Die vorliegende Hausarbeit thematisiert systematisch die zentrale Frage nach der Gutheit der menschlichen Natur bei Menzius, der der erste bedeutende Nachfolger des Konfuzius war. Er lernte diesen jedoch nicht persönlich kennen, sondern war ein Schüler der dritten Generation. Zum näheren Verständnis wird zunächst ein allgemeiner Abriss der Lehre des Menzius erfolgen. In diesem Zuge wird seine Lehre von der Herkunft der Gutheit der menschlichen Natur näher erläutert. Jedoch erhebt diese Arbeit dabei keinen Anspruch auf die Vollständigkeit dieser Lehre. Dies ist zum einen ihrer Kürze geschuldet, zum anderen dem Umstand, dass es heute nicht möglich ist, die alten chinesischen Philosophien mit absoluter Sicherheit zu benennen. Ausgehend von dieser Skizzierung, wird anschließend seine Theorie der vier Keime näher erläutert. Nach dieser Theorie soll jeder Mensch vier Keime besitzen, die sich zu guten Eigenschaften entwickeln, sofern sie richtig gepflegt werden. Diese Keime sind von Geburt an vorhanden. Der Mensch muss sie nicht erwerben. Bei diesen vier Keimen handelt es sich um die Eigenschaften Mitleid, Scham, Bescheidenheit und Unterscheidungsvermögen. Hierbei hebt Menzius besonders das Mitleid hervor. Aus welchem Grund er dies betont, wird später noch aufgezeigt werden. Außerdem sind diese vier Keime Anlagen für Emotionen. Jedoch müssen die Keime im Leben genährt werden, sonst verkümmern sie und können sich nicht entfalten. Wenn der Mensch aber von Natur aus gut ist, und er nur gute Veranlagungen besitzt, so schließt sich daraus die Frage, warum es „schlechte“ Menschen gibt und woher das Übel in der Welt kommt. Menzius gibt darauf die Antwort, dass externe Faktoren den Mensch verderben. Beseitigt man diese negativen Einflüsse, so wird der Mensch von alleine wieder zu seiner guten Natur finden, so Menzius. Aus diesem Grund behandelt diese Arbeit die Kernfrage, inwiefern politische Bedingungen relevant für die Entwicklung der Keime sind. In diesem Zuge wird erklärt, was es mit dem Mandat des Himmels auf sich hat, wie ein Herrscher es erlangt und wie er dieses verliert. Außerdem wird herausgearbeitet, welche, bedingt negativen, Auswirkungen der Staat auf die persönliche Entwicklung des guten Menschen hat. Dies beachtend versucht diese Arbeit abschließend zu klären, welche Aufgaben einem Herrscher zukommen, um die gute Natur seiner Untertanen zu fördern und die Keime gedeihen zu lassen und wann man ein Herrscher stürzen darf [...]
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Von der Lehre des Menzius
a) Allgemein oder auch „Jeder Mensch ist von Natur aus gut.“
b) Die Theorie der vier Keime
3. Der gute Herrscher
a) Das Mandat des Himmels
b) Herrscherpflichten
c) Die Absetzung eines schlechtes Herrschers
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit thematisiert systematisch die zentrale Frage nach der Gutheit der menschlichen Natur bei Menzius, der der erste bedeutende Nachfolger des Konfuzius war.1 Er lernte diesen jedoch nicht persönlich kennen, sondern war ein Schüler der dritten Generation. Zum näheren Verständnis wird zunächst ein allgemeiner Abriss der Lehre des Menzius erfolgen. In diesem Zuge wird seine Lehre von der Herkunft der Gutheit der menschlichen Natur näher erläutert. Jedoch erhebt diese Arbeit dabei keinen Anspruch auf die Vollständigkeit dieser Lehre. Dies ist zum einen ihrer Kürze geschuldet, zum anderen dem Umstand, dass es heute nicht möglich ist, die alten chinesischen Philosophien mit absoluter Sicherheit zu benennen.2 Ausgehend von dieser Skizzierung, wird anschließend seine Theorie der vier Keime näher erläutert. Nach dieser Theorie soll jeder Mensch vier Keime besitzen, die sich zu guten Eigenschaften entwickeln, sofern sie richtig gepflegt werden. Diese Keime sind von Geburt an vorhanden. Der Mensch muss sie nicht erwerben.3 Bei diesen vier Keimen handelt es sich um die Eigenschaften Mitleid, Scham, Bescheidenheit und Unterscheidungsvermögen. Hierbei hebt Menzius besonders das Mitleid hervor. Aus welchem Grund er dies betont, wird später noch aufgezeigt werden. Außerdem sind diese vier Keime Anlagen für Emotionen. Jedoch müssen die Keime im Leben genährt werden, sonst verkümmern sie und können sich nicht entfalten. Wenn der Mensch aber von Natur aus gut ist, und er nur gute Veranlagungen besitzt, so schließt sich daraus die Frage, warum es „schlechte“ Menschen gibt und woher das Übel in der Welt kommt. Menzius gibt darauf die Antwort, dass externe Faktoren den Mensch verderben.4 Beseitigt man diese negativen Einflüsse, so wird der Mensch von alleine wieder zu seiner guten Natur finden, so Menzius. Aus diesem Grund behandelt diese Arbeit die Kernfrage, inwiefern politische Bedingungen relevant für die Entwicklung der Keime sind. In diesem Zuge wird erklärt, was es mit dem Mandat des Himmels auf sich hat, wie ein Herrscher es erlangt und wie er dieses verliert.5 Außerdem wird herausgearbeitet, welche, bedingt negativen, Auswirkungen der Staat auf die persönliche Entwicklung des guten Menschen hat. Dies beachtend versucht diese Arbeit abschließend zu klären, welche Aufgaben einem Herrscher zukommen, um die gute Natur seiner Untertanen zu fördern und die Keime gedeihen zu lassen und wann man ein Herrscher stürzen darf, weil er diesen Aufgaben nicht nachkommt.
„Der Mensch am Anbeginn, Gut ist im Grunde sein Sinn.“6
2. Von der Lehre des Menzius
a) Allgemein oder auch „Jeder Mensch ist von Natur aus gut.“
Ganz allgemein handelt die Lehre des Menzius von der Gutheit der menschlichen Natur. Nach dieser ist jeder Mensch von Geburt an gut. Folglich entsteht die Schlechtigkeit der Menschheit erst durch externe Einflüsse. Doch was ist das „Gute“ überhaupt? Henrik Jäger schreibt dazu, dass das Gute immer oben ist. Es ist das Ideale. Man muss eine geistige Bewegung nach oben haben, hin zum Idealen, hin zum Göttlichen, um das Gute zu erkennen und nach ihm zu Handeln. Das Gute steht immer über dem Menschen, er braucht eine klare Vorgabe, gewisse Prinzipien an denen er sich orientieren kann um gut zu handeln. Soweit die christlich geprägte Ansicht der westlichen Welt.7 In der chinesischen Tradition wird das Gute etwas differenziert verstanden. Hier findet sich das Gute in der Erfahrung des konkreten Lebens und kann nicht durch Denken ersetzt werden. Bei Menzius ist das Gute in den Gesetzen der Natur. Der Mensch muss diese Natur erfahren um das Gute zu verstehen. Menzius veranschaulicht diese Theorie mit der Metapher des fließenden Wassers:
„Die menschliche Natur neigt zum Guten, wie das Wasser nach unten fließt.
Unter den Menschen gibt es keinen, der nicht gut wäre, ebenso wie es kein Wasser gibt, das nicht abwärts fließt. Man kann das Wasser, wenn man hineinschlägt, aufspritzen machen, daß es einem über die Stirn geht; man kann es durch eine Wasserleitung treiben, daß es auf einen Berg hinaufsteigt; aber ist das etwa die Natur des Wassers?
Es ist nur die Folge äußerer Bedingungen. Ebenso ist die menschliche Natur so beschaffen, daß man sie dazu bringen kann, nicht gut zu sein.“8
Hier zeigt sich wiederum deutlich die gute Natur des Menschen, die nur durch externe Einflüsse negativ verändert wird. Wie das Wasser durch die Schwerkraft den natürlichen Drang hat, nach unten zu fließen, so hat auch der Mensch den natürlichen Drang sich gut zu verhalten. So wirkt, auf die Metapher Bezug nehmend, die Regierung wie ein Staudamm und verändert das natürliche Wesen des Menschen dahingehend, dass er nicht mehr gut ist.9 Doch Menzius nimmt nicht nur Bezug auf die Gutheit der menschlichen Natur, sondern auch auf die Würde, die jeder Mensch, unabhängig von Stand oder Herkunft, innehat. Die Würde des Menschen erfolgt direkt aus dessen Gutheit, sie ist das Ergebnis der guten Natur.10 Dadurch kann sich der Mensch weiterentwickeln. Seine Natur ist kein unveränderlicher Zustand, sondern vielmehr ein Prozess. Genau diese Fähigkeit zur Entwicklung ist bei Menzius für die Gutheit entscheidend. Hier vergleicht er die menschliche Natur wieder mit einem Gewässer oder einem Baum. Das Gute in der menschlichen Natur kann wachsen, sich vertiefen und reifen, genau wie ein Flussbett oder ein Baum.11 Die Veranlagungen, aus denen sich später die guten Eigenschaften des Menschen entwickeln können, in die man wachsen kann, sind jedem Menschen inne. Dies führt zu seiner Theorie der vier guten Keime eines jeden Menschen.
b) Die Theorie der vier Keime
Wie eingangs schon erwähnt besitzt nach Menzius jeder Mensch vier Keime. Bei diesen vier Keimen, Mitleid, Scham, Bescheidenheit und Unterscheidungsvermögen, handelt es sich um Anlagen für Emotionen. Diese sind von Geburt an vorhanden, müssen nicht erworben werden und jeder Mensch besitzt sie ausnahmslos. Menzius vergleicht die vier Keime sogar mit den vier Gliedmaßen des Menschen. Daraus folgt, dass er die Keime als unbedingt gegeben ansieht.12 Jäger schreibt dazu, dass dieser Vergleich dahingehend besonders bemerkenswert ist, dass Menzius die Entwicklung der Keime als so selbstverständlich ansieht, wie die Übungen für den Körper, die ihn beweglich machen. Übt sich der Mensch nicht in körperlicher Ertüchtigung, so wird sich sein Körper nicht entfalten können und er macht sich selbst zum Krüppel.13 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Menzius der geistigen Entwicklung, dem Ausbilden der Keime, den gleich Stellenwert zukommen lässt wie der körperlichen Entwicklung und Unversehrtheit. Menzius spricht an dieser Stelle vom gedeihen der Anlagen. Er nennt diese Eigenschaften auch die vier Anfänge, die zusätzlich mit den vier Kardinaltugenden übereinstimmen.14
[...]
1 Vgl. Hubert Schleichert u. Heiner Roetz, Klassische chinesische Philosophie. Eine Einführung. Frankfurt am
Main 32009. S. 50.
2 Vgl. Hans van Ess, Der Konfuzianismus. München 220 09. S. 31.
3 Vgl. Ebd. S. 32.
4 Vgl. Ebd. S. 34.
5 Vgl. Schleichert/Roetz, Klassische chinesische Philosophie. S.68.
6 Grube, Chinesische Geisteswelt. In: Zeugnisse aus drei Jahrtausenden. Hrsg. v. Günther Debon und Werner Speiser, Hanau 1987. S. 58.
7 Vgl. Henrik Jäger, Menzius, Den Menschen gerecht. Ein Menzius Lesebuch. Aus dem Klassischen Chinesisch übertragen und hrsg. v. Henrik Jäger, Zürich 2010. S. 74.
8 Mong Dsï, Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'O. Aus dem Chinesischen übertragen und erläutert von Richard Wilhelm, Neuausgabe Köln 1982. S. 160.
9 Vgl. Jäger, Menzius. S. 75.
10 Vgl. Ebd. S. 103.
11 Vgl. Ebd. S. 132.
12 Vgl. Schleichert/Roetz, Klassische chinesische Philosophie. S. 64.
13 Vgl. Jäger, Menzius. S. 187.
14 14Vgl. van Ess, Konfuzianismus. S. 32.