Der Einfluss von Feedback durch den Vorgesetzten auf Stress am Arbeitsplatz
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abstract
1. Einleitung
2. Aktueller Forschungstand
2.1. Feedback durch den Vorgesetzen
2.2. Stressempfinden am Arbeitsplatz
2.3. Forschungsergebnisse zur Wirkung von Feedback
2.4. Grenzen bisheriger Untersuchungen
3. Fragestellung und Zielsetzung
4. Methode
4.1. Datenbasis
4.2. Erhebungsverfahren
4.3. Datenaufbereitung und Datenauswertung
4.4. Tonbandaufnahmen und Transkription
4.5. Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
5. Darstellung der Ergebnisse
5.1 Ergebnisse bezüglich der 1. Hypothese
5.2 Ergebnisse bezüglich der 2. Hypothese
5.3 Ergebnisse bezüglich der 3. Hypothese
6. Zusammenfassung und Diskussion
6.1. Diskussion der Ergebnisse und ihrer Relevanz für die „Theorie“
6.2. Implikationen für die Praxis
6.3. Kritische Reflexion der methodischen Vorgehensweise
6.4. Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Häufigkeit von StressempfindenS
Abb. 2: Ursachen für Stress am Arbeitsplatz
Abb. 3: Warum Unternehmen ihre Mitarbeiter verlieren
Abstract
Stressbedingte Erkrankungen prägen das Krankheitsbild des 20igsten Jahrhunderts. Dabei entsteht Stress in häufigen Fällen am Arbeitsplatz. Die vorliegende empirische Forschungsarbeit untersucht dabei die Zusammenhänge und Auswirkungen des Feedbacks durch den Vorgesetzten und des Stressempfindens des Mitarbeiters. Eingangs werden dafür die theoretischen Anforderungen an Feedback aufgeführt. Zudem wird aus wissenschaftlicher Sicht beleuchtet, welche Studien bereits zum Thema Stress am Arbeitsplatz und die Wirkung von Feedback durch den Vorgesetzten durchgeführt wurden, um deren Ergebnisse aufzuführen. Es schließt die Durchführung einer qualitativen Interviewstudie mit ausgewählten Personen und die Verarbeitung des erhobenen Materials auf Basis der qualitativen Inhaltsanalyse an. Anhand der erhobenen Daten werden die Forschungsfrage und die abgeleiteten Hypothesen geprüft. Abschließend findet eine Diskussion der empirisch erhobenen Erkenntnisse statt. Diese werden in Zusammenhang mit der Theorie gebracht und Ableitungen für Theorie und Praxis vorgenommen.
Stress-related diseases characterize the clinical picture of the 20th century. Stress often arises at the workplace. The present empirical research work examines the connections and effects of feedback from superiors and the employee's stress perception. The theoretical requirements for feedback are listed at the beginning. In addition, from a scientific point of view, it is examined which studies have already been carried out on the subject of stress at the workplace and the effect of feedback by the supervisor in order to list their results. This is followed by conducting a qualitative interview study with selected persons and processing the collected material based on the qualitative content analysis. The research question and the derived hypotheses are tested on the basis of the collected data. Finally, a discussion of the empirically collected findings takes place. These findings are put into context with the theory and deductions for theory and practice are made.
1. Einleitung
In einem Zeitalter von psychischen Belastungsstörungen, erhöhten Krankheitsraten, dem immer stärker werdenden Wunsch nach einer guten Work-Life-Balance und einem erfüllenden Beruf ist Stress am Arbeitsplatz in aller Munde. Stress und dessen Ursachen und Wirkungen können allerdings mannigfaltig und personenbezogen sein. Stress kann dabei sehr unterschiedlich empfunden werden. Gleich bleibt jedoch, dass er ab einem gewissen Grad die Person und deren Umfeld merklich beeinträchtig, wenn nicht sogar nachhaltig schadet. Im beruflichen Kontext kann dies zu wirtschaftlichen Schäden im Sinne vom Wegfall der Arbeitsleistung und einem einhergehenden Wissensverlust führen.
Aufgrund der Präsenz des Themas soll im Rahmen der Arbeit ein spezielles Konstrukt untersucht werden, nämlich das Feedbackverhalten der Führungskraft und das individuelle Stressempfingen am Arbeitsplatz sowie deren mögliche Zusammenhänge. Wie ein umgangssprachliches Sprichwort besagt, stinkt der Fisch vom Kopf her. Bezogen auf die Arbeitswelt bedeutet dies, dass häufig Probleme bei Mitarbeitern oder in Teams durch mangelnde oder falsche Führung erzeugt werden. Demnach ist es naheliegend, dass die Führungskraft einen Einfluss auf den subjektiv empfundenen Stress der Mitarbeiter hat. Liest man Studien beispielsweise zur Arbeitszufriedenheit oder wissenschaftliche Artikel zu den Bedürfnissen der Mitarbeiter im 20igsten Jahrhundert, stößt man regelmäßig auf das verstärkte Bedürfnis und die Bedeutung von einem offenen und konstruktiven Feedback durch den Vorgesetzten. Folglich stellt sich die Frage inwiefern Feedback nicht nur ein Einflussfaktor zum Thema Arbeitszufriedenheit ist, sondern auch eine Rolle bei dem Thema Stress am Arbeitsplatz spielt.
2. Aktueller Forschungstand
In Hinführung auf die Studie wird der aktuelle Forschungsstand beleuchtet und kritisch reflektiert. Dies soll als Basis für die Entwicklung der eigene Untersuchung dienen und in der finalen Ergebnisdiskussion als Vergleichsbasis aufgenommen werden. Dabei wird zunächst die Dimension Feedback durch den Vorgesetzten theoretisch betrachtet und im zweiten Schritt auf Ursachen und Wirkzusammenhänge von Feedback und Stress am Arbeitsplatz eingegangen.
2.1. Feedback durch den Vorgesetzen
„Nahezu unumstritten werden Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von Feedback betont. Demnach ist es kaum möglich, ohne Feedback etwas über sich selbst zu erfahren, die eigene Wirkung, Stärken und Schwächen zu erleben; Lernprozesse können ohne Feedback nicht gesteuert werden, Gruppenprozesse können nicht optimiert werden, gezielte Personal- und Organisationsentwicklung sind kaum möglich. Einigkeit herrscht darüber, dass Feedback in den unterschiedlichsten Lebenslagen von zentraler Bedeutung ist. So ist Feedback wichtig für die menschliche Entwicklung, für soziale Interaktionen und für institutionalisierte Lernprozesse. Feedback ist für Individuen ebenso von Relevanz wie für Dyaden, Gruppen und Organisationen. Feedback ist Teil unseres Alltagshandelns und wird in pädagogischen und sozialen Prozessen gezielt als Intervention eingesetzt.“ (Bamberg, 2010, S. 1). Auch Maslow bezieht sich in seiner Bedürfnispyramide bereits auf die Bedeutung sozialer Anerkennung und den Einfluss dessen auf den Selbstwert (Maslow, 1968). Der Selbstwert, „auch Selbstwertschätzung genannt, ist die Bewertung des Bildes von sich selbst (Selbstkonzept) und damit eine grundlegende Einstellung gegenüber der eigenen Person. […] S. ist teilweise genetisch, teilweise durch Erfahrungen bedingt. Hoher S. steht in Zusammenhang mit Wohlbefinden und psych. Gesundheit.“ (Schütz & Röhner, 2019). Entscheidend geprägt wird der Selbstwert durch Erfahrungen und Rückmeldungen aus dem sozialen Umfeld und der eigenen Wahrnehmung (Schütz, 2003). Feedback spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Feedback kann in zwei unterschiedlichen Varianten erfolgen, nämlich als positives, anerkennendes Feedback (Wertschätzung, Lob) oder als negatives, kritisierendes Feedback (konstruktive Kritik, Tadel). Im Detail verfolgt Feedback wiederum drei weitere Funktionen. Es kann motivieren, Verhalten steuern und ändern und es kann dazu führen, dass sich der Feedbackempfänger auf persönlicher und fachlicher Ebene weiterentwickelt (Fengler, 2010). Somit ist Feedback ein unerlässliches Instrument im Mitarbeiter-Vorgesetzten-Verhältnis. Fengler (2010) beschreibt den subjektiven Prozess des Feedbackgebens wie folgt:
1. Darstellung der Wahrnehmung des Verhaltens einer Person
2. Beschreibung der Reaktion des Feedbacksenders auf das wahrgenommene Verhalten
3. Darauf folgende Hinweise/Aufforderungen vom Feedbackgeber an den Feedbackempfänger.
Zur Professionalisierung und Vereinheitlichung finden in Organisationen im Rahmen des Feedbackprozesses unterschiedliche Tools und Instrumente Anwendung.
Dabei ist die Art und Weise des Feedbacks entscheidend für dessen Wirkung. Die nachfolgenden Kriterien umfassen die wesentlich Faktoren (Antons 1998 zitiert nach Fengler, 2010, S. 11)
- eher beschreibend als bewertend und interpretierend,
- eher konkret als allgemein,
- eher einladend als zurechtweisend
- eher verhaltensbezogen als charakterbezogen,
- eher erbeten als aufgezwungen,
- eher sofort und situativ als verzögert und rekonstruierend,
- eher klar und pointiert als verschwommen und vage,
- eher durch Dritte überprüfbar als auf dyadische Situationen beschränkt
Daraus lässt sich schließen, dass bei Nichteinhaltung dieser Anforderungen an Feedback mit Konsequenzen zu rechnen ist. Für den Zeitpunkt von Feedback gibt es drei Möglichkeiten nach Cohen (1985): unmittelbar, verzögert oder zum Ende des Lernabschnittes.
2.2. Stressempfinden am Arbeitsplatz
Neben dem Faktor Feedback soll Stress als solches am Arbeitsplatz kurz umrissen werden. Eine Studie der Techniker Krankenkassen mit einer Befragung von 1.200 repräsentativen deutschsprachigen Personen ab einem Alter von 18 Jahren in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa untersucht die Häufigkeit von Stress am Arbeitsplatz und liefert erschreckende Ergebnisse. So leiden rund 38% der Befragten häufig an Stress.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: „Häufigkeit von Stressempfinden“ (Techniker Krankenkasse, 2016, S. 6)
Als häufigste Ursache für den empfundenen Stress wird zu viel Arbeit genannt. Mit 39% werden jedoch auch die mangelnde Anerkennung sowie mit 38% ungenaue Anweisungen genannt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: „Ursachen für Stress am Arbeitsplatz“ (Techniker Krankenkasse, 2016, S. 24)
Beides sind Faktoren, die in Zusammenhang mit Feedback durch den Vorgesetzten zu sehen sind. Neben dieser Studie untersuchte die Unternehmensberatung von Rundstedt mit einer Online-Umfrage mit 1020 Teilnehmern die Gründe, warum Unternehmen ihre Mitarbeiter verlieren. Rund 60% der Befragten gaben an, dass andauernder Stress und Leistungsdruck ein Kündigungsgrund ist. Gleichzeitig nannten 58% mangelndes konstruktives Feedback als Kündigungsgrund. Unklar bleibt bei dieser Untersuchung allerdings, ob zwischen diesen beiden Faktoren ein Zusammenhang besteht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: „Warum Unternehmen ihre Mitarbeiter verlieren“ (v. Rundstedt & Partner GmbH & Innofact AG (2018).)
Wie die Ergebnisse zeigen, ist Stress ein elementarer Faktor am Arbeitsplatz und es folglich wert, diesen weiter zu erforschen.
2.3. Forschungsergebnisse zur Wirkung von Feedback
Bei der Literaturrecherche konnten nachfolgende Wirkweisen von Feedback und Führungsverhalten aufgefunden werden. Zahlreiche Studien zeigen, dass eine hohe Selbstwertschätzung oft mit einer größeren Lebenszufriedenheit einhergeht und ein wesentlicher Faktor in der psychischen Gesundheit des Menschen ist (Schütz & Selin, 2009). Hierfür benötigt es, wie oben erläutert Rückmeldungen aus dem Umfeld beispielsweise in Form von Wertschätzung.
Grundsätzlich als Wertschätzung empfunden wird laut einer Umfrage Lob, Dank, Anerkennung (52%). Daneben wurde Vertrauen, Übertragung von Verantwortung (13%) und Freude an der Zusammenarbeit (11%) genannt. Allerdings gaben nur 21% der Befragten an, die regelmäßige Wertschätzung vom Vorgesetzten zu bekommen. Deutlich häufiger wurden beispielsweise Kunden genannt (Stocker et al., 2014).
Bisherige Untersuchungen zeigen zudem, dass negatives Feedback (Nichteinhaltung der unter 2.1. Anforderungen) tendenziell zu negativen Emotionen und Abwehr führt, insbesondere wenn es wenig konstruktiv, sondern pauschalisierend ist (Barron, 1990).
Wird das Selbstwertgefühl durch Aussagen anderer Personen (Feedback) abgewertet, erzeugt dies Unbehagen oder gar Stress, da die Person nun davon ausgehet, nicht die notwendigen Ressourcen zur Bewältigung der Situation zu haben (Gruenewald, Kemeny, Aziz & Fahey, 2004). Dabei benötigt es gar nicht erst das negative Feedback, sondern alleine die Vermutung, sozial abgelehnt zu werden, erzeugt bereits Stress (Leary, Tambor, Terdal & Downs (1995).
Eine weitere Studien fand heraus, dass es eine Verbindung zwischen der Erkrankung an kardiovaskulären Erkrankungen und mangelnder Wertschätzung gibt (Kivimäki et al., 2002). In einer Untersuchung von Rowold & Heinitz (2008) wurden zwei Studien (N = 1311 und N = 101) zu Führungsverhaltensweisen (transformationale1 und transaktionale2 Führungsstile) verglichen. Im Resümee zeigt sich, dass Mitarbeiterorientierung durchwegs negative Korrelationen zu Stressindikatoren hat. Ein transaktionaler Führungsstil kann einerseits stressfördernd wirken, wenn er zu stark kontrollierend im Sinn der Fehlerüberwachung ausgeführt wird. Auf der anderen Seite hat er keinen Einfluss auf das Stressempfinden beim Mitarbeiter, da er durch einen kontinuierlichen Austausch im Sinne von Feedback beispielsweise zu Zielvereinbarungen geprägt ist. Der transformationale Führungsstil wird zumindest kurzfristig als stressreduzierend erlebt, da er dem Mitarbeiter Freiraum gibt. In der längerfristigen Wirkung zeigt dieses Führungsverhalten jedoch stressfördernde Zusammenhänge aufgrund der unklareren Vorgaben der Führungskraft und der hoch angesetzten Ziele. Eine andere Untersuchung stellt heraus, dass das Arbeiten mit hoher Selbstkontrolle der Mitarbeiter Stress verhindern kann (Carton & Aiello, 2009).
Fischer & Mandl (1988) empfehlen Feedback in expliziter, statt in impliziter Form, um negative Folgen von Feedback bei dem Feedbacknehmer zu reduzieren. In einer Untersuchung fanden sie heraus, dass der Erhalt von Feedback per se als wertvoll empfunden wird. Je konkreter das Feedback in Bezug auf Fehlverhalten gegeben wurde, desto besser und hilfreicher wurde es empfunden. Final konstatierten sie, dass differenziertes Feedback als Kombination aus positiven wie negativen Rückmeldungen in klar formulierter Weise nicht zu Motivationsverlust führt, sondern sich positiv auf die Entwicklung und das Lernen auswirkt.
2.4. Grenzen bisheriger Untersuchungen
Abschließend ist festzustellen, dass die bisherige Forschung in der Regel global die Auswirkung von Führungsverhalten und Führungsstil auf die Arbeitszufriedenheit und physische und psychische Gesundheit des Mitarbeiters bezieht. Kaum eine Studie untersucht im Detail die Dimensionen Feedback durch den Vorgesetzten und Stress am Arbeitsplatz. Einheitliche Ergebnisse hinsichtlich der Wirkung des Zeitpunktes des Feedbacks konnten nicht gefunden werden. Dennoch liefert die aktuelle Forschung durchaus Hinweise darauf, dass ein starker Zusammenhang zwischen Feedback und Stress besteht. Zudem ist festzustellen, dass bisherige Untersuchungen auch Widersprüche liefern, indem ein und dasselbe Führungsverhalten sich in einzelnen Situationen positiv, in anderen negativ auf die Stressentstehung auswirken kann.
3. Fragestellung und Zielsetzung
In den vorangegangen Abschnitten wurde das theoretische Hintergrundwissen komprimiert aufgezeigt, welches für die nachfolgende empirische Untersuchung relevant ist. Bisherige Untersuchungen zeigten, dass es weiterhin Forschungsbedarf zu diesem Thema gibt, zumal Stress einen immer größeren Stellenwert in der heutigen Arbeitswelt erlangt hat. Dies alles führt zu folgender Forschungsfrage:
Welchen Einfluss hat Feedback durch den Vorgesetzten auf Stress am Arbeitsplatz?
In Zusammenhang mit der Forschungsfrage sollen folgende Hypothesen überprüft werden:
Hypothese 1: Mangelndes Vorgesetztenfeedback führt zu Stress.
Hypothese 2: Je differenzierter das Vorgesetztenfeedback, desto geringer der Stress.
Hypothese 3: Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt des Vorgesetztenfeedbacks und Stress.
4. Methode
Im diesem Abschnitt wird das Forschungsdesign beschrieben und begründet. Aufgrund des begrenzten Umfangs der Studienarbeit und der Forschungsfrage, ist für die Beantwortung der Forschungsfrage die qualitative Methode des Leitfadeninterviews optimal. Da die Methode Sinnzusammenhänge und Handlungsmuster fokussiert, können persönliche Erfahrungen, Emotionen und Wahrnehmungen der Befragten erfasst werden (vgl. Keuneke, 2005; Meyen, Löblich, Pfaff-Rüdiger & Riesmeyer, 2011). Dabei interpretieren qualitative Methoden soziale Sachverhalte auf einer verbalen Ebene und weniger standardisiert als bei einer quantitativen Vorgehensweise. Bei der Datenauswertung findet dann erst die Reduzierung der Komplexität statt (Gläser & Laudel, 2010). Im Fokus der qualitativen Studie stehen tendenziell kleinere Stichproben und die Betrachtung und Untersuchung von Einzelfällen im Rahmen eines Dialogs (Flick, 2014). Dieses induktive Verfahren führt dazu, dass auf Basis des Einzelfalls fallbezogene Aussagen getroffen werden, bestehende Hypothese validiert und weiterentwickelt oder neue Hypothesen aufgestellt werden (Schaffer, 2009). Eine Untersuchung bestehender Ergebnisse fällt aus, da zu diesem konkreten Sachverhalt keine wissenschaftlich fundierten Ergebnisse aufgefunden werden konnten.
4.1. Datenbasis
Zur Erhebung der Daten mittels qualitativer Einzelinterviews wurden drei Personen im Alter von 29 bis 33 Jahren, geboren, aufgewachsen und lebend in Bayern, befragt. Alle Befragten haben eine fundierte Berufsausbildung sowie einen Beruf mit Status als Fachexperte oder Teamleitung mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung. Die befragten Personen sind im Bereich Verkauf / Vertrieb oder Dienstleistung für den Verkauf tätig und haben mindestens laterale Führung. Die Befragten stammen aus dem sozialen Umfeld der Autorin. Der Zeitraum der Erhebung erstreckt sich auf Januar und Februar 2020.
Befragte 1 (B1):
Die Befragte arbeitet aktuell im Vertrieb digitaler Werbeflächen für ein international tätiges Verlagshaus. Aufgrund zahlreicher Kunden, Projekte, damit verbundener Dienstreisen und einem kontinuierlichen Umsatzdruck ist diese Arbeitsgebiet sehr anspruchsvoll. Ihre Vertriebsfunktion hat einen hohen Stellenwert im Unternehmen, dass sie damit treibende Kraft für die Generierung des Umsatzes ist. Aus diesem Grund ist diese Befragte für die vorliegende Studie eine wertvolle Quelle.
Befragte 2 (B2)
Die Befragte arbeitet in einer Agentur für Marketingkommunikation. Sie ist in einer Funktion als Teamleitung mit eigenen Mitarbeitern und selbst einem Bereichsleiter unterstellt. Gleichzeitig unterliegt auch sie einem großen externen Druck, da sie und ihr Team für externe Kunden Dienstleistungen erbringt. Durch diese doppelte Rolle und als Führungskraft und Mitarbeiter und den Bereich, in welchem sie arbeitet, ist diese Befragte optimal für die Studie geeignet.
Befragter 3 (B3)
Der Befragte arbeitet als Filialleiter im Einzelhandel. Sein Aufgabengebiet ist geprägt durch die Betreuung von Kunden und Mitarbeitern aber auch das Verfolgen von Verkaufszielen. Der direkte Vorgesetzte arbeitet in der Zentrale und ist damit nicht in täglichem (persönlichem) Kontakt mit dem Befragten in der Filiale. Aufgrund der beschriebenen Faktoren eignet sich auch diese Befragte sehr gut.
4.2. Erhebungsverfahren
Die Daten wurden anhand eines Leitfadeninterviews gewonnen. Um das Verfahren möglichst zielgerichtet durchzuführen und eine hohe Vergleichbarkeit der Antworten zu haben, ist das Leitfadeninterview halbstandardisiert. Dabei sind die Reihenfolge sowie der Wortlaut der Fragen festgelegt und bei jedem Interview identisch, was absichert, dass jeweils die gleichen Informationen erhoben werden. Gleichzeitig erlaubt dieses Format zudem Zwischenfragen und ein gewisses Maß an Improvisation des Interviewers (Gläser & Laudel, 2010). Der Leitfaden wurde nach den methodologischen Prinzipien der Offenheit, Klarheit und Einfachheit von Fragen konzipiert (ebd., 2010). Zur Überprüfung des Interviewleitfadens wurde ein Pretest durchgeführt. Daran anschließend wurden einzelne Fragen und partiell die Reihenfolge der Fragen modifiziert. Der finale Interviewleitfaden umfasst einen Einleitungs- und Abschlussabschnitt (Hochschule für angewandtes Management, 2019). Im Einleitungsabschnitte erfolgt die Vorstellung der eigenen Person sowie Gegenstand, Sinn und Zweck der Befragung und Vorgehensweise. Zudem wird die Zustimmung zum Datenschutz und der digitalen Aufnahme des Gesprächs eingeholt. Der Hauptteil besteht aus drei inhaltlichen Abschnitten, wobei zunächst der Bereich Stressempfinden am Arbeitsplatz anhand von drei Fragen, anschließend das Feedbackverhalten des Vorgesetzten anhand von zwei Fragen und abschließend der Bereich Feedback und Stress anhand von drei Fragen, teilweise mit Unterfragen, abgefragt wird. Innerhalb des Leitfadens wurde die Frage „Wie bewertest Du die Feedbackkultur durch Deinen Vorgesetzten – sowohl bezüglich Lob als auch Kritik – in Deinem Unternehmen?“ in Anlehnung an v. Rundstedt & Partner GmbH & Innofact AG (2015) verwendet. Die übrigen Fragen wurden auf Basis der Hypothesen, der in der Arbeit beschriebenen Theorie und bisherigen Forschungsergebnisse von der Autorin selbst erstellt. Des Weiteren wurde ein Dokumentationsbogen zur Erhebung sozio-demographischer Daten der Interviewten erstellt und am Ende der Interviews gemeinsam ausgefüllt. Zum Abschluss wurden mittels eines Dokumentationsbogens relevante sozio-demographische Daten der interviewten Personen erhoben und Notizen zu Besonderheiten im Interviewverlauf, situativen Aspekten und Auffälligkeiten im Sinne eines Gesprächsprotokolls gemacht. Der komplette Interviewleitfaden befindet sich im Anhang dieser Arbeit. Die Termine zur Befragung wurden im Voraus telefonisch bzw. per E-Mail vereinbart und den Befragten dabei zur Schaffung von Klarheit alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt. Die Befragung fand in den privaten Wohnungen der Personen statt, sodass eine ruhige, ungestörte und positive Umgebung zur Aufnahme der Interviews auf Tonband sichergestellt war. Die Interviews dauerten zwischen 26 und 29 Minuten. Innerhalb der Interviews standen die Aussagen der Interviewten im Vordergrund, weswegen auch freie Rückfragen gestellt wurden. Gleichzeitig achtete die Autorin darauf, die eigentlichen Themen zu verfolgen. Die Dokumentationsbögen und Gesprächsprotokolle sind im Anhang der Arbeit zu finden.
4.3. Datenaufbereitung und Datenauswertung
Die Qualität der Daten und des Erhebungsverfahrens ist maßgeblich für das Ergebnis der Untersuchung. Nach Mayring (2002) ist ein Qualitätsmerkmal qualitativ interpretative Forschungsansätze die Gegenstandsangemessenheit. Hierfür ist es notwendig, an die Alltagswelt der Befragten anzuknüpfen, weswegen die Interviews im alltäglichen Umfeld der Befragten stattgefunden haben. Zur Einhaltung der Gütekriterien qualitativer Untersuchungen sind eine genaue Dokumentation des Verfahrens der Datenerhebung und die transparente Darstellung dessen unerlässlich, um dem Leser die Ergebnisse in optimaler Weise zur Verfügung zu stellen (Mayring 2002). Das Gütekriterium der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit wird erfüllt, indem die einzelnen Forschungsschritte dokumentiert werden (Steinke, 2013). Aufgrund der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ist durch die forscherunabhängige Kodierung die Reliabilität gewährleistet. Ebenso sind durch dieses standardisierte Verfahren die Ergebnisse nachvollziehbar und durch die Triangularität besteht die Möglichkeit des Vergleichs der Ergebnisse mit anderen Ergebnissen (Mayring, 1994).
4.4. Tonbandaufnahmen und Transkription
Die Interviews wurden auf Basis der Zustimmung der Interviewten mit einem digitalen Aufnahmegerät aufgezeichnet. Der erste Verarbeitungsschritt, die Transkription der digitalen Aufnahmen zur Verschriftlichung der Interviews (Flick, 2012), erfolgte computergestützt mittels der kostenlosen Transkriptions-Software Amberscript. Diese transkribiert wörtlich und vollständig das verbal erfasste Material, wodurch eine ausführliche Auswertung und Interpretation möglich ist (Mayring, 2002). Das Endtranskript wurde mit Seitenzahlen und Zeilennummern versehen, sodass der präzise Verweis bei der nachfolgenden Ergebnisdarstellung möglich ist. Die Transkription erfolgte nach den Regeln von Kuckartz (2016). Zur Verbesserung der Lesbarkeit wurden Aussagen im Dialekt in Schriftdeutsch übertragen, Fehler des Satzbaus behoben und eine Glättung des Sprachstils vorgenommen. Demnach wurden Fülllaute (z.B. äh/ähm/mhm) und Füllwörter (z.B. eben, halt, also, genau, eigentlich) gelöscht, Pausen wurden je nach Länge mit (.) bis (…) dargestellt und Unverständliches durch (unv.) gekennzeichnet.
[...]
1 „Transformationale Führung – auch als „werte- und zielverändernde Führung“ bezeichnet – baut eine Einsatzbereitschaft für gemeinsam zu erreichende Ziele auf und befähigt Mitarbeiter durch fokussierte Unterstützung, diese Ziele auch zu erreichen.“ (Leicht-Deobald, Kunz & Bruch, 2016, S. 33).
2 „Transaktionale Führung zeichnet sich durch eine Austauschbeziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden aus. Im Rahmen dieses Austausches erfahren Mitarbeiter Wertschätzung für gute Leistungen und negatives Feedback für nicht zufriedenstellende Leistungen.“ (Leicht-Deobald, Kunz & Bruch, 2016, S. 33).