Der Solidaritätszuschlag: politischer Zankapfel und verfassungsrechtliche Gratwanderung. Diese wissenschaftliche Arbeit untermauert verfassungsrechtliche Bedenken der teilweisen Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2021 mit neuesten Ergebnissen der Primärforschung.
Die Friedliche Revolution 1989 hatte zuvor den Sturz der Mauer herbeigeführt. Eine Wiedervereinigung Deutschlands war das erklärte Ziel und musste durch erhebliche finanzielle Kraftanstrengungen finanziert werden: Infrastruktur, Wohnungsbau, Modernisierung, Umstellung des Wirtschafts-, Finanz- und nicht zuletzt des politischen Systems waren die Folge.
Die Mehrbelastungen mündeten in den sogenannten Solidaritätszuschlag, eine Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer, eingeführt im Zuge des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms am 23.06.1993. Am 24.10.2019, 26 Jahre später, passierte das Gesetz zur teilweisen Rückführung des Solidaritätszuschlaggesetzes 2021 den Deutschen Bundestag. Der ‚Soli‘, wie die Abgabe im Volksmund umgangssprachlich bezeichnet wird, soll fortan nur Teile der Steuerzahler belasten. Mit Verweisen auf die soziale Gerechtigkeit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt wird der Solidaritätszuschlag ab dem 01.01.2021 die Steuerzahler je nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit unterschiedlich stark belasten. Es wird ferner die Fragestellung aufgeworfen, ob diese Steuerreform unter fiskalpolitischen Aspekten betrachtet zielführend ist.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einführung
2 Der Solidaritätszuschlag – Finanzierungsinstrument der Wiedervereinigung
2.1 Historischer Kontext des Solidaritätszuschlags
2.2 Steuerrechtliche Konsequenzen des SolZG
2.3 Rechtliche Konsequenzen für (west-)deutsche Kommunen – der Solidarpakt
2.4 Resümee des SolZG
3 Gesellschaftliche Debatte um den Solidaritätszuschlag
3.1 Fiskalpolitische Betrachtung
3.2 Der Solidaritätszuschlag als politischer Zankapfel
4 Teilweise Rückführung des Solidaritätszuschlags
4.1 Steuerrechtliche Konsequenzen der teilweisen Rückführung
4.2 Fiskalpolitische Bewertung
5 Verfassungsrechtliche Bedenken
5.1 Wesensmerkmale einer Ergänzungsabgabe
5.2 Primärforschungsergebnisse
5.2.1 Einschätzung des Bundesrechnungshofs
5.2.2 Einschätzung des Bundes der Steuerzahler Deutschland e.V
5.3 Folgen eines tatsächlichen Verfassungsverstoßes
6 Lösungsansätze
6.1 Integration des Solidaritätszuschlags in die Einkommen- und Körperschaftsteuer - Steigerung der steuerlichen Progression
6.2 Umwidmung des Solidaritätszuschlags
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhangsverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Steuereinnahmen durch den Solidaritätszuschlag in Deutsch-land von 2004 bis 2018 (in Milliarden Euro)
Abbildung 2 Beispielberechnung der jährlichen Entlastung bei Ehegatten-splitting durch die teilweise Rückführung des Solidaritätszuschlags
Abbildung 3 Beispielberechnung der jährlichen Entlastung bei Einzelveran-lagung durch die teilweise Rückführung des Solidaritätszuschlags
Abbildung 4 Gegenüberstellung der Ausgaben des Solidarpakts und Einnah-men des Solidaritätszuschlags
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Beispielberechnungen der festzusetzenden Einkommensteuer und des festzusetzenden Solidaritätszuschlags bei Einzelveranlagung im Veranla-gungszeitraum 2020
1 Einf ührung
„Liebe Landsleute! (…) Durch gemeinsame Anstrengung wird es uns gelin-gen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen schon bald wieder in blühende Landschaften zu verwandeln, in denen es sich zu leben und zu arbeiten lohnt“ (Kohl, 1990, Hrsg.: Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung Nr. 86). Mit diesen Worten richtete sich Altkanzler Helmut Kohl am 1. Juli 1990 in einer Fern-sehansprache an die deutsche Bevölkerung. Die Friedliche Revolution 1989 hatte zuvor den Sturz der Mauer herbeigeführt (vgl. Abel, 2018, S. 2 ff.). Eine Wiedervereinigung Deutschlands war das erklärte Ziel und musste durch er-hebliche finanzielle Kraftanstrengungen finanziert werden: Infrastruktur, Wohnungsbau, Modernisierung, Umstellung des Wirtschafts-, Finanz- und nicht zuletzt des politischen Systems waren die Folge (vgl. Hermann, 2019, S. 188 ff.).
Die Mehrbelastungen mündeten in den sogenannten Solidaritätszuschlag, eine Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer, eingeführt im Zuge des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungspro-gramms am 23.06.1993 (vgl. BGBl I S. 944).
Am 24.10.2019, 26 Jahre später, passierte das Gesetz zur teilweisen Rück-führung des Solidaritätszuschlaggesetzes 2021 den Deutschen Bundestag (vgl. o. V., Hrsg.: H. Heenemann GmbH & Co. KG mit Bundesanzeiger GmbH, 2019, S.14875 ff.). Der ‚Soli‘, wie die Abgabe im Volksmund um-gangssprachlich bezeichnet wird, soll fortan nur Teile der Steuerzahler1 be-lasten. Mit Verweisen auf die soziale Gerechtigkeit und den gesellschaftli-chen Zusammenhalt wird der Solidaritätszuschlag ab dem 01.01.2021 die Steuerzahler je nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit unterschiedlich stark belasten (vgl. Höning, 2019, S. 4). Es wird ferner die Fragestellung aufge-worfen, ob diese Steuerreform unter fiskalpolitischen Aspekten betrachtet zielführend ist.
Des Weiteren mehren sich in Teilen der Rechtswissenschaft erhebliche Zwei-fel an der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesnovelle (vgl. Schemmel, 2008, S. 27 f. m. w. N. auch Klodt, Ragnitz, Vöpel, 2009, S. 781 f.).
Diese wissenschaftliche Publikation leistet einen Beitrag zum fachlichen und gesamtgesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess, der Teil eines objekti-ven und intersubjektiv überprüfbaren Bewertungsprozesses ist. Vielmehr sol-len verfassungsrechtliche Bedenken erörtert und Gerechtigkeitsaspekte zur Urteilsfindung herangezogen werden.
Zur Sicherstellung höchster inhaltlicher wie formeller Qualitätsansprüche wird sich der einschlägigen Fachliteratur bedient und diese mit neuen Er-kenntnissen der Primärforschung in ein Wirkungsgefüge eingeordnet. Auf-grund der hohen Aktualität der zu untersuchenden Fragestellung liefert die Sekundärliteratur nur bedingt eine ausreichende Informationsdichte, sodass Primärforschung in Form von qualitativen Erhebungen durchzuführen ist. Qualitative Erhebungen eignen sich insbesondere aufgrund der fachlichen Kompetenz der Befragten und lassen eine fundierte Prognose künftiger Ge-richtsverfahren zu.
2 Der Solidarit ätszuschlag – Finanzierungsinstru-ment der Wiedervereinigung
2.1 Historischer Kontext des Solidarit ätszuschlags
Die Grundidee der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für Zuschlagsteu-ern zu den bestehenden Steuerarten geht auf das Jahr 1955, dem Jahr der Im-plementierung einer verfassungsrechtlichen Grundlage zur Erhebung von Er-gänzungsabgaben, zurück (vgl. Holznagel, Hrsg.: Ludwig-Erhard-Stiftung, 2019, S.64; m. w. N. BGBl I, 1955, S. 817).
Die Erhebung bzw. Einführung neuer Steuern sowie die Verteilung des Steu-eraufkommens ist in der Verfassung festgelegt. Dem Bund stehen i. S. d. Art. 106 Abs. 1 GG Zölle, Verbrauchsteuern, die Straßen-Güterverkehrsteuer, Ka-pitalverkehrssteuern, die Versicherungssteuer sowie die Wechselsteuer und einmalige Vermögensabgaben und Lastenausgleiche zu, soweit kein Vorbe-halt der Länder und Gemeinden besteht (vgl. Hettlage, 1986, S. 224).
Darüber hinaus räumt das Grundgesetz dem Bund die Berechtigung ein, eine Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer einzuführen und zu erheben (vgl. Art. 106 Abs. 1 Ziffer 6 GG). Erstmalig Anwendung fand die verfassungsrechtliche Option zur Einführung einer Ergänzungsabgabe im Zuge des Gesetzes zur Verwirklichung der mehrjährigen Finanzplanung des Bundes aus dem Jahr 1967 (vgl. BGBl I, 1967, S. 1254). Die damalige Er-gänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer in Höhe von 3% der Bemessungsgrundlage diente als komplementärer Baustein der zeitglei-chen Umsatzsteuererhöhung und wurde im Zuge der Steuerreformen der Jahre 1975 und 1977 nach einem rund zehnjährigen Erhebungszeitraum zu-rückgeführt (vgl. Papier, 2019, S. 4; m. w. N. BGBl II, 1975, S. 373 sowie Dautzenberg, Eggert, Minter et al., 2018, S. 1).
Die Neuauflage der Ergänzungsabgabe folgte im Jahr 1991 mit dem Gesetz zur Einführung eines befristeten Solidaritätszuschlags und zur Änderung von Verbrauchsteuer- und anderen Gesetzen in Form einer Ergänzungsabgabe von 3,75% der Bemessungsgrundlage (vgl. BGBl I, 1991, S. 1318).
In der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Bundestages vom 11. Mai 1991 wurden die geopolitischen Veränderungen und der sich vollzie-hende Transformationsprozess zur Marktwirtschaft, insbesondere in Nahost und auf dem Balkan, als Hauptursachen für einen erhöhten Finanzbedarf des Bundes ausgemacht (vgl. Roth, Wenig, Wieczorek, 1991, Drucksache12/561 des Deutschen Bundestages). Die Kosten der Wiedervereinigung rückten erst im Zuge des novellierten Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 auf Platz eins der Gesetzesbegründung (vgl. Beise, 2019, S. 25). Der auf zwölf Monate be-grenzte Erhebungszeitraum erstreckte sich über die Veranlagungszeiträume 1991 und 1992 und wurde nicht verlängert (vgl. §3 Abs. 1 Solidaritätsgesetz).
Das Solidaritätszuschlaggesetz 1995, das bis heute durchgängig angewendet wird, trat am 27. Juni 1993 in Kraft und wurde in den Veranlagungszeiträu-men 1995 bis 1997 in der Höhe von 7,5% der Einkommen- und Körperschaft-steuerschuld erhoben. 1998 erfolgte die bis zum heutigen Tag gültige Absen-kung auf 5,5% der Bemessungsgrundlage (vgl. §6 Abs. 3 Solidaritätszu-schlaggesetz).
Im Koalitionsvertrag der Bundestagsfraktionen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode von 2018 bis 2021 wurde eine teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags für etwa 90% der Steuerzahler ab dem Jahr 2021 beschlossen. Das Gesamtvolumen der Steuerentlastung beträgt etwa zehn Milliarden Euro. Obwohl die Vertragsparteien einer schrittweisen Abschaf-fung zugestimmt haben, steht die Festlegung einer zeitlichen Abfolge bis zur vollständigen Rückführung des Solidaritätszuschlags aus (vgl. o. V., Hrsg.: Christlich Demokratische Union Deutschlands, 2018, S. 53 f.).
2.2 Steuerrechtliche Konsequenzen des SolZG 1995
Der Solidaritätszuschlag wird von unbeschränkt und erweitert beschränkt ein-kommensteuerpflichtigen natürlichen Personen und von unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen getragen (vgl. §2 Nr. 1 bis 3 SolZG i. V. m. §§2AStG und §1 Abs. 1 und 2 KStG sowie §§ 1 und 1a EStG).
Der Solidaritätszuschlag ist eine wichtige Finanzierungsquelle für den Bun-deshaushalt und trug mit 18,93 Milliarden Euro im Jahr 2018 ein Anteil von etwa 6% zur Einnahmenerzielung bei (vgl. o. V., Hrsg.: Bundesministerium der Finanzen, 2019, S. 24). Die Steuerreinnahmen, die sich als Folge der ein-kommensteuerlichen Progression im Wesentlichen an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen bemessen, sind mit Ausnahme der Jahre während der Finanzkrise 2009, 2010, 2011 seit 2004 konstant angestie-gen (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1 Steuereinnahmen durch den Solidarit ätszuschlag in Deutschland von 2004 bis 2018 (in Milliarden Euro)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung frei nach o. V., Hrsg.: Statistisches Bundesamt, 2019, verfügbar unter https://statista.extdb.e-fellows.net/statistik/stu-die/id/67171/dokument/jahresrueckblick-2019/, zuletzt geprüft am [2020-01-13]
Als Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags dient die im gleichen Veranlagungszeitraum festgesetzte positive Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer (vgl. §3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG). Dazu komplementär bemisst sich der Vorauszahlungsbetrag des Solidaritätszuschlags nach den Einkom-mensteuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen (vgl. §3 Abs. 1 Nr. 2 SolZG). Sonderformen im Besteuerungsverfahren des Solidaritätszuschlags sind insbesondere Auslandssachverhalte mit Doppelbesteuerungsabkommen sowie die Erhebungen über Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer, die nicht pri-mär Teil des Untersuchungsgegenstands sind (vgl. Dötsch et al., 2015, S. 486ff.).
Geringverdiener, deren zu versteuerndes Einkommen den Grundfreibetrag nicht übersteigt, sind von der Einkommensteuer befreit (vgl. §32a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Daraus resultierend wird kein Solidaritätszuschlag fällig (vgl. §3 Abs. 2 EStG). Darüber hinaus wird den Steuerpflichtigen eine Freigrenze mit anschließender Milderungszone eingeräumt, die zur Folge hat, dass festzuset-zende Einkommensteuerbeträge unter 972 Euro keinen Solidaritätszuschlag bewirken. Ab einer Einkommensteuerlast von 1340 Euro wird der Solidari-tätszuschlag in voller Höhe fällig. Monatliche Saläre in einem Bereich von 1540 Euro bis 1700 Euro werden demnach mit einem anteiligen Solidaritäts-zuschlag belastet (vgl. Reuß et al., 2019).
Der Solidaritätszuschlag verursacht bei Betrachtung der Zahllast eines Steu-ersubjekts bei maximierender Zeitachse eine Grenzbelastung von 2,47% auf jeden zuletzt hinzuverdienten Euro; die Einkommensteuer hat einen Grenz-steuersatz von 45%. Die Durchschnittsbelastung eines Steuerzahlers kann so-mit maximal 47,47% betragen.
Tabelle 1 Beispielberechnungen der festzusetzenden Einkommensteuer und des festzusetzenden Solidarit ätszuschlags bei Einzelveranlagung im Veranlagungszeitraum 2020
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung mit den Daten des Bundesministeriums der Finan-zen: https://tinyurl.com/s3ucz3w, zuletzt geprüft am [13.04.2020].
Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit werden mit Körperschafts-teuer, Gewerbesteuer und mit dem Solidaritätszuschlag besteuert. Da die Be-messungsgrundlage jedoch nur die Körperschaftsteuer und nicht die Gewer-besteuer umfasst, beträgt die Grenzbelastung mit dem Solidaritätszuschlag lediglich 0,83%. Unternehmen, die als Einzelkaufleute oder in Form von Per-sonengesellschaften besteuert werden, haben resultierend aus §1 Abs. 1 und 2 KStG i. V. m. §15 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG eine Grenzbelastung von rund 2,31% (vgl. eigene Berechnungen mit den Daten des Bundesministeriums der Finanzen: https://tinyurl.com/s3ucz3w, zuletzt geprüft am [2020-04-13]).
Die Besonderheit der steuerrechtlichen Auswirkungen des Solidaritätszu-schlags offenbart sich insbesondere bei der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. d. §15 Abs. 1 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer unter bestimmten Voraussetzungen, da die Gewerbesteuer auf die zu zahlende Einkommens-teuer angerechnet wird. Gewerbesteuer zahlende Steuerpflichtige sind bezo-gen auf die prozentuale Belastung durch den Solidaritätszuschlag begünstigt. Beträgt der Gewerbesteuerhebesatz der erhebungsberechtigten Gemeinde weniger als 400,9%, sind Einkünfte i. S. d. §15 Abs. 1 EstG begünstigt (vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofs des Bundes für Steuern und Zölle Bundes-finanzhof vom 14.11.2018, Az. II R 64/15). Gewerbesteuerhebesätze, die die Grenze von 400,9% übersteigen, haben eine gegenläufige Belastungsvertei-lung zur Folge.
Verfassungsrechtliche Bedenken und daraus resultierende Rechtsbehelfsver-fahren haben in den letzten Jahren zu einer geänderten Festsetzung des Soli-daritätszuschlags geführt.
Die Festsetzung der Steuerbescheide, die ab dem Veranlagungszeitraum 2005 den Solidaritätszuschlag festsetzen, ergehen, bezogen auf die Verfassungs-mäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes, vorläufig (vgl. BMF-Schreiben 10.01.2019 m. w. N. §165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO). Selbiges gilt für die Be-rücksichtigung von Kinderfreibeträgen bei der Berechnung des zu zahlenden Solidaritätszuschlags, die das Finanzgericht Niedersachsen seit 2014 für zu niedrig erachtet (vgl. Az. 7 K 83/16).
Folglich werden alle Festsetzungen mit diesem Vorläufigkeitsvermerk geän-dert werden müssen, sobald eine Entscheidung im anhängigen Verfahren er-gangen ist. Im Falle einer durch das Bundesverfassungsgericht attestierten Verfassungswidrigkeit werden alle Bescheide mit Vorläufigkeitsvermerk zu-gunsten der Steuerpflichtigen korrigiert. Daraus resultierende Erstattungsbe-träge ziehen, unter Vorbehalt der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Zin-sen, eine Verzinsung von 1% für jeden vollen Monat nach sich (vgl. Az. 2 BvL 6/13).
2.3 Rechtliche Konsequenzen f ür (west-)deutsche Kommunen – der Solidarpakt
Der Solidarpakt ist eine Bezeichnung für das gemeinsame Bestreben von Bund und Ländern, ostdeutschen Kommunen und Städten sowie den 1990 neu in die Bundesrepublik Deutschland aufgenommenen Bundesländer Transferleistungen aus einem Länderfinanzausgleich zuzuweisen (vgl. Kirch-ner, Pollert, Polzin, 2009, S. 149 f.). Damit sollte insbesondere den finanziel-len Mehrbelastungen im Rahmen der Wiedervereinigung Rechnung getragen werden. Ostdeutsche Bundesländer waren und sind aufgrund des Grundgeset-zes dazu verpflichtet, Verpflichtungen in selbiger Intensität wie die westdeut-schen Bundesländer wahrzunehmen, um gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Landesteilen Deutschlands sicherzustellen (vgl. Art. 72 Abs. 2 GG m. w. N. Schackmann-Fallis, 2000, S. 105 ff., Hrsg.: Christoph Hüttig).
Der Solidarpakt bezeichnet im juristischen Sachzusammenhang zwei Gesetze zur Festlegung der Aufbauhilfen. Der Solidarpakt -, ratifiziert als Gesetz zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Fi-nanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds Deutsche Einheit, umfasst Transferleistungen i. H. v. rund 105 Milliarden Euro im Zeitraum von 1995 bis 2004 (vgl. Art. 1 Solidarpaktfortführungsgesetz).
Bereits wenige Jahre nach Verabschiedung des Solidarpaktes - zeichnete sich ein weiterer Förderbedarf in den neuen Bundesländern ab. Von 2005 bis 2019 stellte der Bund weitere 156,6 Milliarden Euro bereit. Wie aus dem Entschlie-ßungsantrag der damaligen Bundestagsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grü-nen und PDS hervorgeht, gingen ostdeutsche Landesregierungen von einem Ende des teilungsbedingten, finanziellen Nachholbedarfs ihrer Länder ab dem Jahr 2020 aus. Das Ende einer Generation 30 Jahre nach der Wiedervereini-gung markiere ein Ende der Notwendigkeit eines infrastrukturellen Rückstan-des, das aus der Zeit unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklung beider deutschen Landesteile folge (vgl. Drucksache 14/6577, 2001, S. 2 ff.). Die jährliche Förderhöhe wurde degressiv abgebaut und betrug im Jahr 2005 etwa 10,5 Milliarden Euro sowie im letzten Jahr des Solidarpaktes - 2019 ein Vo-lumen in Höhe von 2,1 Milliarden Euro (vgl. Kirchner, Pollert, Polzin, 2009, S. 149).
Neben rechtlichen und politischen Tatsachen, die auf eine zunehmende An-gleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West hindeuten, gibt es zahlrei-che soziodemographische Kennziffern, die diesen Eindruck untermauern. So stellte das Statistische Bundesamt im Jahr 2015, 25 Jahre nach der Deutschen Einheit, erstmals einen positiven Saldo der Bevölkerungswanderung von Ost nach West fest. Demnach sind im Jahr 2013 erstmals in der gesamtdeutschen Nachkriegsgeschichte mehr Menschen aus den alten Bundesländern in die ostdeutschen Flächenländer und nach Berlin gezogen (vgl. o. V., Hrsg.: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2015, S. 14).
Gleichzeitig sind offensichtliche Disparitäten zwischen ost- und westdeut-schen Regionen nicht von der Hand zu weisen: Der Osten Deutschlands ist stärker als der Westen von dem demographischen Wandel betroffen; In allen Betriebsgrößen sind dort die Produktivitätskennziffern niedriger und ein deutliches Lohngefälle bleibt auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung be-stehen. Die Privatwirtschaft investiert nach wie vor etwa elf Mal weniger in den neuen Bundesländern (vgl. o. V., Hrsg.: IWH Leibniz-Institut für Wirt-schaftsforschung Halle, 2019, S. 32 ff). Offenbar haben die Transferleistun-gen aus dem Solidarpakt den Nettohaushalt ostdeutscher Kommunen verbes-sert, sodass staatliche bzw. kommunale Aufgabenbereiche i. S. d. Grundge-setzes wahrgenommen werden konnten, jedoch scheinen Impulse für die wirt-schaftliche Entwicklung nur teilweise gefruchtet zu haben.
Im Gegenzug dazu sollten bei der Betrachtung der Auswirkungen von Solidarpakt - und - die Konsequenzen für westdeutsche Kommunen nicht außer Acht gelassen werden. Rund 20 Jahre nach der Wiedervereinigung galten 422 von 430 nordrhein-westfälischen Kommunen als überschuldet. Teilweise ist das auf die hälftige Kreditfinanzierung der verpflichtenden Transferleistun-gen an die ostdeutschen Länder und Kommunen zurückzuführen (vgl. Lehm-kuhl et al., 2012, S. 3). Dass andernorts Schulden aufgenommen werden, um in strukturschwachen Regionen Schulden zu vermeiden, erscheint angesichts von kostspieligen Kassenkrediten für verschuldete westdeutsche Kommunen nicht zielführend (vgl. Hermann, 2011, S. 29 ff).
2.4 Res ümee des SolZG 1995
Das SolZG ist ein wichtiges Instrument zur steuerfinanzierten Angleichung der Lebensverhältnisse und zur infrastrukturellen Angleichung aller Landes-teile Deutschlands, vorrangig zur Unterstützung ostdeutscher Bundesländer und Kommunen. Die nicht zweckgebundene Ergänzungsabgabe zur Einkom-men- und Körperschaftsteuer ist kein Präzedenzfall in der deutschen Steuer-geschichte, sondern Resultat aus der Bestrebung, kurzfristige Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt zu finanzieren.
Zur Folge hat der Solidaritätszuschlag im steuerrechtlichen Sinn eine weitest-gehend an der Leistungsfähigkeit orientierte Besteuerung der Steuerpflichti-gen, wobei die Besteuerung je nach Lebenssituation und Rechtsform des Steuersubjekts von einer als gerecht empfundenen Gleichförmigkeit ab-weicht.
Komplementär zum SolZG 1995 wurden die Mehreinnahmen des Bundes umverteilt. Die Solidarpakte - und -, also Abkommen zur Zuweisung von Transferleistungen im Rahmen der Aufbauleistung Ostdeutschlands, waren korrespondierende Instrumente der Bundesrepublik Deutschland zur verfas-sungsmäßig gebotenen Angleichung der Lebensverhältnisse.
Zusammenfassend kann das SolZG eine zwingend notwendige Maßnahme zur Erfüllung der im Grundgesetz festgeschriebenen Anforderungen an die Politik beschrieben werden. Eine steuerfinanzierte Ergänzungsabgabe war im Zusammenspiel mit Transferleistungen des Länderfinanzausgleichs bis 2019 verfassungsrechtlich geboten.
3 Gesellschaftliche Debatte um den Solidarit ätszu-schlag
3.1 Fiskalpolitische Betrachtung
Unter dem Begriff Fiskalpolitik oder auch Fiscal Policy werden alle Maßnah-men einer staatlichen Institution für Zwecke der Wirtschafts- und Wachs-tumsförderung verstanden. Darunter fällt langfristig betrachtet eine voraus-schauende Planung von Ausgaben und Einnahmen, Steuererhebungen und Schuldenaufnahmen mit dem Ziel, gleichgewichtiges Wachstum bei geringst-möglicher Arbeitslosigkeit zu schaffen. Kurzfristig beschreibt der Begriff Fiskalpolitik die Maßnahmen von staatlichen Entscheidungsträgern, die kon-junkturelle Schwankungen ausgleichen und kurzfristige Wachstumsimpulse, etwa in Form von Konsumstimulation, hervorrufen (vgl. o. V., Hrsg.: Be-triebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH Wiesbaden, 1984, S. 1552 f. m. w. N. Eggert, Minter, 2020).
Zwei Antinomien prägen Entscheidungen in der Fiskalpolitik. Zum einen er-öffnen hohe Einnahmen des Staates viele stimulierende und wirtschaftsför-dernde Maßnahmen, die wiederum Staatseinnahmen für die Zukunft sichern können. Zum anderen ist der Konsum ein starker Wachstumsmotor der Wirt-schaft, der durch zu hohe Steuern und Abgaben ausgebremst werden könnte (vgl. Brunori, 2020, S. 79 ff.). Zu den Konsumausgaben zählen auch Investi-tionen der Unternehmen, die durch Steuerabgaben gehindert oder verlang-samt werden können.
Der Solidaritätszuschlag kann nicht primär als Wirtschaftsförderung im fis-kalpolitischen Sinne definiert werden, zumal eine zweckgebundene Mittel-verwendung für den Bund nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Dass mit den Einnahmen des Solidaritätszuschlags die Wirtschaftskraft in Deutschland ins-gesamt gefördert wurde, ist unstrittig. Deutlich wird die fiskalpolitische Intention der damaligen Gesetzgebung an dem Handels- und Dienstleistungs-defizit der ostdeutschen Länder. Der Überschuss des Inlandsverbrauchs in Ostdeutschland über das erwirtschaftete BIP schrumpfte seit Einführung des Solidaritätszuschlags, der bis heute erhoben wird, im Jahre 1995 bis 2015 um etwa 70% (vgl. o. V., Hrsg.: IWH Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle, 2019, S. 64). Ostdeutschlands noch bestehende Abhängigkeit von Transferleistungen aus dem Länderfinanzausgleich hat sich während der Er-hebung des Solidaritätszuschlags stark verringert.
Die Wirtschaftsförderung könnte aus fiskalpolitischer Sicht genau dann eine Begründung für die Erhebung des Solidaritätszuschlags darstellen, wenn der Nutzen für die ostdeutsche und gesamtdeutsche Wirtschaft den Schaden durch Konsumreduktion als Folge von höheren Steuern überstiege. So argu-mentierend müssten die Erhebung des Solidaritätszuschlags und die Vertei-lung von Fördermitteln nicht mehr an historische und geographische, sondern an ökonomische und finanzpolitische Kriterien gekoppelt werden.
3.2 Der Solidarit ätszuschlag als politischer Zankapfel
Seit mehreren Jahren wird in einer gesamtgesellschaftlichen Debatte das Für und Wider des Solidaritätszuschlags abgewogen, wobei die Diskussion in den letzten Monaten an Fahrt aufgenommen hat.
Die Bundesregierung hat mit dem Gesetz zur teilweisen Rückführung des So-lidaritätszuschlags ab 2021 einen innerkoalitionären Disput vorerst beigelegt, auch wenn es weiterhin das erklärte Ziel der CDU- und CSU-Bundestagsfrak-tion ist, den Solidaritätszuschlag vollständig abzuschaffen. Eine vollständige Abschaffung auch für gutverdienende Steuerzahler ist innerhalb der Großen Koalition mit der SPD derzeit nicht mehrheitsfähig (vgl. Böll, Haerder, 2019, S. 2).
Zwei Parteien, die im Deutschen Bundestag vertreten sind, haben sich offen gegen die teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags ausgesprochen: die FDP und die AfD. Neben verfassungsrechtlichen Bedenken werden Ge-rechtigkeitsaspekte und sozialpolitische Intentionen ins Feld geführt. In der politischen Debatte spielt mehr und mehr die Glaubwürdigkeit eine Rolle, Steuerbelastungen der Bürger und Unternehmen mit einem rund 30 Jahre zu-rückliegenden Ereignis zu begründen (vgl. Becker, Crocoll, 2019, S. 1 f. m. w. N. Graw, 2018, S. 2 f.).
Unterdessen hat die FDP angekündigt, eine Verfassungsklage voranzutreiben und lässt sich fachlich von Herrn Prof. Dr. h. c. Hans-Jürgen Papier, ehema-liger Verfassungsgerichtspräsident, unterstützen, der ein Gutachten im Auf-trag der FDP-Bundestagsfraktion zu der Verfassungsmäßigkeit des Solidari-tätszuschlags erstellt hat (vgl. Papier, 2019).
Die wirtschaftsnahe Interessensgemeinschaft Initiative Neue Soziale Markt-wirtschaft GmbH setzt sich ebenfalls an der Seite von Prof. Papier dafür ein, verfassungsrechtlichen Bedenken nachzugehen und den Solidaritätszuschlag rückwirkend zum 31.12.2019 abzuschaffen (vgl. Papier, 2018, S. 1 f. m. w. N. o. V., Hrsg.: INSM Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH, 2020, S. 2 f.).
Zusammenfassend lässt sich eine breit aufgestellte Allianz bestehend aus Par-teien, Einzelpersonen und Interessensverbänden erkennen, die sich für eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags für alle Steuerzahler ein-setzt. Die Bundesregierung dagegen hat einen Kompromiss aus der Beibehal-tung der Ergänzungsabgabe und der Komplettrückführung beschlossen. Der gesellschaftlichen Debatte tut der Kompromiss jedoch keinen Abbruch.
4 Teilweise R ückführung des Solidaritätszuschlags
4.1 Steuerrechtliche Konsequenzen der teilweisen R ückführung
Gem. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags vom 10.12.2019 werden die Freigrenzen aus §3 SolZG 1995 angepasst. Bei einem einzelveranlagten Steuerpflichtigen steigt die Freigrenze von 972 Euro auf 16 956 Euro; bei einer Zusammenveranlagung von 1 944 Euro auf 33 912 Euro (vgl. BGBl Teil I Nr. 46, 2019, S. 2115). Übersteigt die festzusetzende Einkommensteuer die geänderten Freibeträge nicht, wird künftig kein Solida-ritätszuschlag zur Einkommensteuer erhoben.
Wie bereits im SolZG 1995 folgt auf die Freigrenze eine Milderungszone, in der der Solidaritätszuschlag anteilig fällig wird. Ledige Kinderlose mit einem Bruttojahreseinkommen von etwa 73 000 Euro bis 109 000 Euro werden den Solidaritätszuschlag anteilig zahlen, da ihre festzusetzende Einkommensteuer in der Milderungszone von der Freigrenze in Höhe von 16 956 Euro bis zu einer Einkommensteuerschuld von 31 528 Euro liegt (vgl. Reuß et al., 2019). Eine sprunghafte Mehrbelastung bei Überschreitung der Freigrenze wird durch die Implementierung einer Milderungszone verhindert.
Besserverdiener mit einer Einkommensteuerschuld größer als 31 528 Euro werden auch in Zukunft mit dem Solidaritätszuschlag in voller Höhe belastet. Die Höhe des Solidaritätszuschlags bleibt unverändert bei 5,5% der Bemes-sungsgrundlage (vgl. BGBl Teil I Nr. 46, 2019, S. 2115 f.).
Nach Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags sind die Änderungen des SolZG 1995 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden (vgl. BGBl Teil I Nr. 46, 2019, S. 2115 f. m. w. N. Tappe, 2020, S. 517 ff.).
Ebenfalls keine Entlastungen sind für Körperschaften vorgesehen. Der Soli-daritätszuschlag, der die Körperschaftsteuer als Bemessungsgrundlage zu-grunde legt, ist nicht begünstigt. Personengesellschaften werden je nach fest-zusetzender Einkommensteuer weniger stark belastet als Kapitalgesellschaf- ten, sodass eine gegenläufige Entwicklung zu der bisher bestehenden Mehr-belastung der Personengesellschaften zu erwarten ist (siehe Abschnitt 2.2, Steuerrechtliche Konsequenzen des SolZG 1995).
Auch ab 2021 wird 5,5% Solidaritätszuschlag auf die 15%ige Körperschafts-teuer berechnet. Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. §20 Abs. 1 EStG, die den Sparerpauschbetrag in Höhe von 801 Euro i. S. d. §20 Abs. 9 S. 1 EStG übersteigen, werden ab 2021 unverändert mit 25% Abgeltungsteuer gem. §32 d Abs. 1 S. 1 EStG und 5,5% der abgeführten Kapitalertragsteuer belastet (vgl. Gerth, 2020).
Nach Angaben der Bundesregierung werden durch die Gesetzesänderungen ab dem 01.01.2021 rechnerisch etwa 90% der Steuerzahler keinen Solidari-tätszuschlag mehr zahlen, wobei sich das Entlastungsvolumen insgesamt mit etwa 10 Milliarden Euro nur rund 50% des Steueraufkommens unterpropor-tional zu den Steuerträgern verhält (vgl. Abbildung 1 m. w. N. o. V., Hrsg.: Christlich Demokratische Union Deutschlands, 2018, S. 53 f.).
In Abbildung 2 wird die Entlastung ab dem Veranlagungszeitraum 2021 an-hand zweier zusammen veranlagter Steuerpflichtiger mit zwei zum Kinder-geldbezug berechtigenden Kindern dargestellt. Geringverdiener sind keine Profiteure der Gesetzesnovelle, da diese Einkommensschicht ohnehin nicht durch den Solidaritätszuschlag belastet wird. Besonders groß ist die Entlas-tung bei zusammenveranlagten Steuerpflichtigen mit einem Monatsbrutto von insgesamt rund 13 000 Euro.
Eine weitere Erkenntnis aus Abbildung 2 ist die Begünstigung von hohen Einkommensunterschieden zwischen den Ehepartnern. Verdient ein Steuer-pflichtiger 10 000 Euro brutto pro Monat und dessen Partner 3 000 Euro mo-natlich, so wird das Ehepaar ab 2021 mit 1 801 Euro jährlich entlastet. Ver-dienen die beiden Steuerpflichtigen allerdings in etwa gleich viel, beispiels-weise 6 000 Euro und 7 000 Euro, so wird die Belastung mit 1 649 Euro pro Jahr um 152 Euro niedriger ausfallen. Dieser Unterschied ist im Wesentlichen auf die steuerliche Begünstigung der Zusammenveranlagung und die unter-schiedlichen Steuerklassen zurückzuführen.
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1 Im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen ausschließlich die männliche Form ver-wendet. Es können dabei aber sowohl weibliche als auch geschlechtsneutrale Personen ge-meint sein.