Die folgende Arbeit untersucht, ob die positive Darstellungsweise der Ehefrau in allen Belangen fortgeführt wird, und auch welche Besonderheiten dieser es im Hinblick auf sie und ihr Verhältnis zu den anderen Hauptfiguren in der Geschichte Konrads gibt, soll im Weiteren untersucht werden.
Dabei geht diese Arbeit zunächst auf die besondere Darstellung Konrads von Würzburg aller seiner drei Figuren – den Ehemann, die Ehefrau und ihren Geliebten – im "Herzmaere" ein. Anschließend folgen die Beschreibung und die Bewertung der Äußerlichkeiten und des Charakters der Ehefrau. Im weiteren Verlauf werden die Merkmale der Darstellung der Ehefrau anhand des Liebesverhältnisses zwischen ihr und ihrem Geliebten genauer analysiert.
Genauer eingegangen wird zum Ende dieser Arbeit auch auf die Unterschiede zwischen der Gottes- und Frauenminne und die besondere Stellung, die das "Herzmaere" und die Liebe zur Ehefrau hier im Gegensatz zu anderen mittelalterlichen Werken einnimmt. Darauf folgt die Szene, in welcher der Tod der Ehefrau beschrieben wird. Ihre Charakterisierung anhand dieser Schlüsselszene im Verlauf der Geschichte wird hier genauer beleuchtet. Das abschließende Fazit enthält die Zusammenfassung der erarbeiteten Analyseergebnisse.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Besondere Darstellungsweise Konrads aller seiner Figuren im „Herzmaere“
3 Beschreibung der Äußerlichkeiten und des Charakters der Ehefrau
4 Das Liebesverhältnis zwischen der Ehefrau und ihrem Geliebten
5 Die Darstellung der Liebe zur Frau im Gegensatz zur Liebe zu Gott im Mittelalter
6 Tod der Frau und Charakterisierung ihrer anhand dessen
7 Fazit
8 Literaturverzeichnis
8.1 Primärliteratur
8.2 Forschungsliteratur
1 Einleitung
und do des an im innen wart diu süeze tugende riche, do besande in tougenliche daz vil keiserliche wip. 1
Diese Verse aus Konrads von Würzburg „Herzmaere“, in denen die Frau als eine der Hauptpersonen der Geschichte mit den Worten „tougenliche“ (V. 140) und „keiserliche“ (V. 140) beschrieben wird, verdeutlichen direkt den positiven Grundtenor, der Darstellung der Ehefrau im „Herzmaere“.
Die folgende Arbeit untersucht, ob diese positive Darstellungsweise in allen Belangen fortgeführt wird, und auch welche Besonderheiten der Ehefrau es im Hinblick auf sie und ihr Verhältnis zu den anderen Hauptfiguren in der Geschichte Konrads gibt, soll im Weiteren untersucht werden.
Dabei geht diese Arbeit zunächst auf die besondere Darstellung Konrads von Würzburg aller seiner drei Figuren - den Ehemann, die Ehefrau und ihren Geliebten - im „Herzmaere“ ein. Anschließend folgen die Beschreibung und die Bewertung der Äußerlichkeiten und des Charakters der Ehefrau. Im weiteren Verlauf werden die Merkmale der Darstellung der Ehefrau anhand des Liebesverhältnisses zwischen ihr und ihrem Geliebten genauer analysiert.
Genauer eingegangen wird zum Ende dieser Arbeit auch auf die Unterschiede zwischen der Gottes- und Frauenminne und die besondere Stellung, die das „Herzmaere“ und die Liebe zur Ehefrau hier im Gegensatz zu anderen mittelalterlichen Werken einnimmt.
Darauf folgt die Szene, in welcher der Tod der Ehefrau beschrieben wird. Ihre Charakterisierung anhand dieser Schlüsselszene im Verlauf der Geschichte wird hier genauer beleuchtet. Das abschließende Fazit enthält die Zusammenfassung der erarbeiteten Analyseergebnisse.
2 Besondere Darstellungsweise Konrads aller seiner Figuren im „Herzmaere“
Die Darstellungsweise, die Konrad von Würzburg in seinem „Herzmaere“ nicht nur für die Beschreibung der Ehefrau, sondern auch für die der beiden anderen Hauptfiguren, den Ehemann und den Geliebten, wählt, weist einige Besonderheiten auf.
Als erste Besonderheit macht Rüdiger Brandt auf die Interaktionen der Figuren miteinander aufmerksam: „Die Hauptpersonen der Geschichte finden sich nie zu einer Dreiergruppe zusammen, agieren aber auch nie gleichzeitig als drei Einzelfiguren“2. Die Ehefrau agiert also nur in der Kombination mit ihrem Ehemann oder in der Kombination mit ihrem Geliebten, niemals treffen alle drei Figuren gleichzeitig aufeinander. Damit vermeidet Konrad die Fokussierung auf den durch eine solche Situation wahrscheinlich zwangsläufig entstehenden Konflikt. Durch einen solchen fehlenden Konflikt kann auch die Darstellung der Ehefrau weitaus positiver ausfallen, als es andernfalls möglich wäre.
Weitere Besonderheiten, auf die in der Forschungsliteratur verwiesen wird, werden von Christian Kiening in der „Ästhetik des Liebestods“ zusammengefasst. Er beschreibt die Verhältnisse der Figuren als „eine Minimalkonstellation: das klassische Dreieck unter Verzicht auf Namen, Orte, situative Details, Vorgeschichten oder Nebenhandlungen“3. Auch Hartmut Kokott geht insbesondere auf den Verzicht der Namensgebung Konrads für alle seine Hauptfiguren ein:
„Zunächst bleiben alle Figuren namenlos. Dadurch werden sie noch stärker typisiert, als dies ohnehin in mittelalterlicher Literatur der Fall ist. Nicht einmal Namen sollen von der konzeptionellen Aussage ablenken“4
Deutlich wird hier, dass Konrad von Würzburg nicht ablenken wollte von seiner eigentlichen Intention, aufgrund derer er die Geschichte verfasst hat. Es sollte nur die Liebesgeschichte und die Darstellung der wahren Minne zwischen der Ehefrau und ihrem Geliebten in den Vordergrund gestellt werden, alle anderen Dinge, wie Namen der Figuren, Orte oder andere Details der Geschichte sollen komplett in den Hintergrund rücken.
Dadurch, dass Konrad von Würzburg diese Erzählform für seine Geschichte wählt, kommt natürlicherweise den Dingen, die er erzählt eine weitaus größere Bedeutung zu. Hierzu zählt nicht nur das Liebesverhältnis zwischen der Dame und dem Ritter an sich, sondern auch die Darstellung dieser beiden und der dritten Hauptfigur, wobei im Folgenden genauer auf die Darstellung der Ehefrau eingegangen wird.
3 Beschreibung der Äußerlichkeiten und des Charakters der Ehefrau
Die bereits zu Beginn dieser Arbeit zitierten Verse aus dem „Herzmaere“ geben Hinweise nicht nur auf die Charakterzüge der Ehefrau, sondern auch auf ihr äußeres Erscheinungsbild. Sie wird unter anderem als „vil keiserliche wip“ (V. 141) bezeichnet.
Auch weitere Textstellen geben direkt Auskunft über ihre äußere Erscheinung. Als Beispiel sei hier noch eine weitere angeführt:
daz süeze wip vil wol getân het einen werden man zer è des wart ir herzen dicke wè wande ir schoene was behuot (V. 60-63)
Ihre Schönheit wird hier direkt auch schon mit dem Problem in Verbindung gebracht, dass es dadurch für sie und ihren Liebhaber noch schwieriger wird sich zu treffen, da ihr Ehemann auch aufgrund ihrer Schönheit besonders auf sie Acht gibt.
In der gesamten Erzählung finden sich immer wieder Verweise auf ihre äußerlich schöne Erscheinung. Sogar in einer der wichtigsten Szenen des „Herzmaere“, in welcher der Ehemann seiner Frau offenbart, dass sie soeben das Herz ihres Geliebten verspeist hat, und sie daraufhin selbst stirbt, wird darauf verwiesen: ir blanken hende emphielen ir beide fürsich in die schoz, daz bluot ir üz dem munde doz, als ir diu wâre schult gebot. (V. 482-485)
Dies zeigt, wie wichtig es Konrad von Würzburg war, das Publikum auf das Erscheinungsbild einer seiner Hauptfiguren aufmerksam zu machen. Und das obwohl - wie im vorherigen Absatz herausgestellt wurde - viele andere Details im „Herzmaere“ bewusst von ihm ausgelassen worden sind.
Nicht nur in Bezug auf die Äußerlichkeiten, sondern auch hinsichtlich des Charakters und dessen Beschreibung und Bewertung wird die Ehefrau im „Herzmaere“ an mehreren Stellen genau beschrieben.
Das Hauptmerkmal des Charakters, welches Konrad von Würzburg für die Rezipienten seiner Erzählung immer wieder selbst herausstellt, ist, dass die Helden seines „Herzmaeres“ (insbesondere die Ehefrau und ihr Geliebter), als Vorbilder für das Publikum stehen sollen: „Seine Helden sind ideale Vertreter der wären minne, denen ritter unde frouwen im Publikum nachahmen sollen.“5 Dies ist bereits einer der wichtigsten Punkte, der die Ehefrau genauer charakterisiert, und zugleich auch ein Punkt, der, genauer betrachtet, schwierig ist. Einerseits soll das Publikum sich an den „ideale[n] Vertretern] der waren minne“6 orientieren und diese nachahmen, andererseits wird die gleichzeitige Untreue der Frau ihrem Ehemann gegenüber nicht mit einbezogen.
Der Bezug auf Treue beziehungsweise Untreue der Ehefrau ist ein weiteres wichtiges Merkmal bei der Beschreibung und Bewertung ihres Charakters. Allerdings wird direkt im Text Konrads von Würzburg nur die Treue der Ehefrau zu ihrem Geliebten thematisiert und positiv bewertet. Die Untreue ihrem Ehemann gegenüber wird nicht negativ bewertet oder überhaupt im Text explizit erwähnt. Von Treue ihrerseits ist zum einen in einem Monolog ihrer selbst die Rede: ich waere ein triuwelosez wip ob ich gedaehte niht daran daz er vil tugenthafter man sante mir sin herze tot. (V. 506-509)
Sie bezeugt mit dieser Aussage also ihre Treue zu ihrem Geliebten. Dass der Geliebte sich dieser Treue sicher sein kann und auch ist, wird deutlich, wenn er seinem Diener aufträgt, sein Herz zurück zu seiner Geliebten zu bringen: sie hât so reine sinne und also ganze triuwe daz ir min jâmer niuwe lit iemer an ir herzen (V. 318-321)
Auch hier ist erneut erkennbar, dass ihr Geliebter ihren Charakter eindeutig positiv bewertet.
Allerdings gibt es im Gegensatz zu dieser positiven Darstellung auch eine gespaltene Sichtweise auf die Handlungsweisen der weiblichen Hauptfigur: Laut Brandt wird sie „sowohl von ihrem Autor als auch von ihrem Geliebten ambivalent bewertet“7. Diese ambivalente Darstellung der Ehefrau wird insbesondere in der Szene deutlich, in welcher sie ihren Geliebten dazu bewegt, anstelle von sich und ihrem Ehemann nach Jerusalem zu fahren: „Die Minnedame verhält sich [...] hinsichtlich der Minne [...] negativ, denn sie führt selbst die minnefeindliche Trennung des Paares herbei“8. Es wird impliziert, dass die Trennung der beiden Liebenden gar nicht hätte stattfinden müssen, hätte die Ehefrau sie nicht selbst initiiert. In diesem Fall unterstützt sie das Fortleben der Minne nicht, sondern verhindert sich selbst eine Fortführung des Liebesverhältnisses, indem sie ihr eigenen Wohl über das ihres Geliebten stellt - indem sie ihm überredet die schwierige und gefährliche Reise nach Jerusalem anzutreten, anstatt dies selbst zu tun.
[...]
1 Im Folgenden zitiert nach Konrad von Würzburg: Das Herzmaere. Mittelhochdeutscher Text nach der Ausgabe von Edward Schröder. Übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort versehen von Heinz Rölleke, Stuttgart 1968, V. 138-141.
2 Brandt, Rüdiger: Konrad von Würzburg. Kleinere epische Werke. 2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin 2009, S. 91.
3 Kiening, Christian: Ästhetik des Liebestods. Am Beispiel von Tristan und Herzmaere. In: Manuel Braun / Christopher Young (Hrsg.): Das fremde Schöne. Ästhetische Dimensionen mittelalterlicher Literatur. Berlin 2007, S. 185.
4 Kokott, Hartmut: Konrad von Würzburg. Ein Autor zwischen Auftrag und Autonomie. Stuttgart 1989, S. 73.
5 Buschinger, Danielle / Hoffmann, Werner / Spiewok, Wolfgang: Geschichteder deutschen Literatur des Spätmittelalters / Bd. 1 : Einleitung- geistige Hauptströmungen- das Weiterwirken der feudalhöfischen Epik - die Heldenepik - die Kleinepik (Novelle und Fabel) - der frühe deutsche Schelmen- undNarrenroman. Greifswald 1997, S. 142.
6 ebd., S. 142
7 Brandt, Konradvon Würzburg, S. 88.
8 Wagner, Silvan: Gottesbilder in höfischen Mären des Hochmittelalters. Höfische Paradoxie und religiöse Kontingenzbewältigung durch die Grammatik des christlichen Glaubens. Frankfurtam Main 2009, S. 301.