Die vorliegende Arbeit versucht, einen Überblick über die Rechtsalge am Vorabend des Bürgerkrieges von Cäsar gegen Pompeius und den Senat im Jahr 49 vor Christus zu geben.
Eine der seit Theodor Mommsen, dem berühmten Althistoriker, brisantesten Rechtsfragen der Alten Geschichte kursiert um die Thematik des Bürgerkrieges. Caesar gegen Senat, Popularen gegen Optimaten oder boni gegen improbi – im Jahre 49 vor Christus standen diese Parteien sich bewaffnet gegenüber, aber die Jahre davor herrschte ein kalter Krieg, den man juristisch auszufechten versuchte. Wie kam es dazu und wer war am Vorabend des Bürgerkrieges seitens des Rechts und wer konnte Machthunger und Habgier nicht bändigen und handelte deshalb gegen die res publica? Die römische Republik ist zerfallen aber über den oder die Verursacher besteht immer noch kein Konsens. Akribisch versuchen und versuchten seither Historiker ein nach dem römischen Recht geltendes Urteil zu fällen.
Im Folgenden wird versucht werden die rechtliche wie auch politische Situation am Vorabend des Bürgerkriegs darzustellen. Anschließend werden die beiden Parteien gegenübergestellt. Um die quantitative Nennung der Konfliktpunkte zu vermeiden wird die Legitimation jeder Handlung im Vorfeld des Bürgerkriegs im Rahmen dieser bescheidenen Arbeit nicht untersucht und beurteilt werden. Vielmehr werden für besonders wichtig erachtete Aspekte der Argumentation beider Seiten vorgestellt und analysiert werden. Wie Christian Caroli in seiner Einführung in den Rechtsstreit erwähnt, ist der Konflikt nicht als rein juristisches zu betrachten. Deshalb können Legitimationsansprüche und Handlungsmotive nicht außer Acht gelassen werden. Zudem soll die Perspektive des berühmten Redners und Philosoph Marcus Tullius Cicero, anhand seiner hinterlassenen Briefe, zu einem besseren Verständnis der Umstände ausgearbeitet werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Situation am Vorabend des Bürgerkriegs
3. Die Positionierung des Senats
3.1. Die Partei Catos - die taktgebenden Optimaten
3.2. Die Legitimation der Optimaten
3.3. senatus consultum ultimum - das letzte Mittel
4. Die Situation aus der Perspektive Ciceros
5. Die Position Caesars
5.1. Die legalistischen Argumente
5.2. Das persönliche Argument
6. Schlussbetrachtungen
7. Quellenverzeichnis
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Eine der seit Theodor Mommsen, dem berühmten Althistoriker, brisantesten Rechtsfragen der Alten Geschichte kursiert um die Thematik des Bürgerkrieges. Caesar gegen Senat, Popularen gegen Optimaten oder boni gegen improbi – im Jahre 49 v. Chr. standen diese Parteien sich bewaffnet gegenüber, aber die Jahre davor herrschte ein kalter Krieg, den man juristisch auszufechten versuchte. Wie kam es dazu und wer war am Vorabend des Bürgerkrieges seitens des Rechts und wer konnte Machthunger und Habgier nicht bändigen und handelte deshalb gegen die res publica? Die römische Republik ist zerfallen aber über den oder die Verursacher besteht immer noch kein Konsens. Akribisch versuchen und versuchten seither Historiker ein nach dem römischen Recht geltendes Urteil zu fällen.1
Im Folgenden wird versucht werden die rechtliche wie auch politische Situation am Vorabend des Bürgerkriegs darzustellen. Um den Rechtskonflikt nachzuvollziehen, wird eine Skizzierung der Situation am Vorabend des Bürgerkriegs vorgenommen, indem wichtige Schlüsselereignisse und Regelungen im Zeitraum 52 v. Chr. bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges eingeführt werden. Anschließend werden die beiden Parteien gegenübergestellt. Um die quantitative Nennung der Konfliktpunkte zu vermeiden wird die Legitimation jeder Handlung im Vorfeld des Bürgerkriegs im Rahmen dieser bescheidenen Arbeit nicht untersucht und beurteilt werden.2 Vielmehr werden für besonders wichtig erachtete Aspekte der Argumentation beider Seiten vorgestellt und analysiert werden. Wie Christian Caroli in seiner Einführung in den Rechtsstreit erwähnt, ist der Konflikt nicht als rein juristisches zu betrachten. Deshalb können Legitimationsansprüche und Handlungsmotive nicht außer Acht gelassen werden.3 Zudem soll die Perspektive des berühmten Redners und Philosoph Marcus Tullius Cicero, anhand seiner hinterlassenen Briefe, zu einem besseren Verständnis der Umstände ausgearbeitet werden.
Bei der Bearbeitung der vorliegenden Analyse sind die reichlich vorhandenen modernen Texte und Arbeiten zum Rechtsstreit herangezogen worden. Die Beurteilungen der Historiker hängen von den Ansichten über einzelne Akteure im Rechtsstreit ab. Die Unterscheidung zwischen ernstgemeinten Angeboten und politischem Kalkül wird dabei meist vom rückblickenden Historiker gezogen. Bei der Einarbeitung in die Thematik stellte dies vermutlich das schwierigste Problem dar. Deshalb war es unabdingbar an notwendigen Stellen zu den vorhandenen antiken Quellen zurückzugreifen, um die Argumentationsweise der modernen Historiker an den Quellen abzugleichen und selbst Stellung beziehen zu können.
2. Situation am Vorabend des Bürgerkriegs
Im Dezember des Jahres 62 kam Gnaeus Pompeius Magnus - der Beiname Magnus als Anspielung auf Alexander den Großen - von seinen siegreichen Feldzügen gegen Mithridates VI von Pontos und den Seeräubern zurück und landete als erfolgreicher und bejubelter Feldherr in Brundisium.4 Nach Pompeius Plan war der nächste Schritt die Versorgung seiner Veteranen und die Neuordnung des Osten vom Senat absegnen zu lassen. Nachdem der Senat sich weigerte Pompeius Forderungen zu bewilligen und ihn damit zu würdigen, verbündete Pompeius sich mit dem designierten Konsul des Jahres 59 v. Chr. Gaius Iulius Caesar.5 Mit Marcus Licinius Crassus, der über ein exorbitantes vermögen verfügte, bildeten sie das Triumvirat, die „rein informelle Absprache ohne jede rechtliche Wirkung, dass fortan nichts in der römischen Politik geschehen solle, was einem dieser drei missfalle“6.7
Damals ermöglichte Caesar als Konsul, dass Interessen mit der popularen Methode durchgesetzt werden. Mit der popularen Methode wurden Beschlüsse unter Missachtung und Umgehung des Senats durchgesetzt. Während dieses Konsulats sicherte sich Caesar auch ein Sonderkommando in den Provinzen Gallia transalpina, Gallia cisalpina und Illyricum für fünf Jahre . Diese Provinzen nutzte Caesar geschickt, wenn auch mit spitzfindigen und fragwürdigen Gründen, um Beute und Kriegsruhm einzukassieren.8
Die Triumvirn beachteten den Senat genauso wenig als sie dann im Jahre 56 v. Chr. sich weitere Ämter übertrugen: Crassus und Pompeius waren für das Konsulat des Jahres 55 v. Chr. bestimmt und sollten danach auch Kommandos in den Provinzen der Republik erhalten. Pompeius erhielt die spanischen Provinzen die er von Rom aus verwaltete. Für Caesar hingegen wurde beim Senat durchgesetzt, dass über seine Provinzen nicht vor dem 1. März 50 v. Chr. beraten werden durfte. Somit verlängerte sich Caesars Kommando um weitere fünf Jahre.9
Im Februar des Jahres 52 v. Chr. wurde Pompeius zum consul sine collega gewählt, was salopp gesagt einer Diktatur gleichkommt. Die führenden Senatoren sahen diesen Schritt nach anfänglichem Protest als notwendig an um sich der Lage in Rom wieder mächtig zu werden. Zuvor hatten sich die zwei noch lebenden Mitglieder, Caesar und Pompeius, des mächtigen Triumvirats in Ravenna getroffen und dieses nicht unbedeutende Ereignis der römischen Geschichte ausgehandelt. Caesar erhielt im Gegenzug die Entbindung einer persönlichen Bewerbung für das Konsulat wenn er im „Dienste des Staates“ - ratio absentis - gehindert ist.10 Die Bewerbung für das Konsulat musste normalerweise persönlich innerhalb des pomerium, der Stadtmauern Roms, angemeldet werden. Dieses Privileg der Bewerbung in absentia ermöglichte ihm nach seinem Prokonsulat in Gallien ununterbrochen sein zweites Konsulat in Rom anzutreten.11
Die Konsuln wurden nach der einjährigen Amtsfrist in eine der Provinzen Roms zugeteilt. Da jetzt aber über Caesars Provinzen erst ab dem 1. März 50 v. Chr. im Senat beraten werden durfte, kamen nur die Konsuln des Jahres 49 v. Chr. als Prokonsuln zur Ablösung Caesars in Frage. Dies würde frühestens zum Amtsantritt des Jahres 48 v. Chr. am 1. Januar geschehen. Bis dahin malte sich Caesar aus, würde er sich außerhalb des pomeriums mit dem Privileg im Sommer 49 v. Chr. schon beworben haben. Während seine Provinzen jemand anderes übernommen hätte, wäre er schon längst in Rom Konsul. Dies war insofern wichtig, da er durch die permanente Bekleidung eines Amts nicht in den Status eines privatus geriet. Somit konnte keine Anklage für sein skrupelloses erstes Konsulat oder seine Machenschaften in Gallien erhoben werden.12
Im dritten Konsulat des Pompeius änderte sich aber die Lage, was Caesar in ordentliche Schwierigkeiten brachte. Der allmähliche Seitenwechsel Pompeius dokumentierte sich als er die Regelungen der persönlichen Bewerbung zum Konsulat und die Verteilung der Provinzen veränderte: Die lex Pompeia de iure magistratuum setzte eine persönliche Bewerbung für alle Ämter fest. Das Privileg Caesars wurde hierbei im Nachhinein noch als Ausnahme hinzugefügt. Ein weiteres Gesetz, die lex Pompeia de provinciis, setzte fest, dass zwischen Konsulat und Statthalterschaft mindestens fünf Jahre vergehen müssen. Dies bedeutete das Caesar ein ernstes Problem hatte, wenn er nicht auf seine Statthalterschaft verzichten wollte, denn nun kamen nicht nur die Konsuln des Jahres 49 für seine Provinzen in Frage, sondern auch die Prätoren und Konsuln von den Vorjahren. Pompeius kündigte zudem auch entschlossen an, dass am 29. September 51 v. Chr. ankündigte, dass Caesar zum 1. März 50 v. Chr. seine Truppen und seine Provinzen definitiv abzugeben habe.13 Im späteren Verlauf des Konflikts scheuten sich die Konsuln nicht auch eine vorzeitige Abberufung Caesars vorzuschlagen.14
Dieser Politik sah Caesar nicht tatenlos zu und nutzte die in Gallien angehäufte Beute um Gaius Scribonius Curio für sich zu gewinnen. Der amtierende Volkstribun tat alles in seiner Macht Stehende um Caesars vorzeitige, nicht nach Caesars Plan laufende, Abgabe der Provinzen zu verhindern. Dies bedeutete nämlich die politische Ausschaltung Caesars. Die Interzession, die Obstruktion eines Senatsbeschlusses durch einen der Volkstribunen, war ein völlig legales Mittel in der römischen Republik und so bediente sich Curio exzessiv diesem Recht.15
Die darauf folgenden Ereignisse bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs betitelt Kurt Raaflaub nicht zu Unrecht als „Interzessionskriege“16.17 Hierbei wird es im Rahmen dieser Arbeit nur bei den für die folgende Analyse relevanten Ereignisse belassen werden: Eine von den führenden Optimaten geforderte Abstimmung darüber ob Curios Obstruktionspolitik verhindern werden sollte, wurde vom Senat abgelehnt und damit „billigte der Senat, daß Caesar sich bewerbe, ohne Provinzen und Heer abzugeben.“18 Curio war nicht nur derjenige der Beschlüsse verhinderte. Als er am 1. Dezember den Vorschlag einbrachte es sollten beide, Caesar und Pompeius, ihre Truppen ablegen, errang er im Senat fast schon eine absolute Mehrheit.19 Dieser Beschluss wurde vom amtierenden Konsul, unter dem Vorwand Caesar wäre schon auf dem Marsch nach Rom, abgebrochen. Symbolisch übergab er paar Tage danach Pompeius ein Schwert und beauftragte ihn mit dem Schutz Roms und der Aushebung von Legionen.20 Dieser rechtswidrige Akt wurde dann am 7. Januar 49 v. Chr. durch ein senatus consultum ultimum legitimiert.21
Die interzedierenden Nachfolger Curios, unter ihnen auch der berühmte Politiker Marcus Antonius, flüchteten zu Caesar nach Ravenna. Caesar wusste nun das es mit den juristischen und rechtlichen Gefechten zu Ende war und man in den Kampf überging.
3. Die Positionierung des Senats
3.1. Die Partei Catos - die taktgebenden Optimaten
Es ist unverkennbar das im Vorfeld des Bürgerkriegs der Senat keine einhellige Meinung hatte. Unter ihnen waren aber jene Optimaten die den Takt angaben. Ronald Syme kritisiert das Verhalten und betitelt sie beschuldigend als „Oligarchie des Sullas“.22 Diese Partei war ganz gewiss unter der Führung des Moralisten Marcus Porcius Cato, der in den Augen seiner Anhänger einen vorbildlichen Kampf für die Wahrung der res publica lieferte.23 Dieser Partei waren mehrere Familien angehörig unter denen vom Jahre 51 bis 49 v. Chr. sie drei der insgesamt sechs Konsuln bildeten. Dadurch hatten sie eine erhebliche Machtstellung in der Senatsaristokratie.24
[...]
1 Girardet 2000, 709.
2 Für eine solche Herangehensweise: CAROLI, Christian: Auf dem Weg zum Rubikon. Die Auseinandersetzung zwischen Caesar und seinen politischen Gegnern 52 – 49 v.Chr., 4.Aufl., Konstanz 2008.
3 Caroli 2008, 4.
4 Caroli 2008, 6.; Bringmann 2003, 71.
5 Vgl. Blösel 2015, 223f.
6 Ebd. 224.
7 Vgl. Bringmann 2003, 71f.
8 Vgl. Blösel 2015, 225ff.
9 Vgl. Bringmann 2003, 74f.
10 Vgl. ebd. 233.
11 Vgl. Girardet 2000, 680f.
12 Vgl. Bringmann 2003, 75f.; Blösel 2015, 231.
13 Vgl. Blösel 2015, 234f.
14 Vgl. Raaflaub 1974a, 27f.
15 Vgl. ebd. 235f.; Caroli 2008, 99f.
16 Vgl. ebd. 25.
17 Für eine detaillierte Einführung und Analyse der Motive und Ziele vom Interzessionskriege bis hin zum Ausbruch des Bürgerkriegs Raaflaub, Kurt: Dignitatis contentio. Studien zur Motivation und politischen Taktik im Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius, 1. Aufl., München 1974.
18 Gelzer 1960, 165.
19 Der historische Wert dieser Abstimmung wird durch Quellenanlayse versucht zu untergraben. Vgl. GIRARDET 2000, 709.; Raaflaub, Kurt: Zum politischen Wirken der caesarfreundlichen Volkstribunen am Vorabend des Bürgerkriegs, in: Chiron 4 (1974), 293–326.
20 Vgl. Raaflaub 1974a, 29ff.
21 Vgl. Caroli 2008, 76.
22 Syme 2003, 48.
23 Vgl. ebd. 52.
24 Girardet 2000, 689.