Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit folgender Forschungsfrage: Handelt es sich bei der Methode des Namenskartenabgebens in Stillarbeitsphasen um eine zielführende Methode und Alternative zum typischen Melden?“ Die Methode wird dann als zielführend beschrieben, wenn sie von den SchülerInnen der untersuchten Klasse angenommen wird, fairer ist als das typische Melden und die SchülerInnen nach Abgabe sich weiterhin mit ihren Aufgaben beschäftigen, bis die Lehrkraft kommt.
Die Forschungsfrage wird zur Operationalisierung und Messbarmachung in Teilfragen untergliedert. Um die Teilforschungsfragen zu beantworten, wird mit Hilfe der wissenschaftlichen Methode der Beobachtung eine quantitative Studie durchgeführt und durch deskriptive Statistik ausgewertet.
Zunächst wird die Problemstellung genauer dargelegt, danach folgt die literaturbasierte, grundlegende Theorie und der Stand der Forschung. Anschließend wird die Forschungsmethode und Auswertungsmethode beschrieben, begründet und angewendet. Die Ergebnisse werden dargestellt, interpretiert und diskutiert. Die Arbeit endet mit einem Fazit und Ausblick.
Grundlegend für diese Untersuchung ist eine Lernumgebung im Fach Mathematik.
Inhalt
1 Einleitung
2 Problemstellung und Fragestellung
3 Theorie
4 Stand der Forschung
4.1 Das Anstellen
4.2 Der Stille-Würfel
5 Forschung
5.1 Art der Erhebung
5.2 Stichprobe
5.3 Erhebungsmethode: Beobachtung
5.4 Gütekriterien
5.5 Vorstellung der Auswertungsmethode
5.6 Darstellung der Erhebungsdaten
5.6.1 Beschreibung der Erhebungssituation
5.6.2 Darstellung der Ergebnisse
5.7 Auswertung und Interpretation der Daten
6 Ausblick und Fazit
Literatur
Anhang
1 Einleitung
Im Kontext individualisierten und differenzierten Unterrichts nehmen Freiarbeitsphasen immer mehr Raum im Regelunterricht ein. Wenn die Schülerinnen und Schüler (im Folgenden: SchülerInnen) in einer solchen Stillarbeitsphase sind und die Aufgaben nicht verstehen oder eine fachliche Frage haben, ist die Lehrkraft als unterstützende Person mit einer beratenden Funktion im Raum. Laut Statistischem Bundesamt (2016) besuchen in Deutschland durchschnittlich 21 SchülerInnen eine Klasse (vgl. ebd.: 40), die i. d. R. von einer Lehrkraft geführt wird. Nun stellt sich die Frage, wie erhalten 21 SchülerInnen mit Unterstützungsbedarf innerhalb einer Einzelarbeitsphase die Aufmerksamkeit der Lehrkraft nach Bedarf und fair. Mit dem Prinzip des stillen Meldens oder Handzeichen wird die Lehrkraft auf den Schüler aufmerksam und die anderen SchülerInnen werden nicht bei ihrer Arbeit gestört. Der meldende Schüler wartet auf das Kommen der Lehrperson und arbeitet in dieser Zeit selten weiter. Denn wenn er das Melden nachlässt, geht die Lehrperson davon aus, dass er keine Hilfe mehr benötigt. Zu dem kommt hinzu, wenn viele SchülerInnen Unterstützung bei ihren Aufgaben brauchen, kann es zu einer verhältnismäßig langen Wartezeit kommen.
Um in diesem Kontext eine Alternative vorzustellen und zu untersuchen, wird die Abgabe von Namenskärtchen in dieser Arbeit genauen in Betracht genommen. Dies geschieht unter der Forschungsfrage: „Handelt es sich bei der Methode des Namenskartenabgebens in Stillarbeitsphasen um eine zielführende Methode und Alternative zum typischen Melden?“ Die Methode wird dann als zielführend beschrieben, wenn sie von den SchülerInnen der untersuchten Klasse angenommen wird, fairer ist als das typische Melden und die SchülerInnen nach Abgabe sich weiterhin mit ihren Aufgaben beschäftigen, bis die Lehrkraft kommt. Die Forschungsfrage wird zur Operationalisierung und Messbarmachung in Teilfragen untergliedert. Um die Teilforschungsfragen zu beantworten, wird mit Hilfe der wissenschaftlichen Methode der Beobachtung eine quantitative Studie durchgeführt und durch deskriptive Statistik ausgewertet.
Der Inhalt der vorliegenden Arbeit strukturiert sich wie folgt. Zunächst wird die Problemstellung genauer dargelegt, danach folgt die literaturbasierte, grundlegende Theorie und der Stand der Forschung. Anschließend wird die Forschungsmethode und Auswertungsmethode beschrieben, begründet und angewendet. Die Ergebnisse werden dargestellt, interpretiert und diskutiert. Die Arbeit endet mit einem Fazit und Ausblick.
2 Problemstellung und Fragestellung
Grundlegend für diese Untersuchung ist eine Lernumgebung im Fach Mathematik. Das Fach Mathematik an der Praktikumsgrundschule wird in der Eingangsphase stark differenziert unterrichtet. Denn die Eingangsphase fasst sowohl die Erstklässler als auch die Zweitklässer in einer Klasse zusammen. Ebenso bieten sich dort die meisten Möglichkeiten an, eine Erhebung durchzuführen. Zusätzlich sind Aufgabenstellungen des Faches oft so, dass SchülerInnen die Möglichkeit haben, eine Aufgabe zu überspringen, wenn sie eine fachliche Frage haben. Oder bereits mit der nächsten Aufgabe vom Plan beginnen können, wenn eine Aufgabe abgeschlossen wurde und von der Lehrkraft kontrolliert werden soll. Die SchülerInnen der zu untersuchenden Klasse arbeiten in ihrem Tempo an stark differenzierten (Wochen-)Plänen. Untersucht wird eine Methode, die in der Praktikumsschule als Alternative zum typischen Melden, bzw. Handzeichen aufzeigen, herangezogen wird. Die SchülerInnen besitzen Namenskärtchen, welche sie während der Stillarbeitsphase der Lehrperson bringen, wenn sie eine Frage haben oder einen Aufgabenblock abgeschlossen haben. Bis die Lehrperson kommt, sind die SchülerInnen angehalten, sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen oder die Aufgabe, welche sie nicht verstehen, zu überspringen. Die Abgabe der Namenskärtchen bietet eine Alternative zum Melden, da die Kinder nach Abgabe sicher sein können, dass die Lehrkraft zu ihnen kommt und sich dem Anliegen des Schülers annimmt. Ziel der Erhebung ist es, eine Methode zu untersuchen, die das Problem angeht, dass wenn SchülerInnen in Stillarbeitsphasen die Aufmerksamkeit der Lehrperson suchen, ohne andere SchülerInnen bei deren Arbeit zu unterbrechen und selbst weiterarbeiten zu können und zu wissen, dass die Lehrkraft baldmöglichst kommt. Um dies näher zu untersuchen, wird die folgende Fragestellung mit Hilfe einer empirischen Erhebung untersucht: „Handelt es sich bei der Methode des Namenskartenabgebens in Stillarbeitsphasen um eine zielführende Methode und Alternative zum typischen Melden?" Wobei die Methode dann als zielführend beschrieben wird, wenn sie von den SchülerInnen der untersuchten Klasse angenommen wird, fairer ist als das typische Melden und die SchülerInnen nach Abgabe sich weiterhin mit ihren Aufgaben beschäftigen, bis die Lehrkraft kommt. Die Teilfragen zur Operationalisierung und Messbarmachung der Forschungsfrage sind: Wie oft gibt ein Schüler die Karte innerhalb einer Schulstunde ab? Welches Verhalten zeigen die SchülerInnen nach Abgabe des Namenskärtchens? Wird die Reihenfolge der Bearbeitung durch die Lehrkraft eingehalten? Die Forschungsfrage ist zunächst deskriptiver Art und soll einen Sachverhalt in der Realität beschreiben. Im Verlauf soll eine begründete Bewertung der Methode abgegeben und im Vergleich zu alternativen Methoden gesetzt werden.
3 Theorie
Als theoretische Herleitung des Themas dient die Freiarbeit oder freie Arbeit im schulischen Unterricht. Diese wird als Differenzierungs- und Individualisierungsverfahren angesehen und mit ihr verbunden die Hoffnung, dass SchülerInnen wieder stärker zum Lernen zu motivieren sind und gezielt auf ihre Interessen eingegangen werden kann (vgl. Peterßen 2009: 106). Die
Beziehungsstruktur des Unterrichts wird durch die vier Sozialformen: Frontalunterricht, Gruppenunterricht, Partnerarbeit, Einzelarbeit gesteuert (vgl. Meyer 2013: 136ff.). In Freiarbeitsphasen wird meist die Einzelarbeit oder auch Stillarbeit bevorzugt.
Auch wenn Einzelarbeit nicht in erster Linie die Sozialkomponenten fördert (vgl. Ganser 2005: 84), ist sie doch von sozialerzieherischer Bedeutung (vgl. Peterßen 2009: 65), denn sie bietet neben dem selbstständigen Lernen auch die Erprobung individueller Handlungsstrategien in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und Arbeitsstilen (vgl. Ganser 2005: 84). Im Rahmen eines solchen differenzierten Unterrichts steht dem Schüler die Lehrperson als Ansprechpartner für individuelle Beratung zur Verfügung (vgl. Drumm 2007: 21). Wobei die SchülerInnen selbstverständlich dazu angehalten sind, sich zunächst selbst mit dem Problem auseinanderzusetzen (vgl. ebd.).
Ein weiteres Standbein der Arbeit bildet das Melden als Gegenstand des Interesses. Das Melden im klassenförmigen Unterricht entbindet den Schüler in seiner ursprünglichen Form von der Anforderung, jederzeit von der Lehrkraft zu einem Wortbeitrag verpflichtet zu werden. Melden bietet dem Schüler die Möglichkeit an dem unterrichtlichen Turn-taking teilzunehmen, d. h. der Lernende bewirbt sich um das Rederecht. In allen Situationen, in denen das Melden Grundlage zum Rederecht ist, soll durch eine Melderegel eine Gleichbehandlung aller potenzieller Redner verbürgt werden. Da es in der unterrichtlichen, klassenöffentlichen Situation schwierig ist, eine Redereihenfolge festzulegen, gilt das Melden lediglich als Aufzeigen des Redewunschs. Da aus zeitlichen Gründen nicht jedem Redewunsch nachgegangen werden kann, erfolgt das Drannehmen (idealtypisch) dem Zufallsprinzip. Wenn mehrere auseinanderfolgenden Gelegenheiten für Redebeiträge geboten werden, wird erwartet, dass auf eine Gleichverteilung des Rederechts hingearbeitet wird. (vgl. Wenzl 2015: 30ff.)
Meyer (2015) schreibt, dass die Art und Weise, in der der Lehrer die Schüler drannimmt, entscheidend das soziale Klima im Klassenzimmer beeinflusst. Darüber hinaus hat sie einen empirischen nachgewiesenen Einfluss auf die Leistungsbereitschaft und Intelligenzentwicklung der Schüler. Ebenso sind bestimmte Mechanismen des Aufrufens und Drannehmens nachgewiesen. Einer diese ist, dass leistungsstarke Schüler insgesamt häufiger als leistungsschwache aufgerufen werden. (vgl. ebd.: 199ff.)
Das Melden hat im Kontext des Frontalunterrichts seine Richtigkeit, denn dort herrscht eine Gleichzeitigkeit des Geschehens, d. h. die Aufmerksamkeit aller, sowohl der Schüler als auch der Lehrer, liegt auf einem gemeinsamen Fokus zentriert. Wenn somit ein Lernender einen potenziellen Beitrag von kollektivem Interesse beisteuern möchte, ist das Melden sinnvoll. Beim individualisierten Unterricht findet jedoch eine Dezentralisierung der Aufmerksamkeit statt, sodass jeder Schüler mit seinem eigenen Thema beschäftigt ist und klassenöffentliche Beiträge eher unpassend sind. Stattdessen muss der Schüler beim Entstehen einer Frage selbstständig für sein eigenes Anliegen einsetzen und dafür die Arbeit unterbrechen. (vgl. Dorow 2012: 79)
4 Stand der Forschung
In diesem Kapitel werden literaturbasiert zwei Alternativen zum typischen Melden angeführt, die in Einzelarbeitsphasen Anwendung finden: das Anstellen bei der Lehrperson und der Stille-Würfel. Beides sind Methoden, die während der Stillarbeit eingesetzt werden können und das aktive Melden ersetzen.
4.1 Das Anstellen
Hat ein Schüler während der Stillarbeitsphase ein Anliegen bei der Lehrkraft, so muss er seine Arbeit unterbrechen und beim Anstellen oder dem Phänomen der „Warteschlange" die Lehrperson aufsuchen. Die Umsetzung sieht vor, dass sich die SchülerInnen während bei ihrer Lehrperson anstellen, um eine abgeschlossene Aufgabe vorzuzeigen, eine Aufgabe kontrollieren zu lassen, Hilfestellung zu erbitten oder eine Frage zu besprechen (vgl. Dorow et al. 2012: 77). Beim Anstellen kommt es zu Unterhaltungen im Flüsterton innerhalb der Warteschlange und die SchülerInnen folgen der Lehrperson, wenn diese an einen anderen Platz wechselt (vgl. ebd.). Wenn ein Schüler an der Reihe ist, steht ihm die Lehrkraft exklusiv zum Beantworten seiner Frage zur Verfügung. Dies geschieht jedoch unter Zuhörerschaft der anderen Wartenden (vgl. ebd.: 80). Bei diesem Konzept wird die Reihenfolge, in der die Schüler nach Unterstützung fragen, eingehalten. Eine mögliche Relevanz oder Dringlichkeit der Anliegen spielt keine Rolle: Die gerechte Verteilung der Aufmerksamkeit der Lehrperson ist formal gewährleistet (vgl. ebd.: 79). Ebenso hat die Lehrkraft stets den Überblick, wie viele SchülerInnen Hilfe benötigen und wie viel Zeit die Beantwortung der jeweiligen Fragen in Anspruch nehmen darf (vgl. ebd.). Mit der Praxis der Warteschlange wird mit dem Strukturprobleme der Knappheit der Ressource Lehrerperson und der Konkurrenz der individuellen Anliegen umgegangen (vgl. ebd.: 80).
4.2 Der Stille-Würfel
Eine andere Alternative zum typischen Melden ist der Stille-Würfel. Bei diesem Würfel handelt es sich um ein Konzept aus den Niederlanden, bei dem jeder Schüler ein Würfel mit verschiedenen farbigen Seiten erhält. Während der Arbeitsphase legt er die Seite nach oben, welche er signalisieren möchte. Der grüne Punkt steht für „Ich bin fertig, ich kann befragt werden oder ich bin bereit für etwas Neues“. Der rote Punkt zeigt an: „Ich arbeite, bitte nicht stören“. Auf einer weiteren Seite ist ein Fragezeichen, dieses legen die SchülerInnen nach oben, wenn sie eine Frage haben und Hilfe benötigen. Der Würfel hat drei weitere unbedruckte Seiten, auf welche andere Zeichen/Symbole nach Absprache in der Klasse gemalt werden können. Mit dem Würfel können die Kinder somit wortlos angeben, wo sie stehen und ob sie Unterstützung brauchen. (vgl. Westermann Gruppe 2018)
Weitere Verfahren und Alternativen zum Melden bei Stillarbeitsphasen sind das Eintragen in Listen an der Tafel oder das Anheften von Namenswäscheklammern (vgl. Dorow et al. 2012: 80). Darüber hinaus liegen keine Studien vor, die bereits weitere Alternativen zum Handaufzeigen in Einzelarbeitsphasen untersuchten, speziell die Abgabe von Namenskarten.
5 Forschung
5.1 Art der Erhebung
In der empirischen Sozialforschung werden zwischen explorativen Untersuchungen, deskriptive Untersuchungen, der Prüfung von Hypothesen und Theorie- oder Evaluationsstudien unterschieden (vgl. Diekmann 2017: 33). Deskriptive Studien zielen weniger auf die Erforschung sozialer Zusammenhänge und Verhaltensursachen ab, als vielmehr auf die Schätzung von Häufigkeiten, Anteilen, Durchschnittswerten und anderen Merkmalen zur Verteilung sozialer Aktivität in der Bevölkerungsgruppe (vgl. ebd.: 35). Um die vorliegende Forschungsfrage und die Teilfragen zu beantworten, wurde eine deskriptive Studie gewählt, da sie ein sinnvoller Typus ist, um den interessierten Sachverhalt objektiv zu beschreiben und einen Einstieg in die Thematik zu gewährleisten.
Um das Abgeben von Namenskärtchen im Mathematikunterricht zu untersuchen, wurde eine empirische Datenerhebung in quantitative Form gewählt, da das zu beobachtende Verhalten der SchülerInnen zunächst quantitativ beschrieben werden soll. Die Erhebung ist quantitativ, da es sich nur um eine numerische Erhebung mit geringem Umfang handelt und diese nicht verallgemeinerbar ist, sondern die Erkenntnisse zunächst nur auf die beobachtete Klasse bezogen werden können.
5.2 Stichprobe
Im Fokus der Beobachtung stehen die Lehrkraft und die Lernenden der Klasse 1/2a. Die Klasse besteht aus 17 SchülerInnen, die zwischen sechs und acht Jahren alt sind. In der zu beobachtenden Eingangsphase sind acht Mädchen und neun Jungen, diese teilen sich in acht Erstklässler und neun Zweitklässler auf. Der Lernstand der SchülerInnen ist sehr differenziert: Es gibt einen Schüler, der bereits Dritte-Klasse-Aufgaben bearbeitet, wobei andere Kinder Schwierigkeiten bei den Erstklässler-Aufgaben zeigen. Für die Erhebung ist an dieser Stelle lediglich relevant, dass der zu beobachtende Mathematikunterricht differenziert und individualisiert durchgeführt wird. Die Lehrerin ist Klassenlehrerin der 1/2a und wendet das Prinzip mit den Namenskärtchen bereits eine geraume Zeit an, ist davon überzeugt und achtet strikt auf die Umsetzung. Die Klasse 1/2a wurde als Stichprobe anderen Klassen vorgezogen, da sich dort die Gelegenheit am besten anbot, die Beobachtungen durchzuführen.
[...]