In dieser Arbeit wird die Hypothese untersucht das, anders als der Name des Krieges vermuten lässt, die Rauschdroge Opium zwar der Ursprung, jedoch keinesfalls die Ursache für den militärischen Konflikt war. Elementar war das Verlangen der Engländer nach einem offenen chinesischen Handelsmarkt, ohne die damals nach bestehenden Handelsbeschränkungen. Mit Hilfe von historischen Quellen werden die Gründe und Ursachen die daraus resultierenden Konsequenzen analysiert.
Um die damaligen Umstände begreiflich zu machen, befasst sich die Arbeit zunächst mit der Ausgangslage vor dem Konflikt und geht vor allem auf den ausländischen Handel zum damaligen Zeitpunkt ein. Anschließend wird auf jene Ereignisse eingegangen, die direkt zum Ausbruch des Kriegs führten: Die Maßnahmen zur Bekämpfung des Opiumschmuggels durch die damalige Qing Regierung und die Veränderung in der Außenpolitik Großbritanniens. Eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse des Krieges selbst und seine formale Beendigung durch den Friedensvertrag von Nanjing beenden die Argumentation.
Es wird sich zeigen, dass die aufgestellte Hypothese bestätigt werden kann: Ausschlaggebend war das Verlangen der Briten das große Potenzial des chinesischen Marktes mit beanspruchen zu können. Außerdem beweist die Arbeit, dass, obwohl die Niederlage für die Chinesen zunächst eine bittere Erniedrigung darstellte, diese in der Zukunft sich als notwendiges Mittel für den kommenden wirtschaftlichen Aufschwung war. Nichtsdestotrotz hat die militärische Auseinandersetzung Chinas Ansicht gegenüber dem Westen signifikant verändert hat und bis heute noch Auswirkungen auf die diplomatische Beziehung zu spüren sind.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ausgangslage vor 1839
2.1. Das Kanton-System
2.2. East India Trading Company (EITC)
3. Der Weg in den Konflikt
3.1. Opiumhandel
3.2. Anti-Opium Kampagne der Qing
3.3. Gründe für Englands militärische Intervention
4. Beginn und Verlauf des Krieges
5. Der Vertrag von Nanjing 1842 und seine Folgen
6. Fazit
7. Bibliographie
Einleitung
China sah sich selbst schon immer als eine dominierende Nation, ein Reich der Mitte (zhongguo), das dem Rest der Welt, vor allem dem Westen, überlegen ist. Nach dem ersten Opiumkrieg, der von 1839 und 1842 zwischen China und Großbritannien stattfand, musst sich China jedoch eingestehen, dass diese Ansicht nicht mit der Realität übereinstimmte. Laut dem chinesischen Historiker Hu Sheng wandelte sich China durch die in der bewaffneten Auseinandersetzung demonstrierte „kapitalistisch-imperialistische (…) Aggression“ zu einer „halbkolonialen-halbfeudalen Gesellschaft (Sheng, 1989). Aber war der Krieg wirklich eine erniedrigende Niederlage für die Chinesen oder ein notwendiges Mittel, das eine neue Ära einleitete und den Grundbaustein für die zukünftige Wirtschaftsmacht China legte?
In dieser Arbeit wird die Hypothese untersucht das, anders als der Name des Krieges vermuten lässt, die Rauschdroge Opium zwar der Ursprung, jedoch keinesfalls die Ursache für den militärischen Konflikt war. Elementar war das Verlangen der Engländer nach einem offenen chinesischen Handelsmarkt, ohne die damals nach bestehenden Handelsbeschränkungen. Mit Hilfe von historischen Quellen werden die Gründe und Ursachen die daraus resultierenden Konsequenzen analysiert.
Um die damaligen Umstände begreiflich zu machen, befasst sich die Arbeit zunächst mit der Ausgangslage vor dem Konflikt und geht vor allem auf den ausländischen Handel zum damaligen Zeitpunkt ein. Anschließend wird auf jene Ereignisse eingegangen, die direkt zum Ausbruch des Kriegs führten: Die Maßnahmen zur Bekämpfung des Opiumschmuggels durch die damalige Qing Regierung und die Veränderung in der Außenpolitik Großbritanniens. Eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse des Krieges selbst und seine formale Beendigung durch den Friedensvertrag von Nanjing beenden die Argumentation.
Es wird sich zeigen, dass die aufgestellte Hypothese bestätigt werden kann: Ausschlaggebend war das Verlangen der Briten das große Potenzial des chinesischen Marktes mit beanspruchen zu können. Außerdem beweist die Arbeit, dass, obwohl die Niederlage für die Chinesen zunächst eine bittere Erniedrigung darstellte, diese in der Zukunft sich als notwendiges Mittel für den kommenden wirtschaftlichen Aufschwung war. Nichtsdestotrotz hat die militärische Auseinandersetzung Chinas Ansicht gegenüber dem Westen signifikant verändert hat und bis heute noch Auswirkungen auf die diplomatische Beziehung zu spüren sind.
2. Ausgangslage vor 1839
China befand sich vor der Opiumkrise in einer ökonomisch äußerst rentablen Lage. Da das Land keinen Bedarf nach europäischer Ware hatte, sie „besitzen alles“ (Kaiser Qianlong), im Gegenzug aber viele Luxusgüter in den Westen exportieren konnte, entstand ein einseitiger Handel, von dem China stark profitierte. Obwohl der Handel sich als äußerst profitabel für das Land erwies, wurde nach außen kommuniziert, dass die Chinesen nur aus reiner Mildtätigkeit gegenüber den westlichen „Barbaren“ ihre Ware exportierten, damit diese „ebenfalls in den Genuss der Früchte der chinesischen Kultur kommen“ (Kurz, 2014).
Das beliebteste chinesische Produkt mit dem gehandelt wurde war Tee, der seit dem 17. Jahrhundert vor allem nach England verkauft wurde und dessen Konsum seitdem stetig anstieg. In den Jahren von 1719 bis 1833 vergrößerte sich der Absatz um das dreizehnfache und so war Großbritannien Ende des 18. Jahrhunderts der größte Importeur chinesischen Tees. Mit Teeexporten von circa 360.000 Tonnen im Jahre 1830, wurde China somit zum Weltmonopolist auf Tee (Gernet, 1983). Zwar wurden auch andere Luxuswaren wie Seide, Porzellan, Rhabarber, exotische Gewürze und Quecksilber aus China exportiert, diese machten jedoch nur 30% des chinesischen Exports aus (im Vergleich zu Tee mit 70%) (Kurz, 2014).
Wie bereits im obigen Abschnitt erwähnt, war der einseitige Handel für China extrem lukrativ – Tee wurde in äußert hohen Mengen exportiert. Da die Chinesen selbst im Gegenzug keine Importware benötigten, musste der Westen für das Luxusgut mit hohen Mengen an Silber bezahlen. Dies wurde für das Königreich von Großbritannien zu einem immer größeren Problem. Da das Land selbst keine Silberminen besaß, mussten britische Händler zuerst in Spanien Waren gegen Silber verkaufen, um den Tee bezahlen zu können. Ziemlich schnell entwickelte der Westen, vor allem Großbritannien mit seiner hohen Anzahl an Teeimporten, aufgrund des Mangels an Tauschwaren ein Handelsbilanzdefizit (Kurz, 2014).
Die tatsächlichen Ausmaße dieses Defizits sind bis heute umstritten: Laut der sogenannten „Silver-Sink-These“ wurden zum damaligen Zeitpunkt bis zu drei Viertel des Silbers aus den Kolonien Lateinamerikas nach China überführt. Peer Vries merkt hierzu jedoch an, dass diese Zahlen nicht der Realität entsprächen und er somit diese These nicht unterstütze. Seiner Meinung nach seien die tatsächlichen Profiteure vielmehr die britischen Händler gewesen, die, obwohl Tee in Großbritannien stark besteuert wurde, eine sehr hohe Gewinnspanne aufweisen konnten (Vries, 2012). Somit lässt sich also auch argumentieren, dass der Teehandel trotz der hohen Silberabgaben für beide Partner wirtschaftliche Vorteile mit sich brachte.
2.1 Das Kanton-System
Obwohl China stark von dieser Handelsbeziehung profitierte, schränkte die Regierung den Handel mit ausländischen Kaufleuten stark ein. So durfte der Handel nur in Küstenstädten, nicht jedoch im Landesinneren stattfinden. Zusätzlich wurden Mitte des 18. Jahrhunderts alle Häfen, mit der Ausnahme von Guangzhou, eine Stadt im Süden Chinas, für den Außenhandel geschlossen. Das Guangzhou für diesen Zweck auserwählt wurde, war vor allem der vielen Vorteile verschuldet, die der Standort mit sich brachte, die einen reibungslosen, regelmäßigen und pünktlichen Handel garantierten: Guangzhou war ein enormer Binnenflusshafen, wodurch ein einfacher Zugang zu den inländischen Lieferungen mit Proviant, Marineläden und Verpackungsmaterialien garantiert wurde. Zudem bestand eine gute Quelle zu Holz für die Manufaktur von Truhen, die zum Verpacken der Ware benötigt wurden. Außerdem gewährte das Hinterland viele Rohstoffe, die für die Reparatur von Schiffen und das Verstauen der Fracht hilfreich waren und vor Ort lebte eine große Gemeinde von Handwerkern, deren Arbeitskraft essentiell war (Dyke, 2005).
Mit der Schließung der Häfen und der Etablierung Guangzhou zum Handelsmonopol entstand das Kanton-System. Definiert wird dieses als ein Handelssystem, dass zwischen den Chinesen und den ausländischen Kaufleute vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, insbesondere den Briten, in Guangzhou, auch Canton genannt, bestand. Der wesentliche Charakter des Systems entwickelte sich zwischen 1760 und 1842, als der gesamte ausländische Handel in Guangzhou eingedämmt wurde und die ausländischen Händler, die die Stadt betreten wollten, einer Reihe von Regularien der chinesischen Regierung unterwerfen mussten. Dies sollte dem Erhalt des Friedens, der Sicherheit und der Harmonie der Region dienen. So stellte der kaiserliche Hof sicher, dass die ausländischen Kaufleute entsprechend kontrolliert wurden. Des Weiteren musste auch der Handel fair und ordnungsgemäß von Statten gehen, damit alle Steuern, Abgaben und Gebühren eingesammelt und an die entsprechenden administrativen Institutionen abgegeben werden konnten. Erst unter diesen Voraussetzungen war die Basis für den Handel geschaffen und der ausländische Handel wurde erlaubt (Dyke, 2005). Beaufsichtigt wurde dies von Zollbeamten, den sogenannten Hoppos, die vom Kaiser verantwortlich für die Kontrolle der Schiffe, das Einziehen der Steuern und Aufrechterhaltung der Ordnung unter den Händlern beauftragt wurden (Benecke, 1922).
Zusätzliche zu den Hoppos gab es noch die sogenannte Hong-Kaufleute. Sie dienten als Mittler zwischen den ausländischen Händlern und den Hoppos. Mussten Abgaben an die entsprechende chinesische Behörde gezahlt werden, so lief dieser Austausch über die Kaufleute ab, die wiederum den entsprechenden Betrag an die Hoppos weiterleiteten. Des Weiteren stellten sie den Kaufleuten am Flussufer liegende Fabriken für Lager- und Wohnzwecke zur Verfügung. Die Besucher durften während ihres Aufenthalts nur für notwendige Besorgungen und zu Fuß ihre Unterkunft verlassen Die Benutzung von Booten auf dem Fluss war verboten und der Zutritt zu Hoppos war strengstens untersagt. Die Hong-Kaufleute hafteten für jegliche Verstöße und Ausschreitungen der Fremden, genauso wie für die richtige Durchführung des Handels und den Eingang sämtlicher Gebühren, wofür sie eine Garantie von 200 000 Taels stellen mussten (Benecke, 1922).
Als Resultat dieses System konnte der Handel nur auf privater Ebene vollzogen werden. China weigerte sich mit dem Westen irgendeine Art formaler diplomatischer Beziehungen einzugehen und so werden die Cohong in ihrer monopolistischen Stellung oft als die „Melker“ des fremden Handels bezeichnet (Benecke, 1922).
Diese drastischen Einschränkung plagten die ausländischen Kaufleute sehr, da sie das große Potenzial im chinesischen Markt sehen konnten, ihnen es aber durch diese Einschränkungen gewissermaßen unmöglich gemacht wurde, dieses für sich zu benutzen. Die Geschlossenheit des chinesischen Marktes war nicht mit der englischen Ansicht nach freiem Handel vereinbar (Platt, 2018).
Weiter auf der Suche nach einer Möglichkeit, die eigene Gewinnmarge zu erweitern, entdeckte Großbritannien schließlich das Angebotsdefizit für Opium und nutzte seinen eigenen Monopol, die East India Trading Company, um das illegale Rauschmittel in China abzusetzen.
2.2 East India Trading Company (EITC)
Die East India Trading Company (EITC) entstand in der Wende des 17. Jahrhunderts. Es war eines der ersten Unternehmen, das einen Handelsmonopol für sich beanspruchen konnte und galt als eines der mächtigsten Unternehmen auf der ganzen Welt, das mit Ländern wie Indien, China, Indonesien, Malaysia, Japan und Persien handelte. Fokussiert wurde sich auf den Handel mit Alltagswaren, die nur gefunden werden konnten, wo sie auch ursprünglich entstanden, wie Tea, Gewürze und auch Opium (Simpson, 2002).
Ursprünglich wurde die EITC gegründet, um Spaniens Monopol über den Gewürzhandel in Indien zu brechen, da dieser seit dem 17. Jahrhundert als ein boomender Markt galt. Zu Beginn entstanden vereinzelte kleine und unabhängige Handelsunternehmen, die von britischen Kaufleuten errichtet wurden. Diese Unternehmen handelten unabhängig voneinander an dem Ziel, den Monopol der Spanier zu brechen. Als diese Strategie sich auch noch nach einigen Jahrzehnten als erfolglos herausstellte, schlossen sich die individuellen Unternehmen zu der EICT zusammen. Mit dieser Fusion entstand eine vereinte britische Handelsgruppe in Indien, die nun wettbewerbsfähig war und mit anderen Handelsmächten um den Monopol konkurrieren konnte (Barrett, 2017).
Um das 18. Jahrhundert stieg die EICT in den Teehandel ein und begann die Nachfrage nach dem Luxusgut auf dem englischen Markt zu bedienen. Der Bedarf nahm jedoch so stark zu, dass die Briten mit dem Handel mit China große Summen an Silber verloren. „To purchase what would eventually be an annual 7.500 tons of tea, the British spent almost £30 million in silver and gold in the half century between 1710 and 1760; reciprocal purchases by the Chinese, however, totaled fewer than £19 million” (Smith, 2006). Für Großbritannien wurde der große Verlust von Silber zu einem immer größer werdenden Problem, weswegen immer wieder nach alternativen Tauschwaren gesucht wurde. Schließlich wurden Angebotsdefizite für Baumwolle und Opium entdeckt (Kurz, 2014).
Das Rauschmittel war jedoch keineswegs eine Neuentdeckung: Opium war bereits seit dem 8. Jahrhundert bekannt. Es wurde von den Arabern während der Tang Dynastie importiert und ursprünglich in der Medizin eingesetzt. Später entdeckte man seine berauschende Wirkung und so wurde Opium seit dem 17. Jahrhundert auch mit oder ohne Tabak geraucht und als Droge konsumiert. Beliebt war es vor allem wegen seiner berauschenden Wirkung und der einhergehenden Appetitlosigkeit, die für viele chinesische Konsumenten aus den unteren sozialen Schichten während damaligen Hungersnöten praktisch war. Meist aus Neugier und Vergnügen wurde die Droge gemeinsam geraucht und galt als „exotic and western“ (Platt, 2018). Aufgrund der hohen Suchtgefahr und die damit einhergehenden gesundheitlichen und sozialen Probleme, wie Abmagerung, völlige Entkräftung Antriebsschwäche und auch Todesfolgen, wurde Opium 1729 vom chinesischen Kaiser Yongzheng verboten. In seinem Antiopiumedikt wurde der Konsum und Verkauf der Droge und das Betreiben von sogenannten Opiumdivanen, ein Rauchsalon, in dem Opium verkauft und geraucht wurde, unter schwere Strafen gestellt (Kurz, 2014). Mit der EICT, das eine stetige und nie endende Quelle für die Droge bereitstellte, bekamen jedoch immer mehr Chinesen süchtig nach der Droge (Barrett, 2017).
3. Der Weg in den Konflikt
3.1 Opiumhandel
Opium war für die Briten vor allem wegen der großen Gewinnspanne wichtig. Der Umsatz konnte mit diesem neuen Handelsprodukt um 300% gesteigert werden (Fay, 2000). Durch die immer höhere Nachfrage konnten die Defizite aus dem Teehandel durch Opium wettgemacht werden, da der Wert der chinesischen Opiumeinfuhren den Wert der britischen Teeimporte überstieg (Kurz, 2014). Zusätzlich war es für die Engländer eine Möglichkeit, sich gegen exzessiven Regularien des chinesischen Markts hinwegzusetzen und ein Gleichgewicht im Handel herzustellen (Platt, 2018).
Für einen kontinuierlichen Absatz mussten folgende Voraussetzungen geschaffen werden: Die Droge musste in großen Mengen zur Verfügung stehen, die Möglichkeit zum Konsum sollte gegeben sein, es musste genügend Nachfrage nach dem Produkt bestehen und die Bekämpfungsmaßnahmen der Regierung dürften nicht greifen (Spence, 1995).
Die Bereitstellung des Opiums stellte keine große Herausforderung dar. Schlafmohn, der als Basis für die Herstellung der Droge genutzt wird, gedeiht in Indien besonders gut und durch eine Eroberung weiter Teile Indiens durch die Briten hatte Großbritannien zwischen 1750 und 1800 große Teile Indiens unter seiner Kontrolle. Mit diese neu geschaffenen Monopolstellung der EICT war es für das Handelsunternehmen kein Problem die notwendigen Mengen herzustellen. Außerdem standen dem britischen Unternehmen genug Arbeitskräfte zur Verfügung, um den Saft der angeschnittenen Mohnkapseln zu sammeln und durch kochen zu einer dicken Paste weiterzuarbeiten, die sich besonders gut zum Rauchen eignete (Spence, 1995).
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