In dieser Hausarbeit wird detailliert das Konzept der Zwei-/Mehrsprachigkeit in der Frühpädagogik dargestellt. Dabei stellt sich die Frage, ob und wie in einem institutionellen Rahmen dieses umgesetzt und gefördert werden kann.
Einleitend wird hierin auf die Definition von Sprache eingegangen, Hintergrundwissen der frühkindlichen bilingualen pädagogischen Arbeit aufgeführt. Des Weiteren werden die Struktur und Konzepte bilingualer Kindertageseinrichtungen näher dargelegt und, wie Kinder durch sprachförderndes Verhalten der pädagogischen Fachkräfte begleitet und gefördert werden können. Im Anschluss werden einige Vor- und Nachteile von Bilingualität in Augenschein genommen. In der Diskussion wird die Mehrsprachigkeit in Kindertageseinrichtungen nach den Gesichtspunkten der Unterstützung und Wertschätzung beleuchtet.
Durch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung ist auch das Thema der bilingualen Sprachentwicklung in der Frühpädagogik in den vergangenen Jahrzenten verstärkt in den Bildungsmittelpunkt gerückt. So wird auch im Schulsystem die Mehrsprachigkeit als wichtiger Bestandteil einer umfangreichen und angemessenen Bildung angesehen und angeboten. Aber auch die Begleitung der Sprachentwicklung und Förderung in Kindertageseinrichtungen durch die pädagogischen Fachkräfte ist erweitert worden. So entstanden in vielen Gebieten Deutschlands ebenfalls bilinguale Kindertageseinrichtungen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung in die Thematik
2. Sprache – Definition und Entwicklung
3. Zwei- /Mehrsprachigkeit – Definition, Formen und Maßstab
3.1. Formen
3.2. Maßstab
4. Bilinguale Einrichtungen – Aspekte und Strukturen
5. Zwei-/Mehrsprachigkeit - Pro und Contra
6. Diskussion – Zwei- /Mehrsprachigkeit unterstützen und wertschätzen
Literaturverzeichnis
1. Einführung in die Thematik
Das Statistische Bundesamt in Deutschland führt seit 2005 einen Mikrozensus: eine Hochrechnung basierend auf einer Befragung von 1% der Bevölkerung, um den Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund zu ermitteln. Im Jahr 2015 wurden in der Bundesrepublik Deutschland mehr als 400.000 Ehen geschlossen. 86% davon sind deutsch- deutsche Ehen, 14% sind Eheschließungen mit ausländischer Beteiligung und 11,4 % sind binationale Eheschließungen mit deutscher Beteiligung. Damit zählt ungefähr jede neunte Ehe als eine binationale Verbindung. Es ist durchaus zu berücksichtigen, dass Eingebürgerte als Deutsche zählen, und somit zahlreiche Ehen von Menschen mit Migrationshintergrund als deutsch-deutsche Ehen gelten, auch wenn sie in ihrer Lebensform durchaus bikulturell sind. (http://www.verband-binationaler.de/presse/zahlen-fakten/, 05.06.2017)
Durch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung, die zunehmende Zahl an Migranten und immer häufiger vorkommenden mehrsprachigen Mischehen rückt auch das Thema der bilingualen Sprachentwicklung in der Frühpädagogik in den vergangenen Jahrzenten verstärkt in den Bildungsmittelpunkt. So wird auch im Schulsystem die Mehrsprachigkeit als wichtiger Bestandteil einer umfangreichen und angemessenen Bildung angesehen und angeboten. Aber auch die Begleitung der Sprachentwicklung und Förderung in Kindertageseinrichtungen durch die pädagogischen Fachkräfte ist erweitert worden; so entstanden in vielen Gebieten Deutschlands ebenfalls bilinguale Kindertageseinrichtungen.
In dieser Hausarbeit wird detailliert das Konzept der Zwei-/Mehrsprachigkeit in der Frühpädagogik dargestellt. Dabei stellt sich die Frage, ob und wie in einem institutionellen Rahmen dieses umgesetzt und gefördert werden kann.
Einleitend wird hierin auf die Definition von Sprache eingegangen, Hintergrundwissen der frühkindlichen bilingualen pädagogischen Arbeit aufgeführt. Des Weiteren werden näher die Struktur und Konzepte bilingualer Kindertageseinrichtungen dargelegt und wie Kinder durch sprachförderndes Verhalten der pädagogischen Fachkräfte begleitet und gefördert werden können. Im Anschluss werden einige Vor- und Nachtteile von Bilingualität in Augenschein genommen. In der Diskussion wird die Mehrsprachigkeit in Kindertageseinrichtungen nach den Gesichtspunkten der Unterstützung und Wertschätzung beleuchtet.
2. Sprache – Definition und Entwicklung
Der Linguist Edward Sapir interpretiert Sprache als „[…] eine ausschließlich dem Menschen eigene, nicht im Instinkt wurzelnde Methode zur Übermittlung von Gedanken, Gefühlen und Wünschen mittels eines Systems von frei geschaffen Symbolen“ (Lyons in Leist-Villis, 2010, S. 13).
Auf welche Weise Kinder Sprache erlernen, wird in verschiedenen wissenschaftlichen Theorien und Forschungen ausführlich debattiert. Dazu wurden von verschiedenen Wissenschaftlern immer wieder Reihen von Erklärungsansätzen über die Komplexität des kindlichen Spracherwerbs angefertigt. Zusammen bieten sie letztendlich eine hervorragende Einsicht in die Grundsätze kindlicher Spracherwerbsprozesse, die für zwei-/mehrsprachig aufwachsende Kinder gleichermaßen zutreffend sind. (vgl. Leist-Villis, 2010, S. 71)
Die Fähigkeit des Spracherwerbs ist menschlicher Instinkt. Dieser ist uns Menschen angeboren; sozusagen in die Wiege gelegt. Babys erwerben Sprache unbewusst, intuitiv. Nach dem US-amerikanischen Psychologen Burrhus Frederic Skinner besagt eine zentrale Idee des sogenannten behavioristischen Ansatzes, dass durch Imitation der elterlichen Lautgebung und Mimik die kindlichen Grundbausteine von Sprache geprägt werden. Babys sind bereits ab dem vierten Tag nach der Geburt empfänglich für die mütterliche Sprache und besitzen bis zum Alter von zirka zehn Monaten die Begabung, die Laute aller Sprachen der Welt wahrzunehmen und zu produzieren. Diese Fähigkeit geht danach allerdings verloren, denn die Babys richten ihre Aufmerksamkeit nun ganz auf die Laute der elterlichen Muttersprache. Während dieser Imitationsphase besitzen die Laute der Babys noch keinen Sinninhalt. Mit der Reifung der Sinne gelingt ihnen nach und nach die Bedeutungszuweisung einzelner Laute; so steht „Muh“ für Kuh. Kinder experimentieren mit Sprache, indem sie zuerst nur einzelne Wörter benutzen und später über Drei-Wort-Sätze immer komplexere Satzgebilde erlernen. Somit lernen sie immer besser mit Sprache umzugehen und sie einzusetzen.
Auch durch die Umwelt werden viele Gelegenheiten für sprachliche Nachahmungen geboten. Dies spiegelt sich besonders in sozialen Interaktionen und im Umgang mit anderen Kindern wieder. In gemeinschaftlichen Miteinander werden kulturelle Regeln der Kommunikation und Wortbedeutungen nähergebracht. In der Kommunikation probieren Kinder Sprache aus und dürfen sich selbst als aktiven Gesprächspartner erleben. Damit ist der kindliche Umgang mit anderen Kindern eine wichtige Voraussetzung für den Spracherwerb, damit dieser als Steuerungselement des sozialen Miteinanders genutzt werden kann. Dies wird als zentraler Funktionsbereich von Sprache angesehen.
Kommunikation, der Einbezug der kindlichen Umwelt und die aktive Auseinandersetzung mit derselben, lassen ebenfalls Rückschlüsse auf die kognitive Entwicklung schließen. Damit spielt Sprache eine wichtige Rolle bei der Speicherung und Strukturierung von Gedanken, Ideen, Erfahrungen, Wissensinhalten und der Planung von Handlungen. (vgl. Leist-Villis, 2010, S. 72 ff)
Nach Wikipedia ist „Kognition (lat. cognoscere ‚erkennen‘, ‚erfahren‘, oder ‚kennenlernen‘) […] die von einem verhaltenssteuernden System ausgeführte Informationsgestaltung. […] Oft ist mit ‚Kognition‘ das Denken in einem umfassenden Sinne gemeint.“ (in Hellrung, 2012, S. 69)
Demgemäß ist darunter die menschliche Fähigkeit zu verstehen, sich das Wissen über sich selbst und die Welt zu erschließen. Mit den ersten Lalllauten und der Nachahmung der Mundbewegungen entwickeln Kinder die Grundbausteine ihrer geistigen Fähigkeiten. Sie lernen Dinge wiederzuerkennen, sich an Dinge zu erinnern, ähnliche Dinge zu unterscheiden, Kategorien zu bilden und Verhalten, das sie bei anderen sehen, nachzuahmen.
Nach diesen Schritten reift die Objektpermanenz heran: die Erkenntnis wird erworben, dass Dinge und Personen weiter existieren, auch wenn sie für kurze Zeit nicht zu sehen sind. In dieser Zeit sind Versteck- und Guck-Guck-Spiele besonders faszinierend, da sich diese Erkenntnis immer wieder überprüfen und festigen lässt.
„Gleichzeitig beginnen [die Kinder] die gerade erlernten ersten Wörter auch zu benutzen, um auf die Abwesenheit eines Gegenstandes oder einer Person zu reagieren.“ (Hellrung, 2012, S. 70)
Ungefähr ab dem zweiten Lebensjahr beginnen Kinder den bisher erworbenen Wortschatz in der Überprüfung der Funktionalität von Gegenständen anzuwenden und über viele Fragestellungen zu erweitern. Dabei geht es oft gar nicht darum Tatsachen zu erfahren, sondern sich in der verbalen Interaktion täglich neue Entdeckungen einzuverleiben sowie Gedanken und Ideen auszutauschen. Diese Phase ist für die Bezugsperson oft anstrengend.
3. Zwei- /Mehrsprachigkeit – Definition, Formen und Maßstab
Was steht hinter Zwei-/Mehrsprachigkeit nun ganz genau? Eine einheitliche Definition davon scheint es nicht zu geben. Die Autoren Ulich, Oberhuemer und Soltendiek definieren beispielsweise Mehrsprachigkeit am zeitlichen Rahmen, in welchem Sprachen gelernt werden können und unterscheiden grob in zwei Möglichkeiten: Zum einen sei ein Doppelspracherwerb, wenn Kinder beide Sprachen gleichzeitig von Geburt an lernen. Zum anderen sei ein Zweit- bzw. Mehrsprachenerwerb, wenn Kinder die Sprachen nacheinander lernen. Dabei wird die erste Sprache ab Geburt erlernt und eine zweite oder weitere kommen frühestens ab dem 3. oder 4. Lebensjahr dazu. (vgl. Ulich, Oberhuemer, Soltendiek, 2013, S. 15).
Nach der Autorin Leist- Villis dagegen ist Mehrsprachigkeit die Fähigkeit in zwei oder mehreren Sprachen zu denken und zu kommunizieren. Die Beherrschung von Wortschatz, Grammatik, Aussprache, Melodie, Gestik und Mimik sind Grundlagen hierfür. In diesem Definitionsrahmen treten Fragen nach dem Beherrschungsgrad einer Sprache auf, welcher den Status des sprachlichen Niveaus definiert; anders gefragt: wann beherrscht ein Mensch eine Fremdsprache gut genug, um als mehrsprachig zu gelten? Dies wird in Punkt 3.2 näher umrissen. (vgl. Leist-Villis, 2010, S. 20 f) Zunächst aber, um sich einer Definition von Mehrsprachigkeit anzunähern, werden ihre Erscheinungsformen näher beleuchtet.
3.1. Formen
Ein- oder mehrsprachige Sprachgesellschaft
Wachsen Kinder in Ländern oder Gemeinden auf, die mit mehreren offiziellen Amtssprachen ausgezeichnet sind, so ist anzunehmen, dass diese Sprachen von Geburt an erlernt werden, da durch das kindliche Umfeld, Kindertagesstätten und Schulen von Anfang an die Mehrsprachigkeit gefördert und zusätzlich in der Öffentlichkeit gelebt wird.
Wachsen Kinder dagegen in einem Land mit nur einer offiziellen Amtssprache auf, wird auch nur diese im Bildungssystem und der Öffentlichkeit verwendet. Zwei-/Mehrsprachigkeit ist daher nicht als Regelfall zu behandeln.
Auf die Bundesrepublik Deutschland bezogen wird Deutsch als offizielle Amtssprache benutzt. Wahrhaftig leben aber viele Menschen innerhalb Deutschlands zusammen, die viele verschiedene Sprachen sprechen. Wie mit diesen „Nicht-Landessprachen“ umgegangen wird, hängt von dem Ansehen der Sprache und ihrer Verbreitung ab. (vgl. Leist-Villis, 2010, S. 21 f)
Mehrheiten- oder Minderheitensprache
Eine deutschsprachige Kindertagesstätte kann neben den hauptsächlich deutschsprechenden pädagogischen Fachkräften eine zusätzliche Fachkraft für einige Stunden in der Woche zur Verfügung stellen, die in einer anderen Sprache zu den Kindern spricht. Hier ist Deutsch die Mehrheitensprache. Da diese mehrheitlich gesprochen wird, können die Kinder uneingeschränkt ihre bisherigen Sprachkenntnisse weiterverwenden und ausbauen. Die Sprache der zusätzlichen Fachkraft kommt erweiternd hinzu und die Kinder können diese als interessant, etwas Neues und Bereicherndes erleben.
Für Kinder mit einer anderen Muttersprache als Deutsch, sieht dies dagegen ganz anders aus. Die Muttersprache zählt hier zu den Minderheitssprachen. Diese Kinder befinden sich daher in einem sich unbekannten und fremden Umfeld. Sie können die deutsche Sprache nicht verstehen und auch nicht richtig kommunizieren, da sie ihre eigentliche bisherige Entwicklung in einer anderen Sprache vollzogen haben.
Die meist verunsichernde Situation kann je nach Persönlichkeit der Kinder, den Reaktionen der anderen Kinder und den Bemühungen der pädagogischen Fachkräfte einen weitaus größeren Einschnitt in der gesamten Entwicklung dieser Kinder darstellen, als dies das Dazulernen einer anderen Sprache für ein deutsches Kind bedeutet. Im Idealfall bildet sich durch das rein deutschsprachige Umfeld der Kontakt zur deutschen Sprache sehr intensiv aus. Dies wird auch als das Eintauchen in eine Sprache, als Immersion, verstanden. Die Notwendigkeit die deutsche Sprache zu erlernen ist zwingender für diese Kinder, um aktiv am Geschehen in der Kindertagesstätte und seinem Umfeld teilhaben zu können. Auf diese Weise wird die deutsche Sprache in einigen Jahren recht umfassend verstanden und zur Kommunikation eingesetzt. In vielen Fällen läuft die Immersion allerdings nicht problemfrei ab. (vgl. Leist-Villis, 2010, S. 23 f)
Ein- oder zweisprachige Familie
Hier kommt es auf die Sprachkonstellation innerhalb der Familie an und wer welche Sprachen mit den Kindern spricht. Während die Muttersprache beider Elternteile nicht der Umgebungssprache entsprechen muss, wird diese als Familiensprache und die andere Sprache als Umgebungssprache erworben. (vgl. Leist-Villis, 2010, S. 25 f)
Gleichzeitig oder nacheinander
Wie bereits erwähnt spielt in dieser Erscheinungsform die zeitliche Abfolge der erlernten Mehrsprachigkeit die Hauptrolle. Beim Aufwachsen mit zwei Sprachen gleichzeitig von Geburt an, spricht man von simultaner Zweisprachigkeit.
Wird von den Kindern zuerst eine Sprache gelernt und es kommt danach die zweite Sprache dazu, wird von sukzessiver Zweisprachigkeit gesprochen. Durch die erste Sprache haben sich die Kinder schon Wissen über die Umwelt erschlossen und nutzen diese zur Grundlage des Erlernens anderer Sprachen. (vgl. Leist-Villis, 2010, S. 26 f)
Natürlich oder gelenkt
Werden in normalen Alltagssituationen, also z.B. beim Spielen, Sprachen erworben, so spricht man von einem natürlichen Spracherwerb. Dabei wird das Erlernen der Sprache unmittelbar mit dem Handeln und der Interaktion mit und durch andere verbunden . Anders beim gelenktem Erwerb: in diesem werden z.B. gezielt Wörter, Grammatikregeln oder neue Vokabeln genau vorgesprochen und erklärt. Durch dies zeichnet sich ein genaues, beabsichtigtes Lernen aus. (vgl. Leist-Villis, 2010, S. 20, f)
In den aufgeführten Erscheinungsformen zeigt sich insgesamt: Eine genaue Definition der Zwei-/Mehrsprachigkeit ist schwer zu fassen. Vielmehr sind es die verschiedenen Bedingungen des Umfeldes, unter denen die Kinder heranwachsen, die ihre Sprachentwicklung maßgeblich mitbestimmen. Wann kann ein Mensch unter diesen Voraussetzungen also als mehrsprachig bezeichnet werden? Nähern wir uns dieser Frage im nächsten Punkt.
3.2. Maßstab
Kann überhaupt für die Mehrsprachigkeit einer Person ein Maßstab angelegt werden? Für den einen ist es ausreichend eine zweite Sprache in groben Zügen zu verstehen und diese anwenden zu können, unabhängig von grammatikalischer Korrektheit. Für den anderen heißt Mehrsprachigkeit, beide oder mehrere Sprachen perfekt zu beherrschen. Bei auseinandergehenden Positionen liegt meistens die Wahrheit irgendwo dazwischen. Sprache und Sprachkompetenzen sind ein viel zu komplexes Thema, als dass man es genau an einem bestimmten Maßstab festlegen kann. Die Qualität spielt neben der Quantität eine entscheidende Rolle. Die Bedeutung der jeweiligen Sprache für einen Menschen, das funktionale und kreative Ausschöpfen der Vorteile und Eigenarten der Sprache, mit Sprache in Kontakt sein: das heißt in ihr zu leben, denken, fühlen und träumen. Auch das sichere Umschalten in eine andere Sprache, vielfältige Erfahrungen und das Empfinden der Sprache als Teil der eigenen Persönlichkeit sind wichtige Merkmale von Mehrsprachigkeit. Sprachkompetenzen und Bedeutungen können sich im Laufe der Entwicklung mehrmals ändern. Zwei-/Mehrsprachigkeit ist abhängig von Alter, der Sprachverteilung in der Familie, Aufenthaltsort, den sozialen Kontakten, dem Gesprächsthema usw. (vgl. Leist-Villis, 2010, S. 33, ff)
In Anbetracht aller der hier aufgeführten Merkmale trifft hier wohl vielmehr die grundlegende Erkenntnis des bekannten Philosophen Aristoteles zu: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“. (Leist-Villis, 2010, S. 35)
4. Bilinguale Einrichtungen – Aspekte und Strukturen
Durch die Weiterentwicklung des deutschen Frühkindlichen Bildungssystems und der Diskussion über die Mehrsprachigkeit von Kindern, wächst die Zahl bilingualer Kindertageseinrichtungen. Hinter diesen verbirgt sich die Idee, neben der deutschen Sprache noch eine zweite oder mehrere Sprachen in den kindlichen Alltag zu integrieren. Zielgruppen hierfür sind klar: zwei-/mehrsprachig aufwachsende Kinder oder Eltern, die sich für eine mehrsprachige Erziehung ihres Kindes interessieren. Neben dem verstärkten Fokus auf die Spracherziehung sind auch alle anderen Bereiche der frühkindlichen Entwicklung, so wie es auch im Orientierungsplan für Kindertageseinrichtungen festgehalten ist, fester Bestandteil der konzeptionellen Arbeit. (https://www.kindererziehung.com/kindergartenkonzepte/bilingualer-kindergarten.php, 05.06.2017)
Für eine gelingende Umsetzung dieser Idee benötigt der institutionelle Rahmen grundlegende Voraussetzungen: so muss der Kontakt zur Fremdsprache kontinuierlich und intensiv sein. Dies setzt voraus, dass die Kinder täglich über mehrere Stunden mit dieser Sprache in Berührung sind. Dazu muss die Fremdsprache in natürlichen und nachvollziehbaren Situationen eingebaut werden. Dadurch erhalten die Kinder vielfältige Anregungen zum Spracherwerb und Gebrauch. Für die Inhalte und den richtigen Sprachgebrauch in der Fremd- sowie der Muttersprache ist es von großer Bedeutung, dass die pädagogische Fachkraft selbst über eine hohe Qualifikation der Sprachen verfügt. (vgl. Häckel, S.23).
Grundgedanke der Organisation von bilingualen Kindertageseinrichtungen ist, dass sich für die Kinder möglichst günstige Gelegenheiten ergeben, auf kindgemäße Weise ihre natürlichen Sprachlernfähigkeiten zu aktivieren.
Im Hinblick auf die methodische Umsetzung der pädagogischen Arbeit in der Fremdsprachenvermittlung lassen sich einige Grundsätze ableiten: als wichtigster Grundsatz gilt eine eindeutige Sprachtrennung. Dazu bewährt sich die Verteilung der Sprachen auf eine Sprache pro Person. So sind die Rollen und Umgangsweisen ganz klar den pädagogischen Fachkräften zugeordnet. Damit wird gewährleistet, dass die Kinder ausgewogene Inhalte, Umgangsmöglichkeiten und Gelegenheiten zur aktiven Anwendung aller angebotenen Sprachen erhalten. Die Zeitverteilung pro Sprache ist auch ein zentraler Ansatzpunkt. So sollten die Angebote für die Kinder gleichberechtigt auf die Sprachen ausgelegt und jede Sprache sollte gleichermaßen berücksichtigt sein.
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