsförderlichen Verhaltensweisen sollen daher bei Kindern im Schulsport gelegt werden. Vorher ist jedoch der Begriff Gesundheit abzuklären.
Die WHO definiert 1946 die Gesundheit als ein Zustand des „vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens (Wohlbefinden) und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“; engl. „Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity (WHO 2006 1946, 1).
Der Sportunterricht ist im Vergleich zu anderen Fächern ein eigentümliches Fach, welches von Wissenschaftlern, z.B. von Größing (1993), wie folgt charakterisiert wird:
„Lerninhalte sind zunächst einmal Bewegungsfertigkeiten, motorische Fähigkeiten und Wissensbereiche des Sports, durch deren Erwerb der Schüler in die Lage versetzt wird, Sport allein oder mit anderen auszuführen, die Sportaktivität anderer zu steuern, sportliche Erscheinungen und Normen zu bewerten und die sportliche Leistungsfähigkeit zu verbessern“ (Größing 1993, 94).
Der Bezug auf Bewegungsfertigkeiten und motorische Fähigkeiten legt den Schwerpunkt auf die Struktur des Sportunterrichts und gleichzeitig auf die Idee einer körperlich-sportlichen Grundlagenbildung. Die Mehrzahl der Schulfächer konzentriert sich auf „Kognitive Stoffe“ (vgl. Hummel 2011, 40f).
„Kognitive Lernstrategien umfassen jene Aspekte, die mit der dauerhaften Informationsaufnahme zu tun haben, etwa konkrete Arbeitstechniken, die man zum Einprägen von neuen Informationen anwendet“ (Baake et al. o.J., 27).
Die „körperlich-sportliche Grundlagenbildung“, also den Sportunterricht, kennzeichnen die doppelten Attribute „Körperlich und Sportlich“ (vgl. ebd., 41). Dies verlangt eine ständige Ausbalancierung der Vermittlung. Dabei erfordert die Primärstufe, um die es in dieser Arbeit geht, eine „Akzentuierung der körperlichen Bildung, die mit einer Bewegungserziehung verbunden ist. Hier tritt die sportliche Bildung nicht in den Vordergrund. In der Sekundarstufe I hingegen dominiert die sportliche Bildung und in der Gymnasialstufe, der Sekundarstufe II, werden Ansätze von differenzierte Spezialisierungen im Sinne einer sportlichen sowie körperlichen Bildung vermittelt“ (vgl. ebd., 42).
Zwischen Sporttreiben und Nicht-Sporttreiben gibt es bei Kindern ein Zwischenstadium, das sich durch Bewegungsfreude auszeichnet. Körperliche Bewegung ist im Spiel eng an das Erfahren und das Entdecken der Umwelt gebunden. Die Entwicklung der motorischen Fähigkeiten findet vor allem im Kleinkindalter statt, die aber bei Schulkindern noch nicht abgeschlossen ist. In einer empirischen Studie von Kuhn (2007) wurden 7- bis 12jährige Schüler interviewt, wie sie sich in der Schule bewegen wollen (Kuhn 2007, 86). Die Kinder wurden u.a. danach gefragt, warum sie sich mehr Bewegungsfreiheit im Unterricht wünschen. Hier wurden vor allem positive, die Bewegung begleitende Emotionen angegeben. Konkret wurden genannt „Abwechslung, Gefühle, Spaß, Stimmung‟. Auch der Bezug zur Gesundheit (Einführung eines „Gesundheitsministers‟) wurde wiederholt hergestellt (vgl. Kuhn 2007, 95, 100 u. 167f). Kinder nutzen die Bewegungen, um sich von den Belastungen durch das Sitzen zu erholen. Sie spüren also nicht nur, dass Bewegung ihnen ‚gut‛ tut, sondern sie wissen auch, dass dies die Gesundheit fördert (vgl. Kuhn 2007,169). Zumeist begründen sie ihre Meinungen mit der „Freude‟, die sie durch das Sporttreiben empfinden, sowie gesundheitlichen und emotionale Komponenten (vgl. Kuhn 2007, 273 ff).
Im Sportunterricht wollen Kinder im Grundschulalter vor allem ihre motorischen Fähigkeiten erproben (vgl. Kuhn 2007, 353). Kinder wollen nicht nur spielen, sondern auch gezielt ihre sportlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten trainieren und ausprobieren. „Was kann ich, was kann ich noch nicht?“ Also lernen sie die entsprechenden Bewegungsabläufe durch Beobachtungen der anderen Kinder, d.h. durch soziales Lernen und nicht nur durch genaue Instruktionen durch die Lehrperson (vgl. Kuhn 2007, 352).
Gesundheitswissenschaftler gehen davon aus, dass sich Sportaktivitäten positiv auf das Wohlbefinden auswirken. Die Sportwissenschaftler Lippke und Vögele kamen zu der Erkenntnis, körperliche Aktivität schütze vor chronischen Erkrankungen und sei somit „primär präventiv wirksam“ (Lippke, & Vögele 2005, 195 und Pate et al. 1995, 406). Die Fachwelt ist zu der Erkenntnis gekommen, dass die Ursachen chronischer Erkrankungen oft im mangelhaften Gesundheitsverhalten vieler Jahre zu suchen sei. Die Wissenschaftler Kasl und Cobb (1966a, 1966b) definieren den Begriff „Gesundheitsverhalten”, indem sie sagen:
„Health behavior is any activity undertaken by a person believing himself to be healthy, for the purpose of preventing disease or detecting it in an asymptomatic stage”. Gesundheitsverhalten bedeutet: „jegliche Aktivität, die von einer sich gesund fühlenden Person unternommen wird, um Krankheiten zu verhüten oder sie in einem beschwerdefreien Zustand zu entdecken“ (Kasl, Cobb 1966a, 246).
Das Gesundheitsverhalten steht versus zur Gesundheitsgefährdung. Diese Erweiterung öffnete den Weg in der Gesundheitswissenschaft zu der Klärung der Frage, „, Was hält eigentlich den Menschen gesund‘ und nicht mehr ‚Was macht den Menschen krank‘“ (vgl. Antonovsky 1997). Demnach bestimmen gesundheitsförderliche und gesundheitserhaltende Prozesse die gesundheitliche Disposition des Menschen gegenüber seiner Umwelt. Antonovsky beschreibt die Faktoren „Verständnis“, „Bewältigung“ und die „Sinnhaftigkeit“ dieser beiden Faktoren als Kohärenzgefühl, welches Widerstandsressourcen mobilisieren, d.h. körpereigene Abwehrkräfte gegen unverträgliche Umwelteinflüsse aufbauen soll (vgl. Antonovsky 1997, 35f[RS2] ).
So kann sich der Lebensstil im Zusammenwirken von biologischen, genetischen und sozialen Faktoren auf den Gesundheitszustand auswirken. Verschiedene Aspekte finden ihren Einfluss. Einer davon ist z.B. ein ungünstiges Ernährungsverhalten, das insbesondere im Kontext von Bewegungsmangel steht und als besonders problematisch für ein gesundes Aufwachsen gilt. Beide Faktoren, die sozialen Verhältnisse und die gesundheitliche Disposition, stehen in enger Wechselbeziehung (vgl. Robert Koch-Institut 2008, 41f, 53f, 58f).
Zu beobachten ist, dass körperliche Aktivitäten im Alltag von Kindern einen immer geringeren Stellenwert einnehmen. Die Ursachen sind facettenreich. Schon 1997 wies Schmid eine Vielzahl von Faktoren nach, die mit der Veränderung der kindlichen Bewegungswelt einhergehen. Dazu zählen der Wandel der räumlich strukturellen Umwelt (Abnahme natürlicher Spielflächen), die Veränderung der familiären Lebenswelt (Ein-Elternteil-Familien), die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (soziale Ungleichheit) und das veränderte Konsum- und Freizeitverhalten der Heranwachsenden (Mediatisierung). Bös und Brehm (2006) beobachten dazu, dass Kinder der gegenwärtigen Generationen in einer technikreichen und bewegungsarmen Welt aufwachsen.
Das Problem ist bereits bei adipösen und übergewichtigen Kindern deutlich sichtbar. In den Jahren 2003 bis 2006 haben Adipositas und Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen stark zugenommen. Eine in Deutschland in dem Zeitraum durchgeführte Kinder- und Jugendgesundheitsstudie („KiGGS)[RS3] “ des Robert Koch-Instituts hat ergeben, dass 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen von 3 bis 17 Jahren übergewichtig sind. Über 6 Prozent sind adipös. Das bedeutet, 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche sind übergewichtig, darunter 800.000 mit Adipositas. Ein Vergleich mit einer Studie aus dem Jahr 1999 zeigt, dass 50 Prozent mehr Kinder und Jugendliche Übergewicht haben und doppelt so viele an Adipositas leiden (vgl. R. Koch-Institut 2006, 29). Die Zahlen weiterer Untersuchungen „KiGGS-Welle 1“ und „KiGGS-Welle 2“ des Robert-Koch-Instituts im Zeitraum 2009 bis 2017 bestätigen diese Entwicklung. Allerdings stagnieren die Zahlen für Übergewicht und Adipositas bei den 11- bis 17-Jährigen seit der Basiserhebung 2006, aber das auf hohem Niveau (vgl. R. Koch-Institut 2011, 21; R. Koch-Institut 2018, 20).
2.2 Motivation, Volition und Emotionen
Kinder im Sport zu fördern, heißt verantwortungsvoll mit ihnen umzugehen (vgl. Rudolph 2015, 65). Zumeist hängt die Begeisterung für Sport von den Lehrern ab. Für eine Leistungssteigerung im Sport sind vor allem Motivation und Volition zu stärken.
Motivation bzw. Motiviertheit wird allgemein verstanden als „die Bereitschaft einer Person, sich intensiv und anhaltend mit einem Gegenstand auseinanderzusetzen. Motivation kann als Prozess aufgefasst werden, in dessen Verlauf zwischen Handlungsalternativen ausgewählt wird. Das spätere Handeln wird dann auf die ausgewählten Ziele ausgerichtet und auf dem Weg dorthin in Gang gehalten, also mitpsychischer Energie versorgt. ‟ (Hasselhorn 2013,104).
Die Motive sind individuell, zeitüberdauernd ausgeprägt und richten sich auf einen bestimmten Gegenstand oder auf Sachverhalte. Des Weiteren ist das Motivationsverhalten individuell unterschiedlich stark ausgeprägt: so kann ein Mensch wenig motiviert sein, Sport zu treiben, er kann aber auch hoch motiviert sein. Im Hinblick auf die tatsächliche Ausübung der Handlung, z.B. Sport zu treiben, ergeben sich Parallelen zu den Forschungen aus der Pädagogischen Psychologie, in der man die Lernmotivation untersuchte (vgl. Hasselhorn 2013, 104). Aus der Lernpsychologie sind das Kopplungs- und das Kompensationsmodell bekannt, welche die Motivation näher erklärt. Bei hohen Leistungsanforderungen, z.B. durch die Art der gewählten Sportart, müssen sowohl günstige körperliche Voraussetzungen als auch eine starke Ausprägung des Motivs vorhanden sein bzw. miteinander verkoppelt werden. So können bei geringen Leistungsanforderungen ungünstige körperliche Voraussetzungen durch eine stark ausgeprägte Motivation kompensiert werden (vgl. Hasselhorn 2013, 111).
Lehrer bzw. Trainer können die Willensbildung beeinflussen, indem bei Kindern Bestrebungen geweckt und Entscheidungen auf diese Weise gelenkt werden (vgl. Rudolph 2017; Mathesius 1993, 974). Über die Willensbildung für Sport bei Kindern liegen Erkenntnisse z.B. von Bandura (1977) und Hurrelmann (2002) vor. Die Volition (Willensbildung) entsteht durch Vorbilder. Kinder ahmen das Verhalten anderen Personen nach, um sich zu identifizieren (vgl. Bandura 1977, 3-5; Hurrelmann 2002, 65f). Also beobachten sie (vgl. Bandura 1977, 3-5; Hurrelmann 2002, 65). Die Beobachtungen werden als Informationen gespeichert. Um das Beobachtete nicht zu vergessen, muss das Erworbene Wissen in Aktivität umgesetzt werden, d.h. nur eine aktive Aneignung kann den Lernprozess vorantreiben, und das am besten mit einem Wiederholungseffekt. Eine passive Aneignung bringt dagegen nicht den gewünschten Erfolg (Hurrelmann 2002, 66). Hinter diesem Prozess steht ein Konstrukt der Selbstwirksamkeitserwartung (perceived self-efficacy) (vgl. Hurrelmann, 2002, 66; Wagner 2000, 24). Hurrelmann definiert die Selbstwirksamkeitserwartung als „Überzeugung eines Menschen, ein bestimmtes Verhalten ausführen und dabei auftretende Hindernisse oder Schwierigkeiten überwinden zu können“ (Hurrelmann 2002, 66).
Damit ergibt sich ein enger Zusammenhang zwischen Motivation und Volition. Neben der Motivation, Volition und der Selbstwirksamkeitserwartung beeinflussen die Einstellung zum Schulsport Emotionen. Emotionen umfassen „körperliche Erregungen, Gefühle, kognitive Prozesse und Reaktionen im Verhalten als Antwort auf eine Situation, die als persönlich bedeutsam wahrgenommen wurde‟ (Hasselhorn 2013, 125). Ein einfaches Beispiel ist die Freude über eine erreichte sportliche Leistung oder während der sportlichen Tätigkeit selbst. Die Handlungen begleitenden Emotionen können diese fördern oder hemmen, und sind an der Informationsverarbeitung und der Aufmerksamkeitsregulation beteiligt (vgl. Hasselhorn 2013, 126). Emotionen, die bei einer Handlung Empfindungen auslösen, werden mit dieser im Langzeitgedächtnis abgespeichert. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit bedeutet das, dass der Beginn des Sporttreibens mit positiven Empfindungen verknüpft sein sollte. Ein siebenjähriger übergewichtiger Junge, der für seine misslungene Rückwärtsrolle im Sportunterricht ausgelacht wird, wird Sport schwerlich mit positiven Emotionen besetzen. Solche Erlebnisse sind dann ein Grund, warum Sport überhaupt gemieden wird. Diese Schüler nehmen den Sportunterricht oder sportliche Freizeitaktivitäten auch später selektiv wahr, d.h. sie nehmen nur die negativen Informationen auf, die zu der getrübten Grundstimmung passen. Dieser Vorgang wird mit der Herstellung von Kohärenz erklärt (vgl. Hasselhorn 2013, 126).
Emotionen können nach Pekrun und Schiefele (1996) in drei Kategorien eingeteilt werden:
- positive Emotionen: z. B. Freude oder Stolz, die sich positiv auf die intrinsische, also auf die im Menschen selbst entstehende Motivation, auswirken;
- aktivierende negative Emotionen: z.B. Angst und Ärger, die zwar einerseits die Handlungsbereitschaft stimulieren, d.h. eine Handlung „nochmal versuchen‟, andererseits aber zu viel Aufmerksamkeit abziehen, so dass die Handlung meist doch zum Misserfolg führt. Auf Grund von Forschungsergebnissen kommen Gutachter zu dem Schluss, dass die psychische Gesundheit von körperlicher Aktivität eine Verringerung des Gefühlszustandes z.B. von Angst, herbeiführen kann. So stellten u.a. Calfas und Taylor (2009) in ihrer Metaanalyse fest, dass Sport zu einer Verbesserung des Selbstwertgefühls sowie zur Vermeidung von depressiven Störungen und Angstgefühlen führt.
- desaktivierende negative Emotionen: z.B. Langeweile oder Hoffnungslosigkeit, die eine tiefergehende Informationsverarbeitung verhindern und den Misserfolg der Handlung wahrscheinlich werden lassen (vgl. Pekrun, Schiefele 1996, 154-156).
Des Weiteren fanden Valois et al. (2009) bei sporttreibenden Kindern und Jugendlichen eine höhere Lebenszufriedenheit und damit Wohlbefinden. Das bedeutet, psychisches Wohlbefinden, glücklich sein, Unabhängigkeit, soziale Kompetenz, Anpassungsfähigkeit, Stressresistenz und gesundheitsförderliche Verhaltensweisen werden mit einem hohen Selbstwertgefühl in Verbindung gebracht. Mehrere Studien bestätigen den positiven Einfluss sportlicher Aktivität auf das eigene Selbstwertgefühl (vgl. Ekeland et al., 2005; Sygusch 2005). Unter anderen kamen Fox et al. (2000) zu dem Schluss, dass die sportbedingten Verbesserungen des Selbstwertgefühls am höchsten sind, je tiefer das Ausgangniveau des Selbstwertgefühls ist.
[...]
1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit nur die männliche Form benutzt. [RS1]Das können Sie in der HA gern in einer Fußnote schreiben. [RS2]Es gefällt mir gut, dass Sie hier Antonovsky zitieren!! [RS3]Wenn Sie das erste Mal eine Abkürzung verwenden, müssen Sie vorher diese ausschreiben u die Abkürzung in klamemr setzen, danach können Sie nur noch die Abkürzung verwenden. Oder Sie verwenden ein Abkürzungsverzeichnis am Beginn der Arbeit, siehe formale Vorgaben.