Im Rahmen dieser Arbeit wird der Artikel von Gneezy et al. "Pay what you want" vorgestellt, analysiert und reflektiert. Dabei wird zusätzlich die Frage geklärt, ob Reziprozität in dieser Form ein denkbares Geschäftsmodell ist.
Dafür wird der Artikel zuerst in Kapitel 2 zusammengefasst und vorgestellt. In Kapitel 3 werden die gefundenen Ergebnisse erklärt sowie die Fragestellung erörtert. Die Seminararbeit endet mit einem Fazit und Ausblick.
Cialdini beschreibt einen Umstand, den wohl viele Menschen aus dem täglichen Leben kennen. Man geht in einen Supermarkt, möchte einkaufen und findet sich vor einem Verkaufsstand wieder, an dem gratis Kostproben, zum Beispiel Käse oder Wurst, angeboten werden. Vielen Kunden fällt es in so einer Situation sehr schwer, das Produkt, das mit einem Zahnstocher aufgespießt war, zu probieren, den Zahnstocher zurückzugeben und einfach davonzugehen. Sie entscheiden sich dafür, das Produkt zu kaufen, auch wenn es ihnen nicht besonders gut geschmeckt hat. Diese alltägliche Situation beschreibt das psychologische Konzept der Reziprozität, der sozialen Norm der Gegenseitigkeit. Es besagt, dass Menschen Gegenleistungen für erhaltene Waren, Dienstleistungen oder Zugeständnisse erbringen, weil sie sich dazu verpflichtet fühlen. Gneezy et al. untersuchen mit "Pay What You Want" ein Verkaufsmodell für Unternehmen, das auf dem Konzept der Reziprozität beruht. "Pay What You Want" bezeichnet dabei eine Verkaufsform, bei der der Nachfrager den Preis bestimmt und der Anbieter diesem Preisangebot immer zustimmt.
Dabei kann der Nachfrager sich auch dazu entschließen, einen Preis von 0 Geldeinheiten zu bezahlen. Da jedes Unternehmen einer Verantwortung gegenüber Stakeholdern unterliegt, stellt sich den Autoren die Frage, ob die Nutzung der Verkaufsform "Pay What You Want" positive Auswirkungen auf diese Verantwortung hat. Die Europäische Kommission beschreibt die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung, die Corporate Social Responsibility, als die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Innerhalb der Europäischen Union ist die Corporate Social Responsibility sogar in der Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 22. Oktober 2014 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nicht finanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen gesetzlich verankert.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Aktueller Forschungsstand - Die Studie von Gneezy et al. (2010)
2.1 Forschungsfrage
2.2 Methoden
2.3 Ergebnisse
2.3.1 Kaufraten
2.3.2 Bezahlte Preise in der Pay What You PFawt-Bedingung
2.3.3 Umsatz und Gewinn
2.3.4 Kontrollvariable
2.4 Schlussfolgerungen
3 Diskussion und Reflexion
4 Fazit und Ausblick
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Anzahl der Probanden in den einzelnen Bedingungen
Abbildung 2. Kaufraten in den einzelnen Bedingungen
Abbildung 3. Durchschnittlich bezahlte Preise in der Pay What You Want -Bedingung
Abbildung 4. Pro Kopf-Umsatz in den einzelnen Bedingungen
Abbildung 5. Pro Kopf-Gewinn in den einzelnen Bedingungen
Abbildung 6. Pro Kopf-Umsatz von Werbeartikeln in den einzelnen Bedingungen
1 Einleitung
Cialdini (2007) beschreibt einen Umstand, den wohl viele Menschen aus dem taglichen Leben kennen. Man geht in einen Supermarkt, möchte einkaufen und findet sich vor einem Verkaufsstand wieder, an dem gratis Kostproben, zum Beispiel Kase oder Wurst, angeboten werden. Vielen Kunden fallt es in so einer Situation sehr schwer, das Produkt, das mit einem Zahnstocher aufgespieBt war, zu probieren, den Zahnstocher zurückzugeben und einfach da- vonzugehen. Sie entscheiden sich dafür, das Produkt zu kaufen, auch wenn es ihnen nicht be- sonders gut geschmeckt hat.
Diese alltagliche Situation beschreibt das psychologische Konzept der Reziprozitat, der sozialen Norm der Gegenseitigkeit. Es besagt, dass Menschen Gegenleistungen für erhaltene Waren, Dienstleistungen oder Zugestandnisse erbringen, weil sie sich dazu verpflichtet fühlen (Smith etal., 2015).
Gneezy et al. (2010) untersuchen mit Pay What You Wam ein Verkaufsmodell für Un- ternehmen, das auf dem Konzept der Reziprozitat beruht. Pay What You Wam bezeichnet dabei eine Verkaufsform, bei der der Nachfrager den Preis bestimmt und der Anbieter diesem Preis- angebot immer zustimmt. Dabei kann der Nachfrager sich auch dazu entschlieBen, einen Preis von 0 Geldeinheiten zu bezahlen.
Da jedes Unternehmen einer Verantwortung gegenüber Stakeholdern unterliegt, stellt sich den Autoren die Frage, ob die Nutzung der Verkaufsform Pay What You Want positive Auswirkungen auf diese Verantwortung hat. Die Europaische Kommission (2011) beschreibt die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung, die Corporate Social Responsibility., als „die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“.
Innerhalb der Europaischen Union ist die Corporate Social Responsibility sogar in der Richtlinie 2014/95/EU des Europaischen Parlamentes und des Rates vom 22. Oktober 2014 zur Anderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversitat betreffender Informationen durch bestimmte groBe Unternehmen und Gruppen ge- setzlich verankert.
Die Studie von Gneezy et al. (2010) stellt eine Verbindung zwischen der Corporate Social Responsibility und der Verkaufsform Pay What You Want her und beleuchtet diese.
Im Rahmen dieser Arbeit stellt der Autor, Student der Wirtschaftsmathematik sowie der Psychologie der Universitat Ulm, den genannten Artikel vor, analysiert und reflektiert diesen und klart die Frage, ob Reziprozitat in dieser Form ein denkbares Geschaftsmodell ist. Dafür wird der Artikel zuerst in Kapitel 2 zusammengefasst und vorgestellt. In Kapitel 3 werden die gefundenen Ergebnisse erklart sowie die Fragestellung erörtert. Die Seminararbeit endet mit einem Fazit und Ausblick.
2 Aktueller Forschungsstand - Die Studie von Gneezy et al. (2010)
Obwohl die Corporate Social Responsibility von vielen Unternehmen befolgt wird, zeigt sich nur ein mabiger Erfolg. Oftmals sind die Kosten, die im Zusammenhang mit der Corporate Social Responsibility im Unternehmen stehen, höher als deren tatsachliche Gewinne (Gneezy etal., 2010).
Die Autoren führen dies darauf zurück, dass Konsumenten einerseits skeptisch gegen- über den Beweggründen der Unternehmen seien und die Umsetzung der Corporate Social Responsibility als Verbrauchermanipulation sehen könnten, andererseits lasst sich auch nur schwer feststellen, weshalb die Kunden die Produkte von Unternehmen kaufen, welche Corporate Social Responsibility umsetzen. Es könnte sein, dass Konsumenten diese kaufen, weil ihnen die soziale Verantwortung bewusst ist und sie diesen einen besonderen Wert beimessen. Es könnte aber ebenso sein, dass Konsumenten die Produkte kaufen, weil ihnen diese gefallen.
2.1 Forschungsfrage
Mit dem Konzept der Shared Social Responsibility stellen die Autoren eine neue Corporate SocialResponsibilityStrategie vor, welche die sozialen Praferenzen ihrer Konsumenten starker berücksichtigt. Shared Social Responsibility ist dabei die Umsetzung von Corporate Social Responsibility mittels Pay What You Want.
Mit diesem Konzept lassen sich Rückschlüsse über die Absichten der Konsumenten ziehen. Würden Kunden nur monetare Ziele verfolgen, würden sie den niedrigstmöglichen Preis zahlen. Die Autoren vermuten, dass die Kunden unter einer Shared Social Responsibility-Sixa- tegie weniger Misstrauen gegenüber den Beweggründen des Untemehmens aubern werden, weil sich das Unternehmen einem höheren finanziellen Risiko aussetzt, da die Konsumenten den Preis bestimmen. Auberdem vermuten sie, dass die Kunden auch ihre eigene Identifikation reflektieren. Weiterhin sollte sich ableiten lassen, wie sehr ein Kunde ein Produkt kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen möchte sowie seine Unterstützung und Wertschatzung für das Unternehmen. Durch die Pay What You U»//-Koinponente lassen sich beide Gründe nachvollziehen.
2.2 Methoden
Um diesen Zusammenhang zu untersuchen, wurden in dieser Feldstudie über acht Tage insgesamt 113.047 Probanden in einem US-amerikanischen Freizeitpark wahrend einer Attrak- tion fotografiert. Nach der Fahrt wurden diesen die Fotos zum Verkauf angeboten und die Kauf- rate und die bezahlten Preise in verschiedenen Bedingungen gemessen.
Es wurde ein 2x2-faktorieller Between ówZyücA-Versuchsplans verwendet. Einerseits wurde dafür die Preisbedingung variiert. Die Fotos wurden entweder zu einem Festpreis von 12,95 $ oder nach dem Prinzip Pay What You Want angeboten, wobei auch ein Preis von 0 $ möglich war. Andererseits wurde auch eine Wohltatigkeitskomponente variiert. Der Halfte der Probanden wurde in beiden Bedingungen zusatzlich mitgeteilt, dass die Halfte des Preises an eine national anerkannte Stiftung gehen wird.
Jede der vier Bedingungen wurde über zwei volle Tage durchgeführt. Abbildung 1 zeigt dabei die Anzahl der Probanden in den einzelnen Bedingungen.
Abbildung 1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Gneezy et al. (2010)
Die Pay What You U////-Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente spiegelt dabei die Shared Social Responsibility-Bedlngyng wider.
Als Kontrollvariable wurde untersucht, wie hoch der Umsatz von Werbeartikeln im Freizeitpark an den Tagen der Untersuchung relativiert an der Zahl der Probanden war.
2.3 Ergebnisse
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Autoren vorgestellt.
2.3.1 Kaufraten
Wahrend sich in der Festpreis-Bedingung nur geringe Kaufraten von 0,50% ohne Wohltatigkeitskomponente und 0,59% mit Wohltatigkeitskomponente ergeben, sind die Kaufraten in der Pay What You U////-Bedingung mit 8,39% ohne Wohltatigkeitskomponente und 4,49% mit Wohltatigkeitskomponente deutlich höher (Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Gneezy et al. (2010)
Die Kaufrate in der Pay What You IFawt-Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente ist signifikant geringer als in der Pay What You Want-Bedmgyng ohne Wohltatigkeitskomponente (X2 = 336,17,jp = 0,001).
2.3.2 Bezahlte Preise in der Pay What You Want -Bedingung
Der Kaufpreis in der Pay What You IFawt-Bedingung ist im Durchschnitt deutlich geringer als in der Festpreisbedingung. Wahrend der Preis in der Festpreis-Bedingung bei 12,95 $ liegt, bezahlten die Kunden durchschnittlich 0,92 $ in der Pay What You Want-Bedln- gung ohne Wohltatigkeitskomponente und durchschnittlich 5,33 $ in der Pay What You Want- Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente (Abbildung 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Durchschnittlich bezahlte Preise in der Pay What You Want-Bedingung
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Gneezy et al. (2010)
In der Pay What You IFawt-Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente wurde signifikant mehr bezahlt als in der Pay What You IFawt-Bedingung ohne Wohltatigkeitskomponente (t(3535) = 43,24,^ <0,001).
2.3.3 Umsatz und Gewinn
Basierend auf den Ergebnissen zu den Kaufraten und zu den bezahlten Preisen in der Pay What You IE»//-Bedingung lassen sich Rückschlüsse auf Umsatz und Gewinn ziehen.
Den gröBten Umsatz pro Probanden konnte man in der Pay What You PFawt-Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente finden. Dieser betragt 0,24 $. Die weiteren Umsatze unterschei- den sich kaum voneinander. Sowohl in der Festpreis-Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente als auch in der Pay What You JFawt-Bedingung ohne Wohltatigkeitskomponente betragt der Umsatz pro Proband 0,08 $, in der normalen Festpreis-Bedingung betragt dieser 0,06 $ (Abbil- dung 4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Gneezy et al. (2010)
Eine ahnliche Tendenz lasst sich auch bei den Gewinnen erkennen, die sich als Diffe- renz des bezahlten Betrags und der Produktionskosten der Souvenierfotos ergeben. Der gröBte Gewinn ergab sich in der Pay What You U»//-Bedingnng mit Wohltatigkeitskomponente. Dieser betragt pro Proband 0,20 $. Der zweitgröBte Gewinn findet sich in der Festpreis-Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente und betragt 0,07 $ pro Proband.
Der Gewinn in der Festpreis-Bedingung ohne Wohltatigkeitskomponente von 0,06 $ unterscheidet sich davon kaum. Der Gewinn in der Pay What You ^awt-Bedingung ohne Wohltatigkeitskomponente ergibt sich zu 0,00 $ (Abbildung 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5. Pro Kopf-Gewinn in den einzelnen Bedingungen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Gneezy et al. (2010)
Mittels t-Test wurde untersucht, ob sich die Ergebnisse in den Wohltatigkeitskompo- nenten signifikantunterscheiden. Dabei ergab sich, dass der Gewinn in der Pay Whal You Want- Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente signifikant höher ist als der Gewinn in der Festpreis- Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente (p < 0,001).
2.3.4 Kontrollvariable
Nachdem die Probanden den Fotobereich verlassen hatten, gelangten sie in einen Laden, in dem Werbeartikel angeboten wurden. Als Kontrollvariable wurde der Umsatz dieses Ladens an den einzelnen Tagen erfasst und durch die Anzahl an Probanden in den Bedingungen geteilt. Dabei wurden die Preise der Werbeartikel nicht manipuliert. Es wurde untersucht, ob die Preis- bedingungen einen Einfluss auf die Umsatze der Werbeartikel haben beziehungsweise ob die Mehreinahmen im Fotogeschaft die Umsatze im Freizeitpark an einer anderen Stelle mindern.
Es zeigte sich, dass die Umsatze pro Proband in der Festpreisbedingung dabei jeweils bei durchschnittlich 0,40 $ in den beiden Festpreis-Bedingungen lagen. Die durchschnittlichen Umsatze in der Pay What You JU////-Bedingung sind etwas höher mit 0,42 $ in der Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente und mit 0,45 $ in der Bedingung ohne Wohltatigkeitskompo- nente. Abbildung 6 zeigt die Ergebnisse.
Abbildung 6.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Gneezy et al. (2010)
Der Umsatz in der Pay What You JU////-Bedingung mit Wohltatigkeitskomponente ist folglich etwas höher als die Umsatze in den anderen Bedingungen.
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