In dieser Arbeit wird zuerst die Theorie J. L. Austins vorgestellt. Anschließend wird eine Unterrichtsreihe zur Dramenanalyse präsentiert zur Tragödie "Romeo und Julia" W. Shakespeare. Im Anhang befindet sich erstelltes Unterrichtsmaterial.
Möchte man eine Sprechakttheorie in den schulischen Kontext einbinden, so stellt sich die Frage: Weshalb sollten Sprechakttheorien in der Schule behandelt werden? Allem vorangestellt ist es wichtig Gespräche aktiv zu verstehen und mit seinen Mitmenschen sprachlich und kontextimmanent interagieren zu können.
Zudem kann mittels erworbener Kompetenzen innerhalb dieses Bereiches ein größeres Verständnis für andere Lernbereiche erworben werden, zum Beispiel die Analyse von dramatischen Werken, eine differenzierte Auffassung von Filmen oder Selbstreflexion. Nach dem „Weshalb" folgt das „Wie".
Eine Sprechakttheorie lässt sich sowohl mit anderen Lernbereichen als auch mit anderen Fächern verbinden. Sie verknüpfen ohnehin die Sprachwissenschaft mit der Philosophie, so könnte die Sprechakttheorie auch Gegenstand eines fächerverbindenden Unterrichts sein.
Inhaltsverzeichnis
1. Sprechakttheorie - J. L. Austin
2. Integration in den Unterricht
3. Didaktische Reduktion Austins Sprechakttheorie
4. Grobplanung der Unterrichtseinheit
5. Anhang (Unterrichtsmaterial und Tafelbilder)
Literaturverzeichnis
1. Sprechakttheorie - J. L. Austin
ln der Sprechakttheorie Austins sind die Worte „How to do things with words“ sehr prägend. Sie stehen dafür, dass mittels einer Äußerung bzw. eines geäußerten Satzes eine gewisse Handlung vollzogen wird.
Dabei ist zu beachten, dass es nicht bedeutet, dass eine Handlung explizit beschrieben werden muss oder festgestellt werden muss, dass eine Handlung vollzogen wird, sondern indem ein Satz geäußert wird, wird auch eine Handlung vollzogen (vgl. S.29, VL 1, J.L. Austin).
So kann durch einen Sprechakt die Umwelt bzw. die aktive Wirklichkeit beeinflusst werden. Hierbei ist die Kontextgebundenheit einer Aussage für das Verständnis maßgeblich (Liedke & Tuchen, 2018).
In Austins Vorlesungen wurden viele verschiedene Satztypen mit unterschiedlichen Funktionen vorgestellt, unter anderem auch Arten, die nicht Wahres oder Falsches ausdrücken und damit einen beschreibenden Charakter haben (entspricht konstativem Sprechakt), sondern vielmehr spezifische Handlungen ausgeführt werden. Diesen bezeichnet Austin als performativen Sprechakt, der einen besonderen Zusammenhang zwischen Sprechen und Handeln aufweist (Meibauer, et al., 2015).
Austin unterscheidet dabei folgende Teilakte:
1. lokutionärer Akt
2. illokutionärer Akt
3. perlokutionärer Akt
Der lokutionäre Akt ist die sprachliche Äußerung an sich, also nach Austin „saying something in the full normal sense“. Es ist die mit dem Sprechakt hervorgebrachte Lautkette als grammatische und kontextgebundene Äußerung. „Doing something in saying something" beschreibt den illokutionären Akt, welcher den Handlungswert einer Äußerung bestimmt. Er ist der Vollzug einer konventionellen Sprechhandlung, welche zwischenmenschliche Bestimmungen und Beziehungen enthält. So wird aus einer sozialen Interaktion eine Sprechhandlung die Bitten, Fragen, Wahrungen, Drohungen, usw. beinhalten kann. Mittels dieser können vom Hörer Aktionen und Folgerungen erwartet werden.
Darüber hinaus geht der perlokutionäre Akt - „doing something by saying somethingDer Unterschied zwischen dem „in saying something“ und dem ,,by saying something“ liegt darin, dass nun eine bestimmte Wirkung erzielt werden soll, z.B. Verunsicherung, Überzeugung, Verärgerung, Belustigung, usw.
Wichtig ist hier der perlokutionäre Akt vs. der perlokutionäre Effekt der Äußerung, denn dieser kann auch, entgegen der eigentlichen Intension, fehlschlagen. So könnte eine belustigend gemeinte Aussage vom Hörer verletzend wahrgenommen werden. Dies wiederum zeigt, dass die Akte synchron ablaufen. Hierfür wird ein Beispiel aufgeführt:
Mit der Aussage (dem lokutionären Akt): „Bringst du bitte den Müll runter? Er ist voll.“, könnte der Sprecher dem Hörer, über den illokutionären Akt der Bitte, mit dem perlokutionären Akt der Überzeugung, dazu auffordern den Müll rauszubringen. Sollte er dies dann auch tun, ist der perlokutionäre Effekt geglückt.
2. Integration in den Unterricht
Möchte man eine Sprechakttheorie in den schulischen Kontext einbinden, so stellt sich die Frage: Weshalb sollten Sprechakttheorien in der Schule behandelt werden? Allem vorangestellt ist es wichtig Gespräche aktiv zu verstehen und mit seinen Mitmenschen sprachlich und kontextimmanent interagieren zu können. Zudem kann mittels erworbener Kompetenzen innerhalb dieses Bereiches ein größeres Verständnis für andere Lernbereiche erworben werden, z.B. die Analyse von dramatischen Werken, eine differenzierte Auffassung von Filmen, Selbstreflexion, usw.
Nach dem „Weshalb“ folgt das „Wie“. Eine Sprechakttheorie lässt sich sowohl mit anderen Lernbereichen als auch mit anderen Fächern verbinden. Sie verknüpfen ohnehin die Sprachwissenschaft mit der Philosophie, so könnte die Sprechakttheorie auch Gegenstand eines fächerverbindenen Unterrichts sein. In der 9. Klassenstufe (Gymnasium) könnte in folgende Lernbereichen des Deutschunterrichts die Sprechakttheorie Austins mit eingebunden werden:
LB1 1: Sprechen und Zuhören
LB 3: Lesen und Verstehen
LB 4: Kennen eines Kommunikationsmodells
(Kultus, Lehrplan Gymnasium - Deutsch, 2004/ 2009/2013/2019)
Das Reihenthema, der geplanten Unterrichtseinheit, ist hier das Trauerspiel
„Romeo und Julia“ von William Shakespeare, welches im Wahlbereich 1: Begrenztheit der Verhältnisse - Liebestragödien zu veröden ist (Kultus, Lehrplan Gymnasium - Deutsch, 2004/ 2009/2013/ 2019).
Die Unterrichtsstunde soll nach dem vollständigen Lesen des Werkes erfolgen. Um die analytischen Fähigkeiten der SuS2 zu erweitern und zu verbessern, sollen sie die Sprechakttheorie Austins kennenlernen, verstehen und anwenden können.
Lernziele für den Deutschunterricht könnten folgendermaßen lauten: Die SuS gewinnen Einblick in die Sprechakttheorie J.L. Austins. Sie lernen dabei den Unterschied zwischen konstativen und performativen Sprechakten und den Aufbau der Teilakte kennen indem sie diese auf Beispiele aus dem Trauerspiel „Romeo und Julia“ übertragen und anwenden. Die Lernenden können beurteilen, ob es sich bei einer Aussage um eine konstitative oder performative handelt und können diese kategorisieren (z.B. erkennen, dass illokutionärer Akt eine Bitte ist (siehe Bsp. S. 3 im Portfolio)).
Interdisziplinär könnte die Sprechakttheorie ebenso in den Ethikunterricht in Klassenstufe 9 (Gymnasium) eingeflochten werden:
LB 1: Entscheidungen treffen
WB3 2: Das Bewusste und das Unbewusste
(Kultus, Lehrplan Sachsen - Ethik, 2004/ 2009/ 2011/2019) Lernziele dafür könnten lauten:
Die SuS gewinnen Einblick in die Sprechakttheorie J.L. Austins. Sie lernen dabei den Unterschied zwischen konstativen und performativen Sprechakten und den Aufbau der Teilakte kennen und können diese auf eigene Gesprächssituationen übertragen und anwenden. Infolge dessen können sie beurteilen, ob eine Aussage bewusst oder unbewusst einem bestimmten illokutionären Handlungswert entspricht.
Die zu konzipierende Unterrichtseinheit soll innerhalb des Deutschunterrichts sein, weswegen die Integration in den Ethikunterricht an dieser Stelle nicht weiter vertieft wird.
3. Didaktische Reduktion Austins
Sprechakttheorie
Die Reduktion der Theorie erfolgt so, dass die SuS einen Einblick in die Theorie erhalten, sie kennenlernen und anhand dessen sprachliche und schriftliche Aussagen auf ihren Handlungswert und ihren inhaltlichen Gehalt bewerten können. Zusätzlich zu gesprächsanalytischen Kompetenzen, sollen die SuS ihre Fähigkeiten in der Analyse dramatischer Texte verfeinern.
Um den Stoff angemessen an die Lerngruppe anzupassen, sollen zuerst die Unterschiede zwischen konstativen und performativen Aussagen geklärt werden. Dazu wird ein Video zur Einführung in das Thema genutzt (Boggs, 2013), dieses ist auf Englisch, kann aber mit deutschem Untertitel präsentiert werden und erleichtert den SuS somit das Verständnis. Das Video ist sehr schön visualisiert, strukturiert und stellt daher einen guten Einstieg in die Thematik dar. Da die Begriffe konstativ und performativ für die SuS schwerer greifbar sind werden hier vereinfacht beschreibende (konstative) und auffordernde (performative) Aussage genutzt.
Die LP4 unterstützt die SuS indem sie das Video ein wiederholtes Mal abspielen lässt, nachdem sie auf die zwei verschiedenen Sprechakte (konstativ und performativ) verwiesen hat. Innerhalb dessen sollen die SuS Merkmale der jeweiligen Aussagetypen herausarbeiten, diese werden tabellarisch an der Tafel zusammengetragen (siehe Anhang: Material 1).
Nachdem die Differenzierung stattgefunden hat, sollen die SuS das Wissen über beschreibende (konstative) und auffordernde (performative) Sprechakte auf gegebene Beispiele anwenden. Diese Aufgabe dürfen sie in Partnerarbeit mit ihrem Banknachbarn bearbeiten, da das Thema neu ist und sie sich somit gegenseitig unterstützen können. Die Zuordnung und Ergebnissichtung der Beispiele erfolgt mündlich im Plenum.
Sollte es keine weiteren Fragen dazu geben, erfolgt ein weiterer Input in Form von Frontalunterricht. Hier werden die Teilakte eines performativen Sprechaktes vorgestellt (siehe Anhang: Material 2):
1. lokutionärer Akt als „Was wird gesagt?“
2. illokutionärer Akt als „Was wird gemeint?“
3. perlokutionärer Akt als „Was wird gewollt?“
4. perlokutionärer Effekt als „Wurde das Gewollte erreicht? ^ Ja/Nein“ Mithilfe der Fragestellungen soll es den SuS erleichtert werden den Handlungswert einer Aussage klarer zu verstehen, da auch hier die Begriffe nicht eingängig sind.
Gibt es zum neuen Input keine weiteren Fragen, so erfolgt eine Sicherung der Inhalte durch ein Arbeitsblatt (siehe Anhang: Material 3) dieses soll innerhalb von 10-15 Minuten von den SuS in Einzel oder Partnerarbeit (mit dem Banknachbarn) gelöst werden, die LP steht bei Fragen zur Verfügung. Die Ergebnissichtung erfolgt mündlich im Plenum.
Mit dieser Aufgabe wäre die erste 45-minütige Unterrichtssequenz beendet. Die darauffolgende Einheit soll eine Vertiefung der Inhalte mittels einer Gruppenarbeit werden. Die SuS werden in 4er bis 5er Gruppen eingeteilt (je nach Klasse von der LP bestimmt oder von den SuS selbst gewählt) und sollen mit einer Szene aus „Romeo und Julia“ ein Rollenspiel konzipieren mit anschließender Analyse der Sprechakte (siehe Anhang: Muster). Die Szenen werden von der LP vorgegeben und dürfen von den SuS gekürzt werden, jedoch ohne den Aussagegehalt zu verfälschen. Innerhalb der Gruppenarbeit dürfen die SuS selbständig entscheiden, ob sie Schauspielen möchten oder Präsentator/in sein wollen. So erfolgt eine gewisse Binnendifferenzierung innerhalb der Lerngruppe. Die LP gibt den SuS bei Rückfragen Hilfestellung. Je nach Bedarf, kann die Gruppenarbeit und anschließende Präsentation in die nächste Unterrichtseinheit ausgeweitet werden, da diese sehr zeitintensiv sein darf. Die Ergebnissicherung erfolgt daher auch erst in den darauffolgenden Stunden.
Die SuS sollen in dieser Gruppenarbeit kognitiv aktiviert werden und die neuen Inhalte direkt anwenden, sie sollen sich innerhalb der Gruppe selbständig strukturieren und sich einigen, wer welchen Part übernehmen möchte. Damit gibt die LP eine gewisse Verantwortung in die Hände der Lernenden.
4. Grobplanung der Unterrichtseinheit
Reihenthema: Analyse dramatischer Texte anhand „Romeo und Julia“ von William Shakespeare
Stundenthema: Analyse gesprochener und geschriebener Sprache anhand J.L. Austins Sprechakttheorie
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1 Im Folgenden für Lernbereich
2 Im Folgenden für Schülerinnen und Schüler
3 Im Folgenden für Wahlbereich
4 Im Folgenden für Lehrperson