In diesem Rechtsgutachten wird jedes Kind einzeln, aufsteigend von A nach E, zu den Möglichkeiten der Hilfestellung des SGB VIII geprüft. Bei den ersten drei Kindern, A bis C, wird zuvorderst die Inobhutnahme beleuchtet und dann zu weiteren Hilfen des achten Sozialgesetzbuches übergegangen. Die Chancen für die ältesten Kinder D und E werden anschließend beschrieben. Die Gutachten schließen jeweils mit einem Vorschlag für eine Leistung nach dem achten Sozialgesetzbuch.
Der Tatsache zu entsprechen, dass Familie Donnerschlag fünf Kinder hat und die angebotenen Hilfen im Verhältnis zueinander abgestimmt sein sollen, führen dazu, dass alle geeigneten Leistungen gutachterlich skizziert werden, jedoch erst nach Abschluss aller Gutachten ein resümierendes juristisches Gutachten der am meist geeignetsten Hilfen geschrieben wird, um in diesem abschließendem Rechtsgutachten die zu erbringenden gangbaren Leistungen nochmals auf die Geeignetheit und Notwendigkeit zu überprüfen. Zuletzt wird Stellung zu der Auffassung der Mitarbeiterin F vom örtlich zuständigen Jugendamt und den weiteren Möglichkeiten bezogen.
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Rechtsgutachten Kind A
Rechtsgutachten Kind B
Rechtsgutachten Kind C
Rechtsgutachten Kind D und Kind E
Abschließendes Rechtsgutachten Kinder A – E
Stellungnahme zur Auffassung der Mitarbeiterin F vom Jugendamt
Weitere Hilfen
Abkürzungsverzeichnis
Anhang
Literaturverzeichnis
Sachverhalt
Familie Donnerschlag bezieht Leistungen nach SGB II und SGB XII und hat 5 Kinder: A 1, B 4, C 8, D 14 und E 15 Jahre. Sozialen Auffälligkeiten liegen vor. Die laufende Betreuung erfolgt seit dem ersten Kind durch das örtlich zuständige Jugendamt; der Zugang der Fachkraft F zur Familie ist schwierig, auch wenn sonst die Aktivitäten der Familie durchaus als kontaktfreudig beschrieben werden können: Der Vater hat im Rahmen des jetzt offenen Vollzugs nach Verurteilung wegen einer Reihe von zusammen mit Verwandten organisierten Überfällen auf verschiedene Kreditinstitute wieder mal engere Beziehungen zum Alkohol als zu seinen Kindern. Die Mutter nimmt wie schon immer gehabt hausfrauliche Aufgaben weniger wahr als ihre abendlichen Verteidigungen des Stehplatzes auf dem Bürgersteig an der Bahnhofsstraße. Müll/gebrauchtes Geschirr stapelt sich regelmäßig schimmelnd ebenso wie halb leere Nudeltöpfe nicht mehr feststellbaren Fertigungszeitpunkten in der Küche. Die drei mageren Katzen liefern sich immer eine wilder Beißer- und Rauferei bei den Besuchen der Fachkraft F vom Jugendamt mit der im Terrarium lebenden Schnappschildkröte um die dort von Donnerschlags nach den Mahlzeiten hinter sich geschmissenen Essensreste. Auf dem Esstisch sind eingetrocknete Essensreste und Krümel zu verorten, diverse halbleere Behälter mit alkoholischen Inhalten sowie eine Tabakdrehmaschine für die hauseigene Zigarettenproduktion stehen auf dem niedrigen Wohnzimmertisch. Das possierliche 22kg wiegende Haushündchen – Mischung aus Bullterrier und Dogge und mittlerweile so fett wie ein Kodiakbär vor dem Winterschlaf – läuft auch in der Wohnung mit Maulkorb herum, da es wegen unregelmäßiger Mahlzeiten sonst entweder den Bio-Mülleimer leerfressen oder sonst versuchen wird, den Kühlschrank zu öffnen, um sich die dort verbliebenen Essensreste einzuverleiben. Diverse eingetrocknete Flüssigkeitsspuren am Kühlschrankgriff zeugen von weiteren aktuellen Versuchen. Der Futterplatz unter dem Wohnzimmertisch ist blankgeleckt. Das Badezimmer ist gut gepolstert ausgestattet: Die Katzenhaare stapeln sich entlang der Wand neben der Katzentoilette, da diese dort immer ordentlich zusammengefegt liegengelassen werden. Das Waschbecken, Toilette und der Spiegel sowie die Wanne sind soweit ersichtlich sauber, die Zahnbürsten jedoch ausgelutscht und anrüchig zusammen in einer alten Margarinedose zusammengestellt. Die in der Ecke des Badezimmers wohnenden Ameisen sind soweit über die Unterseite des Waschbeckens hinaus mit ihren Wanderungen nicht weitergekommen, da sie dort an diversen dunklen Schichten kleben lieben. Kleidung liegt soweit ersichtlich nicht im Badezimmer herum, dafür manifestieren sich entsprechende Textilansammlungen auf der Wasch- und Trocknungsmaschine. Eine olfaktorisch bemerkenswerte Schwängerung der Umgebungsluft ist allerdings feststellbar. Im Kinderzimmer sieht es etwas anders aus: die Kinder schlafen einzeln auf soweit als Betten erkennbaren Liegeplätzen, zumindest was Matratze und Bettdecken betrifft. Die Fachkraft F des JA, die sich mit den Kindern gut, aber mit den Eltern nicht sehr gut versteht, sorgt mit den beiden ältesten Kindern dafür, dass die Bezüge bei den wöchentlichen Besuchen gewaschen werden. Die mehrfach von Fachkraft F des JA erfolgte Beratung der Familie auf Antragsstellung zum Erhalt einer größeren Wohnung für Sozialhilfeempfänger verläuft im Sande. Eng zusammenzuwohnen, meinen sie, sei sozialförderlich. Die Kinder selbst werden über eine engagierte Lehrerin bei den Hausaufgaben betreut und sind in den Leistungen durchweg schwach, C und D haben einen Jahrgang in der Schule erneut durchlaufen. Die Sprachentwicklung der beiden jüngsten Kinder A und B ist außerhalb des Rahmens gängiger fäkalorientierter Verbalinjuria noch erheblich ausbaufähig und reflektiert eher die Dialoge aus vorhandenen Horrorfilmen der umfangreichen häuslichen Videothek. In den Kindergarten gehen die Jüngsten nur unregelmäßig, das frühe Aufstehen dazu fällt den Eltern wegen ihrer nächtlichen Aktivitäten nur sehr schwer. Die zwei älteren Kinder haben mehrere Verfahren wegen Körperverletzung gehabt, die alle wegen abrupter Erinnerungsverluste der Zeugen in der Hauptverhandlung eingestellt wurden. Die vier und acht Jahre alten anderen Kinder hatten mehrfach Polizeibesuch wegen - aus ihrer Sicht - kunstvoller Bearbeitung von Lacken an Autotüren, die sie während ihrer regelmäßig ohne Aufsicht erfolgenden Streifzüge durch die Nachbarschaft geführt hatten. Auflagen vom Pädiater wie die Wahrnehmung von Impfterminen und von U-Terminen setzen die Eltern immer erst nach Mahnungen vom Jugendamt um. Die Kinder selbst sind nicht übergewichtig und körperlich nicht defizitär, allerdings motorisch nicht ganz altersentsprechend entwickelt. Die Kleidung in Schule und Kindergarten ist häufig mit Schokolade und Dreck älterer Herkunft bedeckt. Fachkraft F des Jugendamts will wegen der laufenden hohen Kosten in diesem Jahr wegen der zu bewältigenden Flüchtlingswelle die drei jüngsten Kinder in einer Einrichtung dauerhaft unterbringen. Sie meint, die Kinder würden nur durch eine Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII vor einer Verwahrlosung geschützt werden können. Bei den restlichen Kindern sei schon Hopfen und Malz verloren. Nunmehr ist die Mutter der Familie erheblich erkrankt und kann sich nicht mehr um den Haushalt kümmern.
Aufgabe:
Erstellen Sie für jedes der Kinder ein Rechtsgutachten mit einer Analyse der insgesamt in Frage kommenden vom SGB VIII vorgesehenen Möglichkeiten der Hilfestellung und machen Sie einen Vorschlag für eine bestimmte SGB-VIII-Leistung. Nehmen Sie Stellung zur Auffassung der F zur Frage der Inobhutnahme und ggfs. weiteren Hilfen.
Einleitung
In diesen Rechtsgutachten wird jedes Kind einzeln, aufsteigend von A nach E zu den Möglichkeiten der Hilfestellung des SGB VIII geprüft. Bei den ersten drei Kindern, A bis C, wird zuvorderst die Inobhutnahme beleuchtet und dann zu weiteren Hilfen des achten Sozialgesetzbuches übergegangen. Die Chancen für die ältesten Kinder D und E, werden anschließend beschrieben. Die Gutachten schließen jeweils mit einem Vorschlag für eine Leistung nach dem achten Sozialgesetzbuch. Der Tatsache zu entsprechen, dass Familie Donnerschlag fünf Kinder hat und die angebotenen Hilfen im Verhältnis zueinander abgestimmt sein sollen (vgl. Kunkel u.a. 2016:163 Rn71), führen dazu, dass alle geeigneten Leistungen gutachterlich skizziert werden, jedoch erst nach Abschluss aller Gutachten ein resümierendes juristisches Gutachten der am meist geeignetsten Hilfen geschrieben wird, um in diesem abschließendem Rechtsgutachten die zu erbringenden gangbaren Leistungen nochmals auf die Geeignetheit und Notwendigkeit zu überprüfen. „Prinzipiell richten sich individuelle Leistungsangebote nur an die Erziehungs- und Personensorgeberechtigten (zur Unterscheidung s. § 7 Rn3), nicht aber an das Kind, dem geholfen werden soll (s. § 8 Rn10).“ (Kunkel u.a. 2016:59 Rn9) Zuletzt nehme ich Stellung zu der Auffassung der Mitarbeiterin F vom örtlich zuständigen Jugendamt und den weiteren Möglichkeiten.
Rechtsgutachten
Rechtsgutachten Kind A
Kind A 1Jahr könnte gem. §42 SGB VIII Inobhut genommen werden, wenn nach §42 Abs.1 S.1 Nr.2 SGB VIII eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder den Jugendlichen besteht, die eine solche erforderlich macht. Eine dringende Gefahr bzw. eine Gefährdung „liegt dann vor, wenn1 eine gegenwärtige, in einem solchem Maße vorhandene Gefahr, also bevorstehende oder bereits eingetretene Beeinträchtigung rechtlich geschützter Positionen vorliegt, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt.“ (Bruckermann o.J.:68; vgl. Kunkel u.a. 2016:525-527)
Der Eingriff ist legitim, wenn dadurch eine weitere oder eintretende Gefährdung auszuschließen ist und ein „gleich wirksames, den betroffenen Bürger aber weniger beeinträchtigendes Mittel nicht zur Verfügung steht (BVerfG, Urt.v. 14.7.1999, 1 BvR 2226/94 ua, juris Rn219).“ (Kunkel u.a. 2016:528 Rn27) Im Vorfeld ist jedoch festzustellen, ob Maßnahmen beispielsweise durch öffentliche Hilfen der Gefahr für das Wohl des Kindes oder den Jugendlichen effektiv entgegentreten können. Eine Inobhutnahme entspricht einer zeitlich befristeten Auflösung der räumlichen Eltern-Kind-Beziehung und bedeutet nicht ein Erlöschen des Sorgerechtsanspruchs. Dieser ist nur durch ein Verfahren vor dem Familiengericht mit Begründung dessen nach § 1666 BGB durchsetzbar. (vgl. a.a.O.:528 Rn27) Kind A befindet sich im elterlichen Haushalt mit desolaten hygienischen und erzieherischen Zuständen konfrontiert. Die gesamte Wohnung ist durch Dreck, Unordnung, bedenklicher Aufbewahrung von Alkoholika und Tabak und zusätzlicher gesundheitlicher Belastungen durch die Vielzahl an ungepflegten Tieren, sowie gesundheitsbedenklichen Lebensmittelgebrauch, wie auf dem Boden liegende Essensreste, gekennzeichnet. Der Vater hat augenscheinlich ein Alkoholproblem und befindet sich außerdem im offenen Vollzug2. Die Mutter hat ein schwerwiegendes Krankenleiden, aufgrund dessen sie nun zu keinerlei Hausarbeit mehr im Stande ist und verbleibt des Abends wohl nicht zu Hause bei ihren aufsichtsbedürftigen Kindern, sodass sie auch morgens öfter verschläft. Das Kind kann gem. § 42 SGB VIII vom örtlichen Jugendamt Inobhut genommen werden, weil die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 42 Abs.1 S.1 Nr. 2 SGB VIII erfüllt sind. Paragraf 1626 Abs.3 S.1 BGB besagt, dass der Kontakt zwischen Eltern und Kindern deren Wohlergehen im Allgemeinen dienlich ist. (vgl. Münchener Kommentar zum BGB:672 Rn27) Aus diesem Grund und dem Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 14.07.1999, dass ausdrücklich die den Bürger / die Bürgerin am wenigsten belastende Methode zur Klärung einer Kindswohlgefährdung vorsieht und dem Paragrafen 16f SGB II, der den Anspruch auf Leistungen der Freien Förderung (vgl. Gesetze für die Soziale Arbeit 2016:1326) begründet, sind Hilfemaßnahmen nach dem achten Sozialgesetzbuch anzubieten. Familie Donnerschlag kann somit Leistungen durch §20 Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen, §24 Abs.2 Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen oder in Kindertagespflege, §27 Abs.1, 2 S.1 und 2, 2a, 3 S.1 Hilfe zur Erziehung, §31 Sozialpädagogische Familienhilfe, §32 Erziehung in einer Tagesgruppe, §33 Vollzeitpflege und nach §34 S.1 und 2 Nr. 1-3 Heimerziehung, sonstig betreute Wohnform erhalten. Gegebenenfalls kann §35a Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche greifen, wenn nach §35a Abs.1 Nr.1 nachgewiesen ist, dass die seelische Entwicklung des Kindes mehr als ein halbes Jahr von dem gemeinen Entwicklungsstand entfernt ist und die Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen Leben nach fachkompetenter Einschätzung zu einem großem Maße gemindert sein werden. (vgl. Gesetze für die Soziale Arbeit 2016:1802-1806) Die Eltern könnten gem. §20 SGB VIII Leistungen zur Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen erhalten, wenn die Voraussetzungen nach §20 Abs.1 SGB VIII und Abs.1 Nr.2 die Hilfe für das Wohl des Kindes nötig sowie nach Abs.1 Nr.3 die Angebote zur Förderung in Kindertagespflege oder Tageseinrichtungen nicht genügen. Absatz 1 des Paragrafen 20 SGB VIII benennt als Voraussetzungen, dass der sich vorwiegend kümmernde Elternpart aus unabänderlichen Anlass zur Pflege des Kindes nicht im Stande ist, das Kind noch keine 14 Jahre ist, der Anlass ursächlich für den Wegfall der Betreuung und nur zeitweilig ist, der andere Elternpart wegen triftiger Ursache nicht zur Verfügung steht sowie das Zusammenspiel der problematischen Umstände die Maßnahme nach Abs.1 Nr.2, 3 notwendig machen. (vgl. Kunkel u.a. 2016:296-299 Rn1-9) Familie Donnerschlag kann keine Hilfe gem. §20 SGB VIII erhalten, weil der zeitliche Umfang des Krankenleidens der Mutter nicht feststeht. Familie Donnerschlag könnte gem. §24 Abs.2 SGB VIII Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtung und in Kindertagespflege haben.
„Kinder ab dem ersten Lebensjahr3 bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres haben einen Rechtsanspruch4 auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege. Damit wird dem Kind, das durch die PSB gesetzlich vertreten wird, ein subjektiv-öffentliches Recht5 […] eingeräumt, das vor den Verwaltungsgerichten durchsetzbar6 […] ist.“ (Kunkel u.a. 2016:323 Rn9)
Die Art und zeitliche Bestimmung der Leistung richten sich nach dem konkret-individuellen Bedarf des Kindes und der Eltern und werden nach generalisierbaren Maßstäben eingeschätzt. Eine angespannte finanzielle Situation der Gemeinde oder das Fehlen von Plätzen in Kindertageseinrichtung und Tagespflege bilden keine rechtskräftigen Begründungen für ein Vorenthalten dieses Angebotes. (vgl. Kunkel u.a. 2016:324f. Rn12,13,16; vgl. Winkler 2017 §24 SGB VIII Rn17)
„Der Rechtsanspruch richtet sich gegen den sachlich (§85 Abs.1) und örtlich (§86) zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe7 […]. […] im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung ist nach §79 zu gewährleisten (vgl. §79 Rn1), dass für jedes Kind, […], tatsächlich ein Platz zur Verfügung8 steht.“ (Kunkel u.a. 2016:324 Rn13; vgl. Winkler 2017 §24 SGB VIII Rn17-19)
Der Familie steht somit ein Platz in Kindertagespflege und Tageseinrichtung zu mit Begründung nach §24 Abs.2. Die Anfrage muss von der Familie an das zuständige Amt ausgehen. (vgl. Winkler 2017 §24 SGB VIII Rn19a) Die Familie könnte gem. §27 SGB VIII Hilfe zur Erziehung erhalten, wenn ein ‚Erziehungsdefizit‘9 (Kunkel u.a. 2016:334 Rn2) diese erfordert, sie zweckmäßig ist und im Einvernehmen mit den Eltern stattfindet. (vgl. Winkler 2017 §27 SGB VIII Rn1; vgl. Kunkel u.a. 2016:334 Rn1) Ein Erziehungsdefizit ist gegeben, wenn dem Kind keine Möglichkeiten durch die Anleitung seiner Eltern gegeben werden sich nach §1 Abs.1 SGB VIII zu entwickeln. Um Hilfe nach §27 SGB VIII zu bekommen, muss die Partizipation der Personensorgeberechtigten vorausgesetzt werden können und die Defizitlage dadurch zu beheben sein. (vgl. Winkler 2017 §27 SGB VIII Rn4-7) Die aktuelle Situation der Fa. Donnerschlag bekräftigt die Annahme eines Bedarfs an Hilfe zur Erziehung, u.a. durch Aufsichtsverletzungen, sporadische Kindergartenbesuche und die sozialen wie rechtlichen Auffälligkeiten der älteren Geschwister. Das Einverständnis von Herr und Frau Donnerschlag muss demnach vor dem Beginn einer Hilfe zur Erziehung der Paragrafen 28-35 SGB VIII eingeholt und sich ihrer Mitarbeit versichert werden. (vgl. Kunkel u.a. 2016:337 Rn10, 344 Rn27) Dazu muss in einer Hilfeplanaufstellung nach §36 SGB VIII alles Erforderliche geregelt werden. (vgl. Winkler 2017 §27 SGB VIII Rn33) Fa. Donnerschlag könnte nach §31 SGB VIII sozialpädagogische Familienhilfe erhalten, wenn sie an der Verbesserung ihrer und der Lebenssituation ihrer Kinder aktiv mitwirken wollen und nach Paragraf 27 Abs.1 SGB VIII die Anspruchsgrundlagen erfüllt sind. Die Familie hat das geeignete Profil, um diese Leistung zu erhalten. Dazu gehören, „[…] Erziehungsschwierigkeiten; […], Probleme bei der Haushaltsführung und der Alltagsbewältigung; […] schlechte Wohnsituation, […] etc.“ (Winkler 2017 §31 SGB VIII Rn2) Unabdingbar ist die Freiwilligkeit zur Inanspruchnahme dieser Hilfeform. (vgl. Winkler 2017 §31 SGB VIII Rn1-3; vgl. Kunkel u.a. 2016:365 Rn5, 6; 367 Rn12) Familie Donnerschlag kann diese Leistung beziehen, weil diese der Rechtsprechung nach zulässig ist. Gemäß §32 SGB VIII könnte die Familie Erziehung in einer Tagesgruppe für das einjährige Kind A beantragen, wenn die Prämissen des Paragrafen 27 Abs.1 vorliegen, die Eltern an der Zusammenarbeit mit den beteiligten Fachkräften interessiert und das Kind im schulpflichtigen Alter ist. (vgl. Kunkel u.a. 2016:374 Rn1, 2, 4; vgl. Winkler 2017 §32 SGB VIII, §32 SGB VIII Rn1) Kind A ist zu jung, um in einer Tagesgruppe erzogen zu werden. Nach Paragraf 33 SGB VIII könnte Kind A in Vollzeitpflege untergebracht werden, wenn §27 Abs.1 greift und die Hilfe nötig und sinnvoll ist, um die entgleiste Erziehung zu richten. Diese Form fällt auch unter §34 SGB VIII Heimerziehung, sonstig betreute Wohnformen. Die Dauer der Maßnahme ist an Faktoren wie „[…] Alter, Entwicklungsstand, persönliche Bindungen des Kindes […] und Möglichkeiten zur Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie“ (Kunkel u.a. 2016: 376f. Rn2) gebunden. (vgl. Winkler 2017 §33 SGB VIII, §33 SGB VIII Rn1; vgl. Kunkel u.a. 2016 : 376f. Rn1, 2) Demnach ist die Vollzeitpflege nach §33 SGB VIII für Kind A möglich. Familie Donnerschlag könnte gem. §34 S.1, 2 SGB VIII von Heimerziehung, sonstig betreuter Wohnform Gebrauch machen, wenn der Anspruch nach §27 Abs.1 SGB VIII belegt oder auch iVm §35a SGB VIII die Grundlage bildet sowie die Notwendigkeit und Geeignetheit der Leistung begründet ist. Aufgrund des engen Kontaktes in einer Pflegefamilie ist diese Form für junge Kinder besonders geeignet. Durch Paragraf 36 Abs.2 muss die Notwendigkeit der Aktion im Rahmen eines Hilfeplanverfahrens „im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte und zusammen mit den PSB […]“ (Kunkel u.a. 2016:384 Rn8) beurteilt werden. Die Einschätzung innerhalb des Hilfeplans ist zwingend gegeben. (vgl. Kunkel u.a. 2016:383f. Rn6-9; vgl. Winkler 2017 §24 SGB VIII Rn2) Die Familie kann diese Leistung in Anspruch nehmen.
Da aus dem Sachverhalt hervorgeht, dass die Mitarbeiterin des Jugendamtes lediglich einen schweren Zugang zu der Familie hat, scheiden die Angebote der Hilfen zur Erziehung nach §§28 und 31-34 SGB VIII mit Grundlage des §27 Abs.1 SGB VIII aus. Die Hilfen zur Erziehung sind als freiwillige Angebote zu verstehen und auf das Mitwirken der PSB (vgl. Kunkel u.a. 2016:336 Rn8) angewiesen. Die Verweigerung der Familie ist im Vorfeld nicht anzunehmen, jedoch auch nicht auszuschließen. Aus diesem Grund, ist gem. §24 SGB VIII die Förderung in Kindertagespflege oder in Tageseinrichtung zu empfehlen, weil diese Maßnahme das Kind A und dessen Eltern am wenigsten belastet (vgl. Kunkel u.a. 2016:528 Rn27).
[...]
1 Im Original unterstrichen
2 „Der Gefangene verlässt morgens die Anstalt und begibt sich zu seinem Arbeitsplatz. Nach Beendigung der Arbeit kehrt er unverzüglich in die Anstalt zurück und bleibt dort bis zum nächsten Morgen, sofern er keinen Ausgang oder Urlaub hat. In der Anstalt kann der Gefangene sich weitgehend frei bewegen und an den dort angebotenen Freizeit-, Sport- und Behandlungsmaßnahmen teilnehmen. Die meisten Wochenenden verbringt der Gefangene bei seiner Familie. Der Gefangene im offenen Vollzug hat sich aber strikt an die vorgegebenen Regeln zu halten. Alkoholkonsum oder eine verspätete Rückkehr führen schnell dazu, dass ein Gefangener in den geschlossenen Vollzug verlegt wird.“ (Wikipedia 2013, JuraForum, letzter Zugriff: 19.05.2017)
3 Im Original hervorgehoben
4 Ebd.
5 Ebd.
6 Ebd.
7 Im Original hervorgehoben
8 Ebd.
9 Im Original hervorgehoben