Wie genau lässt sich Schule perfekt organisieren, kinderfreundlich und lehrreich gestalten und wie erzeugt man ein harmonisches Verhältnis zwischen Lehrern, Kindern und Eltern, sodass eine möglichst rundum zufriedenstellende Situation dabei herauskommt?
In der Arbeit soll die Frage nach Kriterien zur zeitgenössischen und zeitübergreifenden Bewertung über Erfolg und Misserfolg von reformpädagogischen Versuchsschulen beantwortet werden. Weiterhin sollen Innovationsmöglichkeiten, aber auch ihre Grenzen in reformpädagogischer Versuchsschulpraxis aufgezeigt und am Fallbeispiel der Versuchsschule in Hellerau näher erläutert werden.
Es gibt immer wieder aufkommende Probleme und nicht zufriedenstellende Situationen in Verbindung mit dem Schulalltag. Beispielsweise spielt die Politik eine große Rolle. Im 19. und 20. Jahrhundert ist die Schule vor allem durch politische, aber auch kirchliche Vorgaben gelenkt, wie kann man nun die Situation verbessern, um den Lernenden einen besseren Schulalltag mit mehr Konzentration auf die persönliche freie Entfaltung zu gewährleisten?
Mit dieser Frage beschäftigen sich die Reformpädagogen seit dem Aufkommen der Reformpädagogik. Im Juli 1919 gab es einen großen Umbruch im Schulsystem, denn mit dem Übergangsgesetz für Volksschulen eröffneten sich viele neue Möglichkeiten zur Reform des Schulwesens. Durch die Einführung von Versuchsschulen sollten die alten, ständisch geprägten Organisationsformen des Schulwesens überarbeitet werden und neue Formen erprobt werden. Dass dadurch nicht nur Zuspruch sondern auch Kritik hervorgerufen wurde, erzeugt unweigerlich Probleme in der Durchführung, die in dieser Arbeit beleuchtet werden sollen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Reformpädagoge Willy Steiger
3. Übergangsgesetz für das Volksschulwesen 1919
4. Projekt Versuchsschule
5. Fallbeispiel Hellerau
5.1. Erfolg oder Misserfolg?
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Wie genau lässt sich Schule perfekt organisieren, kinderfreundlich und lehrreich gestalten und wie erzeugt man ein harmonisches Verhältnis zwischen Lehrern, Kindern und Eltern, sodass eine möglichst rundum zufriedenstellende Situation dabei herauskommt? Es gibt immer wieder aufkommende Probleme und nicht zufriedenstellende Situationen in Verbindung mit dem Schulalltag. Beispielsweise spielt die Politik eine große Rolle. Im 19. und 20. Jahrhundert ist die Schule vor allem durch politische, aber auch kirchliche Vorgaben gelenkt, wie kann man nun die Situation verbessern um den Lernenden einen besseren Schulalltag mit mehr Konzentration auf die persönliche freie Entfaltung zu gewährleisten? Mit dieser Frage beschäftigen sich die Reformpädagogen seit dem Aufkommen der Reformpädagogik. Im Juli 1919 gab es einen großen Umbruch im Schulsystem, denn mit dem Übergangsgesetz für Volksschulen eröffneten sich viele neue Möglichkeiten zur Reform des Schulwesens. Durch die Einführung von Versuchsschulen sollten die alten ständisch geprägten Organisationsformen des Schulwesens überarbeitet werden und neue Formen erprobt werden. Dass dadurch nicht nur Zuspruch sondern auch Kritik hervorgerufen wurde, erzeugt unweigerlich Probleme in der Durchführung, die in dieser Arbeit beleuchtet werden sollen.
Außerdem soll in dieser Hausarbeit die Frage nach Kriterien zur zeitgenössischen und zeitübergreifenden Bewertung über Erfolg und Misserfolg von reformpädagogischen Versuchsschulen beantwortet werden. Weiterhin sollen Innovationsmöglichkeiten, aber auch ihre Grenzen in reformpädagogischer Versuchsschulpraxis aufgezeigt und am Fallbeispiel der Versuchsschule in Hellerau näher erläutert werden.
In dieser Arbeit wird sich zum größten Teil auf einen Ausschnitt des Werkes „Vom Zeitzeugen des Völkermordes an den Armeniern zum Reformpädagogen und Schriftsteller: Willy Steiger (1894-1976)“ von Andreas Pehnke bezogen. Eine hervorragende und überaus einflussreiche Arbeit von Willy Steiger mit dem Titel „S’ blaue Nest“ zählt in der Reformpädagogik zu den wichtigsten Werken. Darin beschreibt er die Arbeit mit einer Versuchsschuloberstufe über einen Zeitraum von vier Jahren. Durch das besagte Übergangsgesetz für das Volksschulwesen von 1919 kam Willy Steiger in den Genuss, einen solchen Versuchsschulbericht verfassen zu können, denn nur dieses Gesetz ermöglichte die Ausprägung reformpädagogischer Arbeit in diesem Maße.
Zu Beginn wird mit der Einleitung an das Thema herangeführt und ein Überblick gegeben. Im zweiten Kapitel der Arbeit geht es um den Reformpädagogen Willy Steiger, wie sich sein Lebensweg bis zur Lehrkraft in Hellerau gestaltete. Dem folgend wird das Übergangsgesetz für das Volksschulwesen von 1919 erläutert. Im vierten Kapitel wird die Versuchsschule und ihre Arbeit untersucht, welche es damals gab, heute noch gibt und welche Grundsätze einer Versuchsschule vorausgehend sind. Im fünften Kapitel wird die Thematik am Fallbeispiel Hellerau erläutert, außerdem über Kriterien zur Bewertung über Erfolg und Misserfolg diskutiert. Zuletzt folgt das Fazit und schließt die Arbeit ab.
2. Reformpädagoge Willy Steiger
Willy Steiger wurde am 08. August 1894 geboren und verstarb im Jahre 1976. Sein Leben verschrieb er der Reformpädagogik und setzte sich vor dem zweiten Weltkrieg ausführlich mit dem Projekt der Versuchsschulen praktisch auseinander. In der deutschen Kaiserzeit vor dem ersten Weltkrieg absolvierte Steiger eine Ausbildung zum Volksschullehrer, wurde allerdings während des ersten Weltkriegs zu einer Offiziersstelle berufen. Der aktive Offizier kam in einjährige Kriegsgefangenschaft und machte sich währenddessen Gedanken über den Einsteig in die Laufbahn einer Lehrkraft. Durch die Befürchtung Probleme aufgrund seiner damaligen aktuellen Lage mit dem Wiedereinstieg zu bekommen, forderte er Empfehlungsschreiben von Mitgliedern des Leipziger Lehrerseminars an. Die Seminaroberlehrer Fritzsche und Felix Günther kamen seinem Wunsch nach und erteilten ihm Empfehlungsschreiben, sodass Steiger am 05. Januar 1920 eine Stelle als Hilfslehrer in Dresden-Kaitz antrat. Um eine vollwertige Stelle als ständiger Lehrer zu erhalten, war es notwendig, eine Wahlfähigkeitsprüfung abzulegen, welche er am 22. und 23. Juni 1920 absolvierte und bestanden hat. Daraufhin wurde er von der Gemeinde Hellerau dem Schulvorstand vorgeschlagen, in der 1914 gegründeten Schule in Hellerau als Lehrer tätig zu sein. Der Vorstand stimmte dem Vorschlag auf der Sitzung am 31. August 1920 zu und somit trat Willy Steiger die Stelle am 01. Oktober 1920 als ständiger Lehrer an. Allerdings stellte der Schulvorstand die Bedingungen, dass er den Unterricht in „fremder Sprache“ übernimmt und er musste bei Bedarf als Aushilfe in die Schule des Nachbarortes Rähnitz. Seit diesem Zeitpunkt war Willy Steiger vollwertige ständige Lehrkraft in Hellerau, einer Gartenstadt nördlich von Dresden, wo seine Frau Hilda und er ein Reihenhaus beziehen sollten. (Pehnke, 2019, p. 193)
Gemeinsam mit den Lehrkräften Max Nitzsche, Arno Wegerdt, Helmut Gröger und Rudolf Wittig startete Willy Steiger an Ostern 1921 das Versuchsschulprojekt in Hellerau. (Pehnke, 2019, p. 207) Durch die vielen Erfahrungen, die Steiger bei seinen Projekten sammeln konnte, hatte er den größten Anteil von Werken im Kollegium, beispielsweise Erfahrungsberichte oder Anleitungen. (Pehnke, 2019: S. 208) Steiger hatte die Ehre während der gesamten Dauer der Versuchsschule als stellvertretender Schulleiter zu fungieren. (Pehnke, 2019, p. 209)
Schon nach kurzer Zeit, um 1922, machte Willy Steiger überregional auf sich aufmerksam, indem er mit seinen Schülern Rechnungen zum Alkoholkonsum auf dem Münchener Oktoberfest aufstellte. Als Antialkoholiker errechnete er, dass mit den Ausgaben für Alkohol auf dem Oktoberfest ca. 400.000 Einfamilienhäuser hätten finanziert werden können. Das ist eine so erstaunliche Rechnung gewesen, dass die Medien sofort darüber berichteten. (Pehnke, 2019, p. 210) Er machte weiterhin auf sich aufmerksam mit Publikationen, wie z.B. Erfahrungs- und Praxisberichten. Sein reformpädagogisch wertvollstes und angesehenstes Werk ist „S’ blaue Nest“, welches im Jahr 1925 veröffentlicht wurde und in einem Reprint im Jahr 1977/1978 erschienen ist. Darin berichtet er über seine vierjährige Erfahrungen mit einer Versuchsschuloberstufe. Noch heute wird das Werk als wichtiges vorgebendes Werk der Reformpädagogik angesehen. Die Dokumentation seiner produktivsten Phase in der Versuchsschulpraxis erschien außerdem als Auftaktband der Buchreihe „Künftige Ernten“ von Johannes Kühnel. (Pehnke, 2019, p. 215) Es gab allerdings auch weitere Werke, wie z.B. den reformpädagogischen Praxisbericht „Fahrende Schule. - Ein Weg vom Mechanismus Schule zur Kraftquelle Leben“ von 1924, in dem er sich mit Grenzen und Möglichkeiten von Reform- und Alternativschulen auseinandersetzt. (Pehnke, 2019, p. 212-213) Über die Feierlichkeiten an Schulen setzte sich Steiger in seinem 1926 veröffentlichten Erfahrungsbericht „Schulfeiern im Geiste lebendiger Jugend“ auseinander. (Pehnke, 2019, p. 216)
Willy Steiger veröffentlichte über mehrere Jahre hinweg noch weitere Werke und Erfahrungsberichte zur reformpädagogischen Versuchsschulpraxis und erlangte damit ein hohes Ansehen in der Reformpädagogik, sowohl regional als auch überregional.
3. Übergangsgesetz für das Volksschulwesen 1919
Durch die Weimarer Reichsverfassung aus dem Jahr 1919 wurde das Schulsystem in Deutschland zum ersten mal einheitlich geregelt. Die Schule stand nun unter staatlicher Aufsicht und nicht mehr unter kirchlicher, die Schulpflicht wurde ausgedehnt, Lernmittel und Unterricht in Volks- und Fortbildungsschulen waren fortan unentgeltlich. Eine staatliche Grundschule sollte über vier Jahre in die Schule einführen, dies galt für alle Kinder, womit die privaten Vorschulen verboten wurden. Mittlere und höhere Schulen verlangten dennoch weiterhin Schulgeld, allerdings sollten sozial- und begabungsschwache Kinder durch ein Stipendium unterstützt werden. Vor der Weimarer Reichsverfassung wurde die schulische Laufbahn eines jeden Kindes durch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung oder durch die Religion seiner Eltern bestimmt, durch die neue Verfassung jedoch sollte jedes Kind nun durch seine Anlage und Neigung die schulische Laufbahn bestimmen können. 1919 gründete sich der Bund Entschiedener Schulreformer, welcher als Reforminstanz fungierte. (Pehnke, 2019, p. 193-195)
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