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Das Dilemma beim Thema Organspende. Warum sinkt die Zahl der Organspender?

von Philipp Schmidt (Autor:in)
©2020 Hausarbeit 18 Seiten

Zusammenfassung

Im Jahr 2018 starben durchschnittlich drei Menschen, weil für sie nicht rechtzeitig eine Organspende zur Verfügung stand. 2017 waren die Organspenden auf dem tiefsten Stand seit 20 Jahren. Dabei ist das Bild der Organspende in der Bevölkerung durchweg positiv. In dieser Ausarbeitung wird überprüft, wie diese Tatsachen zusammenpassen. Ebenso wird das dahinterliegende Dilemma aufgedeckt.

Um das Thema der Organspende zu bearbeiten werden zunächst allgemeine Informationen und Daten zur Organspende aufgezeigt. Diese sind aufgeteilt in Daten von Deutschland und Europa. Anschließend werden die drei in Europa verwendeten Modelle, wie mit Organspende umgegangen wird, vorgestellt. Ebenso wird auf die Gesetzeslage in Deutschland eingegangen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Allgemeines zur Organspende
2.1 Lage in Deutschland
2.2 Regelungen zur Organspende in Europa
2.2.1 Erweiterte Zustimmungslösung
2.2.2 Entscheidungslösung
2.2.3 Widerspruchlösung
2.3 Gesetzeslage

3 Das Dilemma
3.1 Definition eines Dilemmas
3.2 Ergründung des eigentlichen Dilemmas

4 Ethischer Ansatz
4.1 Utilitarismus
4.2 Integrative Wirtschaftsethik
4.3 Ökonomische Ethik

5 Handlungsempfehlungen

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Caille-Brillet, Zimmering, Thaiss, 2019, S. 104

Abbildung 2 Caille-Brillet, Zimmering, Thaiss, 2019, S. 106

Abbildung 3 Eigene Darstellung in Anlehnung an DSO, 2018, S. 10

Abbildung 4 Eigene Darstellung in Anlehnung an IRODat, 2018, S. 3

Abbildung 5 Organspende in anderen Ländern (BZgA (Hrsg.), 2020b)

Abbildung 6 Eigene Darstellung

Abbildung 7 Eigene Darstellung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Im Jahr 2018 starben durchschnittlich drei Menschen, weil für sie nicht rechtzeitig eine Organspende zur Verfügung stand. 2017 waren die Organspenden auf dem tiefsten Stand seit 20 Jahren. Dabei ist das Bild der Organspende in der Bevölkerung durchweg positiv (BZgA, 2020a). Die vorliegende Ausarbeitung soll überprüfen, wie diese Tatsachen zusammenpassen und das Dilemma dahinter aufdecken.

Der Aufgabenstellung folgend, ein aktuelles Thema aus ethischer Sicht zu behandeln, ist das Thema Organspende insofern aktuell, da im Januar dieses Jahrs über die Einführung der doppelten Widerspruchslösung im Deutschen Bundestag abgestimmt wurde (Wagner, 2020).

Um das Thema der Organspende zu bearbeiten werden zunächst allgemeine Informationen und Daten zur Organspende aufgezeigt. Diese sind aufgeteilt in Daten von Deutschland und Europa. Anschließend werden die drei in Europa verwendeten Modelle, wie mit Organspende umgegangen wird, vorgestellt. Ebenso wird auf die Gesetzeslage in Deutschland eingegangen.

Darauf aufbauend beschäftigt sich das Kapitel drei zunächst allgemein mit dem Begriff Dilemma und geht dann speziell auf das Dilemma bei dem Thema Organspende ein. Anschließend werden die drei ethischen Ansätze Utilitarismus, integrative Wirtschaftsethik und Ökonomische Ethik vorgestellt. Ebenso wird eine Einordnung vorgenommen, in wieweit die Ansätze für die Lösung des Dilemmas geeignet sind. Diese Lösung folgt dann in Abschnitt fünf, in dem die Handlungsempfehlungen dargelegt werden und der gewählte ethische Ansatz auf das Dilemma angewendet wird. Abgeschlossen wird diese Ausarbeitung mit einem kurzen Fazit und einer Anregung zu weiterer ethischer Diskussion bei dem Thema Organspende.

2 Allgemeines zur Organspende

Bevor genauer auf das ethische Dilemma beim Thema Organspende eingegangen wird, soll in diesem Abschnitt die allgemeine Datenlage zum Thema aufgezeigt werden. Dazu werden zunächst die Stimmungslage und Haltung in Deutschland betrachtet und anschließend die verschiedenen Regelungen, die in Europa verwendet werden, aufgezeigt, bevor abschließend noch auf die Gesetzeslage eingegangen wird.

2.1 Lage in Deutschland

Um die Stimmungslage im Land einzufangen, hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Jahre 2018 eine repräsentative Befragung durchgeführt. In dieser wurden 4001 Personen nach Wissen, Einstellung und Verhalten zur Organ- und Gewebespende befragt. Unter anderem zeigt die Befragung, wie die Bürger allgemein der Organspende gegenüberstehen, ob sie dieser also eher positiv oder eher negativ begegnen. Dabei ist herausgekommen, dass 84 Prozent aller Befragten ein positives Bild von der Organspende haben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Caille-Brillet, Zimmering, Thaiss, 2019, S. 104

Und 72 Prozent zeigten sich, laut der Umfrage, auch bereit ihre Organe zu spenden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Caille-Brillet, Zimmering, Thaiss, 2019, S. 106

Diesem positiven Bild der Organspende, in der Bevölkerung, stehen allerdings die rückläufigen Zahlen der Spender bzw. die allgemein niedrige Zahl der Spender in Deutschland gegenüber.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Eigene Darstellung in Anlehnung an DSO, 2018, S. 10

Um die Zahlen besser einordnen zu können, folgt eine Statistik, welche die gespendeten Organe in Deutschland in einen internationalen Vergleich setzt. Hierbei wird die durchschnittliche Anzahl postmortaler Organspender, in ausgewählten Ländern weltweit, im Jahr 2018 gezeigt (Spender je Million Einwohner):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 Eigene Darstellung in Anlehnung an IRODat, 2018, S. 3

Wie dieser internationale Vergleich zeigt, gibt es eine Diskrepanz zwischen der Einstellung zur Organspende in Deutschland und dem wirklichen Spenden von Organen. Woran dies liegt, soll im weiteren Verlauf genauer untersucht werden.

2.2 Regelungen zur Organspende in Europa

Die Herangehensweise an das Thema ist in Europa keinesfalls einheitlich. In den einzelnen Ländern Europas werden drei verschiede Verfahren verwendet, die im Folgenden kurz dargestellt werden:

- Erweiterte Zustimmungslösung
- Entscheidungslösung
- Widerspruchslösung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 Organspende in anderen Ländern (BZgA (Hrsg.), 2020b)1

Für die Vermittlung der Organe ist die Stiftung Eurotransplant in vielen europäischen Ländern zuständig. Diese Länder sind: Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Ungarn und Slowenien (Eurotransplant, 2020).

2.2.1 Erweiterte Zustimmungslösung

Bei der Erweiterten Zustimmungslösung ist eine Organspende möglich, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten der Organspende zugestimmt hat. Der Zusatz „Erweiterte“ ergibt sich dadurch, da die nächsten Angehörigen oder Bevollmächtigten über eine Spende der Organe entscheiden können, wenn kein Dokument der verstorbenen Person über eine Entscheidung vorliegt (Neuefeind, 2018, S. 83 f.).

2.2.2 Entscheidungslösung

Bei der Entscheidungslösung, die nur in Deutschland praktiziert wird, sollen die Bürgerinnen und Bürger regelmäßig mit neutralen und ergebnisoffenen Informationen versorgt werden. Dies soll stärker auf die Entscheidung des Einzelnen hinarbeiten und stellt damit eine Abwandlung der erweiterten Zustimmungslösung da (BZgA (Hrsg.), 2020b).

2.2.3 Widerspruchlösung

Wie der Karte oben entnommen werden kann, ist die Widerspruchslösung in Europa die vorherrschende Regelung. Bei dieser Variante wird es so gehandhabt, dass jeder der nicht vor seinem Tod wiederspricht, automatisch als Organspender gilt, wobei in einigen Ländern die Angehörigen nach dem Ableben eine Organentnahme widersprechen können (bpb (Hrsg.), 2019).

Um die Widerspruchregelung besser einordnen zu können, folgt ein kurzer Exkurs in die Psychologie. Bei dieser Regelung ist im Vergleich zu den anderen beiden eine Besonderheit zu beachten, die mit der Ausgangssituation zu tun hat. Psychologisch verhält es sich so, dass Einzelpersonen unverhältnismäßig stark am Status quo festhalten - dies nennt man den Status quo Bias. Untersuchungen haben gezeigt: nichts zu tun oder die aktuelle oder frühere Entscheidung aufrechtzuerhalten, wird von Einzelpersonen dabei wesentlich häufiger gewählt als eine Veränderung (Samuelson, Zeckhausen, 1988, S. 7 ff.). Dadurch, dass bei der Widerspruchslösung der Status quo eine Spende ist, liegt die Vermutung nahe, dass durch den Status quo Bias die Spenderanzahl erhöht wird.2

Dies bestätigte auch ein von Johnson und Goldstein im Jahre 2003 durchgeführtes Experiment. Mussten sich die Probanden aktiv entschieden ob sie als Organspender zur Verfügung stehen – wie bei der Entscheidungslösung – entschieden sich 42% dafür.

Wurde das Versuchssetting jedoch geändert, und die Probanden waren bereits Organspender und mussten sich jetzt entscheiden, ob sie diesen Status beibehalten möchten, behielten 82% ihren Status bei (Johnson, Goldstein, 2003, S. 1339).

2.3 Gesetzeslage

Bei der Debatte um Organspende und wer dies wann entscheiden darf, muss besonders der zweite Artikel des Grundgesetzes beachtet werden, indem es unter Absatz zwei heißt: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ (Art. 2 II 1 GG).

Die Organspende selbst ist seit 1997 im Transplantationsgesetz (TPG) geregelt. Hierin wird in Paragraf 1 und 2 die Zulässigkeit einer Organspende bei lebenden, wie auch bei toten Spendern geregelt. Für die verstorbenen Organspender werden in dem Gesetz unter §16 die Richtlinien zur Festlegung des Ganzhirntodes3 dargelegt. Diesen müssen zwei qualifizierte Ärzte unabhängig voneinander feststellen und dürfen dann wie in §5 festgelegt wird, nicht an der Organentnahme und -übertragung beteiligt sein. Abschließend sind noch die §§17, 18 des TPG zu nennen, in denen jeglicher Handel mit Organen und Gewebe ausdrücklich verboten wird.

[...]


1 Wie auf dieser Grafik deutlich zusehen, ist die Widerspruchslösung gefolgt von der Entscheidungslösung das dominierende Verfahren in Europa. Nur Deutschland hat für sich eine Sonderlösung bei dem Thema eingeführt.

2 Gestützt wird diese Vermutung dadurch, dass alle Länder mit Widerspruchslösung einen wesentlich höheren Anteil an Spendern haben.

3 Der als Voraussetzung für eine Spende gilt.

Autor

  • Philipp Schmidt (Autor:in)

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