Diese Arbeit gibt einen kurzen Überblick über die Theologiegeschichte mit Vertiefungen in den Themen Gnade und Thomas von Aquin, sowie einer Betrachtung, was aus der Kirchengeschichte gelernt werden kann.
Der Anfang des Christentums ist mit dem Tod und der Auferstehung Jesu zu begründen. In der Zeit nach seiner Rückkehr zum Vater stellt sich die Frage, was die Vorstellungen der Menschen von Jesus Christus sind. Die Theologiegeschichte hat nun die Aufgabe, die Grundstrukturen der Kirche zu entwickeln und auf diese und weitere Fragen Antworten zu suchen.
Im Laufe der Zeit sind fünf große Epochen entstanden: ‚Die Zeit der Kirchenväter‘, ‚Die Zeit im Mittelalter‘, ‚Die Reformationszeit‘, ‚Die Zeit der Aufklärung bis zum 19. Jahrhundert‘, und ‚Das 20. Jahrhundert und die Gegenwart‘. Im Folgenden wird ein Überblick über diese Epochen und der einzelnen Strömungen gegeben.
Am Anfang des Christentums spielt die Zeit der Kirchenväter eine wichtige Rolle. Zunächst sind in dieser Hinsicht die Apostolischen Väter zu nennen. Diese haben neben dem Neuen Testament die frühen christlichen Zeugnisse in den ersten Jahrhunderten erstellt. Mit diesen Schriften vermitteln sie "ein durchschnittliches Bild vom Glauben in den ersten Gemeinden". Deshalb waren sie in ganz besonderer Weise normgebend für die christlichen Gemeinden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Überblick über die theologiegeschichtlichen Epochen und ihre Denker
1.1 Die Zeit der Kirchenväter
1.2 Die Zeit des Mittelalters
1.3 Die Reformationszeit
1.4 Die Zeit der Aufklärung bis zum 19. Jahrhundert
1.5 Die Theologie des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart
2 Wie sich die Vorstellung des Heils durch die Jahrhunderte hinweg verhält
3 Thomas von Aquin
4 Aufschlussreiche Einsichten aus der Beschäftigung mit der Theologiegeschichte
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Überblick über die theologiegeschichtlichen Epochen und ihre Denker
Der Anfang des Christentums ist mit dem Tod und der Auferstehung Jesu zu begründen. In der Zeit nach seiner Rückkehr zum Vater stellt sich die Frage, was die Vorstellungen der Menschen von Jesus Christus sind. Die Theologiegeschichte hat nun die Aufgabe, die Grundstrukturen der Kirche zu entwickeln und auf diese und weitere Fragen Antworten zu suchen.
Im Laufe der Zeit sind fünf große Epochen entstanden: ‚Die Zeit der Kirchenväter‘, ‚Die Zeit im Mittelalter‘, ‚Die Reformationszeit‘, ‚Die Zeit der Aufklärung bis zum 19. Jahrhundert‘, und ‚Das 20. Jahrhundert und die Gegenwart‘. Im Folgenden wird ein Überblick über diese Epochen und der einzelnen Strömungen gegeben.
1.1 Die Zeit der Kirchenväter
Am Anfang des Christentums spielt die Zeit der Kirchenväter eine wichtige Rolle. Zunächst sind in dieser Hinsicht die Apostolischen Väter zu nennen. Diese haben neben dem Neuen Testament die frühen christlichen Zeugnisse in den ersten Jahrhunderten erstellt.1 Mit diesen Schriften vermitteln sie „ein durchschnittliches Bild vom Glauben in den ersten Gemeinden“2 Deshalb waren sie in ganz besonderer Weise normgebend für die christlichen Gemeinden.
Aus diesem Grund ist der Moralismus / Nomismus sehr wichtig. Durch den Moralismus werden, im Unterschied zum Neuen Testament, Gesetze und Regeln festgesetzt, die zu einer Norm werden und die die Menschen beachten sollen. Die Apostolischen Väter sehen die Evangelien als neues Gesetz an. Durch dieses wird das alte mosaische Gesetz ersetzt. Die Befolgung des neuen Gesetzes und Gehorsam war für die Apostolischen Väter sehr wichtig für die Nachfolge Jesu Christi. Deshalb gehören das Gesetz und Jesus Christus eng zusammen. Die Gesetze sind paränetisch (mahnend) und v.a. an Heidenchristen gerichtet, denn diese müssen alte Verhaltensmuster ablegen und brauchen klare Regeln.
Wenn der Mensch ein rechtes Leben führt, wird er am Ende des Lebens für sein Gehorsam belohnt. Die Schriften der Apostolischen Väter sind dafür gedacht, sie den Menschen weiterzuerzählen, damit alle Menschen Teil haben können an der Gerechtigkeit. Im Mittelpunkt des Lebens steht Jesus Christus. Mit der Erkenntnis durch Jesus Christus kann der Mensch auch Heil und Unsterblichkeit erlangen, denn Christus befreit vom Alten Bund und schenkt Unsterblichkeit durch seinen Neuen Budn. Wenn der Mensch nach diesen Regeln lebt, ist er befreit von der Sünde.
Die Gnade wird nur durch die Kraft Christi verteilt und verleiht Kräfte, um das neue Gesetz Christi zu erfüllen. Die Gnade ist außerdem die Voraussetzung für das Heil.
Die Apologeten sind Autoren des zweiten Jahrhunderts. Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet Verteidigungsrede (Verteidigung, um zu entkräftigen). Ihr Ziel war es, die Beschuldigungen der Griechen und Römer zurückzuweisen. Sie zeigen ihnen, dass das Christentum wahrer und klüger ist als die Religion der Griechen / Römer. Damit wollen die Christen ihre Religion als wahre Philosophie beweisen.3 Die Apologeten haben dadurch einen wichtigen Beitrag für die Theologiegeschichte geleistet.4
Im römischen Reich gibt es viel Kritik gegen das Christentum. Es wird behauptet, die Christen hätten eine unvernünftige Einstellung zum Tod sowie ein schlechtes Gemeinwesen, da sie gegen den Götterkult waren. Zudem versammeln sich Christen im Geheimen und verehren Jesus als Gott, obwohl er nur ein ethisches Vorbild ist.
Justin, einer der Apologeten, zeigt, dass die Weltvernunft und Gott den logos (Vernunft) darstellt. Christus repräsentiert dabei die Wahrheit, da er selbst logos geworden ist. Damit stellen die Apologeten Christus in den Mittelpunkt des christlichen Glaubens.
Der Ebionismus (Judenchristentum) hat eine geringe Bedeutung für das Christentum. Hier wird Jesus mit der Sprache der Juden beschrieben. Das jüdische Gesetz spielt nach wie vor eine wichtige Rolle. Jesus ist ausschließlich Mensch. Es gab keine Präexistenz, Inkarnation oder Jungfrauengeburt. Jesus wurde erst in der Taufe oder der Auferstehung als Gottes Sohn angenommen, wobei dabei keine göttlichen Attribute aufgenommen wurden.5
Der Ebionismus ist also eine Vermischung von Christentum und Judentum, der bald wieder ausstarb.6
Der Gnostizismus ist eine Strömung, die bereits seit dem Aufkommen des Christentums vorhanden ist.7 Das griechische Wort gnosis bedeutet Geist oder Erkenntnis. Durch erhöhte Erkenntnis können die Menschen in die Lichtwelt emporsteigen. Es gibt Zwischenwesen, die verantwortlich für den Sturz des Lichts sind und in die Finsternis führen. Deshalb ist für den Menschen Erlösung wichtig.
Wie schon bei Platon, herrscht „ein strenger Dualismus zwischen der Geisteswelt und der Materie, deren Ziel die Befreiung des Geistes von der Materie ist“8. Es gibt einen guten und einen bösen Gott. Der böse Schöpfergott wird als Demiurg bezeichnet. Um sich von diesem zu befreien ist strenge Askese notwendig. Heute ist diese Ansicht vom guten und bösen Gott eine volkstümliche Interpretation. Denn der Gott des Alten Testaments wird oft als böser Gott und der Gott des neuen Testaments als guter Gott angesehen. Ein wichtiger Vertreter der Gnosis ist Marcion.
Die antignostischen Väter bilden eine Gegenbewegung zur Gnosis. Diese ist eine westliche Religion, die vor allem stark durch Irenäus geprägt wurde, welcher in Frankreich lebte. Er ist der Meinung, dass der Mensch durch die Erlösung zum Heil kommen und damit den Tod überwinden kann.
Für die antignostischen Väter ist die Bibel die einzige Quelle des Glaubens. Deshalb sind Bibelwissenschaften auch sehr wichtig. Irenäus prägte zudem den vierfachen Schriftsinn, welcher aussagt, dass die Bibel nach dem historischen Sinn, dem allegorischen (dogmatischen) Sinn, dem tropologischen (moralischen) Sinn und dem anagogen (eschatologischen) Sinn verstanden werden kann. Diese vierfache Bibelauslegung war bis ins Mittelalter von großer Bedeutung, auch wenn dort größtenteils die allegorische und tropologische Deutung gebraucht wurden.9
Wichtig ist auch Tertullian. Dieser die 2-Naturen-Lehre, die Jesus als Mensch und Gott in einem denkt, sowie die Trinitätslehre, die eine Weiterentwicklung des Logos-Gedanken der Apologeten ist, vorausgedacht.
Die alexandrinische Theologie spielt in der griechischen Antike eine Rolle. Sie gilt als extrem aufschlussreich. Große Gelehrte dieser Zeit sind Athanasius und Origenes. Diese bekämpfen zudem auch die antiochenische Position.
Die alexandrinischen Theologen wollen die christliche Tradition bewahren. Sie haben dabei mit der Bibel argumentiert, sehen aber das Christentum auch als Philosophie des Platonismus. Sie ähnelt sich in diesem Fall stark mit der Gnosis. Jedoch wollte die alexandrinische Theologie die Gnosis hin zu einem weniger dualistischen Ansatz verändern. Das Leitmotiv dabei ist der Platonismus.
Der Leib ist im Platonismus das Gefängnis der Seele. Die Seele möchte aber zu ihrem göttlichen Ursprung zurückkehren.
Plotin, ein wichtiger Denker der alexandrinischen Theologie, hat den Neuplatonismus geprägt, indem er die platonische Philosophie aktualisiert hat. Der Aufstieg ist, ähnlich dem Aufstieg ins Nirvana, mystisch und nicht erkenntnishaft. Dabei wird die Seele vom Materiellen befreit. Beim Aufstieg erlebt sie eine Gottesschau. Einen Abstieg der Seele gibt es im Neuplatonismus nicht.
Eine weitere wichtige Person der alexandrinischen Theologie ist Origenes. Auch er hatte eine neuplatonische Sichtweise und sagte, dass die Schöpfung eine Notmaßnahme ist. Sie wurde gebaut, um den „Abfall“ loszuwerden. Die Menschen werden also auf die Erde geschickt, um bestraft zu werden. In ihrem neuen Körper sollen sie dann erzogen werden. Danach können sie befreit vom Materiellen zu Gott aufsteigen. Der Logos ist von Anfang an göttlich und wird durch Jesus verkörpert.
Gott ist in dieser Vorstellung transzendent und übersteigt alles. Gottes Sohn ist der Erschaffer von allem, auch der Schöpfung. Er ist also ein Avatar Gottes.
Der Monarchianismus fasst Strömungen in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts zusammen, die später allerdings als häretisch abgelehnt werden.10 Die Ausgangsfrage dessen ist: Wie lassen sich Gott Vater und Sohn zusammendenken? Die zwei großen Strömungen, der Dynamismus und der Modalismus, sind sehr gegensätzlich. Den Dynamismus prägten unter anderem Theodot und Paulus von Samosata.
Theodot lehnt die Logos-Theorie ab. Er ist der Meinung, dass Christus ein „normaler“ Mensch ist, welcher von einer Jungfrau geboren ist. So wie der Ebionismus verneint er die Göttlichkeit Jesu. In der Taufe kommt dann die göttliche Kraft (dynamis) auf den Menschen Jesus hinab. Er sieht Jesus als einen Prophet, welcher eine Zeit lang mit einer göttlichen Kraft ausgestattet wurde.
Paulus von Samosata hat den Logos-Gedanken nicht vollständig abgelehnt. Anders als bei Origenes ist der Logos jedoch keine Verkörperung, sondern bildet die Vernunft oder Weisheit des Menschen. Diese Weisheit ist in Jesus als göttliche Kraft, bildet aber im Gegensatz zu Tertullian keine eigene Persönlichkeit.11
Beim Dynamismus ist Gott eins, während der Sohn lediglich Mensch und das Göttliche nur ein Attribut ist. Der Geist ist eine eingegossene Gnade.
Der Modalismus betont im Gegensatz zum Dynamismus die Wesenseinheit Gottes. Dabei sind Vater, Sohn und Geist getrennte Personen. Jedoch sind die drei Personen eine Substanz. Der bedeutendste Vertreter des Modalismus ist Sabellius. Er sagte, dass die drei Personen drei Offenbarungsweisen Gottes sind.12 Diese sind wie Masken, die Gott aufsetzen kann. Dabei wird jedoch nicht klar, ob es nicht noch mehr als diese Drei gibt, deshalb gibt es laut des Modalismus keine Trinität
Der Arianismus ist aus dem Dynamismus heraus entstanden. Da Arius stark bekämpft wurde, haben die Streitigkeiten die Einheit der Kirche gefährdet, weshalb Kaiser Konstantin 325 ein Konzil einberuft, um den Sachverhalt zu klären.13
Im Konzil in Nicäa 325 wird Arius vorgeworfen, dass er Christus als geschaffen bezeichnet und als einen anderen als Gott. Er ist aber trotzdem als ein göttliches Wesen zu verehren. Dadurch wird ihm vorgeworfen, einen Polytheismus zu leben. Zudem wird ihm Götzendienst vorgeworfen. Dadurch zerstört Arius die Grundlagen des Heils, denn nur, wenn Christus Gottes Sohn ist, kann er die Menschen erlösen, unsterblich machen und Gotteserkenntnis schenken. Außerdem können, wenn Christus nicht ganz Mensch ist, nicht die Sünden der Menschen gesühnt werden.
Der bedeutendste Verteidiger des nicänischen Standpunkts war Athanasius. Er sieht allein die Schrift als Grundlage des Glaubens. Der Mittelpunkt der Schrift ist Christus und die Erlösung, die durch ihn gegeben wird. Die Hilfe der Philosophie lehnt Athanasius in der christlichen Glaubenslehre ab.
Auch Athanasius war beim Konzil in Nicäa dabei, in welchem er als Mittelpunkt der Theologie die Erlösung durch Jesus Christus stellt.14 Im Kampf gegen den Arianismus bildete sich die Trinitätslehre heraus. Ebenfalls wichtig dafür ist die Beziehung von Jesus und Gott, welche auch später beim christologischen Problem noch einmal größere Relevanz gewinnt. Athanasius vertrat den Standpunkt, dass Jesus Christus sowohl wahrer Mensch, als auch wahrer Gott ist. Dies ist auch die Voraussetzung für die Erlösung. Er sagt, Christus ist gekommen, um zu offenbaren, dass er Gottes Sohn ist und den Gottesdienst auf Erden wieder richtet. Dies steht ganz im Gegensatz zu der Ansicht von Arius. Christus soll mit seinem Handeln die Macht Gottes demonstrieren. Gott Vater ist die Quelle dieser, die der Sohn ausführt.
Mit dem christologischen Problem beschäftigen sich die Menschen des vierten Jahrhunderts, indem sie sich die Frage stellen, wie sich Gott und Mensch in Jesus verhalten. Alexandrien möchte die Göttlichkeit Jesu hervorheben, Antiochia sieht die Menschlichkeit Jesu.15 Nicht sicher war, wie die Menschlichkeit und Göttlichkeit zusammengebracht werden kann. Apollinaris ging davon aus, dass Jesus eine Natur des fleischgewordenen Gottes und keine Verbindung zwischen Gott und Mensch ist.
Die Meinungen gingen in die Richtung, dass Jesus als Gott gesehen wird. Die antiochenische Schule kontert mit der Aussage, dass Christus Mensch gewesen sein muss, da er nicht nur einen menschlichen Leib hat, sondern auch eine menschliche Seele. Außerdem gehen sie gegen die Vorstellung Jesu als Gott vor, da sie behaupten, dass Gott selbst nicht Fleisch werden kann. Die antiochenische Schule , die streng wissenschaftlich ist, geht das Problem von historischer Seite an. Auch wenn sie vor allem die menschliche Seite betonen, schließen sie die göttliche dennoch nicht aus. Jedoch ist ihnen wichtig, dass Jesus ganz Mensch und ganz Gott ist und diese beiden nicht vermischt sind. Wichtige Vertreter der antiochenischen Schule sind zum Beispiel Diodor von Tarsus und Theodor von Mopsuestia.
Auf der Synode von Chalcedon wurde nach vielen Streitigkeiten eine christologische Formel festgelegt, die an die Kernpunkte der Streitfrage anknüpft und Gedankengänge zusammenfasst.16
Im Folgenden wurden kirchliche Strukturen festgelegt. Ein wichtiger Vertreter dieser Zeit ist Ignatius. Dieser hat wichtige Aussagen zum Bischofsamt getroffen. Er ist der Meinung, dass der Bischof die Menschen vor Irrlehren schützt. Er wird als Nachfolger der Apostel gesehen, der die Einheit der Christen verkörpert und die Wahrheit der Lehre garantieren soll. Außerdem sagt Ignatius, dass die Kirche die Aufgabe der alleinigen Verwaltung des Wortes, der Sakramente und der Heilsmittel hat. Die Tradition der Apostel wird durch die Kirche bewahrt.
Eine weitere wichtige Person ist Cyprian. Er legt den Grundstein für den römischen Kirchengedanken und prägt die Bußauffassung, welche eine weitere Entwicklung ist. Sie zeigt eine Möglichkeit auf, die Gemeinschaft mit Gott wieder herzustellen. Die Buße ist ein verdienstliches Werk, die den Zorn Gottes stillen soll. Bestandteile sind Reue, Bekenntnis und Genugtuung.
Die erste Buße ist Teil der Taufe. Danach darf nur eine weitere Buße nach einem Fehlverhalten gemacht werden, damit die Wiederaufnahme in die Gemeinschaft der Gläubigen möglich ist.
Im weiteren Verlauf ist Augustinus von großer Bedeutung. Er trat einer afrikanischen Sekte, dem Manichäismus, bei, die viele Ähnlichkeiten zur gnostischen Theologie hat. Auch der Neuplatonismus spielte in Augustins Leben eine Rolle. Sein Ziel ist, die Wahrheit durch Vernunft und Philosophie zu erlangen. Der Glaube geht dem Verstehen voraus, und die Anerkennung des Glaubens wird durch die Offenbarung gegeben. Ausschlaggebend ist die Unterwerfung unter die Autorität der Schrift.
Der Mensch ist auf ein Ziel ausgerichtet, was nach dem Neuplatonismus die elementarste Tendenz des Menschen ist.17 Das Begehren ist die anthropologische Grundkonstante des Menschen. Augustin hat die Vorstellung, dass der Mensch außerhalb von sich selbst nach dem Guten suchen muss. Er unterscheidet verschiedene Begehren der Liebe. Der bekehrte Mensch begehrt die Liebe zum höchsten Gut. Dieses nennt Augustin caritas. Der natürliche Mensch begehrt die Welt und das Zeitliche, was Augustin cupiditas nennt. Das Mittel des Begehrens des Menschen soll als Weg zum Höchsten genutzt werden, nicht um seiner selbst willen. Deshalb ist die Sünde eine Willensausrichtung zur Welt und ein Abwenden von Gott. Wenn der Mensch bekehrt wird, verwandelt sich cupiditas in caritas.18
Die Gnade wird durch den Heiligen Geist von außen eingegossen und hat verschiedene Wirkweisen. Augustin bezeichnet die Gnade als eine reale verwandelte Macht, die Gott selbst ist. Durch diese wird der Glaube geschenkt. Die Konsequenz der Gnade ist die Willensänderung. Durch Gnade erfährt der Mensch auch Erlösung. Die Voraussetzung für die Erlösung ist die Menschwerdung und das Sterben Christi. Die Erniedrigung Christi, der Vorbild ist, ist das Heilmittel gegen den Hochmut.
Gottes Werk der Gnade und das Verhalten des Menschen müssen deshalb für die Erlösung zusammenspielen.
Ein Gegner Augustins ist Pelagius. Dieser ist der Meinung, dass der Mensch selbst erlösungsfähig ist, da er nicht grundsätzlich durch bösen Einfluss getrieben wird.
1.2 Die Zeit des Mittelalters
Bei der Synode von Orange wurde über Augustins Lehre diskutiert. Themen waren die Erbsündenlehre und die Gnade. Der ganze Mensch wird durch die Erbsünde verdorben. Außerdem wurde sich mit der Bedeutung der Prädestination auseinandergesetzt. Eine doppelte Prädestination wurde aber abgelehnt. Insgesamt ist durch die Synode ein Umbruch erkennbar.
Die Politik beschäftigt sich mit dem Zerfall des Römischen Reiches und dem Aufbau des Germanischen Reichs. Durch die schwierige politische Situation, treten theologische Fragen in den Hintergrund. Die politische Situation prägt die weitere Entwicklung der Theologie.
Gregor der Große führt die Augustinische Lehre weiter. Die Gnade ist dafür da, den Menschen zu erlösen und zu bessern. Der Mensch wird mit der Gnade für gute Taten belohnt, weshalb alle Verdienste, die vor der Gnade erreicht werden könnten, abgelehnt werden. Eine Konsequenz hieraus ist der Prädestinationsgedanke.19 In dieser Zeit wird versucht die Theologie mit der volkstümlichen Frömmigkeit zu vereinen.
Daraus bildete sich die Scholastik. Diese war förderlich für eine Reform des Klosterwesens. Wichtige Vertreter hinsichtlich der Abendmahlslehre dieser Zeit waren Berengar von Tours und Lanfranc.
Außerdem wurde sich in dieser Zeit um die Begriffe des Nominalismus und Realismus gestritten, was unter dem Namen Universalienstreit bekannt ist. Die Vertreter des Nominalismus waren der Meinung, dass nur einzelne Teile Realität haben und Allgemeinbegriffe lediglich Namen sind, die Gegenständen gleicher Art verliehen werden. Die Vertreter des Realismus meinten, Allgemeinbegriffe sind von der Vernunft gebildet. In ihnen kann etwas Reales inne wohnen. Vor allem am Realismus wurde viel Kritik geübt. Ein wichtiger Vertreter dessen ist Anselm von Canterbury. Des Weiteren beschäftigten sich die Theologen mit der Abendmahlslehre, der theologischen Methode, mit Glauben, Vernunft, Natur und Gnade und nicht zuletzt mit der Versöhnungslehre, die durch Anselm von Canterbury geprägt wurde.
In der Hochscholastik wird der Zusammenschluss der antiken Philosophie und des christlichen Glaubens gefestigt. Die Voraussetzung dafür war die Kenntnis über die neuplatonische und aristotelische Philosophie. Außerdem sind die Wissenschaften in dieser Zeit aufgestiegen. Die Universitäten und Hochschulen wurden gegründet. Auch die Bettelorden spielen hierbei eine wichtige Rolle. Vor allem die Franziskaner und Dominikaner haben viel Einfluss. Ein wichtiger Theologe war Thomas von Aquin.
Hauptströmungen in dieser Zeit sind der Augustinismus sowie der Aristotelismus. Der Aristotelismus sieht Leib und Seele als eine Einheit an. Der Glaube ist ein übernatürliches Wesen und umfasst die empirische und offenbarte Wahrheit.
In der Spätscholastik ist der Occamismus von Bedeutung. William von Occam, der diese Richtung geprägt hat, war der Begründer des spätmittelalterlichen Nominalismus. Occam greift den Universalienstreit wieder auf. Dabei radikalisiert er den Nominalismus. Er ist der Meinung, dass Allgemeinbegriffe in ihrem Zusammenhang untersucht werden sollen. Dabei spielt die Logik eine große Rolle. Occam meint, dass die Trinität eine realistische Auffassung braucht, da die Beziehungen auch ohne die Denkfähigkeit des Menschen existieren müssen. Occam ist geprägt vom Pelagianismus. Deshalb ist er der Meinung, dass der Mensch das ihm Mögliche tun muss, um Gnade als Belohnung geschenkt zu bekommen. Durch die Sünde ist nicht die ganze Natur verdorben, sondern ist einzelne Willensstärke. Die Erbsünde ist für Occam nicht real.
Zur Prädestinationslehre sagt Occam, dass Gott an keine Ordnung gebunden ist. Deshalb entscheidet Gott allein, ob eine Handlung als verdienstlich angesehen wird und demnach, ob ein Mensch selig wird oder nicht.
Die mittelalterliche Mystik ist aus der augustinischen Lehre und der Frömmigkeit des Mönchtums entstanden. Eine mystische Prägung hatte z.B. Bernhard von Clairvaux. Die Mystik wird oft als das Gegenteil der Scholastik betrachtet, obwohl sich diese nicht fremd sind. In der Mystik wird das Verlangen nach einem persönlichen erlebbaren Glauben betont. Weitere Anhänger sind Hugo und Richard von St. Victor, Bonaventura und Thomas von Aquin. In besonderer Weise zu nennen ist Meister Eckhart von Hochheim. Dieser vereinte die Auffassungen von Thomas von Aquin mit neuplatonischer Mystik. So ist er der Meinung, dass eine absolute Kluft zwischen der Schöpfung und Gott existiert. Gott scheint alles zu sein, während die Schöpfung nichts ist. Die Nächstenliebe ist die höchste Form der Gottesliebe, in welcher auch die Mystik tätig ist. Damit ist die Mystik nicht nur passiv.
1.3 Die Reformationszeit
Der Occamismus und die Scholastik hatten großen Einfluss auf Luther. Dieser hatte große Angst um sein Seelenheil. Deshalb war der Occamismus für ihn unbefriedigend, denn er konnte sich nicht sicher sein, dass die erbrachten Leistungen von Gott angenommen werden. Luther wendet sich deshalb gegen den Occamismus und den Nominalismus. Während Occam sagt, dass die Gnade eine Belohnung für einen neuen Zustand des Menschen ist, sagt Luther, die Gnade sei Vergebung der Sünden. Der Mensch hat nicht die natürliche Fähigkeit, Gott zu lieben, da das Evangelium sonst hinfällig wäre. Dieses Thema war Luther sehr wichtig, weshalb er sich von Occam abwendete. Luther folgt Augustins Lehre von Sünde und Gnade. So meinte er, dass der Mensch sich nicht selbst auf die Gnade ausrichten kann. Die Schrift kann der Mensch nur durch Übung im Glauben verstehen. Außerdem greift Luther mit seinem Verständnis den Pelagianismus an.20
[...]
1 Hägglund, Bengt (1990): Geschichte der Theologie. Ein Abriss. München: Kaiser Verlag. 2. Auflage, S. 13.
2 A. a. O., S: 14.
3 Vgl. a. a. O., S. 21.
4 Vgl. a. a. O., S. 20.
5 Vgl. Hägglund (1990), S. 25.
6 Vgl. ebd.
7 Vgl. a. a. O.; S. 26.
8 A. a. O., S. 25.
9 Bitter, Stephan (2006): Bibelauslegung, Epochen der christlichen. In: Wissenschaftliches Bibellexikon im Internet (wibilex). Online verfügbar: https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/10535/ (Stand: 02.09.20).
10 Vgl. Hägglund (1990), S. 53.
11 Vgl. a. a. O., S. 54.
12 Vgl. a. a. O., S. 55.
13 Vgl. a. a. O., S. 57f.
14 Vgl. Hägglund (1990), S. 61.
15 Vgl. a. a. O., S. 70.
16 Vgl. a. a. O., S. 76.
17 Vgl. Hägglund (1990), S. 86.
18 Vgl. a. a. O., S. 91.
19 Vgl. a. a. O., S. 114.
20 Vgl. Hägglund (1990), S. 165.