Die Arbeit geht folgender Frage nach: Was ist negative Theologie? „Gott ist nicht gut“ ist eine Aussage, die man der negativen Theologie zuordnen kann. Zuerst wird in der Arbeit die negative Theologie in ihren Wesen beschrieben, um ein allgemeines Verständnis aufzubauen. Danach wird der Ursprung der negativen Theologie beschrieben. Danach werden via negativa in die Theologie eingeordnet und sich kritisch mit auseinandergesetzt. Zum Schluss werden die Ergebnisse noch einmal in einem Fazit zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Darstellung des Themas in der theologischen Reflexion
2.1 Was ist negative Theologie
2.2 Ursprünge und Begründung der negativen Theologie
2.3 Die Bedeutung der negativen Theologie in der Theologie
3. Kritische Auseinandersetzung mit der Rede von Gott
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
5.1 Literaturquellen
5.2 Internetquellen
1. Einleitung
„Gott ist nicht gut“ ist eine Aussage, die man der negativen Theologie zuordnen kann.
Doch was genau ist die negative Theologie? Diese Fragen und weitere kann man sich beim Lesen dieser einen Aussage stellen. Weitere Fragen wären dann, ob Gott nicht gut sei. Eine logische Schlussfolgerung wäre nun, dass Gott böse ist. Stimmt das? Bedeutet also die negative Theologie meint nur schlechtes über Gott?
Meine Hausarbeit möchte ich nutzen um diese Fragen zu beantworten.
Am Ende meiner Arbeit möchte ich meine Leitfrage für diese Arbeit beantworten: „Wie lässt sich Gott angemessen durch die negative Theologie in seiner Fülle beschreiben?“.
Dazu möchte ich in meiner Arbeit zuerst die negative Theologie in ihren Wesen beschrieben um ein allgemeines Verständnis aufzubauen. Danach beschreibe ich den Ursprung der negativen Theologie, dieser Hilft ebenfalls zum richtigen Verständnis. Danach ordne ich die via negativa in die Theologie ein und werde mich mit ihr kritisch auseinandersetzen, was spricht für sie und was gegen sie. Zum Schluss werde ich meine Ergebnisse noch einmal in einem Fazit zusammenfassen.
2. Darstellung des Themas in der theologischen Reflexion
2.1 Was ist negative Theologie?
Im Folgenden möchte ich einen kleinen Einblick in das Wesen der negativen Theologie bieten.
Sie ist mehr als eine Art des Sprechens von Gott, die negative Theologie ist gleichzeitig eine Denkform christlichen Denkens1.
Erkennen kann man sie an Negationen und Fragen in der Rede von und über Gott. Dia Aussagen, die sich der negativen Theologie zuordnen lassen, müssen jedoch nicht immer feste dogmatische Aussagen über Gott sein. Besonders die neuere negative Theologie, besteht aus diesem Merkmal2.
Nach diesen Gesichtspunkten lässt sich eine Aussage leicht der via negativa, ein anderer Begriff für negative Theologie, zuordnen. Die Aussage, Gott ist nicht böse oder die Frage, ob Gott ein Richter sei, kann man durch die beiden genannten Merkmale dieser alten Tradition zuordnen. Über die Geschichte der via negativa wird in Kapitel 2.2 genauer eingegangen.
Durch die genannten Kennzeichen, kann man zwar die negative Theologie erkennen, aber es steckt mehr dahinter als nur einfache Aussagen.
Da das Thema sehr komplex in der theologischen Literatur behandelt wird, beschränke ich mich im Rahmen dieser Hausarbeit auf Ralf Stolina. Stolina meint, es sei kein Versuch Gott zu erreichen, er nennt Gott hier jedoch das Absolute3.
In einem anderen Artikel behauptet er, die via negativa stelle einen mystagogischen Erkenntnisweg zu Gott dar4. Mit dem Begriff mystagogisch nennt Stolina den Weg zu Gott eine Geheimkultur, sodass der Erkenntnisweg zu Gott Außenstehenden verborgen bleibt. Nur Anhänger, damals Jünger, der Religion wurden von den Ältesten in die Tiefen der Religion eingeführt5. Damit positioniert er sich für die Meinung, dass die negative Theologie nicht von jedem begriffen werden kann. Schon der Philosoph und Theologe Mose ben Maimon war der Meinung, dass die via negativa nur etwas für Gebildete sei6.
Durch diesen kurzen Einblick in die negative Theologie lässt sich erkennen, dass es von ihr keine eindeutige Definition gibt. Es gibt viele verschiedene wissenschaftliche Auffassungen und manchmal wird sie auch über ein Nicht – Sein beschrieben.
Zur Beantwortung meiner Frage ist das Wesen der via negativa das Wesentliche, das begriffen werden muss.
Es stellt sich im Weiteren die Frage, wie man negativ von und über Gott sprechen kann? Dies möchte ich an dem Beispiel aus der Einleitung nun erläutern. „Gott ist nicht gut“, heißt dies nun, „Gott ist böse“?
Genau das bedeutet es eben nicht. Um die negative Theologie verstehen zu können, ist es wichtig zu begreifen, dass eine Verneinung nicht immer das Gegenteil bedeutet. Wenn ich sage „Gott ist nicht gut“, meine ich also nicht „Gott ist böse“. In diesem Fall ist Verneinung zwar wahr, aber nur, weil die Aussage „Gott ist gut“, Gott nicht ausreichend in seiner Güte beschreiben kann7. Ebenso soll die Negation nicht Gottes Allmacht absprechen8, sondern diese eigentlich in seiner Fülle beschreiben. Dies ist der erste wichtige Punkt, um die Aussagen der negativen Theologie zu verstehen.
Ebenso gibt es aber auch die Negation der Negation. Eine doppelt verneinte Aussage hat dieselbe Intention, wie die vorherige beschriebene Aussage. Hierbei reicht die normale Negation nicht aus, um Gottes Wesen oder auch Wirken gerecht zu werden9.
Manchmal bedeutet eine Negation jedoch auch das, was sie aussagt. In diesem Fall wird Gott beschrieben, indem gesagt wird, was er alles nicht ist10.
Ebenso kann eine Negation nicht Gott selbst beschreiben, sondern sein Wirken11.
Berücksichtigt man diese Gesichtspunkte der via negativa, lassen sich Aussagen in diesem Stil auch nicht mehr falsch verstehen.
2.2 Ursprünge und Begründung der negativen Theologie
Die Idee der via negativa hat eine lange Tradition. Die ersten schriftlichen Anfänge der negativen Theologie sind um die 2620 Jahre alt, da wurden die ersten Aufzeichnungen des Alten Testaments geschrieben12. Die ersten Hinweise befinden sich im Bilderverbot der 10 Gebote von Mose13: „Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten im Wasser unter der Erde.“14 Genau darum geht es in der via negativa, man soll Gott lieben, so wie er ist und nicht ein Bild von ihm. Dieses erreicht man, indem man nicht sagt, was er ist, sondern was er alles nicht ist15. Genau das sagt auch Meister Eckhart in seiner Predigt:
Du sollst Gott nicht geistlich lieben, das heisst, deine Seele soll nichtgeistig sein und aller Geistigkeit entkleidet; denn solange die Seele geistförmig ist, hat sie Bilder; solange sie Bilder hat, hat sie nicht Einheit noch Eintracht; solange sie nicht Eintracht hat, liebte sie Gott nicht recht, denn bei rechter Liebe kommt es auf die Eintracht an. Darum soll deine Seele nichtgeistig sein, frei von allem, was Geist ist, und soll geistlos dastehn; denn liebst du Gott, wie er Gott ist, wie er Geist ist, wie er Person ist und wie er Bild ist, das muss alles hinab. »Wie soll ich ihn denn lieben?« Du sollst ihn lieben wie er ist: ein Nichtgott, ein Nichtgeist, eine Nichtperson, ein Nichtbild, sondern: wie er ein blosses, pures, reines Eins ist, gesondert von aller Zweiheit, und in dem Einen sollen wir ewiglich versinken von Nichts zu Nichts. Das walte Gott. Amen.16
Weitere Spuren der negativen Theologie lassen sich ebenfalls im neuen Testament finden12. Aurelius Augustinus äußert sich im Sinne der negativen Theologie, indem er sagt: „Wenn du (etwas) begreifst, ist es nicht Gott.“17. Diese Aussage kann man der negativen Theologie zuordnen, da Gott nach dem anthropologischen Zugang für die Menschen unbegreiflich ist18 und man ihn durch die Negationen etwas näher kommen kann.
Der einflussreichste und wichtigste Vertreter der Negativen Theologie ist der Schriftsteller Pseudo-Dionysius Areopagita, er gilt als Vater der via negativa19. Zu seiner Zeit, im Neuplatonismus eines Plotin und eines Proklos, hatte die negative Theologie ihren Höhepunkt20. Seiner Meinung nach muss man sich bei der Rede von Gott an der Weisung der Heiligen Schrift orientieren, das heißt, man darf nur das denken, was die Heilige Schrift offenbart19. Dionysius formte die negative Theologie für die nachfolgenden Generationen prägend. Er stellte nicht nur die Bestimmung fest, nur das Offenbarte aus der Heiligen Schrift zu denken und zu sprechen, sondern er prägte auch die Sprache im Sinne von de Saussure. Der Schweizer Sprachwissenschaftler hatte am Ende des 19. Jahrhunderts festgestellt, dass man die menschliche Sprache nur durch Unterschiede und Differenzen zu anderen Begriffen verstände21. Ein häufiges Beispiel im Alltag dafür ist das Verständnis von Schwarz und Blau. Um zu sehen, ob etwas blau ist oder doch schwarz, vergleicht man blau oft mit etwas eindeutig Schwarzen. Aus dieser Differenz entwickelt sich dann das Verständnis von Blau und Schwarz. Dieses Beispiel lässt sich auf andere Situationen übertragen, aber eben nicht auf Gott. Für ihn als das Allmächtige, kann man keinen gerechten Vergleich finden, daher kann man ihn nur durch Negationen und Differenzen zu unserem Verständnis der Eigenschaften abschotten.
Das erste Mal wurde die negative Theologie im IV. Lateranerkonzil (1215) in offiziellen kirchlichen Dokumenten festgehalten: „Im Hinblick auf Gottes Transzendenz alles Vergleichen überhaupt versagt“22. Durch diese Passage des Konzils sind wir wieder bei Dionysius und seiner Theorie der Sprache als Verständnis des Vergleichens.
Das I. Vatikanische Konzil hat in dem Zeitraum vom 8. Dezember 1869 bis zum 20. Oktober 1870 in den Dokumenten „Dei filius“ festgehalten:
Die heilige, katholische, apostolische, römische Kirche glaubt und bekennt, dass ein einziger, wahrer und lebendiger Gott ist, der Schöpfer und Herr des Himmels und der Erde, allmächtig, ewig, unermesslich, unergründlich, unendlich an Vernunft und Willen und jeglicher Vollkommenheit. Er ist ein einziges, durchaus einfaches und unveränderliches geistiges Wesen; darum ist Er, so muss man bekennen, wirklich und wesentlich von der Welt verschieden, in sich und durch sich vollkommen selig und über alles, was außer Ihm besteht oder überhaupt denkbar ist, unaussprechlich erhaben.23
Hier wird wieder von dem anthropologischen Zugang der negativen Theologie ausgegangen, Gott ist für das Verständnis des Menschen unbegreiflich, zu groß und zu mächtig.
[...]
1 Vgl.: Stosch, Klaus von: Einführung in die systematische Theologie. Paderborn 22009, 60
2 Vgl.: Stosch, Klaus von: Einführung in die systematische Theologie. Paderborn 22009, 65
3 Vgl.: Stolina Ralf: Niemand hat Gott je gesehen: Traktat über negative Theologie. Berlin 2000, 124
4 Vgl.: Stolina, Ralf: Negative Theologie. In: Religion in Geschichte und Gegenwart 42015
5 Vgl.: N.N: Mystatogie. Online Unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Mystagogie (Stand 17.08.2020)
6 Vgl.: Benk, Andreas: Negative Theologie. In: Das wissenschaftlich-religionspädagogische Lexikon im Internet (WiReLex) 2018 Unter: https://www.bibelwissenschaft.de/fileadmin/buh_bibelmodul/media/wirelex/pdf/Negative_Theologie__2018-09-20_06_20.pdf (Stand: 09.08.2020), 4
7 Vgl.: Stolina: Gott, 16
8 Vgl.: Gutschmidt, Rico/Rentsch, Thomas: Gott ohne Theismus? Neue Positionen zu einer zeitlosen Frage. Münster 2016, 11
9 Vgl.: Stolina: Gott, 17
10 Vgl.: Stosch: Einführung, 60
11 Vgl.: Stolina: Gott, 13
12 Vgl.: N.N.: Wie entstand das Buch der Bücher – das Fundament des Christentums. Online unter: https://www.geo.de/magazine/geo-epoche/14988-rtkl-erforschung-der-bibel-wie-entstand-das-buch-der-buecher-das-fundament (Stand 09.08.2020)
13 Vgl.: Stosch: Einführung, 61
14 Ex 20,4
15 Vgl: Benk, Andreas: Negative Theologie. In: Das wissenschaftlich-religionspädagogische Lexikon im Internet (WiReLex) 2018 Unter: https://www.bibelwissenschaft.de/fileadmin/buh_bibelmodul/media/wirelex/pdf/Negative_Theologie__2018-09-20_06_20.pdf (Stand: 09.08.2020), 4
16 Guth, Karl-Maria (Hg.): Meister Eckhart. Predigten, Traktate, Sprüche. Berlin 2016, 71
17 Zit. Nach Benk: Theologie, 2
18 Vgl.: Stosch: Einführung, 64
19 Vgl.: Stolina: Gott, 9
20 Vgl.: Gutschmidt: Gott, 110
21 Vgl.: Gutschmidt: Gott, 110
22 Zit. nach: Benk: Theologie, 3
23 N.N.: Dei filius (Wortlaut). Online unter: http://www.kathpedia.com/index.php/Dei_filius_(Wortlaut) (Stand: 09.08.2020)