Was bedeutet Glückseligkeit nach Aristoteles? Vergleich mit Epikur's Position
Zusammenfassung
Was bedeutet Glückseligkeit nach Aristoteles? Welche Bedeutung hat die Glückseligkeit für Epikur? Die Frage nach der Glückseligkeit ist eine zentrale Themenstellung in der Philosophie, mit welcher sich viele Philosophen auseinandergesetzt haben. Die vorliegende Hausarbeit soll den Begriff der Glückseligkeit betrachten. Dabei steht besonders die Definition nach Aristoteles im Fokus. Allgemein ist bekannt, dass Aristoteles die Glückseligkeit als höchstes Gut bewertet. Durch das Vergleichen einer weiteren Position sollen Unterschiede und Übereinstimmungen erarbeitet werden. Hierbei soll die Position des Philosophen Epikur untersucht werden. Bewusst wird ein Philosoph, der kurz nach Aristoteles lebte, aus der antiken Philosophie zum Vergleich herangezogen.
Zunächst soll die Position Aristoteles‘ untersucht werden. Es soll ein grundlegendes Verständnis für seine Interpretation der Glückseligkeit geschaffen werden. Für einen zentralen Teil der Recherche soll unter anderem das Buch der Nikomachischen Ethik verwendet werden. Anschließend wird die Position von Epikur untersucht, nachfolgend werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten erarbeitet.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Glückseligkeit nach Aristoteles
2.1 Bedingungen für die Glückseligkeit
2.2 Die Tugend nach Aristotles
2.3 Gott im Zusammenhang mit der Eudaimonie
3 Die Glückseligkeit nach Epikur
3.1 Bedingungen für die Glückseligkeit
3.2 Die Lust als höchstes Ziel
4 Vergleich der Glückseligkeit nach Aristotles und Epikur
4.1 Die Unterschiede der philosophischen Positionen
4.2 Die Gemeinsamkeiten der philosophischen Positionen
5 Die Bedeutung der Glückseligkeit nach Aristoteles und Epikur
Literaturverzeichnis
Primärliteratur
Sekundärliteratur
Nachschlagewerke
1 Einleitung
Was bedeutet Glückseligkeit nach Aristoteles? Welche Bedeutung hat die Glückseligkeit für Epikur?
Die Frage nach der Glückseligkeit ist eine zentrale Themenstellung in der Philosophie, mit welcher sich viele Philosophen auseinandergesetzt haben. Die vorliegende Hausarbeit soll den Begriff der Glückseligkeit betrachten. Dabei steht besonders die Definition nach Aristoteles im Fokus. Allgemein ist bekannt, dass Aristoteles die Glückseligkeit als höchstes Gut bewertet. Durch das Vergleichen einer weiteren Position sollen Unterschiede und Übereinstimmungen erarbeitet werden. Hierbei soll die Position des Philosophen Epikur untersucht werden. Bewusst wird ein Philosoph, der kurz nach Aristoteles lebte, aus der antiken Philosophie zum Vergleich herangezogen.
Ziel dieser Hausarbeit ist es, den Begriff der Glückseligkeit nach Aristotles und Epikur zu erarbeiten und deren Unterschiede aufzuweisen. Zunächst soll die Position Aristotles‘ untersucht werden. Es soll ein grundlegendes Verständnis für seine Interpretation der Glückseligkeit geschaffen werden. Für einen zentralen Teil der Recherche soll unteranderem das Buch der Nikomachischen Ethik verwendet werden. Anschließend wird die Position von Epikur untersucht, nachfolgend werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten erarbeitet.
2 Die Glückseligkeit nach Aristoteles
Bei der Anwendung des Worts „Glückseligkeit“ wurde allgemein zwischen eutychia (griech.) und eudaimonia (griech.) unterschieden. Eutychia wird im Sinne von „gutem Zufall“ verstanden, eudaimonia im Sinne von „Glücklich sein“, also einem andauernden Zustand.1 Laut lexikalischer Definition bedeutet „Glückseligkeit/ Eudaimonie (griech. Eudaimonia): Glück, Zustand des Menschen, in dem ihm die Gottheit wohlgesinnt ist.“2
In Aristoteles‘ Schriften wird der Anschein erweckt, dass die Glückseligkeit dem guten Leben und den Tugenden eher einen Rahmen gibt, als ein direkter Bestandteil dessen zu sein.3 In der Nikomachischen Ethik wird die Eudaimonie selbst nicht häufig erwähnt, dennoch definiert Aristotles „Die Glückseligkeit […] als Vollendestes und sich selbst Genügendes, da sie das Endziel allen Handeln ist.“4 Der Philosoph vertritt die Position, dass jeder für sich selbst die Absicht hat, die Glückseligkeit zu erzielen.5 Der Zustand der Glückseligkeit soll für ein Leben lang erhalten bleiben, um als glücklich bezeichnet zu werden.6
2.1 Bedingungen für die Glückseligkeit
Die Bestandteile der Eudaimonie unterteilt der Philosoph in äußere und innere Güter. In seinem ersten Buch der Rhetorik erläutert Aristoteles die Teile des Glücks detailliert und nimmt Bezug zu den einzelnen Gütern.7 Als äußere Güter werden beispielsweise Geld, Freude und Ehre bezeichnet. Jemand, der die äußeren Güter nicht besitzt, ist laut Aristotles von Glückseligkeit ausgeschlossen.8 Die inneren Güter beziehen sich zum Einen auf den Körper einer Person und bezeichnen Gesundheit, Kraft und Attraktivität. Zum Anderen beziehen sich die inneren Güter auf die Seele einer Person und bezeichnen Tapferkeit, Gerechtigkeit und Besonnenheit. Jeder der diese Güter erfüllt, lebt nach Aristoteles autark. Die Autarkie, sowie das Bewahren des Körpers sind Voraussetzungen, um die Glückseligkeit zu erreichen.9 Auf weitere Notwendigkeiten für die Erlangung von Glückseligkeit, wird im Folgenden genauer Bezug genommen.
2.2 Die Tugend nach Aristotles
Eine weitere Bedingung für die Eudaimonie ist, dass das Leben gemäß den Tugenden geführt wird. Ein tugendhaftes Leben zu führen, bedeutet eine mittlere Haltung zwischen Extremen zu finden.10 Jede Handlung sollte das Gute erstreben, auch wenn nicht immer jede Handlung das Gute erzielt.11 Die Mitte zwischen Extremen kann durch Übung erlangt werden. Da das richtige Handeln für die gesamte Lebensdauer nicht einfach ist, können laut Aristoteles nur die wirklich Kundigen die Mitte finden.12 Aristoteles unterscheidet die Tätigkeiten zwischen Mensch und Tier durch: „das menschliche Gut […] der Tugend gemäße Tätigkeit der Seele.“13 Die Tugenden gehören für den Philosophen zur menschlichen Seele und sind in die ethischen (sittliche Tugenden) und die dianoetischen Tugenden (Verstandstugenden) unterteilbar. „Verstandstugenden sind Weisheit, Verstand und Klugheit, sittliche Tugenden Freigebigkeit und Mäßigkeit.“14
2.3 Gott im Zusammenhang mit der Eudaimonie
Um die Glückseligkeit zu erlangen soll sich der Mensch nur mit den höchsten Erkenntnisgegenständen auseinandersetzen. Denn die andauernde philosophische Beschäftigung wird als weiteres inneres Gut angesehen. Laut Aristotles sei dies nur den Göttern möglich.15 Aristotles schreibt in seinem Buch der Nikomachischen Ethik:
Daher wirft sich auch die Frage auf, ob die Glückseligkeit durch Lernen, Gewöhnung oder sonst durch eine Übung erworben, oder durch eine göttliche Fügung oder durch Zufall dem Menschen zuteil wird. […] Aber selbst, wenn sie nicht von den Göttern verliehen, sondern durch Tugend […] erworben wird, scheint sie zu dem Göttlichsten zu gehören, denn der Preis und das Ziel der Tugend muß doch das Beste und etwas Göttliches und Seliges sein.16
Es scheint ungeklärt, ob der Ursprung der Glückseligkeit menschlich oder göttlich ist. Da der Philosoph, Eudaimonie aber als das Beste bezeichnet, scheint sie für ihn zu dem Göttlichen zu gehören. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Aristotles den „Gott“ im theologischen Sinne noch nicht kennen konnte. Vielmehr bezieht sich „Gott“ auf eine unveränderbare Konstante als transzendenten Gott. Diesen beschreibt er in seinem Buch der Metaphysik.17 Er schreibt:
Der Gott, sagen wir, ist das ewige, beste Lebewesen, so daß dem Gott Leben und beständige Ewigkeit zukommen; denn dies ist der Gott. […] Es ist aber auch erwiesen, daß dieses Wesen keine Größe haben kann, sondern unteilbar und unzertrennlich ist. Denn die unendliche Zeit hindurch bewegt es, nichts Begrenztes aber hat ein unbegrenztes (unendliches) Vermögen.18
3 Die Glückseligkeit nach Epikur
Für Epikur waren die Elemente des schönen Lebens Mittelpunkt der philosophischen Fragen.19 Die Haltung des Philosophen zur Eudaimonie wird als „Abwertung des Unverfügbaren“ bezeichnet. Epikur bezeichnet die „leidenschaftslose Ruhe der Seele“ als Glückseligkeit. In diesem Zustand der Glückseligkeit soll der Mensch frei von negativen inneren Gütern, wie Schmerz und Angst sein. Er soll erfüllt sein von positiven Gütern, wie Lust. Die äußeren Güter werden bei Epikur nicht als wesentlicher Teil der Eudaimonie betrachtet, da diese nicht selbstverständlich sind. Durch die verfügbaren Güter sollen allerdings die Grundbedürfnisse des Menschen gestillt werden. Für das Erlangen der Glückseligkeit wird die innere Haltung des Menschen als wichtige Rolle betrachtet.20 Folgende Worten spiegeln die Position des Philosophen wieder:
Es ist besser für dich, auf Stroh zu liegen und zuversichtlich zu sein als ein goldenes Bett und einen reich gedeckten Tisch zu haben und in Angst zu leben.21
Ein wesentlicher Punkt für ein glückseliges Leben ist, dass das Individuum die Werte, nach welchen es das Leben führt, selbst wählen soll und auch den Lebensweg zum eigenen Glück selbst wählen soll.22
3.1 Bedingungen für die Glückseligkeit
Zum großen Teil wird die Erfüllung der Glückseligkeit nicht durch äußere Güter erlangt, sondern durch Freiheit und Erregung.23 Der Mensch soll nach Epikur den Weg zu dem eigenen Glück eigenständig wählen, jedoch ist Voraussetzung dafür, dass er bei der Motivation seiner Handlungen die Glückseligkeit nicht als Schadenbringendes erkennt. Das bedeutet, dass eine Handlung nicht nur aus Pflichtmotiven ausgeführt wird, sondern mit wirklichem Glücksnutzen. Allerdings gibt es laut Epikur Umstände, unter welchen diese Möglichkeiten nicht gegeben sind. Um dies auszuschließen, müssen die Grundbedürfnisse des Menschen gedeckt sein. Wenn die Existenz auf Grund mangelnder Nahrung, Kleidung oder mangelndem Obdach gefährdet sein sollte, dann ist das „Glückswahlrecht“ des Individuum bedroht.24 Der Natur zu folgen spielt nach Epikur eine weitere wichtige Rolle, um ein erfülltes Leben zu erreichen:
Wenn du in Übereinstimmung mit der Natur lebst, wirst du niemals arm sein: wenn du nach den üblichen Meinungen lebst, wirst du niemals reich sein.25
Eine wesentliche Grundlage Epikurs Ethik zur Eudaimonie, ist die Lust (griech. hedone). Allgemein ist Ziel, vom Schmerz befreit zu sein und die Lust zu erstreben. Diese soll im Folgenden näher erläutert werden.26
3.2 Die Lust als höchstes Ziel
Als höchste Lust und als erstes und angeborenes Gut27 bezeichnet Epikur „ein lustvolles, beglückendes Zustandsgefühl […], das der Schmerzfreiheit und Gesundheit des Körpers (aponia) und im Freisein von seelischer Unruhe (ataraxia) besteht.“28 In jeder Lebenssituation soll die Lust der Unlust verhältnismäßig überwiegen. Negative Emotionen und Ereignisse, sollen dem Körper und Geist fern gehalten werden, um die Ruhe der Seele nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen.29 In seinem Brief an Menoikeus schreibt der Philosoph, dass die Lust nicht die Lüste der Verschwendung oder des Genuss bezeichnet, sondern die Abwesenheit von Schmerz in Körper und Seele.30 In Schriften von Ciceros De Finibus wird Epikur vorgeworfen, die Definition von Lust nicht eindeutig zu interpretieren und in seinen oft erwähnten Erklärungen schwankende Bedeutungen von sich zu geben.31 Daher wird das Verständnis von Lust nach Epikur, in dieser Hausarbeit auf einen Zustand der Freiheit und Abwesenheit von negativen Gütern und Schmerz festgelegt.
4 Vergleich der Glückseligkeit nach Aristotles und Epikur
Im Vorgehenden wurden die Interpretationen der Glückseligkeit nach Aristoteles und nach Epikur untersucht. Im folgenden Teil der Hausarbeit sollen deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede erarbeitet werden.
Es lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass Aristoteles die Eudaimonie als höchstes Ziel allen Handelns ansieht und der Zustand der Glückseligkeit für die Dauer eines Lebens anhalten soll. Bedingung für die Erlangung ist, ein tugendhaftes und autarkes Leben zu führen. Dabei sollen die äußeren und inneren Güter erfüllt werden.
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1 Jordan/Ricken, 2009, S.117
2 Prechtl, 2008, S.169
3 Arend, 2019, S.22-23
4 Aristoteles, NE I 6, 1097b
5 Siehe White, 2006, S.2
6 Aristoteles, NE I 6, 1098a
7 Rapp, 2002, S.32-35
8 Aristoteles, NE I 9, 1099b
9 Arend, 2019, S.28-29
10 Arend, 2019, S.28-29
11 Purcell, 2017, S.11
12 Arend, 2019, S.28-29
13 Aristoteles, NE I 6, 1098a
14 Aristoteles, NE I 13, 1103a
15 Prechtl, 2008, S.169-170
16 Aristoteles, NE I 10, 1099b
17 Arend, 2019, S.26-27
18 Aristoteles, Met. XII 8, 1072b
19 Forschner, 1993, S.26
20 Prechtl, 2008, S.170
21 Nickel/Epikur, 2014, S.19
22 Bien/Tielsch, 1978, S. 63
23 Krüger/Epikur, 1998, S.3
24 Bien/Tielsch, 1978, S. 63
25 Nickel/Epikur, 2014, S.19
26 Krüger/Epikur, 1998, S.15
27 Krüger/Epikur, 1998, S.15
28 Krüger/Epikur, 1998, S.3
29 Geyer, 2004, S. 94
30 Krüger/Epikur, 1998, S.17
31 Held, 2007, S.16