Zuerst werde ich die Definition von gelehrten Bildungen beschreiben und dabei kurz auf deren Ursprung eingehen. Dann werde ich aufzeigen, welche Einordnungen von verschiedenen Linguisten vorgenommen werden. Dabei habe ich mich für das Französische hauptsächlich auf das Werk Wortbildung der französischen Gegenwartssprache von Johannes Thiele, aufgrund der ausführlichen Aufzählung und Erklärung der gelehrten Komposita gestützt. Zudem habe ich Ulrich Wandruszkas Probleme der neufranzösischen Wortbildung herangezogen, da sein Werk eine Grundlage für die Argumentation über die Problematik bietet. Daraufhin werde ich auf die Eigenschaften der compositions savantes eingehen und einige Beispiele für semantische Bereiche geben, in denen gelehrte Erst- oder Zweitelemente vorkommen.
Danach werde ich die deutschen Konfixe definieren und deren Problematik aufzeigen. Im Zuge dessen gehe ich auch auf die Entwicklung von bestimmten Affixoiden ein. Für das Deutsche ist die Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache von Fleischer/ Barz die überwiegende Quelle. Im Zuge dessen gehe ich auch auf die Entwicklung von bestimmten Affixoiden ein. Zuallerletzt werde ich die beiden Sprachen kurz vergleichen.
Die gelehrten Komposita, oder auf französisch compositions savantes, sind im Französischen umstrittene Bildungen, die schwer zu kategorisieren sind. Sie werden zu den Komposita gezählt, auch wenn sie Merkmale von Präfixen aufweisen. In deren Bildung betreffen sie Besonderheiten, zum Beispiel in der Orthographie und Koordination der Komponenten, die sie von übrigen Komposita des Französischen unterscheiden.
Auch im Deutschen ist die Einordnung solcher Wortbildungen in eine Kategorie nicht klar definiert. Um eine unklare Differenzierung zu vermeiden, wird dafür der Begriff Konfix oder Affixoid herangezogen. Doch auch diese Lösung ist nicht endgültig, da immer noch Unklarheiten bestehen. Die Sichtweise unterscheidet sich von der von französischen Linguisten.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
2 FRANZÖSISCH
2.1 H ERKUNFT
2.2 D EFINITION VON C OMPOSITIONS SAVANTES
2.3 P ROBLEMATIK DER Z UORDNUNG
2.4 E IGENSCHAFTEN
2.4.1 Prafixe
2.4.2 SUFFIXE
2.4.3 DERIVATION
3 DEUTSCH
3.1 K ONFIX ALS E RSTGLIED
3.2 E NTWICKLUNG VON K ONFIXEN
3.3 H YBRIDISIERUNG
4 VERGLEICH DER BEIDEN SPRACHEN
5 BIBLIOGRAPHIE
1 Einleitung
Die gelehrten Komposita, oder auf französisch compositions savantes, sind im Französischen umstrittene Bildungen, die schwer zu kategorisieren sind. Sie werden zu den Komposita gezahlt, auch wenn sie Merkmale von Prafixen aufweisen. In deren Bildung betreffen sie Besonderheiten, zum Beispiel in der Orthographie und Koordination der Komponenten, die sie von übrigen Komposita des Französischen unterscheiden.
Auch im Deutschen ist die Einordnung solcher Wortbildungen in eine Kategorie nicht klar definiert. Um eine unklare Differenzierung zu vermeiden, wird dafür der Begriff Konfix oder Affixoid herangezogen. Doch auch diese Lösung ist nicht endgültig, da immer noch Unklarheiten bestehen. Die Sichtweise unterscheidet sich von der von französischen Linguisten.
Zuerst werde ich die Definition von gelehrten Bildungen beschreiben und dabei kurz auf deren Ursprung eingehen. Dann werde ich aufzeigen, welche Einordnungen von verschiedenen Linguisten vorgenommen werden. Dabei habe ich mich für das Französische hauptsachlich auf das Werk Wortbildung der französischen Gegenwartssprache von Johannes Thiele, aufgrund der ausführlichen Aufzahlung und Erklarung der gelehrten Komposita gestützt. Zudem habe ich Ulrich Wandruszkas Probleme der neufranzösischen Wortbildung herangezogen, da sein Werk eine Grundlage für die Argumentation über die Problematik bietet. Daraufhin werde ich auf die Eigenschaften der compositions savantes eingehen und einige Beispiele für semantische Bereiche geben, in denen gelehrte Erst- oder Zweitelemente vorkommen.
Danach werde ich die deutschen Konfixe definieren und deren Problematik aufzeigen. Im Zuge dessen gehe ich auch auf die Entwicklung von bestimmten Affixoiden ein. Für das Deutsche ist die Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache von Fleischer/ Barz die überwiegende Quelle. Im Zuge dessen gehe ich auch auf die Entwicklung von bestimmten Affixoiden ein. Zuallerletzt werde ich die beiden Sprachen kurz vergleichen.
2 Französisch
2.1 Herkunft
Durch das lange Nebeneinander beeinflussten sich Latein und das aus der Volkssprache entstehende Französisch gegenseitig, wobei der Einfluss des Lateins auf die Volkssprache gröBer war. Da der Wortschatz der Volkssprache nicht ausreichte, erfuhren die Entlehnungen eine Zunahme im 14. und 15. Jahrhundert. Um die Wende zum 16. Jahrhundert haben die Latinisierungen erneut zugenommen, mit dem Ziel das Französische zu bereichern.1 „Die Flut gelehrter Bildungen in Anlehnung an lateinische Bildungsmuster seit dem 14. Jahrhundert ist bis in die Gegenwart hinein kaum gebremst worden. Damit traten neue lateinische Derivate in Konkurrenz mit den angestammten französischen Prafixen und Suffixen“2. Aus mehrfachen Entlehnungen und gleichzeitiger Weiterentwicklung davor entlehnter Wörter entstanden Dubletten, bei welchen die mots savantes den mots populaires gegenüberstehen: frigide - froid, direct - droit. Die meisten Latinismen sind bis heute noch Fachterminologien, doch es gibt auch welche, die in die Allgemeinsprache gedrungen sind.
2.2 Definition von Compositions savantes
Gelehrte Bildungen im Französischen bestehen aus zwei gebundenen Morphemen, die aus dem Griechischen oder Latein stammen. Obwohl es auch im Französischen englische Entlehnungen nach dem gleichen Muster gibt (best-seller, auto-scooter, sweater) werden diese nicht zu gelehrten Bildungen gezahlt. Die meisten gelehrten Komposita bilden Substantive oder Adjektive und viele davon können als beides im Satz fungieren (z.B. hydrophobe). Wie schon in der Einleitung erwahnt sind die compositions savantes aus mehreren Gründen schwer einer Wortbildungsart zuzuordnen. Im Allgemeinen werden sie zu den Komposita gezahlt. Zusatzlich gibt es aber einige gelehrte Elemente, die als Prafixe aufgefasst werden. Im nachsten Kapitel werde ich darauf im Detail eingehen.
Zunachst einmal sollten die Begriffe, denen man sich zur Analyse von Wortbildungsarten bedient, kurz definiert werden. Derivative, also wortbildende Elemente, modifizieren die Bedeutung des Basismorphems beziehungsweise Grundmorphems, welches das zentrale Morphem einer Morphemkonstruktion ist. Zusammen mit den Flexiven bilden sie die Kategorie der Affixe, die in Prafixe und Suffixe aufgeteilt werden. Eine Prafigierung und Suffigierung besteht darin, ein Affix mit einem Basismorphem zu kombinieren. Da Affixe gebundene Morpheme sind, können sie nur an freie Morpheme gebunden werden. Gelehrte Elemente können miteinander kombiniert, aber auch teilweise alleine auftreten. Die meisten jedoch kommen nicht als freie Morpheme vor (z.B. bibliophile).
2.3 Problematik der Zuordnung
In diesem Kapitel ist die nicht eindeutige Zuordnung der gelehrten Komposita im Fokus. Zuerst werden die Einwande Thieles zu der Problematik vorgestellt, auch wenn er diese nicht so ausführlich behandelt wie Wandruszka, der in seinem Werk explizit auf die Problematik in der französischen Bildung eingeht. Wahrend er die verschiedenen Wortbildungsarten einleitet, erklart er die der gelehrten Bildungen und legt sich auf eine Wortbildungsart fest:
Da vielen sogenannten gelehrten Bildungen dieselben internen syntagmatischen Verhaltnisse wie den französischen Komposita zugrunde liegen, fassen wir sie auch als Komposita auf, wenn auch ihre Konstituenten in den meisten Fallen nicht als freie Morpheme existieren: socio + logie -> sociologie, analog cérébro-spinal3.
Mit der Einraumung, die meisten Elemente der gelehrten Bildungen seien gebundene Morpheme, werden sie dennoch zu den Komposita gezahlt, da sie sich in der Verknüpfung innerhalb des Satzes wie solche verhalten. Einige gelehrte Erstelemente, werden unter Prafigierung aufgezahlt, was dieser Aussage zu widersprechen scheint. Aber da Prafixe oft die Funktion von Adverbien und Prapositionen haben, ergibt sich Folgendes:
Auf Grund dieses verwandten syntaktischen Verhaltens von lexikalischem Element einerseits und Satzelement andererseits werden unter den Prafixen sowohl gebundene als auch freie Morpheme zusammengefaBt (contre/ contra, entre/ inter, sous/ hypo usw.).4 In diesem Satz erklart Thiele, wieso Prafixe nicht nur zu gebundenen, sondern auch zu freien Morphemen gezahlt werden, was gelehrte Erstelemente miteinschlieBt.
Gelehrte Komposita können laut Thiele zu den Determinativkomposita gezahlt werden wie die Bildungen mit französischen Stammen, auch wenn sie als freie Morpheme nicht existieren, da die syntagmainternen Beziehungen zwischen den Konstituenten bei diesen Lexemen, die von Martinet „recomposés“ genannt werden, grundsatzlich gleicher Natur sind. Lediglich die morphologische Struktur der Konstituenten sowie ihre Anordnung sind gelehrt und entsprechen jenen der griechischen bzw. lateinischen Sprache.
Von den 18 möglichen Grundmodellen für die lexikalischen Stamme von Wortbildungen im Französischen gehören sie zu „ M15 [...] Komposita nach gelehrtem Modell mit eventuellem Suffix“5. Bei einer weiteren Klassifizierung gibt es sowohl welche mit pradikativer Expansion: ce qui fait que la musique est observée = la musicologie, als auch nicht pradikativer: le nom qui est faux = pseudonyme. Normalerweise bestehen französische Komposita mit pradikativer Expansion aus der ersten Konstituente, die einen Verbalstamm in der 3.Pers. Ind. Pras. darstellt, und einer zweiten, die ein Nomen ist. In dem Beispiel musicologie liegt eine „Vertauschung In Probleme der neufranzösischen Wortbildung behandelt Wandruszka die gelehrten Komposita und vor allem deren Problematik bezüglich der Zuordnung in Wortbildungsarten. Die griechischen und lateinischen Elemente, „die in adverbialer Funktion an frz. Wörter adjungierbar sind“, gehören zu linksgebundenen Morphemen. Die Klassifizierung ist dennoch nicht unproblematisch, wie er in folgendem Abschnitt verdeutlicht:
Obwohl solche Elemente, abweichend von unserer Prafixdefinition, auch mit einem gebundenen Morphem einen komplexen Ausdruck erzeugen können: télépate u.a., müssen wir davon ausgehen, daB bestimmte griech./ lat. Konstituenten in der Position links von einem frz. Wort eine Funktion übernehmen können, die derjenigen eines frz. Prafixes vergleichbar ist.6
Zunachst, da sie sich aus zwei gebundenen Elementen zusammensetzen, ordnet er sie nicht den Komposita zu7. Dennoch stuft er deren Zuordnung zu Ableitungen als problematisch ein, da sie sowohl an erster, als auch an zweiter Stelle stehen können. Zudem beschreibt er sie als in deren Funktion den Prafixen „vergleichbar“, setzt sie aber nicht mit ihnen gleich. Die Tatsache, dass viele gelehrte Elemente nicht positionsfest sind und dass sie Merkmale verschiedener Wortbildungsarten haben, lasst sie wie ein „Mehrzweckmorphem“8 aussehen, dessen Existenz Wandruszka aber für unwahrscheinlich halt.
Die Annahme es handle sich um Komposita, die er unter anderem „ aus historischen Gründen“9 naherliegend findet, widerspricht einem Kriterium dieser Wortbildungsart, da die meisten der gelehrten Elemente nicht in freie Morpheme zerlegbar sind. Ein weiterer Widerspruch ist, dass die Determinationsfolge französischer Komposita bei compositions savantes nicht gewahrleistet ist, sondern der lateinischen Bildungsweise ‘Determinans- Determinatum' entspricht.
Bei Bildungen mit Morphemen wie -graphe könnte man von einer Suffigierung ausgehen. Diese Annahme wird problematisch, wenn diese auch als Erstelement vorkommen z.B. graphologue, weil dies normalerweise ein Merkmal von freien Morphemen ist. Zudem kann man bei Ausdrücken wie phonographe nicht von einer Suffigierung einer gelehrten Ableitungsbasis ausgehen, weil eine „gebundene Ableitungsbasis nicht der letzte Konstituent eines komplexen Ausdruckes sein kann“10. In manchen Bildungen werden gelehrte Elemente
Aufgrund der Ambiguitat bezüglich ihrer Eigenschaften, könnte man von Morphemen ausgehen, die als Affixe und Ableitungsbasen vorkommen. Doch auch dies ist für Wandruszka keine rationale Lösung. SchlieBlich gesteht er den gelehrten Komposita, trotz der Widersprüchlichkeiten, den Status von „spezielle[m], [...] kompositionellen WBmuster“ ein, welches mindestens ein gelehrtes Element enthalten und in deren besonderen Determinationsfolge sein muss. Wie Thiele beruft er sich auf die Bezeichnung von Martinet decomposition', also eine kompositionelle Aneinanderfügung von Elementen, die meistens gebundene Morpheme sind und ist der Meinung dieser Terminus würde „den Sachverhalt gut charaktarisier[en].
Die Autoren des Aperqus de morphologie du franqais nehmen sich das TLF zur Hilfe nach welchem les éléments [...] hyper-, hypo-, infra-, macro-, maxi-, méga-, micro-, mini-, ultra- ne sont pas des préfixes, mais des éléments de composition. Or, la distinction entre affixes et éléments de composition savante n'est pas claire, et tous les critères qui ont été adoptés ont rencontré des obstacles.11
In der darauffolgenden Analyse der Prafixe, werden genau diese Morpheme aber dazugezahlt. Um diesen Widerspruch zu erklaren, schlagen sie vor: „il est peut-être préférable d'y voir un continuum“12. Sowie in den anderen bisher genannten Werken, werden die Eigenschaften aufgeführt, die die gelehrten Komposita mit der Derivation und Komposition gemeinsam haben. Ein zusatzlicher Aspekt ist deren phonologische Autonomie. Gelehrte Prafixe können dem Phanomen der Liaison unterliegen: des super [z] amis und andererseits ausgeklammert werden mini et maxi ordinateurs. AuBerdem kann das Prafix und das Determinatum von einem Einschub unterbrochen werden: un super - pour ainsi dire - ami. Des Weiteren besitzen sie die für Affixe besondere Eigenschaft wiederholt werden zu können: ‘Je suis une méga méga méga méga méga méga fan de Harry Potter. (Internet)“.13
[...]
1 Vgl. Berschin, Helmut; Felixberger, Josef; Goebl, Hans : Französische Sprachgeschichte, 2. Auflage, Georg Olms, Hildesheim, 2008, S.201.
2 Ibid., S.12.
4 Ibid., S.24.
3 Thiele, Johannes : Wortbildung der französischen Gegenwartssprache, Langenscheidt, Leipzig, 1981, S.25.
5 Thiele, Johannes: Wortbildung der französischen Gegenwartssprache, Langenscheidt, Leipzig, 1981, S. 32. des nominalen (musico-) und verbalen (logie) Elements gemaB dem gelehrten Modell“6 vor . Bildungen können in dieser Reihenfolge aber auch Adjektive sein wie cleptomane. Des Weiteren geht Thiele nicht mehr auf die Unterschiede zwischen gelehrten und rein französischen Komposita als Problem ein, sondern behandelt sie deskriptiv.
6 Ibid., S. 71.
7 Wandruszka, Ulrich : Probleme der neufranzösischen Wortbildung, Max Niemeyer, Tübingen, 1976, S.8.
8 Ibid., S.107.
9 Ibid., S.106.
10 Wandruszka, Ulrich: Probleme der neufranzösischen Wortbildung, Max Niemeyer, Tübingen, 1976, S. 106. adjektivisch wie ein Prafix gebraucht: grapho-maniaque. Andere wiederum kommen im Französischen als freie Morpheme vor wie z.B. -thérapie, -phobie, -manie. AuBerdem wenn in Bildungen wie télégraphe der letzte Konstituent als Suffix einzuordnen ist und das Morphem télé- dementsprechend die Ableitungsbasis ware, ist es nicht plausibel bei Bildungen wie téléavertisseur télé- als Ableitung zu bestimmen.
11 Fradin, Bernard/ Kerleroux, Fran^oise/ Plénat, Marc: Aperqus de morphologie du franqais, Presses Universitaires de Vincennes, 2009, S.242.
12 Idem.
13 Fradin, Bernard/ Kerleroux, Fran^oise/ Plénat, Marc: Aperqus de morphologie du franqais, Presses Universitaires de Vincennes, 2009, S.243.