Diese Arbeit diskutiert, welche Gründe Rom und Karthago hatten, das jeweilige Hilfegesuch der Mamertiner im Zusammenhang mit dem Ersten Punischen Krieg anzunehmen und in Messana einzugreifen. Dabei sollen ebenfalls die verschiedenen Theorien antiker Schriftsteller über den Zeitpunkt des jeweiligen Hilfegesuches berücksichtigt werden.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht das Hilfegesuch der Mamertiner an die Römer und deren darauf erfolgenden Interventionen in Sizilien zu Beginn des Ersten Punischen Krieges im Jahr 264 v. Chr.; auch im Vergleich zu dem Verhalten Karthagos. Zeitlich thematisiert wird dementsprechend die Phase zwischen der Intervention Roms in Rhegion im Jahre 270 v. Chr. und der Intervention Roms in Messana zu Beginn des Ersten Punischen Krieges (264 – 241 v. Chr.).
Zwar beginnt der Erste Punische Krieg, der das eigentliche Thema dieser Hausarbeit darstellt, erst 264 v. Chr., jedoch ist der Ausbruch dieses nicht ohne Vorkenntnis und der Herstellung von Verknüpfungen zu den Geschehnissen in Rhegion nachzuvollziehen. Insbesondere das spätere Zögern des Senats in Rom ist nur so zu verstehen, da aus dem vorherigen Eingreifen erst das widersprüchliche Verhalten abzuleiten ist.
Inhalt
1. Einleitung
2. Vorgeschichte und Ausbruch des Ersten Punischen Krieges
3. Die Theorien über die Abfolgen der Interventionen von Rom und Karthago
4. Die Interventionen Roms und Karthagos in Messana und deren Begründungen
4.1 Der Eingriff Karthagos
4.2 Der Eingriff Roms
4.3 Vergleich der Intentionen der beiden Eingriffe
5. Schluss
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Die Einnahme von Rhegion wird in der Regel als eine Epoche betrachtet, den dem mit dem Sieg über Pyrrhus und Tarent abgeschlossenen Prozeß der Einigung Italiens unter römischer Vorherrschaft abrundet. Genausogut kann sie aber als Auftakt für die außeritalische Phase römische Expansion begriffen werden.“1
So beschreibt Bruno Bleckmann den Zeitpunkt der Einnahme Rhegions durch die Römer im Jahre 270 v.Chr., der für die folgende Ausarbeitung den Ausgangspunkt markieren soll. Zwar beginnt der Erste Punische Krieg, der das eigentliche Thema dieser Hausarbeit darstellt, erst 264 v.Chr., jedoch ist der Ausbruch dieses nicht ohne Vorkenntnis und der Herstellung von Verknüpfungen zu den Geschehnissen in Rhegion nachzuvollziehen. Insbesondere das spätere Zögern des Senats in Rom ist nur so zu verstehen, da aus dem vorherigen Eingreifen erst das widersprüchliche Verhalten abzuleiten ist.
Im Mittelpunkt dieser Hausarbeit steht das Hilfegesuch der Mamertiner an die Römer und deren darauf erfolgenden Interventionen in Sizilien zu Beginn des Ersten Punischen Krieges im Jahr 264 v.Chr.; auch im Vergleich zu dem Verhalten Karthagos. Zeitlich thematisiert wird dementsprechend die Phase zwischen der Intervention Roms in Rhegion im Jahre 270 v.Chr. und der Intervention Roms in Messana zu Beginn des Ersten Punischen Krieges (264 – 241 v.Chr.).
Die folgende Ausarbeitung soll die Frage diskutieren, welche Gründe Rom und Karthago hatten, das jeweilige Hilfegesuch der Mamertiner im Zusammenhang mit dem Ersten Punischen Krieg anzunehmen und in Messana einzugreifen. Dabei sollen ebenfalls die verschiedenen Theorien antiker Schriftsteller über den Zeitpunkt des jeweiligen Hilfegesuches berücksichtigt werden.
2. Vorgeschichte und Ausbruch des Ersten Punischen Krieges
Die Ereignisse in Rhegion 270 v.Chr. sind eng verbunden mit den Interventionen Roms in Messana (Sizilien), genauer formuliert mit der Annahme des Hilfegesuchs der Mamertiner zu Beginn des Ersten Punischen Krieges und werden deshalb in diesem Kapitel thematisiert. Um sich die Gründe bewusst zu machen, weshalb die Römer den Mamertinern zur Hilfe kamen, muss man sich das kontrastierte Verhalten dieser in Rhegion bewusst machen.
Um es vorweg zu nehmen, zwischen den Ereignissen 270 v.Chr. und 264 v.Chr. besteht insoweit ein Zusammenhang, als dass es in beiden Fällen zu einem eigenmächtigen Aufstand von ehemaligen kampanischen Söldnertruppen kam, die jeweils eigene Ziele verfolgten und diese auf brutale Weise umsetzten, was typisch für solche Söldnertruppen war2. Grundverschieden war dabei jedoch das Verhalten Roms gegenüber den Aufständigen, denn während es 270 v.Chr. diese in Rhegion belagerte, die Aufständigen dann gefangen nahm und teilweise öffentlich ermorden ließ; kam es 264 v.Chr. den ebenfalls aufständigen Mamertinern zur Hilfe, als diese sich in einer Konfrontation mit dem Herrscher von Syrakus Hieron II. befanden3. Dieses widersprüchliche Verhalten von Seiten Roms resultierte aus der unterschiedlichen Verbindung der beiden aufständigen Söldnerheere zu Rom. Denn während die Mamertiner Stammesverwandte Roms waren4, fielen „die Kampaner […] [in die] Kategorie der sogenannten Halbbürger […]. Als solche bestimmten sie nach innen autonom über ihre Angelegenheiten, hatten aber nicht das Recht zu eigener Außerpolitik und Kriegsführung“5.
Die Kampaner verstießen dementsprechend gegen ihre Vorschriften, indem sie eigenständig Krieg führten. Einzig bedingt durch diese juristische Unterscheidung ist das ungleiche Verhalten Roms zu erklären.
Diese Handlungsweise Roms im Fall der Mamertiner ist unter anderem entscheidend für den Beginn des Ersten Punischen Krieges.
Wenn man die Vorgeschichte des Ersten Punischen Krieges betrachtet, darf ebenfalls nicht die bereits existierende Vorgeschichte der beiden späteren Kriegsgegner Rom und Karthago außer Acht gelassen werden. Diese wird insbesondere von den vier karthagisch – römischen Verträgen geprägt, die zwischen 508/07 v.Chr. und 279/78 v.Chr. geschlossen worden sind6. Jene Vereinbarungen sollen an dieser Stelle zwar der Vollständigkeit wegen genannt sowie kurz skizziert, jedoch nicht detaillierter erörtert werden, da sie für die Beantwortung der Fragestellung nur eine untergeordnete Relevanz haben. In den Verträgen ging es hauptsächlich um die jeweilige Wahrung territorialer und wirtschaftlicher Interessen.
Mit dem ersten Vertrag „woll[t]en [die Römer] die ihnen unterstehenden Gebiete in Latium absichern […], die Karthager ihren Handel“7. Durch den zweiten Vertag wurden die Bestimmungen für die jeweiligen Parteien nur an die vorherrschenden Gegebenheiten und Positionen Roms und Karthagos angeglichen, so war „die Position der Karthager […] stärker, die der Römer schwächer geworden“8. Auch mit dem dritten Vertag wurde „das alte Abkommen auf den neuen Stand der Machtverhältnisse [ge]bracht“9. Der letzte dieser Verträge, der sogenannte „Pyrrhos - Vertrag“10 stellte die Vereinbarung dar, dass es den beiden Vertragspartner gestattet ist, einen Vertag mit König Pyrrhos abzuschließen, jedoch kein Abkommen, welches gegen Rom oder Karthago gerichtet ist11.
3. Die Theorien über die Abfolgen der Interventionen von Rom und Karthago
Bevor hier die eigentlichen Interventionen Roms und Karthagos zu Beginn des Ersten Punischen Krieges thematisiert werden können, ist es existenziell sich mit dem Hilfegesuch der Mamertiner an die Römer zu beschäftigen. Dass hier lediglich von einem Hilfegesuch an die Römer gesprochen wird, hängt mit der problematischen Datierung des Einschreiten Karthagos zusammen.
An dieser Stelle gehen nämlich die Meinungen sowohl antiker Schriftsteller, als auch moderner Historiker auseinander. Durchgesetzt haben sich letztendlich drei voneinander abweichende Theorien bezüglich der Datierungen der Hilfegesuche an die Römer und Karthager sowie der ersten Interventionen dieser in Messana.
Die erste Theorie wird hauptsächlich von Polybios vertreten und geht davon aus, dass die Hilfegesuche zeitgleich, also beide im Jahr 264 v.Chr. geschahen12.
Eine dazu gegensätzliche Theorie folgt der Annahme, dass die beiden Hilfegesuche nicht im selben Jahr erfolgten, sondern die Interventionen Rom und Karthagos fünf Jahre auseinanderlagen. Dieser Theorie zufolge, für die insbesondere Diodor eintritt und für die auch moderne Historiker wie Wilhelm Hoffmann und Klaus Zimmermann Partei ergreifen, sei zwar das Hilfegesuch an Rom ebenfalls 264 v.Chr. erfolgt, jedoch wären die Karthager bereits seit 269 v.Chr. – infolge der Schlacht am Longanos13 – mit einer Besatzungstruppe in Messana gewesen14.
Die dritte, von Cassius Dio geprägte, Theorie geht davon aus, dass „das Hilfegesuch an Rom vor […] [der] karthagische[n] Intervention“15 geschehen ist. Damit kehrt er „die zeitliche Reihenfolge einfach um. Hiernach wandten sich die Mamertiner zunächst an Rom, und erst als dort die Hilfe auf sich warten ließ, rief man die Karthager herbei.“16
Polybios Theorie – von der Gleichzeitigkeit der Hilfegesuche – ist wegen ihrer Widersprüchlichkeit in diesem Zusammenhang als problematisch zu bewerten. Aus diesem Grund soll nun der strittige Auszug genauer betrachtet und erörtert werden, um so eine eigene Stellung dazu beziehen zu können. Bei diesem Auszug handelt es sich um „Das Hilfegesuch der Mamertiner und die römische Intervention“ aus dem Ersten Buch des Polybios17.
Der Auszug beginnt mit einer sehr gerafften Zusammenfassung des Aufstandes von 270 v.Chr. in Rhegion und der Niederlage der Mamertiner in der Schlacht am Longanos; wobei beides nur indirekt erwähnt wird18. Bei der sich daran anschließenden Passage handelt es sich um den oben bereits als problematisch beschriebenen Absatz. Denn aus dem Zitat: „Die Mamertiner […] nahmen Zuflucht teils zu den Karthagern […], teils schickten sie Gesandte nach Rom […].“19 ist deutlich die Gleichzeitigkeit der beiden Hilfegesuche zu erkennen, die bekanntermaßen den Kern der Diskussion um die zwei gegensätzlichen Theorien ausmacht.
Danach geht Polybios darauf ein, dass sich die Römer durchaus darüber bewusst waren, wie widersprüchlich ihr Verwalten wäre, wenn sie den Mamertinern zur Hilfe kommen würden20. In diese Überlegung spielte wieder der Vergleich der Vorgehensweisen in den Jahren 270 v.Chr. und 264 v.Chr. mit hinein, weshalb es zu Beginn der Ausarbeitung auch unausweichlich war, diese gegensätzlichen Handlungsweisen zu erörtern.
Im sich daran anschließenden Absatz benennt Polybios den ausschlaggebenden Grund für das Annehmen des Hilfegesuches der Mamertiner und der damit verbundenen Intervention. Denn dieser lag nicht hauptsächlich in ihrer Verbundenheit mit den stammesverwandten Mamertinern, sondern vielmehr in territorialen und machpolitischen Interessen begründet. Die Römer waren nämlich „in schwerer Sorge, die Karthager könnten ihnen, wenn sie auch noch Sizilien beherrschten, allzu mächtige und gefährliche Nachbarn werden, da sie die Römer dann rings eingeschlossen hätten“21. Sie handelten demnach vor allem, um Karthagos Expansion zu stoppen. Im letzten Drittel dieses Auszugs thematisiert Polybios die Unschlüssigkeit innerhalb des Senates, die damit verbundene Entscheidung im Rahmen der Volksversammlung und den Beginn der Intervention Roms22. Es lässt sich nach der Analyse des Hilfegesuches festhalten, dass sich Polybios nur in einer einzelnen Information von den Quellen anderer Schriftsteller unterscheidet23, diese geringfügige Abweichung jedoch entscheidend ist. Polybios folgt bei seiner Beschreibung dem Annalisten Fabius Pictor24, bemängelt jedoch gleichzeitig auch die deutlich erkennbaren „prorömische[n] Tendenz[en]“25 dieses.
[...]
1 Bleckmann, Bruno: Rom und die Kampaner von Rhegion, in: Chiron. Mitteilungen der Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik des Deutschen Archäologischen Instituts, Bd. 29, München 1999, S. 123 – 146, hier S. 145.
2 Bleckmann: Rom und die Kampaner von Rhegion, S. 129.
3 Bleckmann: Rom und die Kampaner von Rhegion, S. 124 – 125.
4 Bleckmann: Rom und die Kampaner von Rhegion, S. 125.
5 Bleckmann: Rom und die Kampaner von Rhegion, S. 125.
6 Zimmermann, Klaus: Rom und Karthago, Darmstadt 2005, S. 4.
7 Elliger, Winfried: Karthago. Stadt der Punier, Römer, Christen, Stuttgart u.a. 1990, S. 101.
8 Elliger: Karthago, S. 102.
9 Flach, Dieter: Die römisch – karthagischen Beziehungen bis zum Ausbruch des Ersten Punischen Krieges, in: Rosemarie Günther/ Stefan Rebenich (Hgg.), E fontibus haurire. Beiträge zur römischen Geschichte und zu ihren Hilfswissenschaften, Bd. 8, Paderborn u.a. 1994, S. 33 – 44, hier S. 38.
10 Zimmermann: Rom und Karthago, S. 4.
11 Flach: Die römisch – karthagischen Beziehungen bis zum Ausbruch des Ersten Punischen Krieges, S. 39.
12 Hoffmann: Das Hilfegesuch der Mamertiner am Vorabend des Ersten Punischen Krieges, S. 160.
13 Hoffmann: Das Hilfegesuch der Mamertiner am Vorabend des Ersten Punischen Krieges, S. 160.
14 Hoffmann, Wilhelm: Das Hilfegesuch der Mamertiner am Vorabend des Ersten Punischen Krieges, Historia: Zeitschrift für Alte Geschichte, Bd. 18, H. 2, 1969, S. 153 – 180, hier S. 160.
15 Hoffmann: Das Hilfegesuch der Mamertiner am Vorabend des Ersten Punischen Krieges, S. 163.
16 Hoffmann: Das Hilfegesuch der Mamertiner am Vorabend des Ersten Punischen Krieges, S. 160 - 161.
17 Polybios 1,10,1-11,4, zitiert nach: Zimmermann: Rom und Karthago, S. 18-19.
18 Polybios 1,10, 1-11,4, zitiert nach: Zimmermann: Rom und Karthago, S. 18.
19 Polybios 1,10, 1-11,4, zitiert nach: Zimmermann: Rom und Karthago, S. 18.
20 Polybios 1,10, 1-11,4, zitiert nach: Zimmermann: Rom und Karthago, S. 18.
21 Polybios 1,10, 1-11,4, zitiert nach: Zimmermann: Rom und Karthago, S. 18.
22 Polybios 1,10, 1-11,4, zitiert nach: Zimmermann: Rom und Karthago, S. 18.
23 Hoffmann: Das Hilfegesuch der Mamertiner am Vorabend des Ersten Punischen Krieges, S.160.
24 Zimmermann: Rom und Karthago, S. 19.
25 Zimmermann: Rom und Karthago, S. 19.