In der folgenden Fallstudie werden zunächst sämtliche psychischen Störungen mit überwiegendem Beginn in der Kindheit sowie dem Jugendalter in ihrem Krankheitsbild, ihrer Ätiologie als auch ihren Interventionsmöglichkeiten dargestellt. Anschließend werden mittels Fallbeispielen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu psychischen Störungen im Erwachsenenalter veranschaulicht. Zuletzt wird anhand der bisherigen wissenschaftlichen Kenntnislage ein Konzept hinsichtlich des (politischen) Umgangs mit illegalen Drogen und deren Konsumenten erarbeitet und anschließend kritisch diskutiert.
Es ist davon auszugehen, dass es in Deutschland mehr als 600.000 Konsumenten solcher illegaler Drogen gibt, die einen problematischen Konsum, also einen schädlichen Gebrauch oder Anzeichen einer Abhängigkeit, aufweisen. Außerdem wird eine Zunahme von Delikten, die mit illegalen Substanzen in Verbindung stehen, also Rauschgiftdelikten, verzeichnet. Im Jahre 2019 fanden 1398 Menschen den Tod infolge des Konsums illegaler Drogen in Deutschland. Aufgrund dieser bedenklichen Zahlen und aufgrund des Reformierungsbedürfnisses der Drogenpolitik einiger im Bundestag vertretener Parteien ist es also notwendig, ein Konzept zu gestalten, welches nicht ideologisch oder moralisch, sondern rational und wissenschaftlich fundiert ist. Ob und inwiefern sich ein solches Konzept der von den bisherigen Konzepten unterscheidet, wird sich im Laufe dieser Fallstudie herausstellen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Störungen mit Beginn im Kindes- und Jugendalter
2.1 Störungen mit Beginn im Kindesalter
2.1.1 Angststörungen
2.1.2 Zwangsstörungen
2.1.3 Störungen des Sozialverhaltens
2.1.4 Hyperkinetische Störungen
2.1.5 Umschriebene Entwicklungsstörungen
2.2 Störungen mit Beginn im Jugendalter
2.2.1 Depression
2.2.2 Essstörungen
2.2.3 Substanzmissbrauch
3. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Störungen im Erwachsenenalter
3.1 Soziale Angststörungen
3.2 Depression
3.3 Abhängigkeitssyndrom
4. Konzept zum Umgang mit illegalen Drogen
4.1 Diskussion
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Risikofaktoren Depression
Abb.2: Risikofaktoren Abhängigkeitssyndrom
Abb.3: Schadenspotenzial Drogen für den Konsument
Abb.4: Prävalenz Cannabiskonsum der Alterskohorte 15-24
1. Einleitung
Im Rahmen der wissenschaftlichen Beratung für das Bundesministerium für Gesundheit werden in der folgenden Fallstudie zunächst sämtliche psychischen Störungen mit überwiegendem Beginn in der Kindheit sowie dem Jugendalter in ihrem Krankheitsbild, ihrer Ätiologie als auch ihren Interventionsmöglichkeiten dargestellt. Anschließend werden mittels Fallbeispielen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu psychischen Störungen im Erwachsenenalter veranschaulicht. Zuletzt wird anhand der bisherigen wissenschaftlichen Kenntnislage ein Konzept hinsichtlich des (politischen) Umgangs mit illegalen Drogen und deren Konsumenten erarbeitet und anschließend kritisch diskutiert. Es ist davon auszugehen, dass es in Deutschland mehr als 600.000 Konsumenten solcher illegaler Drogen gibt, die einen problematischen Konsum, also einen schädlichen Gebrauch oder Anzeichen einer Abhängigkeit, aufweisen.1 Außerdem wird eine Zunahme von Delikten, die mit illegalen Substanzen in Verbindung stehen, also Rauschgiftdelikten, verzeichnet.2 Im Jahre 2019 fanden 1398 Menschen den Tod infolge des Konsums illegaler Drogen in Deutschland.3 Aufgrund dieser bedenklichen Zahlen und aufgrund des Reformierungsbedürfnisses der Drogenpolitik einiger im Bundestag vertretener Parteien ist es also notwendig, ein Konzept zu gestalten, welches nicht ideologisch oder moralisch, sondern rational und wissenschaftlich fundiert ist. Ob und inwiefern sich ein solches Konzept der von den bisherigen Konzepten unterscheidet, wird sich im Laufe dieser Fallstudie herausstellen.
2. Störungen mit Beginn im Kindes- und Jugendalter
Es ist vorab zu vermerken, dass sich die Darstellung der Krankheitsbilder aller nachfolgenden Störungen am ICD-10 orientiert. Die Störungen können auch in anderen Altersperioden auftreten. Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse der Entwicklungspsychopathologie lassen sich jedoch viele psychischen Störungen deswegen einer Altersspanne einordnen, da sie hier erstmals oder schwerpunktmäßig auftreten können.4 Alle in diesem Kapitel aufgeführten Störungen haben gemeinsam, dass sie Entwicklungsprozesse beeinflussen, unabhängig von der kategorialen Klassifikation. Es ist außerdem zu erwähnen, dass nicht alle Entwicklungsstörungen und Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend dargestellt werden, da dies dem limitierten Rahmen dieser Arbeit nicht gerecht werden würde.
2.1 Störungen mit Beginn im Kindesalter
Zunächst ist zu erwähnen, dass unter Kindesalter das Vor- und Grundschulalter eines Kindes zu verstehen ist. Vor allem in dieser Zeitspanne gilt es viele wichtige Aufgaben zu leisten, die dem Entwicklungsprozess dienen, wie z.B. das Erlernen von angemessener Emotionsregulation oder auch die Integration in soziale Kontexte außerhalb der Familie.5
2.1.1 Angststörungen
Es lässt sich grundsätzlich feststellen, dass Ängste eine Basisemotion darstellen und auch einen evolutionsbiologischen Stellenwert besitzen. Dass diverse Ängste im Laufe der Entwicklung auftreten, wie z.B. im Säuglingsalter die Angst vor fremden Menschen, ist nicht abnorm. Sofern Ängste jedoch so überdauernd und intensiv stattfinden, dass sie großen Leidensdruck hervorrufen, sind sie pathologisch. Diese Intensität geht meistens so weit, dass physiogische Reaktionen, wie z.B. Zittern, Schwitzen oder erhöhte Herzfrequenz, infolge einer Überaktivität des Sympathikus in den jeweiligen Angstsituationen auftreten. Im ICD-10 sind die Angststörungen, welche im Kindesalter auftreten unter emotionale Störungen des Kindesalters (F93.-) kodiert. Hierbei tritt die emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters (F93.0) häufig auf. Diese Trennungsangst kann sogar so weit gehen, dass Kinder sich weigern, in die Schule zu gehen oder sogar das Haus zu verlassen, bevor in dieser Zeit der Bezugsperson etwas schlimmes zustößt. Die dahinterstehende Angst vor Verlust ist bei betroffenen Kindern stark ausgeprägt. Eine weitere stark verbreitete Angststörung ist die phobische Störung des Kindesalters (F93.1). Hierbei hat ein Kind eine ausgeprägte Furcht vor bestimmten, spezifischen Objekten oder Situationen. Auch die Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters (F93.2) tritt häufig in dieser Altersspanne auf. Hierbei haben betroffene Kinder eine übertriebene Angst vor fremden Menschen und deren Bewertungen. Die sonstigen emotionalen Störungen des Kindesalters (F93.8) stellen ebenfalls eine Unterkategorie dar. Hier sind z.B. generalisierte Angststörungen des Kindesalters zu kodieren. Darunter sind ängstliche und sorgenvolle Gedanken und Erwartungen zu verstehen, die sämtliche Lebensbereiche betreffen. Betroffene Kinder haben also nicht vor etwas spezifischem Angst, sondern vor diversen und unterschiedlichen Bereichen.6 Angststörungen führen oftmals auch zu einem Vermeidungsverhalten, d.h. gefürchtete Situationen oder Objekte werden gemieden um solchen Angstzuständen zu entgehen. Dadurch werden die Ängste jedoch eher aufrechterhalten oder sogar verstärkt.
Zur Entstehung von Angststörungen lässt sich sagen, dass diese multifaktoriell bedingt ist. Das heißt, dass das Zusammenspiel aus biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren für das Entstehen von Angststörungen verantwortlich ist, was auch das Erziehungs- und Bindungsverhalten der Eltern impliziert. So stellen z.B. unsichere Bindungen, streng autoritäre Erziehungsstile sowie das vermutlich genetisch bedingte Merkmal „Verhaltenshemmung“ Risikofaktoren für das Entstehen von Angststörungen dar.7
Als Intervention von Angststörungen ist die kognitive Verhaltenstherapie sehr verbreitet. Hierbei ist das Ziel, durch eine Konfrontation mit den jeweiligen Angstinhalten, also einer Exposition, die kognitiven Strukturen so zu ändern, dass bei einer erneuter Konfrontation mit den zuvor gefürchteten Inhalten keine Angst oder zumindest weniger Angst entsteht. Psychodynamische Therapien setzten hingegen eher auf kindliche Ablöseprozesse und ich- stärkende strukturbildende Funktionen.8 Medikamentös wird auch bei Kindern bisweilen mittels Benzodiazepinen interveniert, was allerdings als kritisch betrachtet wird.
2.1.2 Zwangsstörungen
Mit Zwangsstörungen sind grundsätzlich Störungen gemeint, bei denen das Bewusstsein von unwillkürlichen, unkontrollierten, wiederholenden und quälenden Gedanken überflutet wird, was oftmals in Zwangshandlungen endet. Zwangsstörungen lassen sich nochmals in Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang (F42.0), Vorwiegend Zwangshandlungen (F42.1) und Zwangsgedanken- und Handlungen, gemischt (F42.2) einteilen.9 Bei allen Formen ist der Leidensdruck sehr hoch und das psychosoziale Funktionsniveau extrem beeinträchtigt. Vor allem bei Kindern gehen Zwangsgedanken in nahezu allen Fällen immer mit Zwangshandlungen einher.10
Aufgrund der bisherigen klinischen Befunde konnte keine einheitliche Ätiologie von Zwangsstörungen festgestellt werden. Deswegen existieren einige Modelle und Ansätze im Bezug zur Entstehung.11 Das kognitive Modell stellt einen weit verbreiteten Ansatz dar. Es wird davon ausgegangen, dass jeder Mensch zwischenzeitlich von Zwangsgedanken besetzt ist. Ob nun daraus dann Zwangsstörungen erlernt werden ist abhängig von der individuellen Bewertung. Sofern ein Mensch von solchen Gedanken schockiert ist, diese als völlig fremd erlebt, sich deswegen Schuldgefühle macht und alles dafür tut, um solche Gedanken nicht erneut aufkommen zu lassen ist die Wahrscheinlichkeit an einer Zwangsstörung zu erkranken erhöht. Das Ausüben von Zwangshandlungen ist als negativer Verstärker zu betrachten, da sie die Zwangsgedanken reduzieren und dahinterstehende Ängste abmindern. So wäscht sich beispielsweise ein Kind mit erlerntem Waschzwang deswegen so oft die Hände, um nicht an einer tödlichen Infektion zu sterben und auch deswegen, dass die katastrophalen Gedanken und Ängste diesbezüglich nicht stärker werden.12 Neurobiologische Modelle gehen hingegen davon aus, dass Zwangsstörungen Folge von Funktionsstörungen der Basalganglien sowie einer erhöhten Aktivität des Frontalhirns sind. Aus genetischer Sicht lässt sich feststellen, dass eine 3 bis 12- fach erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, an einer Zwangsstörung zu erkranken, wenn nahe Verwandte ebenfalls daran erkrankt sind.13
Eine Intervention sollte möglichst rasch erfolgen. Bei kognitiven Interventionen werden die Fehlannahmen bezüglich der Gedanken hinterfragt. Ziel hierbei ist es die Gedanken zu akzeptieren und die destruktiven Fehlannahmen durch angemessene Annahmen zu ersetzen. Dadurch soll bei dem Kind die Einsicht entstehen, dass das Entstehen von negativen Gedanken überhaupt nicht schlimm ist und dass man diese einfach vorbeiziehen lassen und die Aufmerksamkeit nicht darauf richten sollte. Medikamentöse Interventionen erfolgen oftmals mittels Selektiven Serotonin- Wiederaufnahmehemmern (SSRI), umgangssprachlich auch Antidepressiva genannt, oder mittels Benzodiazepinen.14
2.1.3 Störungen des Sozialverhaltens
Störungen des Sozialverhaltens (F91.-) sind grundsätzlich durch wiederholtes und anhaltendes dissoziales, aggressives und aufsässiges Verhalten gekennzeichnet. Altersgemäße soziale Erwartungen werden hierbei grob verletzt. Tyrannei, Feuerlegen, Stehlen, Grausamkeit, Mangel an Reue sowie Boshaftigkeit können mögliche Hinweise für eine Störung des Sozialverhaltens sein.15
Hinsichtlich der Ätiologie ist davon auszugehen, dass die Störung Folge eines transaktionalen Prozesses zwischen Umwelt und Kind mit entsprechender genetischer Disposition ist. Das heißt konkret, dass das Wechselspiel zwischen genetischen Gegebenheiten, Persönlichkeitsmerkmalen, familiären Gegebenheiten, Milieubedingungen und frühkindlichen Erfahrung entscheidend für das Entstehen der Störung ist.16
In Einzeltherapien wird oftmals mit betroffenen Kindern daran gearbeitet, die Emotionsregulation sowie ein moralisches Denken aufzubauen bzw. auszubauen. Der Erfolg von Interventionen ist bei dieser Störung jedoch meistens davon abhängig, inwieweit es gelingt, das soziale Umfeld miteinzubeziehen. Deswegen setzten viele Therapeuten bei der Familie und vor allem den Eltern an. Hierbei sollen die Eltern z.B. lernen, prosoziales Verhalten ihres Kindes zu verstärken und dissoziales Verhalten zu bestrafen. Auch der Erziehungsstil sollte gegebenenfalls modifiziert werden. Bei älteren Kindern und Jugendlichen hat sich die „Multi- System Behandlung“ bewährt. Hierbei werden nicht nur die Familie, sondern auch die Schule und Freunde mit einbezogen.17
2.1.4 Hyperkinetische Störungen
Störungen dieser Art sind im ICD-10 unter F90.- kodiert und lassen sich nochmals in drei Unterkategorien einteilen. So können die Symptome primär auf der Unaufmerksamkeit (F90.0) oder primär auf der Hyperaktivität und Impulsivität beruhen (F90.1). Letzteres weist auch Parallelen zur Störung des Sozialverhaltens auf. Oftmals treten auch beide Formen zusammen gleichstark auf.18
Grundsätzlich sind hyperkinetische Störungen dadurch gekennzeichnet, dass eine desorganisierte, mangelhaft regulierte und überschießende Aktivität erkennbar ist. Betroffene (Kinder) haben die Tendenz, von einer zur nächsten Tätigkeit zu wechseln ohne eine Tätigkeit zu Ende zu bringen. Es besteht also ein Mangel an Ausdauer bei Beschäftigungen, die kognitiven Einsatz verlangen. In diesem Zusammenhang lässt sich auch feststellen, dass eine Beeinträchtigung kognitiver Funktionen sehr häufig aber auch Beeinträchtigungen motorischer und sprachlicher Funktionen überproportional oft vorkommen.19
Im Bezug zur Entstehung von hyperkinetischen Störungen lässt sich feststellen, dass hierbei die genetische Komponente am bedeutsamsten ist. Analysen konnten zeigen, dass mehrere Genpolymorphismen, die den dopaminergen und serotonergeren Stoffwechsel beeinflussen, Assoziationen mit hyperkinetischen Störungen aufweisen. Es liegt also grundsätzlich eine Schädigung des zentralen Nervensystems vor. Der Nikotin-, Medikamenten- und Alkoholkonsum in der Schwangerschaft erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind eine solche Schädigung bekommt. Auch Stress und extreme Frühgeburt stellt diesbezüglich einen Risikofaktor dar. Es ist zu erwähnen, dass trotz der hervorgehobenen Position der genetischen und neurobiologischen Komponente auch psychosoziale Faktoren eine Rolle spielen. So kann die Ausprägung und der Verlauf der Symptomatik bei einer ungünstigen Interaktion mit der Umwelt, vor allem mit den Bezugspersonen, negativ beeinflusst werden.20
Hyperkinetische Störungen werden oftmals mithilfe von Psychostimulanzien (Amphetamin oder Methylphenidat ) oder mittels SNRI's medikamentös behandelt. Aber auch verhaltenstherapeutische Interventionen, bei denen z.B. Selbstmanagementmethoden, soziale Kompetenzen und Konzentrationstraining geübt werden, können sehr hilfreich sein. Hierbei kann es sinnvoll sein, die Familie und/oder Schule miteinzubeziehen. Auch Biofeedback bzw. Neurofeedback kann zu einem besseren Selbstmanagement und demensprechend zu einer Verbesserung der Symptomatik beitragen. Oftmals sind es verschiedene Therapieformen, die in ihrer Kombination am wirksamsten sind.21
2.1.5 Umschriebene Entwicklungsstörungen
Um eine umschriebene Entwicklungsstörung zu diagnostizieren wird die Leistung in dem jeweiligen Bereich, wo eine Entwicklungsstörung vermutet wird, in einem standardisierten Test in Bezug zu den erwartbaren Leistungen in der Altersgruppe sowie zur allgemeinen Intelligenz des Kindes gesetzt. Dies kann sich auf die Bereiche Sprechen, Lesen - und Rechtschreibung, Rechnen sowie Motorik beziehen. Eine Lese- und Rechtschreibschwäche (F81.0) liegt bspw. Also dann vor, wenn der IQ zwar leicht über dem Durchschnitt ist und man sonst in keinem anderen Bereich Probleme aufweist, die Fähigkeiten in diesem Bereich aber weit unter dem Durchschnitt und entsprechend nicht altersgemäß sind.22 Alle umschriebenen Entwicklungsstörungen haben gemeinsam, dass eine verlangsamte Entwicklung von Funktionen, die eng mit der biologischen Reife des zentralen Nervensystems verknüpft ist, zu erkennen ist. Grundsätzlich sind also genetische und neurobiologische aber auch psychosoziale Faktoren für die Entstehung verantwortlich. Letzteres ist maßgeblich für den Verlauf einer solchen Störung.
Als Intervention werden in der Regeln funktionelle Methoden verwendet. Das heißt, dass die jeweiligen Bereiche, in denen Defizite herrschen, gefördert werden. Konkret formuliert wird z.B. bei einer Sprach- und Sprechstörung mithilfe von logopädischen Trainings oder bei einer motorischen Entwicklungsstörung mithilfe von physio-, ergo- und mototherapeutische Trainings interveniert.23
2.2 Störungen mit Beginn im Jugendalter
Störungen, die hier angeführt werden, können durch mangelnde Bewältigung vorangegangener Konflikte aber auch unabhängig davon in dieser Altersspanne erstmalig bzw. schwerpunktmäßig auftreten. Auch im Jugendalter gilt es wichtige Entwicklungsaufgaben zu leisten, wie z.B. die Ausbildung der eigenen Identität, die Integration der eigenen Geschlechtlichkeit oder auch das Anstreben eines Platzes in der Gesellschaft.24
2.2.1 Depression
Bei Depressionen ist grundsätzlich die Stimmungslage sowie das innere Erleben beeinträchtigt.25 Konkret formuliert ist das Krankheitsbild dieser Störung durch Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Anhedonie, Interessensverlust sowie verminderte Konzentrationsfähigkeit gekennzeichnet. Auch sozialer Rückzug, Schlafstörungen und Schuldgefühle sowie Suizidgedanken können im Rahmen einer depressiven Erkrankung auftreten. Eine negative Beeinflussung der Erkrankung auf das Selbstwertgefühl ist bei Betroffenen meistens erkennbar.26 Es lässt sich hinsichtlich der Prävalenz eine enorme Steigung ab Eintritt der Adoleszenz beobachten. Heranwachsende Frauen sind hierbei öfter betroffen als heranwachsende Männer.27 Es existieren mehrere Formen einer depressiven Episode bzw. Erkrankung. So ist das Kodieren bzw. Diagnostizieren einer leichten depressiven Episode ( F32.0), einer mittelgradigen depressiven Episode (F32.1), einer schweren depressiven Episode mit (F32.3) oder ohne psychotischen Symptomen (F32.2) sowie einer sonstigen depressiven Episode (F32.9) und einer depressiven Episode, nicht näher bezeichnet (F32.9) möglich. Sofern eine Episode wiederholt auftritt spricht man von einer rezidivierenden depressiven Störung (F33.-). Depressive Erkrankungen sind außerdem nochmals von bipolaren und manischen Störungen aber auch von anhaltenden affektiven Störungen zu trennen.28
[...]
1 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit
2 Vgl. EMCDDA (2019), S.lff.
3 Vgl. Statista (2020), Anzahl der Drogentote in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2019
4 Vgl. Knoke (2017), S.73
5 Vgl. Knoke (2017), S.83
6 Vgl. Graubner (2008), S.214
7 Vgl. Schneider (2011), S.114
8 Vgl. Knoke (2017), S.85f.
9 Vgl. Graubner (2008), S.186
10 Vgl. Schneider (2011), S.315f.
11 Vgl. Zaudig (2002), S.67
12 Vgl. Zaudig (2002), S.70ff.
13 Vgl. Borcsa, Broda (2014), S.74
14 Vgl. Goletz et. Al (2020), Abs. 9.2f.
15 Vgl. Graubner (2008), S.212
16 Vgl. Fröhlich- Gildhoff (2007), S.34f.
17 Vgl. Davison et. Al (2016), S.556ff.
18 Vgl. Graubner (2008), S.212
19 Vgl. Graubner (2008), S.212
20 Vgl. Schneider, Margraf (2009), S.435f.
21 Vgl. Schneider, Margraf (2009), S.442ff.
22 Vgl. Knoke (2017), S.95
23 Vgl. Lohaus, Vierhaus (2015), S.259
24 Vgl. Knoke (2017), S.99
25 Vgl. Ihle et. al (2012), S.1
26 Vgl. Graubner (2008), S.181
27 Vgl. Ihle et. Al (2012), S.5
28 Vgl. Graubner (2008), S.181f.