Die vorliegende Arbeit überprüft, ob die 50+1 Regel überhaupt noch tragbar, insbesondere hinsichtlich der europäischen Grundfreiheiten, ist. Denn kann ein Verstoß gegen die europäischen Grundfreiheiten festgestellt werden, muss die DFL und der Deutsche Fußball Bund (DFB) eine Regeländerung anstreben bevor Ihnen vonseiten potenzieller Investoren Klagen drohen
Kaum eine Diskussion im Fußball stellt eine wegweisendere Grundsatzentscheidung dar wie die Diskussion um die 50+1 Regel in der Bundesliga. Diese hindert derzeit sportfremde Großinvestoren an der Übernahme von Bundesliga Vereinen. Für viele handelt es sich bei der Diskussion um die Wahl zwischen der Wahrung „Seele des Fußballs“ und der endgültigen Kommerzialisierung dessen. Entsprechend plädieren Fußballromantiker auf die Beibehaltung der genannten Regel, während Vereinsführungen und Verantwortliche diese gerne abschaffen würden.
Angesichts der Effekte, die ein Großinvestor auf die sportliche Performance in Paris oder Manchester ausgeübt hat, bleibt fraglich, wie lange die Bundesliga Vereine ohne solche finanziellen Möglichkeiten dagegenhalten können. Betrachtet man das wachsende Kapitalaufkommen, mag man annehmen, dass die Bundesliga Clubs wirtschaftlich nicht langfristig mit der ausländischen Konkurrenz auf Augenhöhe operieren können. Interessant ist dabei, dass die Bundesliga die einzige Spitzenliga in Europa mit solch einer Regelung ist. In den anderen Top-Ligen Europas gehören Vereinsübernahmen von zumeist ausländischen Investoren praktisch zur „Tagesordnung“. Deshalb ist fraglich, inwieweit die 50+1 Regel noch zeitgemäß ist oder doch einer Veränderung beziehungsweise einer Abschaffung bedarf. Vonseiten der Deutschen Fußball Liga (DFL) besteht offensichtlich kein Interesse Veränderungen vorzunehmen, wie es der zurzeit wieder aufkochende Konflikt mit Herrn Kind von Hannover 96 beweist.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
2 WASISTDIE50+1REGEL?
2.1 Sinn der 50+1 Regel
2.2 Ausnahmefälle Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg & TSG Hoffenheim
3 50+1 IM LICHTE DER EUROPÄISCHEN GESETZGEBUNG.
3.1 Anwendbarkeit des europäischen Rechts im Sport
3.2 Zulässigkeit der "50+1”- Regel in Bezug auf Art. 49 AEUV
3.2.1 PersönlicherAnwendungsbereich
3.2.2 SachlicherAnwendungsbereich
3.3 Eingriff in das Recht der Niederlassungsfreiheit
3.4 Rechtfertigung des Eingriffs in das Recht der Niederlassungsfreiheit
3.5 DIE VERHÄLTNISMÄßIGKEITDESGERECHTFERTIGTEN EINGRIFFS
3.5.1 Schutz vor sportfremden Einflüsse
3.5.2 Schutz der Integrität des Wettbewer
3.5.3 Gewährleistung der Verbindung von Breiten- und Profispo
3.5.4 Zwischenergebnis
4 UMGEHUNG DER 50+1REGEL
5 FAZIT
6 LITERATURVERZEICHNIS
7 QUELLENVERZEICHNIS
1 Einleitung
Kaum eine Diskussion im Fußball stellt eine wegweisendere Grundsatzentscheidung dar wie die Diskussion um die 50+1 Regel in der Bundesliga. Diese hindert derzeit sportfremde Großinvestoren an der Übernahme von Bundesliga Vereinen. Für viele handelt es sich bei der Diskussion um die Wahl zwischen der Wahrung „Seele des Fußballs“ und der endgültigen Kommerzialisierung dessen. Entsprechend plädieren Fußballromantiker auf die Beibehaltung der genannten Regel, während Vereinsführungen und Verantwortliche diese gerne abschaffen würden.
Angesichts der Effekte, die ein Großinvestor auf die sportliche Performance in Paris oder Manchester ausgeübt hat, bleibt fraglich, wie lange die Bundesliga Vereine ohne solche finanziellen Möglichkeiten dagegenhalten können. Betrachtet man das wachsende Kapitalaufkommen, mag man annehmen, dass die Bundesliga Clubs wirtschaftlich nicht langfristig mit der ausländischen Konkurrenz auf Augenhöhe operieren können. Interessant ist dabei, dass die Bundesliga die einzige Spitzenliga in Europa mit solch einer Regelung ist. In den anderen Top Ligen Europas gehören Vereinsübernahmen von zumeist ausländischen Investoren praktisch zur „Tagesordnung“. Deshalb ist fraglich, inwieweit die 50+1 Regel noch zeitgemäß ist oder doch einer Veränderung beziehungsweise einer Abschaffung bedarf. Von Seiten der Deutschen Fußball Liga (DFL) besteht offensichtlich kein Interesse Veränderungen vorzunehmen, wie es der zurzeit wieder aufkochende Konflikt mit Herrn Kind von Hannover 96 beweist. Aus diesem Grund soll die vorliegende Arbeit überprüfen, ob die 50+1 Regel überhaupt noch tragbar, insbesondere hinsichtlich der europäischen Grundfreiheiten, ist. Denn kann ein Verstoß gegen die europäischen Grundfreiheiten festgestellt werden, muss die DFL und der Deutsche Fußball Bund (DFB) eine Regeländerung anstreben bevor Ihnen von Seiten potenzieller Investoren Klagen drohen.
Zu Beginn der Ausarbeitung wird grundlegend auf die behandelte 50+1 Regel eingegangen. Dazu zählen in erster Linie die Erläuterung der Regel, ihr Sinn und ihre Ausnahmefälle. Im Anschluss wird dann die Rechtmäßigkeit der 50+1 Regelung auf europarechtlicher Ebene geprüft. Repräsentativ für die europäischen Grundfreiheiten wird hier die Einschränkung in die Niederlassungsfreiheit geprüft. Zum Ende der Ausarbeitung wird nochmals ein kleiner Exkurs auf die aktuelle Lage in Deutschland gegeben. Dabei wird die Möglichkeit zur Umgehung der 50+1 Regel in der Praxis näher beleuchtet. Hierbei stellt sich die zentrale Frage, inwieweit die Regelung gegen die europäischen Grundfreiheiten verstößt oder sich doch im Rahmen befindet. Ziel dieser Arbeit ist es ein abschließendes Urteil über die 50+1 Regel im Lichte des europäischen Rechts bilden zu können.
2 Was ist die 50+1 Regel?
Zunächst gilt es die so genannte 50+1 Regel zu erklären und die konkrete Definition dieser wiederzugeben. Sie basiert grundlegend auf der Satzung der Deutschen Fußball-Liga und wird in eben jener erläutert. So heißt es:
„Eine Kapitalgesellschaft kann nur eine Lizenz für die Lizenzligen und damit die Mitgliedschaft in der DFL Deutsche Fußball Liga erwerben, wenn ein Verein mehrheitlich an ihr beteiligt ist, der über eine eigene Fußballabteilung verfügt und der im Zeitpunkt, in dem sie sich erstmals für eine Lizenz bewirbt, sportlich für die Teilnahme an einer Lizenzliga qualifiziert ist“.1
Dabei gilt, dass ein Verein mehrheitlich an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist, „wenn er über 50% der Stimmenanteile zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmenanteils in der Versammlung der Anteilseigner verfügt“.2
Bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien muss der Mutterverein oder eine von ihm zu 100% beherrschte Tochter die Stellung des Komplementärs haben. In diesem Fall genügt ein Stimmenanteil des Muttervereins von weniger als 50%, wenn auf andere Weise sichergestellt ist, dass er eine vergleichbare Stellung hat, wie ein an der Tochtergesellschaft mehrheitlich beteiligter Gesellschafter.3
Demzufolge muss somit ein Verein, im Falle einer Ausgliederung der Lizenzspieler Abteilung, stets eine Mehrheitsbeteiligung an dieser vorweisen können. Dies hat zur Folge, dass der Verein unweigerlich die Entscheidungsmacht bei sich behält. Anders herum betrachtet, folgt auch, dass externen Investoren keinerlei Möglichkeit geboten wird, auf Anhieb einen Verein zu übernehmen und die Befehlsgewalt an sich zu reißen.
2.1 Sinn der 50+1 Regel
Die 50+1 Regel ermöglicht es Bundesliga Vereinen eine Ausgliederung ihrer Lizenzspieler Abteilungen vorzunehmen. Dabei lag ein besonderer Fokus des Verbands auf der Wahrung und Erhaltung der traditionellen Vereinsstrukturen und damit verbunden auch der Tradition selbst. Die Regelung ist somit als eine Art Kompromiss aus Kapitalerhöhung der Vereine und Beibehaltung der Tradition zu verstehen.4 Wie bereits aus der Satzung herauszulesen ist, kristallisieren sich dort auch die Wahrung der Machtverhältnisse innerhalb der Vereine heraus. Vereine sollen somit nicht von potenziellen oder gegenwärtigen Investoren dazu gedrängt werden können, ihre Anteile abzutreten oder Machtverhältnisse einzubüßen, um weitere Cashflows zu generieren. Dadurch vermag man Situationen wie in anderen europäischen Top Ligen zu verhindern, in denen ausländische Privatpersonen oder Unternehmen, wie Roman Abramowitsch beim FC Chelsea oder die Abu Dhabi Group bei Manchester City, seit geraumer Zeit die Entscheidungsmacht besitzen. Einerseits ist zwar eine erhebliche positive Wirkung beider Engagements unverkennbar, andererseits lassen sich beide Situationen als Paradebeispiel für eben jenes anführen, welches der Deutsche Fußball Bund mit der Regelung verhindern möchte.5 Die grundlegende Idee beziehungsweise die Zielsetzung der 50+1 Regel basiert entsprechend auf der Wahrung der Integrität der Liga. Dabei soll der Wettbewerb erhalten bleiben, der Einfluss von Sportfremden beziehungsweise Ligafremden unterbunden sowie die Verbindung von Breiten- und Profisport gewährleistet werden.6 Diese vorgestellten Zielsetzungen werden im Laufe der Ausarbeitung im europarechtlichen Kontext näher beleuchtet.
Auch für eine Vielzahl der Fans aus den verschiedensten Lagern der Bundesliga bedeutet die 50+1 Regel das letzte Stück an Tradition im professionellen Fußball, weshalb jeglicher Versuch diese abzuschaffen oftmals mit heftigen Fanprotesten begleitet wird.7
Neben dem Drang zum Erhalt der Kultur und der Tradition der Vereine, gibt es jedoch einen weiteren Ansatz zur Legitimation der 50+1 Regel. Durch Übernahmen von privaten, meist ausländischen Investoren eröffnen sich meist zwar neue finanzielle Sphären für die Vereine, jedoch eben auch zugleich ein Risiko der Abhängigkeit von dem Investor.8 Die Vereine sind den privaten Interessen der Investoren ausgesetzt, auch im Falle, dass diese nicht mit den Vereinsinteressen oder der Identität des Vereins übereinstimmt. Auch für das Szenario, dass Investoren nach einiger Zeit das Interesse am Verein verlieren und die Zahlungen zurückschrauben oder gar komplett einstellen, sind Vereine meist nicht vorbereitet.9 Diese Vereine sind nicht mehr in der Lage ihre laufenden Kosten, wie beispielsweise Spielergehälter, zu decken und werden dazu gezwungen ihr sportliches „Kapital“ zu verkaufen. Dies führte zu einem extremen sportlichen Qualitätsverlust der Vereine, welche sogar Abstiege in niedrigere Fußballklassen zur Folge hatten. Prominente Beispiele hierfür sind beispielsweise der FC Malaga aus Spanien, Anzhi Makhachkala aus Russland oder auch der FC Portsmouth aus England.10 Trotz einer Vielzahl an Kooperationen der Bundesligisten mit verschiedensten Unternehmen sind daher zumindest solche Ausmaße des Niedergangs durch gescheiterte Investorenübernahmen aufgrund der 50+1 Regel auszuschließen.
2.2 Ausnahmefälle Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg & TSG Hoffenheim
Wie so oft bei Regeln gibt es auch bei dem Verbot von Mehrheitsbeteiligungen (50+1) Ausnahmeregelungen, die sich nicht ohne weiteres verhindern lassen. Diese basieren in erster Linie auf der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Einführung der Regel bereits zwei Erstligisten, der VFL Wolfsburg und Bayer Leverkusen, umfangreiche Verbindungen beziehungsweise Partnerschaften mit Unternehmen pflegten. Während der VfL Wolfsburg mit dem VW- Konzern eng verstrickt ist, wurde Bayer Leverkusen ursprünglich als Werksverein der Bayer AG gegründet.11
In Fällen einer Ausnahme der oben genannten Regel muss der betreffende Rechtsträger bereits seit mindestens 20 Jahren ununterbrochen und in erheblichem Ausmaß an der Förderung des Vereins mitgewirkt haben. In diesem Fall ist es für Externe möglich, auf Antrag der DFL und folgendem Entscheid der DFB, Mehrheitsanteile an Vereinen zu erhalten, ohne dass ein Lizenzentzug droht.12
Konkret von dieser Regel hat momentan neben Bayer 04 Leverkusen und dem VFL Wolfsburg nur die TSG Hoffenheim Gebrauch gemacht. Dort besitzt SAP Mitbegründer Dietmar Hopp die Mehrheitsanteile des Vereins.13 Ermöglicht wurde dies durch die Klage seitens Martin Kinds, seinerseits Präsident des Hannover 96. Dieser forderte eine Abschaffung des Stichtages für die Gültigkeit des oben genannten Paragraphen, um so zukünftig ebenfalls von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch machen zu können.14 Vor diesem Urteil bestand nur für Investoren, die vor dem 1.Januar.1999 20 Jahre im Verein tätig waren die Möglichkeit von der Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen.15
Kind, der seit 1997 Präsident des Hannover 96 ist, erhebt ebenfalls den Anspruch einer ununterbrochenen Förderung des Vereins in erheblichem Ausmaß seit über 20 Jahren. Dementsprechend beantragte auch er das Sonderrecht, was jedoch Status Quo vom DFB aufgrund Bedenken bezüglich der „erheblichen Förderung“ abgelehnt wurde.16
Dies lässt vor Allem den Schluss der subjektiven Entscheidungsfindung im Rahmen der Sonderregelungen zu. Während das Attribut durchgehend selbsterklärend ist, wird das erhebliche Ausmaß in keiner Weise weiter definiert und lässt folglich einen weiten Interpretationsspielraum zu. Dennoch lässt sich feststellen, dass diese Ausnahmeregelung wirklich gewillten Investoren geringe aber immerhin vorhandene Möglichkeiten offenlässt und zeitgleich sportfremde Personen zu genüge abschreckt.
3 50+1 im Lichte der europäischen Gesetzgebung
Nachdem im ersten Teil dieser Ausarbeitung die 50+1 Regel im deutschen Fußballverband näher dargestellt wurde, ist es Ziel dieses Abschnittes zu prüfen inwieweit diese Regelung gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AUEV) verstößt oder doch europarechtskonform ist. Der AUEV gilt als das Primärrecht in der EU und wurde auf Basis des EWG- Vertrages (!957) verabschiedet. Nach einigen Erweiterungen, wie der EG-Vertrag von Maastricht sowie den Vertrag von Nizza findet der Vertrag von Lissabon (AUEV) seit 1. Dezember 2009 seine Anwendung im Recht der EU.17
In dieser Ausarbeitung soll die vermeintliche Einschränkung der Niederlassungsfreiheit in der EU durch die 50+1 Regelung untersucht werden. Hierfür wird zunächst die Anwendbarkeit des europäischen Rechts auf sportbezogene Sachverhalte geprüft. Im Anschluss folgt eine kurze Erläuterung der Niederlassungsfreiheit (Art.49 AEUV), welche eine Art Einführung in die Prüfung des Verbots von Mehrheitsbeteiligungen hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit vornimmt. Zur Untersuchung der 50+1 Regel wird auf vergleichbare Urteile zurückgegriffen, um schlüssige Ausführungen und Ergebnisse der Prüfung zu gewährleisten.
3.1 Anwendbarkeit des europäischen Rechts im Sport
Bevor jedoch die Möglichkeit der Untersuchung des Artikel 49 AUEV in Bezug auf die 50+1 Regelung besteht, muss geprüft werden, inwiefern eine Vereinbarkeit zwischen einer nationalen Sportsverbandsregel und dem europäischen Recht vorliegen kann. Hierfür müssen die Gesetze aus dem AEUV zu den Grundfreiheiten Anwendung auf sportbezogene Sachverhalte finden. Mit dieser Frage beschäftigte sich der EuGH im “Meca-Medina Fall” und bezog dabei eine klare Position.18 In dieser wurde eine ständige Rechtsprechung formuliert, welche die Ausübung des Sports zum Wirtschaftsleben “im Sinne des Art. 2 EG” zählt, somit findet bei sportbezogenen Sachverhalten das europäische Recht seine Anwendung.19 Was die Trennung der wirtschaftlichen Aspekte einer sportlichen Tätigkeit von ihren rein sportlichen Gesichtspunkten betrifft, stellte der Gerichtshof fest, dass die europäischen Grundfreiheiten den sportlichen Regelungen nicht entgegenstünden, welche aus rein sportlichen und nicht aus wirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt seien.20 Dabei darf diese Beschränkung des Geltungsbereichs der EU nur so weit gehen wie es der Zweck erfordert, weshalb eine sportliche Tätigkeit nicht in Gänze vom Geltungsbereich des europäischen Rechts ausgeschlossen werden kann. So bildet der EuGH schlussendlich die Meinung, dass eine Regelung rein sportlichen Charakters nicht dazu führt, dass die betroffene Person, welche dieser Regel unterliegt, nicht in den Geltungsbereich des europäischen Rechts fällt.21
Somit machte der EuGH im „Meca-Medina Fall” hinsichtlich der Anwendbarkeit der europäischen Grundfreiheiten auf sportbezogene Tatbestände klar, dass sportliche Tätigkeiten generell in den Aufgabenbereich des AUEV fallen.22 Dies verdeutlicht der Gerichtshof durch die bewusst vermiedene Differenzierung von sportlichen Tätigkeiten mit wirtschaftlichem Bezug und diesen ohne wirtschaftlichen Bezug. Die besonderen Eigenheiten des Sports lässt der Gerichtshof jedoch nicht unbeachtet und berücksichtigt diese beim jeweiligen Tatbestand im Rahmen der Vereins- und Verbandsautonomie.23 Hiermit stellt der EuGH sicher, dass die generelle Anwendbarkeit der sportbezogenen Sachverhalte ohne “größere” Ausnahme möglich ist, wie es beispielweise eine “Bereichsausnahme Sport” darstellen würde.
3.2 Zulässigkeit der “50+1”- Regel in Bezug auf Art. 49 AEUV
Artikel 49 des AEUV stellt die Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Union sicher. Darunter versteht sich das Verbot von Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates.24 Es ist also jedem Bürger innerhalb der EU gestattet, nach den dort herrschenden Bestimmungen eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, dazu gehören auch die Gründung und Leitung von Unternehmen. Der Begriff Niederlassung lässt sich als die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit einem festen Sitz, welche auf unbestimmte Zeit festgelegt ist, definieren.25 Hierzu gehört die Eigenverantwortung im Unternehmen und keine vorliegende Weisungsunterworfenheit.26 Dabei wird die Niederlassung in zwei Kategorien unterteilt. Zum einen die primäre Niederlassung und zum anderen die sekundäre Niederlassung. Die primäre Niederlassungsfreiheit erlaubt es einer Person beziehungsweise einem Unternehmen sich mit seinem Hauptsitz in einem anderen Mitgliedsstaat niederzulassen.27 Die sekundäre Niederlassungsfreiheit regelt hingegen die Rechte für Unternehmen und Personen, welche ihre Zweigniederlassung im Hoheitsgebiet eines anderen Staates der EU errichten möchten.28
Daher stellt sich die Frage, inwiefern das Recht der Niederlassungsfreiheit durch die “50+1” Regelung betroffen ist. Hierunter fällt auch, ob die unternehmerische Handlungsweise, also in diesem Falle der Kauf von Unternehmensanteilen, in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fällt. Des Weiteren gilt es zu prüfen, inwieweit das Recht der Niederlassungsfreiheit dem Beteiligten zu steht. Diese Fragestellungen werden nun mit Hilfe des persönlichen- und sachlichen Anwendungsbereichs der Niederlassungsfreiheit .
3.2.1 Persönlicher Anwendungsbereich
In den persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fallen natürliche wie juristische Personen. Hierbei müssen die natürlichen Personen Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU sein.29 Im Falle der Ausübung der sekundären Niederlassungsfreiheit gilt auch hier die Voraussetzung, dass der Bürger bereits im Hoheitsgebiet eines Unionsstaates ansässig ist.30 Nach Artikel 54 Abs. 1 AEUV gelten dieselben Regelungen auch für Gesellschaften, welche nach den Vorschriften eines Mitgliedsstaates gegründet und ihren Hauptsitz in einem Staat der EU haben. Somit werden Gesellschaften und Bürger der EU durch das europäische Recht gleichgestellt.31 Ausgenommen von der Niederlassungsfreiheit sind Gesellschaften die keine Gewinnabzielungsabsicht haben. Art.54 Abs.2 AEUV nimmt Vereinigungen mit religiöser, karikativer oder sozialer Ideologie von der Niederlassungsfreiheit aus, sofern diese keinen Erwerbszweck verfolgen.32
Die hier genannten Voraussetzungen der Niederlassungsfreiheit eröffnen den persönlichen Anwendungsbereich für alle natürlichen und juristischen Personen im Hoheitsgebiet der EU, die Interesse an einer Investition in eine deutsche Fußballkapitalgesellschaft haben. Ebenfalls fallen unter den persönlichen Anwendungsbereich deutsche Fußballkapitalgesellschaften, die nach den Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von Art. 54 AEUV als Gesellschaft gegründet wurden. Ausgenommen von dieser Regelung werden jedoch die nach Art.54 Abs. 2 AEUV gegründeten und organisierten deutschen Fußballvereine, die Kraft ihrer Rechtsform keine Gewinnabzielungsabsicht verfolgen. Prominentestes Beispiel einer deutschen Profifußball Mannschaft für eine solche Vereinigung ist der Schalke 04, welcher Stand heute weiterhin als eingetragener Verein in der Bundesliga antritt und somit keinerlei Gewinnabzielungsabsichten verfolgen darf.33
3.2.2 Sachlicher Anwendungsbereich
Der sachliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst alle Tätigkeiten, die eine Geschäftsgründung, einen Sitzwechsel oder mit dem Aufbau einer sekundären Niederlassung zu tun haben. Wie oben erwähnt wird der Begriff Niederlassung in der Rechtsprechung des EuGHs als die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit einer festen Einrichtung, welche von unbestimmter Dauer ist, definiert. Im Rahmen der Überprüfung des sachlichen Anwendungsbereichs müssen nun also das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit, eines festen Standortes und die Dauerhaftigkeit der Tätigkeit von “ausländischen” Investoren bei Übernahme eines deutschen Fußballclubs nachgewiesen werden.
[...]
1 Deutsche Fußball-Liga, 1998: §8 Absatz 2
2 Deutsche Fußball-Liga, 1998: §8 Absatz 2
3 Vgl. Deutsche Fußball-Liga 1998: §8 Absatz 2
4 Vgl. Klees, 2008, S.1ff
5 Vgl. Grüne; Schulze-Marmeling, 2015: S. 440
6 Vgl. Klees, 2008: S.1ff
7 Vgl. Körner, 2007; Bresemann, Duttler, 2016: S. 138ff
8 Vgl. Kennedy, Kennedy, 2012: S. 330
9 Vgl. ebd
10 Vgl. http://www.kicker.de/news/fussball/intligen/startseite/590325/artikel umbruch-bei- machatschkala stars-vor-dem-absprung.html
11 Vgl. Körner, 2007
12 Vgl. Deutsche Fußball-Liga 1998: §8 Absatz 2
13 Vgl. Budzinksi, 2013
14 Vgl.https://www.waz.de/sport/fussball/50-1-bleibt-bestehen-regel-fuer-bayer-und- wolfsburg-aber-abgeschafft-id5012790.html.
15 Vgl. ebd
16 Vgl. https://www.ndr.de/sport/fussball/501-Kinds-Antrag-auf-Ausnahme-fuer-96- abgelehnfkind682.html
17 Vgl. http://www.aeuv.de/
18 Vgl. EuGH 2006, Rn. 26,27- Meca-Medina
19 Vgl. EuGH 2006, Rn. 22- Meca-Medina
20 Vgl. EuGH 2006, Rn. 22ff- Meca-Medina
21 Vgl. EuGH 2006, Rn. 26, 27- Meca-Medina
22 Vgl. Klees, 2008, S. 391
23 Vgl. Schröder, 2006, S.114
24 Vgl. Art. 49 AEUV
25 Vgl. EuGH 1991, Rn. 20- Factorame
26 Vgl. Dauses/Ludwigs, Rn.46-53
27 Vgl. ebd
28 Vgl. ebd
29 Vgl. ebd
30 Vgl. ebd
31 Vgl. Art.54 AEUV
32 Vgl. ebd
33 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/FC_Schalke_04