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Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bankensektor in Deutschland

©2019 Ausarbeitung 41 Seiten

Zusammenfassung

Das Thema der Arbeit ist der aktuelle Digitalisierungsstand im Bankensektor, unter Berücksichtigung der Verbraucherinteressen. Die Digitalisierung macht weder vor Unternehmen noch vor ganzen Branchen halt. Durch die neuen technischen Möglichkeiten, die mit der Digitalisierung einhergehen, wurden und werden bestehende Geschäftsmodelle, je nach Wirtschaftszweig nachhaltig verändert, geschaffen oder verdrängt.

Diese Arbeit soll sich vor allem an angehende und/oder sich noch in der Ausbildung befindende Bankangestellte richten, die sich noch nicht ausführlich mit der Thematik beschäftigt haben. Es kann jedoch genauso von Quereinsteigern oder bereits ausgebildeten Bankangestellten zur Einarbeitung und als Information genutzt werden. Die Arbeit beschränkt sich auf den Privatkundenbereich.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition Digitalisierung

3. Digitalisierung im Bankensektor
3.1 Bestandsaufnahme des aktuellen Umfeldes und Herausforderungen von Kreditinstituten
3.2 Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bankensektor
3.3 Befragung: Digitalisierung von Banken im Privatkundenbereich
3.4 Kampf Fintechs vs. Klassische Banken
3.4.1 Fintechs vs. Klassiche Banken im Aktivgeschäft am Beispiel von „Smava“
3.4.2 Kampf Fintechs vs. Klassische Banken im Passivgeschäft
3.4.3 Kampf Fintechs vs. Klassische Banken im Passivgeschäft

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Umfrage Bank Digitalisierung

1. Einleitung

„Alles was digitalisierbar ist, wird digitalisiert werden. Alles.“1 Aktuell befinden wir uns genau in diesem Prozess. Dabei macht die Digitalisierung weder vor Unternehmen noch vor ganzen Branchen halt. Durch die neuen technischen Möglichkeiten, die mit der Digitalisierung einhergehen, wurden und werden bestehende Geschäftsmodelle, je nach Wirtschaftszweig nachhaltig verändert, geschaffen oder verdrängt. Im August 2015 begann ich meine Ausbildung zum Bankkaufmann und erlebe bis heute die Auswirkungen der Digitalisierung im Bankensektor hautnah. In dieser Arbeit möchte ich mich, aufgrund meiner Erfahrungen, auf den Privatkundenbereich beschränken. Ziel der Arbeit ist die Aufzeigung des aktuellen Digitalisierungsstandes im Bankensektor, unter Berücksichtigung der Verbraucherinteressen. Bevor ich mich mit den Auswirkungen und Entwicklungen der Digitalisierung in beiden Branchen auseinandersetze, blicken ich zunächst auf den aktuellen Stand. Im zweiten Schritt stelle ich die Chancen- und Risiken, die sich mit der Digitalisierung ergeben gegenüber. Die Digitalisierung verändert nicht nur Branchen-, sondern auch Nutzer- und Verbraucherverhalten. Mithilfe einer einer eigens erstellten (nicht repräsentativen) Befragung zum Thema „Nutzung von digitalen Bankangeboten“, möchte ich die tendenzielle Bereitschaft zur und den Umgang mit der Digitalisierung von Verbrauchern herausfinden. Mit der Digitalisierung sind auch neue Konkurrenten entstanden. So stehen die klassischen Banken nun den Fintechs gegenüber. Ich werde die neuen Branchenakteure genauer betrachten und auf ihre Vorgehensweise sowie die praktizierten Geschäftsmodelle eingehen.

2. Definition Digitalisierung

Für Digitalisierung gibt es keine einheitliche Definition. Denn Digitalisierung betrifft viele Aspekte und wird aus unterschiedlichen Standpunkten betrachtet. Jedoch gibt es eine kurze und prägnante Definition, welche besagt, „dass analoge Inhalte oder Prozesse in eine digitale Form oder Arbeitsweise umgewandelt werden.“2 In diesem Zusammenhang wird auch von Industrie 4.0 und Digitaler Transformation gesprochen. Durch die digitalen Möglichkeiten entstehen Veränderungen in der Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur, Bildung und Politik. Dadurch, dass alle Informationen auf elektronischen Geräten abgerufen werden können, wird umgangssprachlich auch vom „Informationszeitalter“ und „Computerisierung“ geredet. Als Beispiele sind die Kommunikation per Email, der Zahlungsprozess via Onlinebanking oder der Vertrieb von Waren und Dienstleistungen im Internet (E-Commerce) gemeint. Bei Unternehmen werden unter anderem Warenwirtschaftssysteme und eine elektronische Buchhaltung eingesetzt. Doch dies ist bei weitem nicht alles an Veränderungen in der Arbeitswelt. Ganze Unternehmen und Branchen wurden und werden in Folge der digitalen Welt umgeformt. Plattformen verdrängen die traditionellen Geschäftsmodelle und Marktführer von ihrem Platz. Dabei besitzen sie zumeist keine eigenen Verkaufsräume und Handelsgüter. Daher stehen Themen wie innovative Geschäftsmodelle, Autonomisierung und Flexibilisierung ganz oben auf der Agenda. Denn Kunden sind informierter denn je und Social Media ermöglicht den Austausch von Kunden über Erfahrungen in Bezug auf Unternehmen und Produkte. Durch die Mediale Präsenz kann das Firmenimage nachhaltig positiv, wie auch negativ geprägt werden. Die schnelle und direkte Kommunikation über verschiedene Kanäle gewinnt immer mehr an Bedeutung. Herausforderungen, wie die Verbindung von der digitalen mit der realen Welt sind die aktuellen Schwerpunkte in der Geschäftspolitik der Kreditinstitute. Trotz der vielen Veränderungen, die mit der Digitalisierung einhergehen, würden ich sie eher dem Evolutionsprozess, anstatt einer Revolution zuordnen. Der Grund, der Digitalisierungsprozess wird sich über einige Jahrzehnte erstrecken. Vor allem kleinere oder mittelständische Betriebe digitalisieren ihre Unternehmen Stück für Stück. Denn die meisten haben zum aktuell noch kein digitales Gesamtkonzept und auch die notwendige Sensibilisierung der Belegschaft lässt sich nur allmählich umsetzen.

3. Digitalisierung im Bankensektor

3.1 Bestandsaufnahme des aktuellen Umfeldes und Herausforderungen von Kreditinstituten

„Banking is necessary, banks are not“

Bill Gates, 1994

Dieses viel genutzte Zitat von Bill Gates ist zwar rund 25 Jahre alt aber gleichzeitig hochaktuell. Damit beschreibt Bill Gates das Problem der Banken sehr gut. Unsere Kreditinstitute befassen sich ständig mit der Neuausrichtung und der Frage der Zukunftsfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle. Um die Auswirkungen auf die Banken zu verstehen muss man neben der Digitalisierung auch noch andere branchenübergreifende und branchenspezifische Trends untersuchen und die Herausforderungen für die jeweilige Institutsform (Großbanken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken) ableiten. Dies möchte ich auf den folgenden Seiten tun.

Zweifelsohne gehört der Megatrend Digitalisierung zu den Trends, die nicht nur die Bankenbranche verändert haben. Doch neben diesem Trend haben die Themen demografischer Wandel, Nachhaltigkeit und Globalisierung einen Branchenübergreifenden Einfluss.

Die Digitalisierung als Megatrend macht sich bemerkbar durch die immer weiter zunehmende Vernetzung der Kunden und der damit verbundene Anstieg der Verbreitung von Smartphones und Tablets.3 Der fortlaufende technische Fortschritt wird diesen Trend weiter bekräftigen oder um es wie die ehemalige HP-Chefin Carly Fiorina auszudrücken „Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert“.4 Für die Kunden hat sich vieles durch Informationsverknüpfung und -verfügbarkeit vereinfacht und beschleunigt. Eine große Herausforderung für die Banken ist die durch die Digitalisierung zunehmende Transparenz. Die Kunden können im Netz problemlos die Preise und Gebühren für Bankdienstleistungen verschiedenster Institute einsehen und vergleichen. Kreditinstitute sind außerdem mit der neuen Art von Kundenfeedback konfrontiert. Kunden können durch Bewertungsfunktionen auf bestimmten Plattformen im Internet (z.B. Facebook) ihr Feedback in eine breite Öffentlichkeit tragen. Damit verbunden ist die Erwartung des Kunden nach einer sofortigen Reaktion und schneller fallabschließender Klärung von Problemen.

Der demografische Wandel stellt unsere Unternehmen vor großen Herausforderungen. „Bis 2035 geht die Zahl der Personen, die dem Arbeitsmarkt potenziell zur Verfügung stehen um 2,7 Millionen Personen (5 %) zurück.“5 Daraus resultiert ein landesweiter Fachkräfte- und Akademikermangel verbunden mit Abwanderung von Arbeitskräften in wirtschaftlich stärkere Regionen im Bundesgebiet. Das stellt die Regionalbanken in wirtschaftlich schwächeren Regionen vor neue Herausforderungen. Diese Regionalbanken werden um die bedeutenden Kundengruppen (junge Kunden und Akademiker) stärker kämpfen müssen. Die Banken müssen sich weiterhin, durch den demografischen Wandel, auf neue Produktangebote und Distributionskanäle vorbereiten. Damit sind die ständige Weiterbildung und Bindung von Top-Mitarbeitern notwendig.

Der Klimawandel und die Knappheit von Rohstoffen erzeugen bei vielen Kunden eine immer höhere Nachfrage nach nachhaltigen Produkten. Diese Nachfrage macht auch nicht vor den Kreditinstituten halt. Immer mehr Kunden entscheiden nach sozialen und ethischen Kriterien bei der Bankenwahl.6 In diesen Kriterien gibt es bei vielen Banken noch Aufholbedarf, denn durch die Finanzmarktkrise ist viel Vertrauen in die Institute verloren gegangen, welches es jetzt wieder zu gewinnen gilt.7

Die Globalisierung spielt bei den klassischen Banken gerade im Privatkundengeschäft eine etwas untergeordnete Rolle. Mittelständische Firmenkunden dieser Banken sind zum Teil stark exportabhängig und damit auch an das globale Wirtschaftsklima gebunden.

Neben den genannten branchenübergreifenden Rahmenbedingungen möchte ich nun auch noch die Rahmenbedingungen, die nur die Banken-/Finanzbranche betreffen, erklären. Die globale Finanz- und Staatsschuldenkrise ist, stand heute, immer noch aktuell. Damit die EU-Staaten sich entschulden können und unsere Konjunktur auf Wachstumskurs bleibt, werden die Leitzinsen von der EZB wahrscheinlich auch noch mittel- bis langfristig auf niedrigem Niveau gehalten. Die Niedrigzinsphase trifft die Banken empfindlich, denn sie zerstört die klassischen Ertragsquellen von Banken und Versicherungen. Neben der Niedrigzinsphase schränken die seit der Finanzkrise zunehmenden regulatorischen Anforderungen (z. B. MiFID oder PSD Richtlinien) durch den Gesetzgeber die Rentabilität der Finanzdienstleister ein.

3.2 Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bankensektor

Die oben genannten Herausforderungen belasten vor allem die kleinen regionalen Institute. Ein veränderter Internetauftritt und ein Ausbau der Marketingaktivitäten werden in Zukunft als Reaktion darauf nicht ausreichen.

Im Allgemeinen haben sich die meisten regionalen Kreditinstitute eher durch ihr stabiles/konstantes, statt innovativ/fortschrittliches Geschäftsmodell ausgezeichnet. Das hat den Regionalbanken zwar viele Sympathien eingebracht (vor allem während der Finanzmarktkrise), bringt aber auch die Gefahr mit sich, dass besagte Banken die Veränderungen verschlafen, weil man nur an alten Erfolgsrezepten festhält. Auch wenn die im vorherigen Punkt genannten Faktoren von den Banken oft als Bedrohung wahrgenommen werden, bieten sie den Unternehmen gleichzeitig auch Chancen ihren Marktanteil auszubauen. Die Risiken und Chancen der Digitalisierung möchte ich nachfolgend aufzeigen.

1. Chance: Kundenbindung- und Gewinnung

Auch wenn die Kundentreue, durch die im Punkt 3.1 genannten Rahmenbedingungen tendenziell sinkt, bestehen trotz dessen Chancen, neue Kunden zu gewinnen und bestehende Kunden zu binden. Dazu müssen sich die Unternehmen den neuen Gegebenheiten stark anpassen. Das heißt auch, dass die Mitarbeiter von Banken (Berater, Führungskräfte, interne Mitarbeiter) die Bereitschaft haben sollten, neue Wege zu gehen. Die Mitarbeiter müssen in Zukunft mit neuen Medien arbeiten. Das Internet gibt den Beratern großartige Möglichkeiten der Kontaktanbahnung, zur Gewinnung von Neukunden, z.B. mittels sozialer Netzwerke (Kundenfragen, die über WhatsApp geklärt werden oder Videoberatungen, die über Skype geführt werden können).

2. Chance: Entlastung der Bank von täglichen Aufgaben

Circa zwei Drittel des Aufwandes einer Bank entfallen (lt. Uni St. Gallen) auf das Personal.8 Für die Kreditinstitute ergibt sich hierbei die Chance, wenn Kunden die allzeit verfügbaren Technologien bevorzugen würden, dass das standardisierte tägliche Bankgeschäft mit weniger Personal durchführbar wäre. Hierbei wird es in Zukunft eine große Trennung zwischen dem standardisierten und automatisierten Transaktionsbanking sowie der persönlichen individuellen Bankberatung mit hohen Ansprüchen an die Bankberater geben. Die erstere Variante führt zu hohen Kosteneinsparungen durch geringere Personal- und Sachkosten, aufgrund eines rationalisierten Filialnetzes und Abwicklung des Zahlungsverkehrs über preiswertere Kanäle (z.B. Einsparung von Belegen und deren Bearbeitung). Die Deutsche Bank will mit der Schließung von Filialen sogar bis zu 40 % einsparen.9

Die daraus folgenden Entlastungen sind meiner Meinung nach nur bei konsequenter Umsetzung machbar. Die Realisierung der Entlastungseffekte können nur häufig zugelassene Ausnahmeregelungen behindern. Das sollte von der entsprechenden Organisationsabteilung verhindert werden.

3. Chance: Intensivierung der Kundenverbindung

Immer mehr Bankkunden legen viel Wert auf eine einfache und komfortable Abwicklung ihrer Finanzangelegenheiten. Das bedeutet, dass in Zukunft jene Institute Kunden für sich gewinnen können, welche es dem Kunden in seiner Transaktionsabwicklung auch einfach machen.10

Neben dem Girokonto sind andere Bankprodukte fast immer das Ergebnis einer Kundenberatung in der Bank. Wie soll der Abschluss dieser Produkte allerdings gelingen, wenn die Kunden durchschnittlich nur noch einmal im Jahr zur Bankberatung kommen und stattdessen mehrfach wöchentlich ihren Finanzstatus auf Handy und Tablet überprüfen?11

Es liegt also nahe, dass die Banken sich in Zukunft stärker auf den Vertrieb von Finanzprodukten über Apps konzentrieren müssen, als darauf zu warten, dass der Kunde von sich aus Beratungsgespräche in der Bankfiliale vereinbart.

4. Chance: Aus Datenmasse Verkaufsansätze finden

Kreditinstitute haben den Vorteil, dass sie über eine Menge personenbezogener Daten ihrer Kunden verfügen. Daraus können Cross-Selling Ansätze (Verkauf von Produkten über bereits bestehende Kundenkontakte) abgeleitet werden. Aus den Umsätzen des Girokontos lässt sich einiges erkennen. Zum Beispiel zahlt der Kunden in Bankprodukte von Mittbewerbern ein, hat der Kunde Kredite bei anderen Kreditinstituten, zahlt der Kunden Miete oder ist er Wohneigentümer, an welche Versicherungen zahlt der Kunde seine Prämien. Aus dem Online-Handel kennen wir bereits das personenbezogene Marketing. Amazon sendet zum Beispiel seinen Kunden Emails mit Empfehlungen von Artikeln, aufgrund unserer letzten Käufe oder einfach nur wegen unseren letzten Suchen auf Amazon. Hierbei ergibt sich auch eine Möglichkeit die Digitalisierung zu nutzen und die Kunden aufgrund ihrer Kontoumsätze per Finanz-App oder anderen Kontaktkanälen zu erreichen. So könnte man beispielsweise bei einem Autokauf den Kunden folgendermaßen ansprechen: „Lieber Kunden, Sie haben in ein neues Auto investiert, gerne überprüfen wir unsere Kfz-Tarife für Sie und erstellen Ihnen ein Angebot, bei dem Sie vielleicht sparen können.“

Es wird deutlich, dass Banken mit den ihnen verfügbaren Daten, mithilfe einer digitalisierten Analyse, wesentliche Hinweise auf Bedürfnisse und Interessen der Kunden gewinnen können. Die automatisierte Auswertung dieser Daten und die daraus folgende Ansprache der Kunden wird jedoch eine Herausforderung. Die Kundenansprache sollte möglichst kostensparend und individuell sein. Das heißt, wenn der Kunde zum Beispiel fünfmal Versicherungsprämien überweist, sollte er nicht fünfmal mit dem gleichen Text angeschrieben werden. Die Kreditinstitute müssen die Kundenkontakte genau steuern und schon im Vorfeld genaue Kriterien festlegen, wann Kundenansprachen erfolgen sollen.

Ob die Selektion der Daten und die Kundenansprache intelligent genug war, sollte durch Anzahl der daraus resultierenden Kundenkontakte und Produktabschlüsse ausgewertet werden.

Ein Erfolgsrezept für die Auswertung dieser Daten gibt es nicht, für die Banken wird es in diesem Zusammenhang noch einen langen Lernprozess geben, damit Qualität und Anzahl der Kundenansprachen bedarfsgerecht wird. Fazit: Qualität statt Quantität und eine dauerhafte Verbesserung werden der Schlüssel für die Kundenansprache der Zukunft über Apps sein.

5. Chance: Zusammenarbeit mit IT-Dienstleistern

Die kleinen Regionalbanken arbeiten in der Regel mit zentralen IT-Dienstleistern zusammen, das ist auch gut so. Man kann sagen, dass diese Dienstleister eine Monopolstellung in der jeweiligen Institutsgruppe haben. Doch die Regionalbanken sind diesen Dienstleistern nicht hoffnungslos ausgesetzt, die Genossenschaftsbanken können z.B. im Rahmen ihres Willensbildungsprozesses die benötigten IT-Anwendungen mitbestimmen und beeinflussen. Oftmals werden jedoch nicht alle Möglichkeiten, die die IT-Dienstleister anbieten auch von den Banken genutzt. Für die Regionalbanken ist es meiner Ansicht nach weder nötig noch möglich riesige Budgets in die Technologisierung zu investieren. Es ist sinnvoller den bereits vorhandenen stationären Vertrieb am Leben zu halten und zu erneuern. Darüber hinaus sollten die Banken Möglichkeiten, welche die Digitalisierung und IT-Dienstleister heute schon anbieten können, auch nutzen. Zu diesen Zwecken muss das Personal natürlich angemessen geschult werden. Sollten hier die genannten Potenziale der stärkeren Digitalisierung ausgenutzt werden können, so können die Banken auch in Zukunft trotz Niedrigzinsen ein profitables Geschäft betreiben.12

6. Risiko: Das Filialnetz

Bei den Regionalbanken wurde das klassische Bankgeschäft hauptsächlich in den Filialen abgewickelt. Die technischen Möglichkeiten und das veränderte Kundenverhalten, führen jedoch dazu, dass die Bankfiliale als grundlegender Treffpunkt zwischen Kunden und Bank nicht mehr besteht. Das hat zur Folge, dass die Bank den Zugang zum Kunden über die Filiale größtenteils verloren hat. Geblieben sind jedoch die Kosten für die Erhaltung der Geschäftsstellen. Wenn man auf den demografischen Wandel in Deutschland blickt, weiß man, dass die Rolle der Filialen für die nächsten 15 Jahre neu definiert werden muss. Die Banken müssen jetzt zukunftsgerichtete Strategien und Szenarien entwickeln und die Weichen für deren Umsetzung stellen. Sollte dies nicht der Fall sein, werden die Banken letztlich aufgrund von Kostendruck mit vielen Filialschließungen reagieren müssen. Das birgt Vor- und Nachteile, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Zum einen werden Kunden, die die Filialen noch regelmäßig nutzen und Filialmitarbeiter verunsichert, zum anderen geht der persönliche Kundenkontakt allmählich ganz verloren. Eine Rationalisierung des Filialnetzes ist in einem gewissen Umfang sicher notwendig, doch kann das nicht die alleinige Antwort auf den Wandel in der Branche sein. Alternativen zur bisherigen Verfahrensweise bei den Bankfilialen müssen überlegt werden.

Die Alternativen für Regionalbanken könnten beispielsweise sein:

- Verkürzung der Öffnungszeiten
- Einteilung der Öffnungszeiten in Service- und Beratungszeiten
- Räumliche Verkleinerung der Bankfilialen
- Integration von Bankfilialen in lokale Einkaufszentren
- Mobile Bankfilialen zur Versorgung des ländlichen Raums
- Kundenberatungen bei Kunden vor Ort

Wenn die Regionalbanken ihr Profil, welches sich im Besonderen durch den persönlichen Kundenkontakt auszeichnet, aufrechterhalten können, so werden sie damit in Zukunft gegenüber ihren Mitbewerbern ein Alleinstellungsmerkmal haben. Fazit: die klassische Bankfiliale muss jetzt von den Verantwortlichen neu und zeitgemäß interpretiert werden.13

7. Risiko: Die neue Definition des Kundeberaters

Durch die Digitalisierung werden Information zu Finanzdienstleistungen immer transparenter und verfügbarer. Das wirkt sich direkt auf die Beziehung zwischen Kunden und Kundenberater aus. Aus Kundensicht hatte allein der Bankberater, aufgrund seiner Erfahrung und Ausbildung, den Überblick über die vielen komplexen Finanzprodukte und gab zum Schluss einer Beratung seine Empfehlung für die passende Lösung ab. Doch Bankberater genießen, spätestens seit der letzten Finanzmarktkrise, nur noch ein geringes Vertrauen beim Verbraucher. Nach Studien vertraut zum Beispiel nur jeder zehnte Deutsche seinem Bankberater beim Thema Altersvorsorge.14

Dieses Misstrauen wird durch die regelmäßig negative Berichterstattung über Finanzberatung in den Medien noch bestärkt. Seit der Finanzmarktkrise wurde der Verbraucherschutz erhöht, die Bankenregulierung ausgeweitet und von Banken Geld in die Qualitätsverbesserung der Beratungen investiert. Jedoch änderte sich grundsätzlich nichts an dem Misstrauen der Kunden gegenüber dem Bankberater. Kunden verlassen sich mittlerweile bei Finanzfragen auf ihr Bauchgefühl, soziale Netzwerke, aber auch auf Empfehlung aus dem familiären Umfeld. Der Stellenwert des Bankberaters hat also deutlich gelitten. Die Rolle des Bankberaters muss deshalb neu definiert werden. In Zukunft werden die Bankkunden den Berater nicht mehr bei standardisierten Finanzfragen aufsuchen, der Kunde schließt sein gewünschtes Finanzprodukt, nach Recherche im Internet, bei dem für ihn günstigsten Anbieter ab. Eine persönliche Bankberatung im Vorfeld werden viele Kunden als Zeitverschwendung ansehen. Jedoch wird es auch in Zukunft Situationen geben, wo sich der Kunde eine persönliche Beratung vor Ort durch einen Experten wünscht. Das wird Lebenssituationen betreffen, die besonders Komplex sind und bei denen es für den Kunden um hohe Geldbeträge geht. Also immer dann, wenn der Kunden grundlegende Veränderungen in seinem finanziellen Rahmen vornimmt (z.B. Baufinanzierung, Erhalt einer hohen Erbschaft, Geburt eines Kindes, Eheschließung, Scheidung, Tod eines Ehepartners, Anschaffung eines wertvollen Gegenstandes). Fazit: Die Regionalbanken werden nur erfolgreich sein, wenn sie akzeptieren, dass die Kunden alltägliche Finanzangelegenheiten eigenständig klären. Die Banken müssen für den Kunden eine qualitativ hochwertige Beratung in wichtigen Phasen seines Lebens sicherstellen, auch über Finanzfragen hinaus.15

3.3 Befragung: Digitalisierung von Banken im Privatkundenbereich

Untersuchungsgenstand:

Untersucht wurden Personen, die ein privates Girokonto führen. Im Mittelpunkt der Befragung stand das Thema „Digitalisierung“. Die Befragung fand im Zeitraum vom 13.03.2019 bis zum 23.03.2019 statt. Die Umfrage wurde über ein Internet-Tool (Google-Docs) durchgeführt und ausgewertet, eine spezielle Auswertung erfolgte zusätzlich mit dem Programm „Excel“. 56 Befragte nahmen teil.

In den Abbildungen 1 bis 3 sind die soziodemografischen Daten (Bundeslandherkunft, Geschlecht, Alter) der Befragungsteilnehmer zusammengefasst.

In Abbildung 4 wird die Aufteilung nach Bankengruppe dargestellt.

Auswertung der Befragung:

87,5 % der Befragten nutzen mittlerweile das Online-Banking Verfahren und das unabhängig vom Alter (in der Altersstruktur konnten keine markanten Unterschiede festgestellt werden). Fast die Hälfte der Kunden nutzt mittlerweile auch die Möglichkeit des Online-Bankings über mobile Apps. Daraus kann man schließen, dass durchaus eine Mehrheit die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung bereits nutzt. (Abbildung 5)

Knapp ein Viertel der Befragten nimmt aktuell oder hat in den letzten 2 Jahren keine Beratungstermine mehr bei der Bank wahrgenommen. Daran kann man erkennen das ein beträchtlicher Teil schon heute keinen Bedarf sieht sich in der Bank zu beraten lassen. Der Hälfte der Befragten wurde das Online-Banking Verfahren jedoch schon in der Bank vorgestellt. Hier besteht auf jeden Fall noch ein Informations- und Beratungsbedarf. (Abbildung 6)

Nur ein Drittel würde der Auswertung der Kontoumsätze und finanziellen Daten zustimmen, auch wenn sie dafür zielgerichtete Angebote bekommen würden. Wenn Banken die Auswertung der Daten und die Angebotserstellung so gestalten, dass die Bankkunden echte Vorteile davon hätten (Preisnachlässe, Exklusive-Angebote usw.) könnten sich in diesem Punkt dennoch große Chancen und Möglichkeiten ergeben, die bisher weitgehend ungenutzt sind. Auch in Puncto Kooperationen zwischen Banken und z. B. Online-Shops sehe ich einige Chancen. (Abbildung 7)

Obwohl die Bank Möglichkeiten zur digitalen Terminvereinbarung anbietet, präferieren 73,3 % die Terminvereinbarung über „analoge“ Kanäle (persönlich, telefonisch). Überraschenderweise sind es gerade die jungen Befragten zwischen 18 und 39 Jahren, die die klassischen Wege zur Terminvereinbarung präferieren. (Abbildung 8)

Über 60 % der Befragten gaben an sich vor einem Beratungstermin in der Bank im Internet zu informieren. Die Beschreibungen der bankeigenen Produkte einiger Sparkassen und Volksbanken sind minimal (es gibt zum Beispiel oftmals keine Modellrechner o.ä.) gehalten. Das kann schlimme Auswirkungen für jene Banken haben, denn oftmals gehen die Kunden dann den Weg über die Vergleichsportale, wo sie meistens sofort eine komplette Beschreibung des Produktes mit Preis/Prämie/Einzahlungscharge angezeigt bekommen. (Abbildung 9)

Obendrein wurde die Übersichtlichkeit der Bankenwebsites nur in einem guten Drittel mit der Bestnote bewertet. In Sachen Internetauftritt haben also einige Banken noch an sich zu arbeiten, vor allem in der ausführlichen Darstellung der Produkte liegt der Schlüssel. (Abbildung 10)

In Sachen Benutzerfreundlichkeit, Einfachheit und Übersichtlichkeit der Banking-Apps sind die Benutzer allerdings zufrieden, gut 80 % der Befragten, welche diese Apps nutzen, bewerteten diese sehr gut bis gut, was ein gutes Zeichen für die klassischen Banken ist, denn gerade hier versuchen Fintechs anzugreifen. (Abbildung 11)

Die überwiegende Mehrheit (62,6 %) hält Online-Banking für eine sichere Angelegenheit. (Abbildung 12)

Nur ein knappes Drittel der Befragten wäre an einer Informationsveranstaltung zum Thema „Digitalisierung“ interessiert. Entweder sind fühlen sich die Befragten bereits ausreichend informiert oder es besteht kein Interesse an weiteren Informationen. (Abbildung 13)

Trotz aller digitalen Möglichkeiten ist es Dreiviertel aller Befragten wichtig weiterhin einen persönlichen Ansprechpartner in der Bank zu haben. (Abbildung 14)

3.4 Kampf Fintechs vs. Klassische Banken

Bevor ich auf den Kampf der Fintechs gegen die klassischen Banken komme, möchte ich zunächst einmal den Begriff „Fintech“ klären.

„Das Wort Fintech setzt sich aus den Anfangssilben von Finanzdienstleistungen und Technologie zusammen. Fintech bezeichnet eine Branche, in der Finanzdienstleistungen mit Technologie verändert werden. Fintechs sind häufig Start-ups, aber nicht immer.16

Für die regionalen Kreditinstitute macht es den Anschein, als sei die Bank von Nebenan nicht mehr der größte Konkurrent, sondern immer mehr die „Invasoren“ aus der Start-Up Szene. Seit der Finanzkrise 2008 waren die regionalen Banken und Sparkassen weitestgehend mit sich selbst beschäftigt. Doch der Wettbewerb wird seitdem immer härter. Neben bereits bestehenden großen Internetunternehmen tummeln sich immer mehr Start-Ups in Bereichen des vermeintlich lukrativen Teils des Bankings.17 Die Banken haben diese Gefahr erst sehr spät erkannt. Nun haben die Banken die Wahl zwischen Konkurrenzkampf oder Kooperation mit den „neuen“.

[...]


1 (Duve, 2016)

2 (Tarkowski, 2018)

3 Vgl. (Matta, 2017)

4 (Brock & Biberstein, 2015)

5 Vgl. (Deschermeier, 2017)

6 Vgl. (Go Green - ethische Banken liegen im Trend, 2018)

7 Vgl. (Freiberger, 2016)

8 Vgl. (Hamann, 2014)

9 Vgl. (Deutsche Bank will 200 Filialen schließen, 2015)

10 Vgl. (Brock & Biberstein, 2015)

11 Vgl. (Leichsenring, 2018)

12 Vgl. (Brock & Biberstein, 2015)

13 Vgl. (Lehmann J. , 2016)

14 Vgl. (Bülow, 2017)

15 Vgl. (Brock & Biberstein, 2015)

16 (Neumann, 2015)

17 Vgl. (Lehmann J. , 2016)

Details

Seiten
Jahr
2019
ISBN (eBook)
9783346208163
ISBN (Paperback)
9783346208170
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Juli)
Note
2,0
Schlagworte
bankensektor chancen deutschland digitalisierung risiken
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Titel: Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bankensektor in Deutschland