Der Ursprung der sich entwickelnden Diversität in Unternehmen ist vor allem im demografischen Wandel und in der Globalisierung zu finden. Der Altersdurchschnitt der Beschäftigten steigt aufgrund der höheren Lebenserwartung und der geringeren Geburtenrate. Um die Lücke zwischen natürlicher Fluktuation und Nachwuchs zu schließen, sollten sich Unternehmen zunehmend auf vielfältigere Teamzusammensetzungen einstellen. Darüber hinaus treten Unternehmen hinsichtlich der Gewinnung von Fachkräften immer stärker in den Wettbewerb. Die Förderung von Diversität im Unternehmen ist daher als ein umfassender Veränderungsprozess anzusehen, der auf allen Ebenen begleitet werden muss. Aufgrund dessen stellt sich die Frage, mit welchen Maßnahmen die Diversität im Unternehmen gefördert werden kann und inwieweit sich dessen Erfolg messen lässt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielstellung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Diversity in Unternehmen
2.2 Auswirkungen von Diversity
2.3 Chancen und Risiken von Diversity
3 Anwendung
3.1 Maßnahmen zur Förderung von Diversity
3.2 Herausforderungen bei der Implementierung
3.3 Messung von Diversity in Unternehmen
3.4 Herausforderungen bei der Messung
4 Diskussion
5 Fazit und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Diversity-Rad
Abbildung 2: Modell des kulturellen Wandels
Abbildung 3: Übersicht der Maßnahmen zur Unterstützung der Diversity Dimensionen Kulturelle Vielfalt, Chancengleichheit, Age-Diversity
Abbildung 4: Erfolgsmessung und Indikatoren
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Der Ursprung der sich entwickelnden Diversität in Unternehmen ist vor allem im demografischen Wandel und in der Globalisierung zu finden. Der Altersdurchschnitt der Beschäftigten steigt aufgrund der höheren Lebenserwartung und der geringeren Geburtenrate. Um die Lücke zwischen natürlicher Fluktuation und Nachwuchs zu schließen, sollten sich Unternehmen zunehmend auf vielfältigere Teamzusammensetzungen einstellen. Darüber hinaus treten Unternehmen hinsichtlich der Gewinnung von Fachkräften immer stärker in den Wettbewerb. Die Förderung von Diversität im Unternehmen ist daher als ein umfassender Veränderungsprozess anzusehen, der auf allen Ebenen begleitet werden muss. Aufgrund dessen stellt sich die Frage, mit welchen Maßnahmen die Diversität im Unternehmen gefördert werden kann und inwieweit sich dessen Erfolg messen lässt.
1.2 Zielstellung
In der vorliegenden Ausarbeitung soll dem Leser ein Überblick über die verschiedenen Facetten von Diversität geboten werden. Die damit verbundenen Auswirkungen für Unternehmen geben Aufschluss darüber, welche Chancen und Risiken eine diverse Mitarbeiterschaft mit sich bringen. Mittels der Entwicklung einer Auswahl an konkreten Maßnahmen zur Implementierung und Messung von Diversität, soll der Leser einen direkten praktischen Einblick in die Förderung von Diversität im Unternehmen erhalten. Eine Darstellung der damit verbundenen Herausforderungen unterstützt bei der erfolgreichen Durchführung dieses Veränderungsprozesses.
1.3 Aufbau der Arbeit
Im theoretischen Teil dieser Ausarbeitung wird eingangs der Begriff „Diversity“ näher erläutert und anhand seiner wesentlichen Dimensionen spezifiziert. Des Weiteren sollen die Auswirkungen von Diversity in Unternehmen und die damit einhergehenden Chancen und Risiken dargestellt werden. In der anschließenden Anwendung wird ein Vorgehen mit einer Auswahl an geeigneten Maßnahmen zur Förderung von Diversität im Unternehmen vorgestellt. Darüber hinaus werden Vorschläge unterbreitet, inwieweit sich Diversität und der Erfolg von unterstützenden Maßnahmen messen lässt. In diesem Zusammenhang werden die Herausforderungen, die mit der Implementierung und der Messung verbunden sind, diskutiert. Abschließend folgt eine Zusammenfassung des Gegenstands dieser Hausarbeit hinsichtlich Förderung von Diversität im Unternehmen, einschließlich der sich ergebenden Schlussfolgerungen für die Praxis und einer kritischen Reflexion. Die Ausarbeitung endet mit einem Fazit und Ausblick der vorliegenden Thematik.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Diversity in Unternehmen
Diversität bezeichnet im Allgemeinen die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Menschen.1 Sie ergibt sich aus den unterschiedlichen Eigenschaften einer Person, die im Rahmen der Herkunft, Sozialisation und den Lebenserfahrungen entwickelt werden. Im Zentrum der inneren Dimension steht die individuelle, unverwechselbare Persönlichkeit, welche durch innere und äußere Dimensionen geprägt wird. Die innere Dimension stellt die Eigenschaften einer Person dar, die auch nicht verändert werden können. Erfahrungen, die sich aus den äußeren Dimensionen wie beispielsweise Einkommen, Familienstand oder Gewohnheiten ergeben, prägen ebenso die Person.2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Diversity-Rad
Vgl. Eberhardt et al. (2019), S. 888
In den USA wurden im Zusammenhang mit der Diversität die Big 8 definiert: "race", "gender", "ethnicity/ nationality", "organizational role/ function", "age", "sexual orientation", "mental/ physical ability" und "religion". In Deutschland lag lange der Schwerpunkt der Diskussion um Diversität auf den Themen Gender und Kultur. Doch in jüngster Zeit werden auch die Dimensionen Generationen, Behinderung und familiäre Situation in die Betrachtung miteinbezogen. Darüber hinaus werden auch zunehmend nicht sichtbare Dimensionen wie Persönlichkeit, Werte, Religion, sexuelle Orientierung oder Bildung im Verständnis von Diversität berücksichtigt.3
Das Verständnis des Begriffes Diversity wird grundsätzlich aus zwei Perspektiven betrachtet. Bei der Diversität als "Vielfalt der Unterschiede" wird von den unterschiedlichen Gruppenzugehörigkeiten gesprochen, die sich in primäre, unveränderbare und sekundäre, veränderliche Merkmale unterscheiden lassen. Es ist wichtig, den Blick auf diese Unterschiede im Detail zu richten, um die jeweiligen Bedürfnisse, Interessen und Ressourcen der Organisationsmitglieder zu erkennen. Dabei besteht jedoch die Gefahr, innerhalb der Gruppe von Kategorien auszugehen und die jeweiligen Besonderheiten und Charaktere nicht wertzuschätzen. Dahingegen wird in der Perspektive „Diversität als Unterschiede und Gemeinsamkeiten“ eine solche Ausblendung von Teilidentitäten vermieden und die Möglichkeit betont, dass Personen auch mehreren Merkmalsgruppen angehören können.4 Demnach können Personen mit gleichen Gruppenmerkmalen auch beispielsweise unterschiedliche Interessen, Werte oder Einstellungen haben. Eine feste Zuschreibung von Zugehörigkeiten wird somit vermieden. Diese Unterschiede und Gemeinsamkeiten beeinflussen die Selbst- und Fremdbilder und die Identitätsstruktur, welche aus vielen Teilidentitäten besteht, die aus Erfahrungen interaktiv und situationsspezifisch entwickelt wurden. Demzufolge haben neben der individuellen und gruppenbezogenen Ebene auch die Führung, die Gesellschaft und die organisationalen Rahmenbedingungen eine Bedeutung für die Entwicklung von personeller Vielfalt.5 Aber Diversität ist auch mehr als Vielfalt. Sie ist im erweiterten Rahmen ein menschenrechtlich orientiertes Verständnis, das gleiches Recht für alle unterschiedlichen Menschen und Lebenslagen verlangt. Des Weiteren beschreibt Diversität einen Perspektivenwechsel von einem problemorientierten hin zu einem ressourcenorientierten Umgang mit den Menschen beziehungsweise Zielgruppen.6
Es wird deutlich, dass sich hinter dem Begriff Diversity deutlich mehr Facetten verbergen, als zunächst zu erwarten ist. Dabei ist es wichtig, die personelle Vielfalt ganzheitlich zu betrachten und auch die nicht sichtbaren Dimensionen bei der Integrationsarbeit und den Beteiligungsprozessen einzubeziehen. In der Erläuterung der Begrifflichkeit zeigt sich bereits eine umfassende Komplexität der Veränderung, die Mensch, Prozess und Kultur beeinflusst.
2.2 Auswirkungen von Diversity
Aufgrund der Globalisierung und des demografischen Wandels interagieren zunehmend heterogene Personengruppen miteinander. Hier müssen Unternehmen aktiv werden und die personelle Vielfalt systematisch managen, um den potenziellen Nutzen aus den Unterschiedlichkeiten zu erzielen. Die Grundvoraussetzung hierfür ist es, die Vielfalt wertzuschätzen und ohne jegliche Stereotypen den Einsatz ihrer Fähigkeiten zu fördern. Diese Wertschätzung muss sich in der Kultur, in den Prozessen und in den Arbeitsbedingungen widerspiegeln. Ein Anwendungsbeispiel ist die Einführung einer neuen Technik im Unternehmen, bei der die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen älteren Mitarbeitenden mit ihrem Erfahrungswissen und jüngeren Beschäftigten mit ihrer technischen Affinität genutzt werden kann. Während die Kompetenzen auf beiden Seiten erweitert und gute Leistungsergebnisse erzielt werden, können mögliche Altersstereotypen abgebaut werden.7
Im Zuge der Globalisierung entstehen zunehmend kulturell vielfältige Teams. In diesem Zusammenhang sind Kulturen Orientierungssysteme, die sich über Jahrzehnte entwickelt haben und handlungsweisend sind. Denn Menschen benötigen Muster, um Komplexität zu reduzieren, Wahrnehmungen zu strukturieren und Verhalten damit zu steuern. Vor allem im Vergleich zwischen westlichen und östlichen Kulturen zeigen sich Polaritäten zwischen Individualismus und Kollektivismus, einer monochronen und polychronen Zeitauffassung oder einer direkten Führung im Gegensatz zur Gleichheitsorientierung.8 Daraus entstehen vor allem an die Führungskräfte vielfältige Anforderungen, um die personelle Vielfalt anzuerkennen und die Potenziale daraus zu nutzen. Aufgrund der Entstehung von länderübergreifenden Teams verbreitet sich auch die Anwendung des Konzepts „Führen von virtuellen Teams“, bei dem neben den klassischen Phasen der Teamentwicklung auch der Umgang mit den kulturspezifischen Besonderheiten im Arbeitskontext gelingen muss. Vor allem die Kommunikationsfähigkeit über die digitalen Kanäle ist von besonderer Bedeutung.9 Divers aufgestellte Teams gehen ebenso mit einer Diversifizierung der Verantwortung einher. Die Führungskraft entscheidet nicht mehr allein, sondern delegiert an die selbst organisierten Teams.10 Dazu sind klare Entscheidungs- und Kommunikationsregeln erforderlich, was auf einen diversitätsbedingten Veränderungsprozess hindeutet, der professionell begleitet werden muss.
Der Begriff „Diversity Management“ beschreibt ein umfassendes Konzept der Unternehmensführung, um die Vielfalt der Beschäftigten effektiv zu nutzen.11 Diese Vielfalt ist im Sinne von Diversity Management als wichtige Ressource anzuerkennen, wobei die Unterschiede und möglichen Probleme dabei frühzeitig erkannt und behoben werden müssen, um allen Bedürfnissen gerecht zu werden und mögliche Produktivitätseinbußen aufgrund von Spannungen, Konflikten und Diskriminierungen zu vermeiden.12 Dafür muss das Bewusstsein für Vielfalt und Kompetenz im Umgang mit dieser bei allen Mitarbeitergruppen auf jeder Unternehmensebene geschärft werden. Mit der Implementierung von Diversity Management und der Anerkennung von Vielfalt verändert sich auch die Unternehmenskultur im Unternehmen hin zu einem offenen und respektvollen Umgang sowie einer kritischen Reflexion des eigenen Verhaltens.13
Die Entwicklung des Diversity Managements lässt sich in Deutschland in drei Phasen beschreiben. In den siebziger bis in die frühen neunziger Jahre befand sich Diversity in einer Homogenisierungsphase, bei der Vielfalt nur in Abgrenzung zur Mehrheitsgesellschaft toleriert wurde. In der anschließenden Differenzphase lag der Schwerpunkt in der politisch korrekten Beschreibung der Vielfalt, um offenkundige Gegensätze und Interessenskonflikte wahrzunehmen. Die Umsetzung von Diversity war vielmehr von einer Fragmentierung durch Quotenregelungen charakterisiert, was weiterhin ein Verbleiben in einer Parallelgesellschaft forcierte. Erst in der aktuellen Kohäsionsphase ab 2000 wandelte sich das Verständnis in eine Interkulturalität für ein zielorientiertes und handlungsorientiertes Miteinander, welches einen Paradigmenwechsel von einem multikulturellen hin zu einem interkulturellen Umgang mit der Vielfalt beschreibt.14
Im Umgang mit Diversität geht es nicht mehr nur um rechtliche Aspekte wie das Allgemeine Gleichbehandlungs-Gesetz (AGG) oder ethische Ansprüche, sondern auch um die Gestaltung der Arbeitswelt von morgen, um den wirtschaftlichen Anforderungen wie Flexibilität und Globalisierung begegnen zu können.15 Die Konsequenzen von Diversität betreffen nicht nur die klassische Personalarbeit, sondern gehen über die Arbeitsplatzgestaltung, Kommunikation und Chancengerechtigkeit hinaus und münden letztendlich sogar in der Produktentwicklung und Vermarktung.16
Die erläuterten Anforderungen an die Organisation zeigen die weitreichenden Auswirkungen, die Diversität im Unternehmen mit sich bringt. Diesen muss durch ein umfassendes Diversity Management frühzeitig begegnet werden, denn wie sich im folgenden Kapitel zeigen wird, können Potenziale einer diversen Belegschaft genutzt und sogar ein Wettbewerbsvorteil bedeuten sowie mögliche Risiken proaktiv gemindert werden.
2.3 Chancen und Risiken von Diversity
Diversity Management wird übergreifend als Zukunftssicherung für Unternehmen und Organisationen gesehen, da es die Lernfähigkeit sowie Offenheit im Unternehmen unterstützt und auf den gesellschaftlichen Wandel reagiert. Vor allem in den Zeiten des Wandels der Unternehmensumwelten, können Organisation von den Unterschiedlichkeiten hinsichtlich Individuen, Kulturen, Strategien und Funktionen profitieren, um in der Komplexität zu besseren Problemlösungen und Innovationen zu kommen.
Mittels des Einsatzes von Diversity Management kann auf vier wesentliche Megatrends eingegangen werden, die als Treiber des Wandels richtungsweisende Veränderungstendenzen für Gesellschaft, Unternehmen und Menschen vorgeben. Die Individualisierung als erster Megatrend wird verkörpert durch einen größeren Handlungsspielraum und persönliches Verantwortungsgefühl für seine individuellen Bedürfnisse. Ein weiterer Megatrend ist die Connectivity, die das Bedürfnis nach virtueller, aber auch persönlicher, sozialer Vernetzung widerspiegelt. Die zunehmende Bildung und Qualifikation von Frauen führt zum Female Shift als dritten Megatrend, auf den Diversity Management einzahlen kann. Hierfür ist es wichtig, die Führungsstereotypen sichtbar zu machen und abzubauen, um Chancengleichheit für Führungskarrieren herzustellen. Der demografische Wandel zeigt abschließend den Megatrend der Silver Society auf. Das wertvolle Handlungs- und Erfahrungswissen älterer Menschen zeigt sich durch Souveränität bei der Lösung komplexer Aufgaben mit hoher Zielorientierung und der Fähigkeit zur Priorisierung, Gelassenheit in belastenden Situationen und einem realistischen Entscheidungsverhalten. Diese Potenziale sollten in einer altersheterogenen Belegschaft genutzt werden und durch verschiedene Maßnahmen entsprechend dem spezifischen Unternehmenskontext unterstützt werden.17 Mit der zunehmenden Vielfalt in der Bevölkerung geht auch ein Wertewandel einher, der die Selbstentfaltung stärker in den Fokus rückt. Auch der Wunsch nach einem ausgewogenen Gleichgewicht von Beruf- und Privatleben ist mittlerweile über alle Alters-, Kultur- und Geschlechtsgruppen verteilt. Diese individuelle Vielfalt sollte in einer Organisation wertgeschätzt und ermöglicht werden.18 Es können dabei unterschiedliche Ansätze verfolgt werden.
Ökonomischer Ansatz
Im pragmatischen Sinne werden mit der Einführung von Diversität auch klare Leistungsindikatoren definiert, um das Kosten-Nutzen-Verhältnis stets bemessen zu können.19 Durch die Anerkennung von Vielfalt öffnet sich der Blick für Fremdes und Neues, was zu einer gesteigerten Innovationsfähigkeit führt. Auch der Perspektivenwechsel für die unterschiedlichsten Bedürfnisse verbessert insgesamt die Kundenorientierung.20 Unternehmen mit pluralen und heterogenen Organisationsstrukturen nutzen das Expertenwissen, um entsprechendes Innovationspotenzial auszuschöpfen und ihre Marktposition zu sichern.21 Die Wertschätzung der unterschiedlichen Charaktere führt zu einer erhöhten Motivation und Arbeitszufriedenheit, was letztendlich eine erhöhte Produktivität und Innovationskraft verspricht. Damit einher gehen auch die sinkenden Kosten aufgrund einer geringeren Fluktuations- und Krankheitsrate.22 Auch wenn die konkreten Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen dem Einsatz von Diversity Management und wirtschaftlichen Vorteilen noch nicht empirisch aufgezeigt werden konnten, wurde dennoch im Rahmen einer Studie der Europäischen Kommission eine Verbesserung der langfristigen Wertschöpfungsfaktoren und des kurz- und mittelfristigen Cashflows bestätigt. Darüber hinaus wurden auch eine verbesserte Marktabdeckung und Außenwirkung als Indikator für einen positiven wirtschaftlichen Erfolg festgestellt.23
Kommunikativer Ansatz
Der kommunikative Ansatz legt Wert auf die Außenwirkung und somit auf die Beziehung zu Geschäftspartnern und Kunden. Im Sinne des Marketings und der Repräsentation kann im Rahmen des Diversity Managements die Vielfalt in der Belegschaft widergespiegelt werden, um auf die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse eingehen zu können und die gleichberechtigte Teilhabe im Unternehmen aufzuzeigen.24 Eine heterogene Belegschaft und die Anerkennung von unterschiedlichen Menschen tragen ein großes Personalmarketingpotenzial in sich, das die Arbeitsgeberattraktivität erheblich steigern kann. Das Marketing- und Vertriebspotenzial äußerst sich durch eine ausgeprägte Kundenorientierung, indem heterogene Teams besser auf die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse eingehen können.25 Es wird sich hiermit ein leichterer Zugang zu Märkten und potenziellen Bewerbern erhofft.
Ein Beispiel ist auch die Beschäftigung von Geflüchteten, die viele Vorteile mit sich bringt. Jüngere Geflüchtete sind aufgrund der gebotenen Perspektive äußerst motiviert und lernbereit. Geflüchtete höheren Alters bringen eine lange Berufserfahrung mit, die sie gewinnbringend für Unternehmen und Wirtschaft einsetzen können. Darüber hinaus können Geschäftsbeziehungen zu den Herkunftsländern der Geflüchteten aufgebaut werden, da Sprache und Kultur kein Hindernis mehr darstellen. Das Unternehmen selbst, das Geflüchtete beschäftigt, kann sein Image als attraktiver Arbeitgeber zeitgleich verbessern und die Einstellung weiterer Generationen von Geflüchteten dank ihrer Mitarbeiter kompetent meistern.26
Kultureller Ansatz
Dank personeller Diversität in einem Unternehmen entwickelt sich zunehmend auch der kulturelle Gedanke der Inklusion. Darunter ist die soziale Teilhabe zu verstehen, die sich aus der Wahrnehmung und Wertschätzung aller Unterschiedlichkeiten in einer Gruppe ergibt. Sie fördert die Kohäsion eines Teams und lässt eine Identifikation mit dem Unternehmen entstehen.27 Dank dem respektvollen Umgang mit und zwischen den Mitarbeitern, wird ein angenehmes Arbeitsklima erzeugt und die Kosten für internes Konfliktmanagement sinken.28 Ein weiterer Nutzen ist die kognitive Diversität von heterogenen Teams, die so zu kreativen Entscheidungs- und Problemlösungsprozessen kommen. Die Summe aus diesen beschriebenen Vorteilen ist letztendlich auch ein erhöhtes Systemflexibilisierungspotenzial. Aufgrund der starken Offenheit gegenüber unterschiedlichen Einstellungen, Merkmalen und Ideen kann die Organisation sich besser dem stetig wandelnden Umfeld anpassen.29
Risiken
Neben allen Potenzialen bestehen auch in der Diversität gewisse Risiken. Wenn eine mangelnde Chancengleichheit und Einbindung vorherrschen, kann dies zu Frustration und Demotivation führen, was mit einer sinkenden individuellen Leistungsfähigkeit einhergeht. In heterogen Teams ist ein wahrgenommenes offenes Arbeitsklima von allen Mehr- und Minderheiten von Bedeutung. Wird dies mit einer aktiven Integration und Inklusion nicht gelebt, kommt es zum Absentismus- und Fluktuationsrisiko. Werden Differenzen offen diskutiert und angegangen, kommt es zu Störungen im Betriebsablauf und zu einer gesteigerten Arbeitsunzufriedenheit.30
Auf Basis von Metaanalysen lassen sich die theoretischen Annahmen bestätigen, dass dank der kognitiven Vielfalt kreative und innovative Entscheidungs- und Problemlösungsprozesse unterstützt werden. Jedoch lassen sich diese Feststellungen lediglich auf komplexe und kreative Aufgaben beschränken. Einfache und repetitive Aufgaben sind hiervon ausgenommen und lassen vielmehr einen Leistungsabfall bei vorhandener Vielfalt vermuten. Aus Sicht der Prozessperspektive wird ebenfalls bestätigt, dass personelle Vielfalt in Gruppen ein höheres Konfliktniveau erzeugt und somit Kommunikations- und Gruppenprozesse beeinträchtigt werden.31 Diese negative Auswirkung im Zusammenhang mit diversen Teams hängt mit der Perspektive der sozialen Kategorisierung zusammen, die besagt, dass Personen den Umgang mit ähnlichen Personen präferieren, die den gleichen Hintergrund sowie die gleichen Werte und Überzeugungen miteinander teilen.32 Auf der kollektiven Ebene kommen die sozialen Kategorisierungs- und Identifikationsprozesse mit ähnlichen Personen zum Tragen, bei der soziale Bezugsgruppen gebildet werden und mit der verbundenen Identifikation die Interaktion zwischen den Arbeitsgruppen beeinträchtigt wird.33
Neben aller Vielfalt in Organisationen existiert auch stets eine dominante Gruppe, die einen maßgeblichen Einfluss auf Entscheidungen, Normen und Werte hat. Aus Sicht dieses homogenen Ideals ist Vielfalt eine Bedrohung, weshalb den Minderheiten möglicherweise einfachere Tätigkeiten zugewiesen werden und eine Anpassung der Werte sowie Verhaltensweisen an die dominante Gruppe erwünscht wird. Jedoch können die vielfältigen Mitarbeiter durch die Einschränkungen in ihrer Leistungsmotivation gehemmt werden.34 Fraglich ist daher, ob alle Intergruppenkonflikte mittels des Diversity Managements vermieden werden.
Bei der Einführung eines Diversity Managements sind ebenfalls potenzielle Risiken zu berücksichtigen. An erster Stelle stehen die zusätzlichen Kosten für Sachmittel, Weiterbildungen und personelle Ressourcen, die für die Umsetzung von Maßnahmen vorgehalten werden müssen. Da das Anerkennen und der Umgang mit personeller Vielfalt auch ein Transformationsprozess mit einhergehender Persönlichkeitsentwicklung bedeutet, kann es auch zu Widerständen im Unternehmen kommen. Dies erhöht gleichzeitig das Unternehmensrisiko, da Maßnahmen gegebenenfalls scheitern können, die zuvor Kosten verursacht haben.35 Ein weiteres Risiko sind mögliche Spannungen zwischen den Mitarbeitern, wenn Maßnahmen des Diversity Managements nicht für alle gelten oder es hierdurch zu sozialer Isolation kommt.36
Die Diversität und der Pluralismus im Arbeiten geht mit einem erheblichen Koordinationsaufwand einher. Ständige Integration, Flexibilität, Toleranz und die Abstimmung auf ein gemeinsames Ziel bestimmen nun die Tätigkeit und stellen andere Anforderungen an die Mitarbeiter. Wenn keine proaktive Integrationsarbeit in Form eines Diversity Managements frühzeitig geleistet wird, kann Diversität auch den umkehrenden Effekt von Abschirmung und Ablehnung der Unterschiedlichkeiten hervorrufen. Um weiterhin aktionsfähig zu bleiben, entwickeln diverse Teams eine gewisse Unverbindlichkeit, um Unterschiede zu nivellieren, wobei die persönliche Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, sinkt.37 Durch die Einführung des Diversity Managements oder der Durchführung von speziellen Trainings, kann es zu weiteren Risiken im Team kommen. Innerhalb der Trainings kann es zu Schuldzuweisungen kommen, die teilweise als ungerechtfertigt angesehen werden. Hierdurch entstehen Verunsicherungen und Konflikte. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass vorhandene Stereotypen oder Spannungen durch die explizite Thematisierung in Workshops sowie weiteren Formaten verstärkt werden und es somit zu einer Verschlechterung der Zusammenarbeit kommt. Andererseits werden mit dem Instrument hohe Erwartungen und Ansprüche geschaffen, die eventuell nicht erfüllt werden und es somit zu weiteren Enttäuschungen kommt. Wenn im Rahmen des Diversity Managements extrinsische Anreize oder gesetzlich vorgeschriebene Verhaltensweisen (nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz) vorgegeben werden, kann die bereits vorhandene intrinsische Motivation hierdurch verdrängt werden. Insgesamt besteht die Herausforderung, dass die Beteiligten selbst einen Bedarf der weiteren Entwicklung erkennen und dies nicht als auferlegte Maßnahme des Managements ansehen..38 Es zeigt sich, dass die Komplexität von Diversität im Unternehmen viele Chancen auf unterschiedlichen Ebenen mit sich bringt. Dennoch sind auch potenzielle Risiken zu betrachten, die eintreten können, wenn keine proaktive Integrationsarbeit geleistet wird oder die bei der Implementierung eines Diversity Managements zu berücksichtigen sind. Die vorige Analyse hilft bei der anschließenden Ausgestaltung eines ganzheitlichen Konzepts zur Förderung von Vielfalt im Unternehmen.
[...]
1 Vgl. Rump/Schiedhelm (2017), S. 163-166
2 Vgl. Eberhardt et al (2019), S. 888 f.
3 Vgl. Rump/Schiedhelm (2017), S. 163-166
4 Vgl. Krell et al. (2018), S. 74-76
5 Vgl. Krell/Sieben (2011), S. 156-158
6 Vgl. Gayer/Pust (2015), S. 10
7 Vgl. Stangel-Meseke (2015), S. 5-8
8 Vgl. Eberhardt et al. (2019), S. 898-901
9 Vgl. Stangel-Meseke et al. (2015), S. 8-11
10 Vgl. von Sernaclens de Grancy (2018), S. 319 f.
11 Vgl. Dietzel (2015), S. 13-15
12 Vgl. Eberhardt et al (2019), S. 888 f.
13 Vgl. Scheuermann (2016), S. 18-25
14 Vgl. Bolten (2011), S. 25-32
15 Vgl. Rump/Schiedhelm (2017), S. 161-163
16 Vgl. von Sernaclens de Grancy (2018), S. 319 f.
17 Vgl. Lanwehr et al. (2013), S. 145-162
18 Vgl. Krell et al. (2018), 41-52
19 Vgl. Scheuermann (2016), S. 28-31
20 Vgl. BMWi (2012), S. 2
21 Vgl. von Sernaclens de Grancy (2018), S. 319 f.
22 Vgl. BMWi (2012), S. 2
23 Vgl. Stangel-Meseke et al. (2015), S. 5-8
24 Vgl. Krell et al. (2018), S. 41-52
25 Vgl. Rump/Schiedhelm (2017), S. 169-171
26 Vgl. Salzwedel (2018), S. 280 f.
27 Vgl. Rump/Schiedhelm (2017), S. 163-166
28 Vgl. BMWi (2012), S. 3
29 Vgl. Rump/Schiedhelm (2017), S. 169-171
30 Vgl. Rump/Schiedhelm (2017), S. 171 f.
31 Vgl. Jans (2004), S. 4 f.
32 Vgl. Hammermann/Schmidt (2014), S. 2 f.
33 Vgl. Jans (2004), S. 4 f.
34 Vgl. Krell/Sieben (2011), S. 159 f.
35 Vgl. Dietzel (2015), S. 27 f.
36 Vgl. BMWi (2012), S. 3
37 Vgl. von Sernaclens de Grancy (2018), S. 320-322
38 Vgl. Gieselmann/Krell (2011), S. 213 f.