Die Redefluss-Störung Stottern im Kindesalter. Welche Fördermöglichkeiten gibt es?
Zusammenfassung
Als das fundamental bedeutsamste Medium der Menschen bedient sich Sprache ebenfalls als Türöffner für Aspekte des Erkennens, der Verstandestätigkeit, der Interaktion sowie Integration hinsichtlich Bildung und Wissenserwerb. Gesellschaftlich betrachtet hat eine gut entwickelte Kompetenz der Sprache und des Sprechens einen recht hohen Stellenwert, denn sie ermöglicht zwischenmenschliche Bindungen und Beziehungen aufzubauen, diese zu intensivieren und bestehen zu lassen. Sobald also eine Verzögerung der sprachlichen Entwicklung präsent wird oder die Redeflussstörung des Stotterns bei Kindern ansetzt, so kann dies zu unangenehmen Effekten für das Kind und dessen Familienkreis führen. Demnach ist es sowohl für Eltern als auch für pädagogische Fachkräfte von großer Bedeutung, diese Kinder so weit es geht dabei zu unterstützen, mit der Problematik der Redeflussstörung umzugehen. Denn schließlich sollten Eltern die Erwartung an pädagogischen Fachkräften pflegen dürfen, dass ihre Kinder hinsichtlich der Störung kompetent und einfühlsam begleitet werden.
In den ersten Kapiteln werden zunächst die Elemente der Redeflussstörung Stottern hinsichtlich ihrer Kern- und Begleitsymptome dargestellt. Dabei wird das Stottern definiert und zeitgleich ein Einblick in entwicklungsbedingte und chronische Unflüssigkeiten des Sprechens gewährleistet. Darüber hinaus werden grundlegende Informationen bezüglich der Entstehung und Entwicklung bereitgestellt, sodass ein Zusammenhang zu stotternden Kindern in Kindertagesstätten aufgebaut werden kann. Abschließend folgen Optionen der Förderung für betroffene Kinder durch a) pädagogische Fachkräfte und b) die Zusammenarbeit mit den Familienkreisen der Kinder.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition „Redefluss-Störung: Stottern“
2.1 Entwicklungsbedingtes Stottern
2.2 Chronisches Stottern
2.3 Symptomatik
3 Grundlegende Informationen
3.1 Entstehung des Stottern
3.2 Wie entwickelt sich das Stottern?
4. Stotternde Kinder in Kitas
5. Fördermöglichkeiten für stotternde Kinder
5.1 Förderung im pädagogischen Alltag
5.2 Zusammenspiel von pädagogischen Fachkräften und Eltern
6. Fazit
7 Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Mit dieser wissenschaftlichen Hausarbeit im Modul „kindliche Mehrsprachigkeit“ der Flied- ner Fachhochschule soll ein Überblick über das breitgefächerte Spektrum der Redeflussstörung Stottern (im Kindesalter) gegeben werden.
Als das fundamental bedeutsamste Medium der Menschen bedient sich Sprache ebenfalls als Türöffner für Aspekte des Erkennens, der Verstandestätigkeit, der Interaktion sowie Integration hinsichtlich Bildung und Wissenserwerb (vgl. Braches - Chyrek et al. 2014, S. 215). Gesellschaftlich betrachtet hat eine gut entwickelte Kompetenz der Sprache und des Sprechens einen recht hohen Stellenwert, denn sie ermöglicht zwischenmenschliche Bindungen und Beziehungen aufzubauen, diese zu intensivieren und bestehen zu lassen. Sobald also eine Verzögerung der sprachlichen Entwicklung präsent wird oder die Redeflussstörung des Stotterns bei Kindern ansetzt, so kann dies zu unangenehmen Effekten für das Kind und dessen Familienkreis führen (vgl. Brügge und Mohs 2006, S. 10). Demnach ist es sowohl für Eltern als auch für pädagogische Fachkräfte von großer Bedeutung, diese Kinder so weit es geht dabei zu unterstützen, mit der Problematik der Redeflussstörung umzugehen. Denn schließlich sollten Eltern die Erwartung an pädagogischen Fachkräften pflegen dürfen, dass ihre Kinder hinsichtlich der Störung kompetent und einfühlsam begleitet werden.
In den ersten Kapiteln werden zunächst die Elemente der Redeflussstörung Stottern hinsichtlich ihrer Kern- und Begleitsymptome dargestellt. Dabei wird das Stottern definiert und zeitgleich ein Einblick in entwicklungsbedingte und chronische Unflüssigkeiten des Sprechens gewährleistet. Darüber hinaus werden grundlegende Informationen bezüglich der Entstehung und Entwicklung bereitgestellt, sodass ein Zusammenhang zu stotternden Kindern in Kindertagesstätten aufgebaut werden kann. Abschließend folgen Optionen der Förderung für betroffene Kinder durch a) pädagogische Fachkräfte und b) die Zusammenarbeit mit den Familienkreisen der Kinder, um an ein Fazit für die folgende Frage zu gelangen:
Welche Fördermöglichkeiten können pädagogische Fachkräfte stotternden Kindern bieten?
2. Definition „Redefluss-Störung: Stottern“
Sobald der Redefluss eines Menschen auf ungewollter und nicht freiwilliger Art und Weise unterbrochen wird, kann von Stottern gesprochen werden. Der Betroffene weiß zwar, was er in bestimmten Situationen sagen möchte, dennoch hat er Schwierigkeiten darin, das Gesagte in flüssiger Form auszusprechen. Dabei treten neben Dehnungen, Pausen und/oder Einschüben oftmals Laut und Silbenwiederholungen auf. Zu beachten ist hierbei, dass nicht jede Unflüssigkeit des Sprechens als Stottern zu werten ist, da ein gewisses Maß an Pausen und Wortwiederholungen im alltäglichen Sprachgebrauch gefestigt ist (vgl. Brügge und Mohs 2006, S. 13).
Üblicherweise sind sich stotternde Menschen im Klaren darüber, dass ihr Redefluss durch Blockaden oder Wiederholungen gehemmt wird, dennoch fällt es ihnen schwer, solche Formen von Unterbrechungen zu verhindern bzw. zu beeinflussen. Dabei spielt die emotionale Ebene eine wichtige Rolle: Oftmals empfinden stotternde Menschen beim Sprechen Schamgefühle und erleben zeitgleich einen Kontrollverlust, welche sich in Form von körperlicher und psychischer Anstrengung in bestimmtes Situationen deutlich machen (vgl. Hansen 2016, S. 19).
2.1 Entwicklungsbedingtes Stottern
„Als normale, entwicklungsbedingte Unflüssigkeiten, auch „physiologisches Stottern“ (Sandrieser/Schneider 2008) genannt, gelten i.d.R. das Wiederholen von ganzen Wörtern („Mein mein mein Teddy ist weg“) oder Satzteilen („Ich war ich war ich war bei Oma“), das Überarbeiten von Wörtern („heu-gestern“) oder Sätzen („Ich war- ich hab mit Ben gespielt“}, stille Pausen zwischen Worten oder Sinnabschnitten zur Wortfindung oder Sprechplanung („ Gestern war ich im Kino “) und Vokaldehnungen unter einer Sekunde, die zudem frei von orofazialer Anspannung sind“ (Braches - Chyrek et al. 2014, S. 220).
Bei entwicklungsbedingten Unflüssigkeiten geht es also um eine physiologische Phase des unflüssigen Sprechens im Laufe der sprachlichen Entwicklung des Kindes, demnach also in den Lebensjahren zwischen drei und sechs. Der Kern liegt hierbei in der Abweichung innerhalb der Geschicklichkeit des Sprechens und dem Vorgang des Denkens. Dabei entspricht entweder die gedankliche Anordnung und Wortschöpfung nicht der motorischen Geschicklichkeit des Sprechens oder die Motorik der Sprechgeschicklichkeit kann im Kehrwert den viel zu schnellen Konstruktionen des Gedanken nicht stand halten. Als Resultat folgen schließlich Beeinträchtigungen des Redeflusses, eingebettet in vereinzelten Wort- und Satzteilwiederholungen sowie das Verschmähen von Silben und Lauten als auch das kurz anhaltende erscheinen des Stottern und dessen fehlendem Bewusstsein hinsichtlich dieser Störung (vgl. Wirth 1990, S. 2061).
Sobald die Entwicklung des flüssigen Sprechens stattfindet werden zeitgleich funktionelle Unflüssigkeiten im ansteigendem Maße zur Zweckmäßigkeit des Sprechenden sowie zur Strukturierung der Kommunikation verwendet. Im engeren Sinne bedeutet dies, dass sich Kinder, die sprachlich der Norm entsprechen sich zu Sprechern entwickeln, die gekonnt normale Unflüssigkeiten einsetzen. Zu beachten ist hierbei, dass der Zusammenhang der Entwicklung normaler Unflüssigkeiten beim Beginn der Redeflussstörung des Stotterns bisher nicht geklärt ist (vgl. Sandrieser und Schneider 2015, S.35).
2.2 Chronisches Stottern
„Chronisch überdauerndes Stottern kann (unter ungünstigen Rahmenbedingungen) einen nachhaltig negativen Einfluss auf die psychosoziale Entwicklung der betroffenen Kinder und Jugendlichen haben“ (Walther 2016, S.8).
Ausgehend vom entwicklungsbedingten Stottern besteht das Risiko, dass sich daraus ein tatsächliches chronisches Stottern entwickeln kann. Auslöser dafür können unter Anderem zweifelhafte Umgangsformen der Umwelt bzgl. der differenzierten sprachlichen Handhabung des Kindes, familiäre sprachliche Defizite, seelische Belastungen des Betroffenen sowie das Be- wusstwerden typischer Unterbrechungen des Sprechens hinblickend auf dessen Erprobung, begleitet durch einen erhöhtem Artikulationsdruck sein (vgl. Wirth 1990, S. 2061). Im Grunde besteht bei Betroffenen Menschen ein enormer Leidensdruck, während Begleitsymptome hinzutreten. Ferner erfolgt eine Beeinflussung sowohl auf der Ebene des Kommunikationsverhaltens und des Gefühlszustands des Betroffenen als auch Auffälligkeiten hinsichtlich seines Sprechverhaltens. Dies kann schließlich zu Belastungen auf psychischer und sozialer Entwicklungsebenen führen (vgl. Wendland 2017, S. 98).
Um ein besseres Verständnis bzgl. Unflüssigkeiten hinsichtlich des chronischen Stotterns zu erhalten, werden wie folgt einige Charakteristika aufgeführt: Der chronische Stotterer bedient sich an Wiederholungen, welche durch Silben, Laute und Sprechtempoerhöhungen auffallen und als Erkennungszeichen gelten. Ebenso werden sogenannte „Schwa-Laute“ erzeugt, welche im Deutschen oftmals am Wortende erscheinen. Dabei werden Worte, dessen Ende mit einem „e“ abschließt, ausgesprochen als „9“. Dieser Schwa-Laut wird auditiv wie ein kratzendes Ausatmen wahrgenommen und klingt oftmals so, als sei der Sprecher überrascht. Beim Sprechen ist für gewöhnlich dieser Buchstabe auditiv wahrnehmbar, jedoch kommt der „9“ - Laut in der Wortlautabfolge bei betroffenen stotternden Kindern nicht vor. Als weitere Charakterisierung bzgl. chronischem Stottern ist das Auftreten von Dehnungen: Dabei ist die Regulation der Lautstärke bzw. der Tonhöhe bei betroffenen Kindern besonders auffällig, welche oftmals von ihnen angestiegen wird. Darüber hinaus finden außerdem Blockaden beim Sprechen statt, wobei betroffene Menschen oftmals versuchen dagegen anzutreten (vgl. Wendlandt 2017, S.98f.).
Zu betonen sei hier nochmals, dass das Auftreten von Wortwiederholungen nicht als klares Indiz für eine Redeflussstörung zu gelten vermag. Die Differenzierung obliegt dabei binnen normaler Sprechunflüssigkeit und dem Stottern an sich. Als normale Sprechunflüssigkeit zählen sowohl das Ausdehnen von Wörtern und Satzteilen als auch eine Unterbrechung des Sprechens ohne besonderem Aufwand, welche sich im dritten Lebensjahr einordnen lassen, sodass dies nicht als chronisches Stottern zu bewerten gilt (vgl. Von Suchodoletz 2013, S. 18f).
Abschließend folgen einige Variablen hinsichtlich der Chronifizierung der Redeflussstörung Stottern, die bei einer Befunderhebung beachtet werden. Darunter fallen u. A. folgende Aspekte:
1. Reaktionen des betroffenen Kindes und dessen Eltern
2. Familiäre Vorbelastungen
3. Kontinuität des Stottern hinsichtlich des erstmaligen Auftretens
4. Form der Reaktion bezüglich des Stottern
Der erste Punkt beinhaltet die Fragestellung, ob es Anhaltspunkte hinsichtlich eines Leidensdrucks und aufkommender Befürchtungen sowohl auf Eltern- als auch auf Kindesebene gibt.
Dabei wird ein Blick auf das soziale und kommunikative Verhalten des Kindes geworfen, um zu festzustellen, ob dabei ein Rückzug stattgefunden hat. Der zweite Punkt untersucht den familiären Hintergrund des Kindes, um auszuschließen, ob Angehörige ein persistierendes Stottern aufweisen. Sollte dies familiär ausgelegt sein, so besteht ein 65% Risiko für das betroffene Kind, selbst das Krankheitsbild des persistierendes Stottern zu entwickeln. Des weiteren wird ein Blick auf die Kontinuität der Redeflusstörung hinsichtlich des erstmaligen Auftretens geworfen. Dabei geht es darum, ob das Stottern des betroffenen Kindes länger als 24 Monate andauert. Sobald dies der Fall ist, steigt im Umkehrschluss die Wahrscheinlichkeit für das Chronifizieren des Stottern und bildet somit geringere Chancen für eine Remission, welche am erheblichsten zwischen sechs und zwölf Monaten sei. Als letzten hier aufgeführten Prädiktor ist die Form der Reaktion bzgl. des Stottern: Dabei ist die Frage, ob bestimmte Auffälligkeiten hinsichtlich des Sprechens, der Atemreaktion oder Verhalten der Anstrengung mit Berücksichtigung des Zeitintervalls von länger als einem Jahr gegeben sind (vgl. Yairi und Seery 2011, S. 270).
Das folgende Kapitel befasst sich mit den Kern- und Begleitsymptomen der Redeflussstörung Stottern.
2.3 Symptomatik
Die Redeflussstörung Stottern realisiert sich oftmals aus Sprechunflüssigkeiten, welche ihren Ursprung und Hergang in der Sprachentwicklung wiederfindet. Die Symptomatik kann jedoch auch ebenfalls zum Vorschein kommen, selbst wenn keine Phase des unflüssigen Sprechens bisher stattgefunden bzw. beobachtet wurde (vgl. Brügge und Mohs 2006, S. 17). Hinsichtlich der Symptomatik kann behauptet werden, dass sie bei jedem individuell zum Vorschein kommen. Diese sind abhängig von Variablen wie Tagesform, Anforderungen des Sprechens und der Partner der Interaktion. Dennoch lassen sich folgende Kernsymptome bei den meisten Leidtragenden vorfinden (vgl. Iven 2011, S.4):
„Anzeichen für Sottern, die auch als „Kernsymptome“ bezeichnet werden, können sein:
- Wiederholungen von Lauten z.B. „I.i.i.ich war das nicht.“
- Zunahme der Wiederholungen von Silben z.B. „Das habe ich ge-ge-ge-gebaut.“
- längeres Dehnen einzelner Laute z.B. „Maaaaama, komm mal her.“
- Unterbrechung innerhalb eines Wortes z.B. „Ich k—omme doch schon.“
- Pausen als Blockierung vor einem Wort
- Vokaleinschub bei Silbenwiederholungen z.B. „BeBeBeBall“ (das /e/ bleibt dabei unbetont wie das /e/ bei habe)
- Veränderung der Tonhöhe oder der Lautstärke bei Unflüssigkeiten“ (Brügge und Mohs 2006, S. 17ff.)
Unter dem Begriff „Blockade“ bzw. „Blockierung“ versteht man eine Unterbrechung der Sprechbewegung und anhaltenden Pausen. Oftmals beobachtet man eine Vermischung von Symptomen, beispielsweise die Kombination Blockade und Wiederholung oder Wiederholung und Dehnung. Dabei verwenden Betroffene u. A. Flickwörter wie „ehm oder ja also“ womit versucht wird, der Symptomatik auszuweichen. Üblicherweise ist bei Betroffenen ein eingestelltes und willkürliches Atemmuster zu beobachten, welches als Folge zu werten gilt (vgl. Iven 2011, S. 4). „Wenn man mit vielen Unterbrechungen oder Wiederholungen spricht, wirkt sich das auch unterbrechend auf den Atemrhytmus aus“ (ebd.).
Sobald sich die o.g. Elemente der Sprechunflüssigkeiten weiterhin ausbauen, sodass sich dadurch die Symptomatik umgestaltet, können diese Aspekte zur sprachlichen Unsicherheit der betroffenen Kinder führen. In der Regel versuchen Betroffene das Stottern zu vermeiden, indem sie ihr Augenmerk ausschließlich darauf setzen in bestimmten Situationen erwartungsmäßig zu sprechen. Dies kann für Betroffene die Folge haben, dass sowohl die Häufigkeit als auch die Symptomatik der Redeflussstörung intensiviert werden (vgl. Brügge und Mohs 2006, S. 18). Der deutsche Bundesverband der akademischen Sprachtherapeuten behaupten diesbezüglich: „Die Störungen im Redefluss können offen hör- und sichtbar sein, werden manchmal aber von Betroffenen auch nur vorausgeahnt, so dass er bereits Ausweich-Techniken in Gang setzt, bevor die Kommunikationspartner das Stottern überhaupt wahrnehmen“ (Iven 2011, S. 4). Im Grunde bedeutet dies also, dass Betroffene gewisse Methoden entwickeln, sodass eine Umgehung bzw. Vermeidung der Redeflussstörung von Statten finden kann. Solcherlei Vorgehensweisen sind im sprachlichem Umgang als „Begleitsymptome“ zu verstehen, welche in stetiger Wechselwirkung mit Kernsymptomen stehen (vgl. Brügge und Mohs 2006, S. 18).
Zu den Begleitsymptomen zählen u. A. körperliche Anspannungen der Gesichtsmuskulatur beim Wiederholen, Dehnen und Unterbrechen vom Gesprochenen sowie die Mitbewegung des Körpers (z. B. Hände, Beine etc.). Dabei sind oftmals Reaktionen des Körpers wie z.B. Erröten oder Schweißausbrüche, ausgelöst durch belastende Empfindungen wie Scham oder Angst zu beobachten, denn Situationen, die neutral scheinen mögen, wirken bei Betroffenen dennoch oftmals als stressig und beängstigend. Solcherlei Belastungen werden schließlich durch Gefühle der Hilflosigkeit untermauert, sodass dadurch ein enormer Leidensdruck aufkommen kann. Ebenso zeigen Betroffene in den meisten Fällen ein Vermeidungsverhalten bezüglich ihres sozialen Umfelds und Interaktionspartner: Bestimmte Situationen werden vermieden oder es werden sprachliche Formulierungen bestrebt, welche mit Leichtigkeit ausgeführt werden können (vgl. Iven 2011, S. 5). „In der Kommunikation liegt viel Aufmerksamkeit auf der Sprechflüssigkeit: Negative Sprecherfahrungen bleiben im Gedächtnis und unangenehme Gesprächssituationen werden als Folge der Stottersymptome interpretiert“ (ebd.).
Im Grunde verändert sich schließlich die Wahrnehmung hinsichtlich des eigenen Selbstbildes sowie leibhafter Potenziale und Ressourcen, sodass die Kommunikation von Grund auf erschwert wird. Das betroffene Kind zieht sich aus sprachlichen Situationen zurück, erzählt weniger frei bzw. begeistert oder bricht den Augenkontakt ab, sodass das Selbstvertrauen hinsichtlich nicht sprachlicher Ausführungen abnehmen kann. Dennoch sei hier festzuhalten, dass solcherlei Symptome nicht zeitgleich auftreten müssen und ebenfalls in ihrer Intensität und Prägung variieren können (vgl. Brügge und Mohs 2006, S. 19).
3. Grundlegende Informationen
„Stottern ist kein einheitliches Krankheitsbild, sondern ein Syndrom, das sich aus individuell sehr unterschiedlichen sprachlichen, motorischen und psychosozialen Symptomen zusammensetzt“ (Ochsenkühn 2014, S. 2).
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